15. Juni 2012

Schlaf still, mein Mädchen - Doris Bezler

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 427
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Die Autorin:

Doris Bezler ist seit über zwanzig Jahren Leherin und inzwischen stellvertretende Schulleiterin. Nachdem sie schon früher Geschichten für ihren Unterricht verfasste, erschien 2010 ihr erster Kriminalroman. Sie lebt mit ihrer Familie im Taunus, wo der Roman spielt.

Inhalt:

Vor knapp zwei Jahren ist Maren mit Ehemann Rolf und der kleinen Tochter Julia aus Frankfurt an den Rand eines beschaulichen Taunus-Dörfchens gezogen. Vor rund einem Jahr verließ Rolf seine Frau für eine andere und lebt wieder in Frankfurt, Maren versucht ihr Leben allein zu meistern. Sie arbeitet in Frankfurt als Lehrerin und hat Mühe, die mit ihren sieben Jahren schon sehr intelligente Julia ausreichend zu beschäftigen. Nach dem Scheitern der Ehe hat Maren regelmäßig Verlustängste und Alpträume, in denen sie ihre Tochter retten muss.

Das bessert sich nicht, als sie erfährt, dass in dem Dorf vor drei Jahren ein kleines Mädchen verschwand. Melanie wurde nie gefunden, lediglich eine Zeugin glaubte einen Mann gesehen zu haben, der das Mädchen und dessen Fahrrad in einem Auto wegfuhr. Trotz aller Ermittlungen und Verdachtsmomente konnte kein Täter gefasst werden.

Beim Joggen macht Maren die Bekanntschaft eines Mannes, der sich sehr freundlich und aufmerksam verhält. Thorsten gewinnt rasch das Vertrauen von Julia und auch Maren lässt allmählich ihre abweisende Art fallen. Thorsten ist attraktiv und charmant, und Maren entwickelt Gefühle - gleichzeitig aber wird sie die Ahnung nicht los, dass Thorsten etwas verbirgt. Er zeigt ein auffallendes Interesse an der verschwundenen Melanie und auch Maren befasst sich mit dem Fall - und ihre Angst um Julia wächst, ebenso wie die Befürchtung, dass der Täter noch in der Nähe sein könnte. Hat Thorsten etwas damit zu tun oder bildet sie sich das ein ...?

Bewertung:

Mit "Schlaf still, mein Mädchen" legt die Lehrerin Doris Bezler ihren ersten Kriminalroman vor, der sich auch direkt als ansprechendes und fesselndes Werk entpuppt - wenn auch mit kleinen Schwächen. Dass es sich um einen Debütroman handelt, merkt man nicht wirklich, die Handlung wird flüssig erzählt und ist frei von Längen, die Sprache ist sehr angenehm und leicht zu lesen, auch am Strand oder abends vor dem Schlafengehen, hohe Konzentration ist nicht gefordert. Das Thema ist sehr brisant und der Leser wird sofort von der traurigen Geschichte des Ortes eingenommen und kann sich mit Marens Ängsten gut identifizieren. Maren hat die Trennung von Rolf noch nicht überwunden, zieht sich in ihr Schneckenhaus zurück und hat keine Absichten, eine neue Beziehung einzugehen, egal wie sehr ihre Freundin Sybille auf neue Bekanntschaften drängt. Ihr Leben dreht sich hauptsächlich um Julia, die sie ein wenig zu sehr bemuttert und es ist nachvollziehbar, warum sie neuen Bekanntschaften aus dem Weg geht. Mit Thorsten tritt dann doppelte Spannung in das Buch: Zum einen die Frage, ob sich zwischen den beiden etwas entwickelt und zum anderen das Rätseln, was er zu verbergen hat und ob er sogar der Mörder der kleinen Melanie sein könnte. Sehr viel früher als Maren wird dem Leser offenbart, dass Julia tatsächlich wie befürchtet ins Blickfeld des Täters gerückt ist und Marens Sorgen alles andere als übertrieben sind. Gelungen ist zudem die Schilderung der dörflichen Gemeinschaft, angefangen von der neugierigen und tratschenden Nachbarin bis hin zu den Gerüchten um die vermisste Melanie mit allerlei Theorien, die natürlich auch das Elternhaus des Mädchens umfassen.

Zu den eindeutigen Schwächen des Romans gehört allerdings die falsche Fährte, die die Autorin allzu durchsichtig legt. Anfangs lässt sich der Leser noch verwirren, doch im weiteren Verlauf ist er sich fast hundertprozentig sicher, was es mit bestimmten Andeutungen auf sich hat und wie sie zu interpretieren sind. Während Maren ewig im Dunkeln tappt und unsicher ist, was sie davon halten und was sie glauben soll, reimt sich der Leser die Geschehnisse und Wahrheiten viel eher zusammen. Hier wäre ein bisschen weniger mehr gewesen, es sind einfach zu viele Hinweise, die zwar theoretisch falsch verstanden werden können, wie es wohl beabsichtigt ist - doch den meisten Lesern wird früher als geplant ein Licht aufgehen.

Ein bisschen dick aufgetragen wurde auch bei Julias Verhalten. Sicher ist es schwierig, ein hochintelligentes Kind realistisch wirken zu lassen, da sich Julia dadurch absichtlich von Gleichaltrigen abheben soll - trotzdem sind ihre altklugen Formulierungen auch für eine Siebenjährige, die ihrem Alter weit voraus ist, ein wenig zu aufgesetzt. Auch dass sie so schnell tiefes Vertrauen zu Thorsten fasst und ihn nach wenigen Stunden unbedingt beim Baden dabei haben will, wirkt leicht übertrieben.


Fazit:

Ein ordentlicher Krimi, der unterm Strich gut unterhält, auch wenn er kleine Schwächen hat - etwa was die falsche Fährte anbelangt, die die Autorin vergeblich zu legen versucht und die etwas übertriebene Darstellung des Kindes.

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