30. Juni 2012

Blinder Instinkt - Andreas Winkelmann

Produktinfos:

Ausgabe: 2011
Seiten: 416 Seiten
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Der Autor:

Andreas Winkelmann, Jahrgang 1968, arbeitete unter anderem als Sportlehrer, Ausbilder bei der Armee und Taxifahrer, interessierte sich aber bereits als Jugendlicher fürs Schreiben und besonders für unheimliche Literatur. 2010 erschien sein neuer Roman "Hänschen klein". Mehr über den Autor auf seiner Homepage www.andreaswinkelmann.com.

Inhalt:

Aus einem Heim für behinderte Kinder verschwindet in der Nacht die achtjährige Sarah. Sarah ist von Geburt an blind, es scheint ausgeschlossen, dass sie fortgelaufen ist. Kommissarin Franziska Gottlob übernimmt die Ermittlungen und findet schnell Indizien für eine Entführung.

Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf einen ähnlichen Fall vor zehn Jahren: Damals verschwand die kleine Sina. Wie Sarah war sie rothaarig, acht Jahre alt und Geburt an blind. Ihr Schicksal wurde nie geklärt. Franziska trifft sich mit Sinas älterem Bruder. Max Ungemach ist gerade amtierender Box-Europameister im Schwergewicht. Max hat das Verschwinden seiner Schwester nie verwunden und gibt sich noch heute die Schuld.

Franziska glaubt, dass hinter beiden Entführungen der gleiche Täter steckt. Sie durchforstet das Umfeld des Heims und hofft auf Verdächtige unter dem Personal. Unterdessen versucht auch Max, nach all den Jahren wieder Licht in das Verschwinden seiner Schwester zu bekommen. Während sich die beiden auch privat näher kommen, geraten sie auf die Spur eines perfiden Täters, der die Jagd liebt und für sein krankes Spiel ein neues Opfer gesucht hat ...

Bewertung:

Nach "Tief im Wald und unter der Erde" und "Hänschen klein" legt Andreas Winkelmann hier seinen dritten Thriller vor, der sich grob an den beiden Vorgängerwerken orientiert: Ein psychopathischer Mörder, der Spaß an Katz-und-Maus-Spielen hat.

Der Leser bekommt dabei drei verschiedene Handlungsstränge präsentiert, die sich abwechseln: Einmal Franziska Gottlob und ihre Ermittlungen, einmal Max Ungemach, der wieder das Trauma von damals erlebt und einmal der Täter, der zwar lange namenlos bleibt, über den man aber einiges erfährt. Der Leser erlebt das elterliche Umfeld des Täters, das wie so oft erheblich zu seinem Werdegang beigetragen hat. Die dominante, ewig besserwisserische Mutter, die ihren längst erwachsenen Sohn immer noch wie ein Kind behandelt und bevormundet - originell ist sie nicht unbedingt, aber dennoch mehr als ein bloßes Klischee und nicht zu übertrieben, als dass sie unrealistisch wäre. Mitleid verspürt man mit dem Tätern zwar nicht, aber sein Ekel und seine Entfremdung gegenüber den Eltern ist nachvollziehbar. Originell ist dafür sein Motiv. Der Leser bekommt es nicht einfach mit einem gewöhnlichen Triebtäter zu tun. Stattdessen ist er fasziniert von exotischen, giftigen Tieren wie Spinnen und Schlangen - und an ihrem Jagdverhalten, für das nicht nur Wühlmäuse, sondern auch kleine blinde Mädchen als Beute herhalten sollen ...

Franziska Gottlob ist keine sonderlich charismatische Ermittlerin, aber doch eine sympathische Figur. Ihr Privatleben ist durchaus Thema, zum einen natürlich dank der Annäherung mit Max Ungemach, zum anderen wegen ihres krebskranken Vaters. Beides nimmt aber einen angenehm ausgewogenen Raum innerhalb der Handlung ein und lenkt nie vom Thrillerteil ab. Gelungen erscheinen auch die Gedankengänge der blinden Sarah und die der vermissten Sina in der Rückblende, die einen kleinen Einblick in die Welt eines Blinden vermitteln. Max Ungemach, der Hüne mit dem weichen Kern, ist die vielleicht stärkste Figur des Romans. Auch sein Elternhaus wird beleuchtet, seine Vergangenheit, in der Sinas Verschwinden zwar der schreckliche Höhepunkt war, aber mitnichten der einzige schlimme Punkt.

Spannung ist gegeben, zum einen durch die Frage, was mit Sarah geschieht und ob sie gerettet wird, aber auch ob sich Sinas Schicksal klärt und wie der Täter mit dem Heim in Verbindung steht. Ein bisschen schwach ist jedoch die Konstruktion des Finales, etwas zu einfach kommen sowohl Franziska als auch Max auf die Spur des Täters, da wäre etwas Raffinesse wirklich schön gewesen. Auch ist Franziskas Kripo-Partner sehr blass geblieben, nachdem er anfangs zumindest noch ein paar Szenen hatte. Von der leicht zu lesenden Sprache darf man sich keinen besonderen Feinschliff erwarten, es ist eben leichte Kost. Das Ende ist für manch hartgesottenen Thrillerkenner vielleicht einen Hauch zu weichgespült - aber insgesamt bleibt ein durchaus lesenswerter Thriller zurück.

Fazit:


Ein solider bis guter Thriller mit interessanter Thematik, der spannend und kurzweilig geschrieben ist. Die Charaktere überzeugen insgesamt, auch wenn manche etwas blass bleiben. Ein paar Schwächen gibt es, trotzdem eine Empfehlung für Thrillerfreunde, die solide Lesekost suchen.

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