4. Juni 2012

Der kleine Vampir verreist - Angela Sommer-Bodenburg

Produktinfos:

Ausgabe: 1982
Seiten: 130
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Die Autorin:

Angela Sommer-Bodenburg wurde 1948 bei Hamburg geboren und lebt seit 1992 in Kalifornien. Bisher sind über 40 Bücher von ihr erschienen, darunter Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Bilderbücher. Ihre Werke wurden in 27 Sprachen übersetzt. Weitere Gruselbücher von ihr neben der Reihe um den kleinen Vampir sind z.B. "Die Moorgeister" und "Wenn du dich gruseln willst". Eine weitere sehr erfolgreiche Buchserie ist die Reihe um den sprechenden Bernhardiner "Schokolowski".

Inhalt:

Anton hat schlechte Laune, denn seine Eltern planen einen Urlaub auf einem Bauernhof in Klein-Oldenbüttel. Er fürchtet, dass er sich in diesem Dorf furchtbar langweilen wird, zumal er dann seinen besten Freund, den kleinen Vampir, für eine Weile nicht treffen kann. Als ihn Rüdiger kurz darauf besucht, überredet er ihn jedoch, ihn zu begleiten. Zögernd willigt Rüdiger ein. Er will sich heimlich einen Unterschlupf auf dem Bauernhof suchen und Anton dann nachts treffen.

Anton ist begeistert, denn zusammen mit Rüdiger werden es sicher aufregende Ferien. Doch es gibt ein Problem: Rüdigers Sarg muss nach Klein-Oldenbüttel transportiert werden. Tragen können sie ihn nicht, dafür ist er viel zu schwer. Die einzige Lösung ist ein Transport mit dem Zug. Um den Sarg zu tarnen, verpacken sie ihn in Geschenkpapier.

Trotzdem warten noch eine Reihe von Problemen auf die beiden. Nicht nur, dass Anton die Fahrt ohne Wissen seiner Eltern antreten und sich Rüdiger als Mensch verkleiden muss - die beiden Jungen laufen auch Gefahr, von Erwachsenen als Ausreißer angesehen zu werden. Auf keinen Fall darf jemand merken, dass Rüdiger ein Vampir und das "Geschenk" ein echter Sarg ist ...

Bewertung:

Wenn Vampire vereisen, läuft das um einiges aufregender ab als bei einem Normalbürger. Wer sich davon überzeugen will, ist mit diesem Band aus der Reihe des "kleinen Vampirs" bestens bedient.

Spannung und leichter Grusel

Spannend geht es bei den Abenteuern von Anton und Rüdiger sowieso immer zu, diesmal gehen sie aber ein besonders hohes Risiko ein. Eine stundenlange Zugfahrt ist für den kleinen Vampir äußerst gefährlich. Einmal müssen sie den Sarg tarnen und darauf hoffen, dass niemand dieses seltsame, riesige Geschenk näher in Augenschein nimmt. Zum anderen laufen die beiden Jungs Gefahr, als Ausreißer befragt zu werden, denn schließlich ist es sehr ungewöhnlich, dass Kinder im Grundschulalter abends allein mit dem Zug fahren. Ein fürsorglicher Fahrgast oder ein misstrauischer Schaffner können bei den beiden für eine Katastrophe sorgen.

Außerdem ist da natürlich noch das Problem, dass niemand Rüdiger als Vampir identifizieren darf. Besonders schwierig wird dies, als sich eine nette redselige Dame zu den beiden ins Abteil gesellt. Frau Giftich, "mit ch", wie sie betont, hat zum Glück ihre Brille verlegt, sodass sie Rüdiger nur ungenau wahrnimmt. Allerdings provoziert sie den kleinen Vampir ahnungslos, indem sie davon erzählt, dass sie früher regelmäßig Blutspenden ging und über besonders gutes Blut verfügt. Für den hungrigen Rüdiger ist es enorm schwierig, sich da zurückzuhalten, und Anton bekommt es immer mehr mit der Angst zu tun, je länger die Fahrt dauert ...

Wohliges Gruseln stellt sich auch ein, als Anton mit Anna, Rüdiger und Lumpi Annas Vampirtag in der Gruft feiert. Nicht nur, dass er bei jedem seiner Gruftbesuche fürchtet, dass ein anderes Familienmitglied vorzeitig zurückkehrt. Bei diesen von Anna nett gemeinten Party-Spielen kommt er dem gemeingefährlichen Lumpi sehr viel näher, als es ihm lieb ist - etwa wenn der hochgewachsene Vampir sich bei "Mäuschen, sag mal Piep" ausgerechnet Anton auf den Schoß setzt.

Die Geschichte ist auf unauffällige Weise lehrreich für Kinder, denn Anton erinnert Rüdiger in diesem Band ein ums andere Mal daran, dass eine Freundschaft nicht nur einseitig verlaufen darf. Oft schon hat Anton einige Mühen auf sich genommen, um Rüdiger zu helfen - daher kann Rüdiger es schwerlich ablehnen, Anton zuliebe ihn nun auf den Bauernhof zu begleiten. Am Ende allerdings zeigt sich Rüdiger wieder einmal von seiner egoistischen Seite. Anton hat es nicht leicht mit seinem ungewöhnlichen Freund, und Kinder bekommen dadurch demonstriert, dass in einer Freundschaft beide Seiten kompromissbereit handeln müssen.

Viel Humor

Zu gruselig darf es für Kinder nicht sein, stattdessen gibt es hier wie üblich auch etliche amüsante Stellen. Lustig ist Annas Besuch bei Anton, auf dem sie ihm eine ihrer legendären Parfüm-Kreationen vorführt. Was für Anna verführerisch duftet, riecht für Anton leider nach einer Mischung aus Harzer Käse, Schweißfüßen und Stinkbomben - allerdings darf er ihr das so deutlich keinesfalls sagen. Gut gemeint, aber ihren Zweck weit verfehlend sind auch die vielen Milch- und Kakaotüten, die Anna Anton zuliebe gehortet hat, damit er sich auf dem Vampirtag in der Gruft bedienen kann - denn schon der erste Schluck verrät Anton, dass die Milch schon lange vergoren ist.

Nicht nur für den Leser, sondern auch für Anton witzig ist Rüdigers Aufzug nach seiner Verkleidung. Mangels Alternativen trägt er die Lederhose, die Anton einst von seiner Oma geschenkt bekam, samt Hosenträger und besticktem Latz und zur Vollendung noch einen Tirolerhut mit Gamsbart. Zusammen mit dem kreidebleichen Gesicht und der dürren Gestalt ergibt Rüdiger ein urkomisches Bild - findet sich selbst allerdings todschick, sodass Anton und Anna ihr Gelächter unterdrücken müssen.

Kleine Schwächen

Ein Logikfehler trübt den Gesamteindruck. Auf dem Bahnhof erfährt Anton von einem Angestellten, dass Kinder in Begleitung Erwachsener reisen sollten. Anton erwidert, nicht einmal ungelogen, dass sein "Bruder" bereits volljährig sei - schließlich ist Rüdiger stolze 150 Jahre alt. Der Bahnangestellte sagt, dass dieser Bruder zum Nachweisen seinen Ausweis bei sich führen muss. Auf Anton Nachfrage bestätigt Rüdiger, einen solchen Ausweis zu besitzen und mitzunehmen. Allerdings wirft das Fragen auf, denn wenn in Rüdigers Ausweis steht, dass der vor 150 Jahren geboren wurde, wäre er den beiden bei einer Nachfrage natürlich nicht von Nutzen gewesen. Ein gefälschter Kinderausweis hingegen wäre nutzlos, da die erwachsene Begleitperson gefordert ist. Es ist also unlogisch und seltsam, dass Anton sich von Rüdigers Ausweis-Bestätigung so beruhigen lässt.

Die andere Schwäche liegt darin, dass der nachfolgende Band, "Der kleine Vampir auf dem Bauernhof", direkt an dieses Buch anknüpft, sodass es sich hier um eine unabgeschlossene Geschichte handelt. Schließlich wird sich kein Kind mit der Ankunft von Rüdiger und Anton auf dem Hof zufriedengeben, sondern die Leser wollen wissen, wie das Abenteuer weitergeht. Das Buch hat also nur dann wirklich Sinn, wenn man den Folgeband im Anschluss liest, und ist daher weniger in sich abgeschlossen als die anderen Bände.

Fazit:

Ein gelungener Band der Reihe um den kleinen Vampir, der vor allem Kindern im Grundschulalter viel Spannung und Humor verspricht. Trotz einer kleinen Logikschwäche sehr zu empfehlen. Ideal mit dem Nachfolgeband "Der kleine Vampir auf dem Bauernhof", der die Handlung nahtlos fortsetzt.

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