4. Juni 2012

Der kleine Vampir zieht um - Angela Sommer-Bodenburg

Produktinfos:

Ausgabe: 1989 bei Rowohlt
Seiten: 130
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Die Autorin:

Angela Sommer-Bodenburg wurde 1948 bei Hamburg geboren und lebt seit 1992 in Kalifornien. Bisher sind über 40 Bücher von ihr erschienen, darunter Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilderbücher. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt. Weitere Gruselbücher von ihr neben der Reihe um den kleinen Vampir sind z.B. "Die Moorgeister" und "Wenn du dich gruseln willst". Eine weitere, sehr erfolgreiche Buchserie ist die Reihe um den sprechenden Bernhardiner "Schokolowski".

Inhalt:

Anton liegt gerade in der Badewanne, als Rüdiger ihn überraschend in der Wohnung besucht. Sein riskantes Auftauchen hat einen besonderen Grund: Rüdigers Familie hat erfahren, dass er mit Anton befreundet ist, was Vampiren streng verboten ist. Daher wurde er aus der Gruft verbannt und sucht nun dringend eine Unterkunft für sich und seinen Sarg, bis die Familie ihn wieder aufnimmt. Seine einzige Hoffnung ist Anton, der ihn bei sich verstecken soll.

Anton ist völlig durcheinander, denn das stellt ihn vor große Probleme. In seinem Zimmer darf der Sarg unmöglich stehen, dort würden ihn die Eltern sofort entdecken. Also bleibt als Versteck nur der Keller. Er hilft Rüdiger, den Sarg neben die Kartoffelkiste zu stellen. Allerdings plant Antons Vater, am nächsten Wochenende die Küche mit Holz zu verkleiden, und die benötigten Bretter stehen ebenfalls im Keller. Anton sieht keine andere Chance, als seinen Eltern zu erzählen, er habe den Kellerschlüssel verloren, sodass Rüdiger erst einmal in Sicherheit ist. Trotzdem reißen die Probleme nicht ab. Rüdigers Tante Dorothee, der gefährlichste Vampir seiner Familie, beschattet ihn, um herauszufinden, wo er Unterschlupf gefunden hat. Anton befürchtet, dass sie auch ihm einen Besuch abstatten wird. Außerdem beschweren sich bald Nachbarn über den modrigen Geruch, der aus dem Keller von Familie Bohnsack strömt.

Aber es gibt auch erfreuliche Ereignisse. Rüdiger lädt seinen Freund zu einem großen Vampirtreffen im Jammertal ein. Dazu muss sich Anton natürlich als Vampir verkleiden. Blass geschminkt und in schwarzer Kleidung nimmt er an einem festlichen Ball in einer Burgruine teil, auf dem sich zahlreiche Vampire einfinden. Leider kommt es dabei zu einem Streit mit Anna. Und auch Rüdigers Situation verschlechtert sich noch mehr, als ihm seine Familie Flugverbot erteilt ...

Bewertung:

Vampire haben es schwer - das erfährt Anton in diesem Band am eigenen Leib. Bisher war es schon heikel, sich mit seinen vampirischen Freunden nachts zu treffen, doch einen Vampir gleich auf unbestimmte Zeit zuhause zu beherbergen ist eine ganz ungewohnte Herausforderung, die er jetzt annehmen muss.

Versteckspiel im Keller

Für die kleinen Leser steht vor allem die Spannung im Vordergrund. Wird es Anton schaffen, seinen Freund vor den neugierigen Augen seiner Eltern zu verstecken? Und wenn ja, mit welchen Mitteln? Denn Einfallsreichtum ist auf alle Fälle gefragt, schließlich muss nicht nur Rüdiger, sondern auch sein großer Sarg verborgen bleiben. Den Kellerschlüssel scheinbar zu verlieren ist natürlich die naheliegendste Lösung, die Anton aber nicht als Dauerstrategie verwenden kann, damit sein Vater nicht auf die Idee kommt, einen Nachschlüssel anfertigen zu lassen. Seine Mutter muss er davon abhalten, ihre Zeitschriften heraufzuholen, und die lästige Nachbarin Frau Puvogel mit ihrem kläffenden Dackel darf bloß nicht dem seltsamen Geruch auf die Spur kommen, der seit Tagen dem Keller entströmt. Schon im ersten Band der Reihe erlebten die Leser, wie schwierig sich die Freundschaft zwischen Anton und den Vampiren gestaltete, die ihn nur heimlich besuchen dürfen. Diese Problematik wird hier noch einmal gesteigert, immerhin stattet Rüdiger nicht nur einen kurzen Besuch in Antons Zimmer ab, sondern muss auf Dauer beherbergt werden. Auch der Charakter des kleinen Vampirs wird hier näher beleuchtet; sein Hang zum Egoismus, der vielen Vampiren eigen ist, tritt deutlich zutage. Anton ist zwar Rüdigers einzige Zufluchtsmöglichkeit, aber besonders dankbar benimmt er sich ihm gegenüber nicht. Vielmehr sieht er es als selbstverständlich an, dass Anton die Mühen auf sich nimmt. Noch launischer ist sein Bruder Lumpi, der ihm hilft, den Sarg in den Keller zu tragen und Anton eine Höllenangst einjagt.

Vampirische Regeln

Trotzdem gibt es auch positive Erlebnisse für Anton, zu denen vor allem der Vampirball gehört. Zunächst hat er große Befürchtungen, dass seine Tarnung auffliegen könnte, was den sicheren Tod bedeuten würde. Doch andererseits ist es ein ganz besonderes Ereignis für Anton, sich in der Burgruine im Jammertal - das in späteren Bänden noch zentrale Bedeutung gewinnt - unter so viele Vampire zu mischen. Auch über das Leben der Vampire gibt es ein paar neue Informationen. Rüdiger erklärt die Verbindung zwischen Vampiren und Werwölfen, von der Anton offenbar ganz falsche Vorstellungen hatte - denn wer hätte gedacht, dass Werwölfe bloß eine Erfindung der Vampire sind? Recht traurig sind dagegen die harten Regeln, die die Familie des kleinen Vampirs aufstellt. Dass er für seine Freundschaft zu Anton bestraft wurde, ist noch verständlich, immerhin bedeutet dies für die Vampire ein unkalkulierbares Risiko.

Die Auferlegung des Flugverbots im weiteren Verlauf bringt Rüdiger jedoch in ernsthafte Gefahr, denn ein Vampir ist sowohl zur Jagd als auch zur Flucht natürlich immens auf seine Flugkünste angewiesen. In dem Zusammenhang verrät Rüdiger seinem Freund auch noch gleich die letzte Stufe der Bestrafung, das Berufsverbot, das den Hungertod nach sich zieht. Davor bleibt er glücklicherweise verschont, doch Anton findet das Dasein des kleinen Vampirs ohnehin schon deprimierend genug. Daher bringt er nach anfänglichem Ärger auch wieder einiges an Verständnis für das Verhalten seines Freundes auf und steht ihm zur Seite, so gut er kann. Vor allem auf dem Vampirball kommt für die kleinen Leser durchaus Gruselstimmung auf, doch die unheimliche Atmosphäre bleibt immer im kindgerechten Rahmen.

Kleine Schwächen in der Glaubwürdigkeit

Obwohl auch der zweite Band der Reihe sehr zu empfehlen ist, ist er nicht ganz frei von Schwächen. Zum einen sind die Situationen, in denen Anton seine Eltern vom Keller abhält, etwas zu konstruiert. Die erste Idee, den Schlüssel vorübergehend zu "verlieren", ist noch sehr gut - der Keller ist nicht wichtig genug, als dass der Vater sofort einen Schlosser beauftragt, und Anton verschafft sich somit etwas Luft und verhindert, dass der Vater am Wochenende die geplanten Renovierungsarbeiten beginnt. Allerdings scheint es nur wichtig zu sein, dass Anton den Vater davon abhalten muss, die benötigten Bretter heraufzuholen, wozu er nur an einem freien Tag Zeit hätte. Dass die Eltern auch zwischendurch aus anderen Gründen mal spontan in den Keller gehen könnten, wird nicht thematisiert.

Besonders merkwürdig wird das an der Stelle, an der Anton seiner Mutter gesteht, dass er ein Geheimnis im Keller verbirgt, dazu aber erst mal nichts weiter sagen möchte. Sie reagiert gar nicht so misstrauisch wie sonst, sondern ist eher belustigt und neugierig, akzeptiert seine Aussage aber einfach, ohne in den Keller zu gehen. Als sie bald darauf Zeitschriften aus dem Keller benötigt, kündigt sie das Anton an, sodass er in der Lage ist, die Hefte für sie heraufzuholen. Spätestens hier wäre es angebracht, dass Antons Mutter überprüft, was er im Keller geheim hält, stattdessen amüsiert sie sich nur über seinen Eifer. Auch Rüdiger verhält sich über weite Strecken zu wenig besorgt angesichts des Risikos, dem er ausgesetzt ist. Er verlässt sich vollkommen auf Antons Fähigkeiten, ihn vor den Eltern zu verbergen. Als Anton ihm aufgeregt erzählt, sein Vater wolle am Wochenende die Bretter für die Küche aus dem Keller holen, reagiert der hungrige Rüdiger nur genervt und will sich nicht mit dem Problem befassen.

Fazit:

Eine sehr unterhaltsamer Band mit kindgerechtem Grusel, der kleinen Lesern im Grundschulalter Spannung und am Rande ein paar Lehren mit auf den Weg gibt. Es gibt ein paar kleine Schwächen in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Verhaltensweisen mancher Figuren, die aber verzeihlich sind. Unterm Strich ist der Autorin eine sehr gute Fortsetzung der Serie gelungen, die jedem Kind, das sich ein bisschen für Vampire und Abenteuer interessiert, gefallen dürfte.

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