28. Juni 2012

Die Totenbraut - Friedrich Laun

Produktinfos:

Ausgabe: 2006
Länge: 65 Minuten
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Der Autor:

Friedrich Laun, 1770-1849, war ein Pseudonym von Friedrich August Schulze. Anfänglich arbeitete er im kaufmännischen Bereich, ehe er sich der Literatur zuwandte. Sein berühmtestes Werk ist das fünfteilige "Gespensterbuch", das 1811 bis 1815 erschien. Gemeinsam mit Johann August Apel verfasste er von alten Volkssagen und Märchen inspirierte unheimliche Geschichten.

Inhalt:

Italien, 1810: Der Marchese di Mantua, ein weit gereister älterer Diplomat, will seinen alten Freund Graf Viktor Globoda auf dessen Burg besuchen. Doch zu seiner Bestürzung hat die Familie einige Schicksalsschläge erlitten: Vor einem Jahr verstarb Hildegarde, eine der beiden Zwillingstöchter, nach einer rätselhaften Krankheit. Wenige Monate später folgte ihr der gramgebeugte Vater.

Die Witwe Contessa Globoda und die junge hübsche Tochter Libussa freuen sich dennoch über den unerwarteten Besuch, der sie in ihrem Kummer ablenken wird. Kurz nach der Ankunft des Marchese trifft ein weiterer Gast ein, der junge Duca di Marino, den der Marchese gerade erst in Venedig traf. Die hübsche Libussa und Frederico di Marino finden sofort Gefallen aneinander, sehr zur Freude der Mutter, die ihre Tochter ohnehin bald verheiraten möchte.

Dann aber kommt Verwirrung auf: Frederico ist überzeugt, Libussa kürzlich in einer Pariser Gemäldegalerie gesehen und sich bereits dort verliebt zu haben. Libussa aber hat das Schloss lange nicht verlassen, geschweige denn Frederico je zuvor getroffen - und zu allem Überfluss deutet das Muttermal, das Frederico bei der Schönen gesehen hat, auf die aber bereits längst verstorbene Hildegarde hin. Die Contessa hält Frederico zunächst für einen Lügner, will dann aber doch gemeinsam mit dem Marchese in der Gruft nach ihrer toten Tochter schauen ...

Bewertung:

Unheimliche alte Legenden von einem Burgkaplan und einer Totenbraut mischen sich in dieser Erzählung aus dem "Gespensterbuch" mit den Schicksalen einer Familie und besonders dem zweier Liebender.

Es ist eine klassische Grusel- und Geistergeschichte, in der die Toten keine Ruhe geben und den Lebenden Unheil bringen. Schon früh wirft das Unheil seine Schatten voraus: Erst der rätselhafte Tod von Hildegarde, dann hört der Duca di Marino bei seiner Ankunft eine Stimme, die ihn willkommen und beim Namen heißt, obwohl niemand dafür in Frage zu kommen scheint, schließlich deutet alles darauf hin, dass er in Paris dem Geist von Hildegarde begegnet ist, und in der verschlossenen Familienkapelle wird nachts eine Messe abgehalten. Der Kastellan erwähnt die Sage vom Burgkaplan und der Totenbraut, doch die Contessa will nichts von diesem abergläubischen Geschwätz hören. Ganz langsam wird die Handlung immer ernster und düsterer, bis hin zum konsequenten Ende. Horror- und Schockeffekte bleiben aus, es ist altmodischer Grusel, der die Atmosphäre verdichtet. Wie so oft bei der Gruselkabinett-Reihe gibt es eine weitere Ebene innerhalb der Geschichte, hier in Form einer Episode, die der Marchese zum Besten gibt und die einige Parallelen zu Fredericos Geschichte aufweist. Die Sprache der Figuren ist angenehm zurückhaltend altmodisch, zwar mit ungewöhnlichen Formulierungen wie "Ihr macht mich erröten", die sich aber in Grenzen halten.

Für den Hörer wird rasch der Marchese als erste Figur, die man kennenlernt, zum Verbündeten. Der bedächtige ältere Mann behält stets die Übersicht und ist eine vernünftige Instanz. Friedhelm Ptok verleiht ihm sehr glaubwürdig seine ruhige Stimme, die angenehm ins Ohr geht. Ein interessanter Charakter ist Frederico di Marino. Matthias Deutelmoser alias deutscher Sprecher von Orlando Bloom passt gut zu dem jungenhaften, leicht begeisterungsfähigen Mann. Frederico ist anfangs sehr charmant und sympathisch, im weiteren Verlauf enthüllt sich durch die Andeutungen des Marchese seine temperamentvolle Ader, die ihn manchmal zum Heißsporn werden lässt. Janina Sachau spricht mit großem Ausdruck die junge Libussa, eine harmlose Frau, die sich rasch in Frederico verliebt und deren Leiden damit leider noch nicht beendet ist. Wie immer sind Musik- und Geräuscheinsatz sehr professionell und wohldosiert. Als wiederholendes Liebesthema wird im Hintergrund leise "Solveigs Lied" eingesetzt, ein durchaus passendes, sehnsüchtiges Motiv. Wer den Hintergrund aus "Peer Gynt" kennt, wird gewisse Anspielungen zum Inhalt hier bemerken, was aber nicht notwendig ist.

Die beste Folge der Gruselkabinett-Reihe ist "Die Totenbraut" nicht, trotzdem gibt es nur wenig zu bemängeln. Es ist eine sehr ruhige Folge, nur das Finale wird dramatisch, davor lebt die Handlung von der Atmosphäre, weniger von den Ereignissen, und der Hörer braucht etwas Geduld und Muße. Ein bisschen fragwürdig ist der strenge Moralkodex, der hier Anwendung findet: Sicher ist es nicht schön, dass hier eine Frau für eine andere verlassen wird, trotzdem scheint, auch angesichts der Zeitumstände, die Reaktion der Figuren etwas übertrieben. Etwas unlogisch ist zudem, dass die Contessa zunächst verwirrt ist, weshalb der ihr fremde Duca wohl zu Besuch kommt und sie neugierig darauf ist - sie dann aber gar nicht mehr nachfragt, sondern gleich festlegt, dass er über Nacht bleibt, ohne sich zu erkundigen, was ihn überhaupt hierhergeführt hat. Stattdessen fragt der Marchese nach, als die beiden allein sind, aber das wäre eher die Aufgabe der Gastgeberin gewesen.

Fazit:

Eine gute Folge der Gruselkabinett-Reihe, die durch dichte Atmosphäre, gute Sprecher und sanften Grusel überzeugt. Es gibt nur Kleinigkeiten zu bemängeln, sodass unterm Strich eine unterhaltsame Geschichte für Freunde der klassischen Gruselerzählungen herausspringt.

Sprechernamen:

Marchese di Mantua: Friedhelm Ptok
Contessa Globoda: Monica Bielenstein
Comtesse Libussa: Janina Sachau
Duca di Marino: Matthias Deutelmoser
Filippo (Rückblende): Matthias Deutelmoser
Filippos Vater: Christian Rode
Klara: Evelyn Maron
Priester: David Nathan

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