Produktfakten:
Ausgabe: 2011
Seiten: 592
Amazon
* * * * *
Der Autor:
Jussi Adler-Olsen, 1950 in Kopenhagen geboren, studierte zunächst Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film und arbeitete in vielen Berufen, ehe 1997 sein Debütroman erschien. Nach weiteren Werken gelang ihm mit "Erbarmen", der erste Teil um Kommissar Carl Mørk, der internationale Durchbruch. Mit "Schändung" und "Erlösung" erschienen inzwischen Teil 2 und 3, weitere Bände werden folgen.
Zum Hintergrund der Reihe:
Vizekriminalkommissar Carl Mørk ist Leiter des neu ins Leben gerufenen Sonderdezernat Q in Kopenhagen, im Keller des Polizeipräsidiums. Hier rollt er alte, ungelöste Fälle, die schon vor Jahren zu den Akten gelegt wurde, neu auf. Ihm zur Seite steht das syrische Multitalent Assad, der ihm eigentlich als Putzhilfe und Fahrer helfen sollte, der sich aber zu einem durchaus ebenbürtigen Assistenten gemausert hat.
Inhalt:
Nach seinem letzten Fall kehrt Carl Mørk aus dem zweiwöchigen Urlaub zurück und erhält seinen neuen Fall direkt aus Schottland. Dort wurde vor fast zehn Jahren im Meer eine Flaschenpost gefunden, die in Vergessenheit geriet und nun untersucht wurde. Es ist ein auf dänisch verfasster Hilferuf, mit Blut geschrieben und durch Witterung und Alter kaum noch zu entziffern.
In mühsamen Untersuchungen stellt sich heraus, dass offenbar zwei Jungen in den neunziger Jahren von einem Mann entführt und gefangen gehalten wurden. Einer der beiden Brüder konnte mit Blut und einer Scherbe diesen Hilferuf schreiben und anschließend ins Meer schmuggeln. Trotzdem bleiben noch etliche Rätsel - vor allem die Frage, wer die beiden Jungen sind und warum sie nie vermisst gemeldet wurden.
Carl Mørk und sein Assistent Assad ahnen noch nicht, dass sie es mit einem Serientäter zu tun haben. Sein Ziel sind Kinder aus religiösen Gemeinden, von deren Familien er sich das Vertrauen erschleicht. Und er ist noch aktiv ...
Bewertung:
"Erlösung" ist der lang erwartete dritte und derzeit aktuellste Teil von Jussi Adler-Olsens fulminanter Thrillerreihe, die genau wie die beiden Vorgänger durch sehr gute Qualität überzeugt - wenn auch nicht in allen Belangen perfekt ist.
Kindesentführungen und Lösegelderpressungen sind an sich ein sehr traditionelles Thema des Genres, das hier aber auf raffinierte Weise variiert wird. Es geht dem Täter längst nicht nur um das Geld, sondern er nimmt auf diese Weise gleichzeitig Rache für seine missratene Kindheit, die er unter der Knute eines fanatischen Pfarrers verbrachte. Rache für ein glückliches Familienleben, das er nie hatte, Rache für all die Schläge und Demütigungen, die ihm Namen Gottes auf ihn einprasselten. Diese Mischung aus persönlicher Motivation und schlichter Geldgier ist überzeugend und glaubwürdig. Der Leser erfährt durch Rückblicke viele Details aus der Biographie des Täters, versteht auch durchaus, dass er Hass gegenüber religiösen Gemeinden fühlt, aber zum Glück wird gar nicht erst der Versuch unternommen, Mitgefühl beim Leser zu wecken. Geschickt wird zwischen dem Leben des Entführers und den Ermittlungen hin- und hergeschalten, es gibt jede Menge Action und brisante Momente und auch kleine Pannen, sowohl bei den Ermittlern als auch beim Täter, der damit erfreulicherweise nicht als Übermensch erscheint.
Das Privatleben von Carl Mørk und die kleinen Nebenhandlungen, die auch in den vorherigen Bänden bereits einflossen, sind auch hier wieder schön dosiert. Der nach wie vor immer etwas muffelige aber liebenswerte Carl beginnt sein Verhältnis zur Polizeipsychologin Mona zu vertiefen, ohne dass es wirklich eine bedeutende Rolle in der Handlung spielen würde, keine Gefahr also, dass diese Liaison in irgendeiner Form von der Haupthandlung ablenken würde. Ein weiteres Thema ist Hardy, Carls ehemaliger Kollege und Partner, der kurz vor Einstieg des ersten Bandes bei einem Einsatz so schwer verletzt wurde, dass er nun vom Hals abwärts gelähmt ist. Carl erfüllt seinem stark depressiven Freund den Wunsch, ihn bei sich zuhause aufzunehmen, gepflegt von Carls Untermieter, dem alternativen Ultralangzeitstudenten Morten. Die etwas exzentrische Bürokraft Rose, die im zweiten Band eingeführt wurde, schickt hier ihre nicht weniger exzentrische Zwillingsschwester Yrsa ins Spiel, die noch für einige Verwirrung sorgen wird. Assad, der von der Putzhilfe zum inoffiziellen Partner Carl Mørks aufgestiegen ist, beweist ein ums andere Mal seine brillanten Kenntnisse, garniert mit den humorvollen Sprachschwierigkeiten und in Carls Augen irritierend derben Sprichwörtern. Überhaupt sind diese amüsanten Einflechtungen ein besonderes Geschick Jussi Adler-Olsens, dennoch wird der Humor niemals überstrapaziert, wirkt es nie albern oder aufgesetzt, wenn sich solche Momente trotz der Dramatik ergeben.
Wie schon in den beiden vorherigen Bänden gibt es ein paar neue Details, die zeigen, dass Assad einiges zu verbergen hat. Auf der einen Seite ist er der sympathische, verlässliche Assistent, auf der anderen Seite ist inzwischen überdeutlich, dass er Geheimnisse hat und offenbar gute Gründe, seine Herkunft zu verschleiern. Nachdem Carl in diesem Band mit der Nase darauf gestoßen wird, dass Assad ihm etwas Wichtiges verheimlicht hat, stellt er ihn zwar zu Rede - belässt es dann aber dabei, nachdem sich Assad herausredet, dass das Thema ein andermal wieder auf den Tisch kommt und das passiert nicht mehr in diesem Band. Im ersten Band war es noch sehr reizvoll, dass man kaum etwas über Assads Herkunft weiß, im zweiten ahnte man, dass sich das noch ausweitet, im dritten hätte man nun doch ganz gerne zumindest etwas Handfesteres, es muss ja nicht gleich die ganze Wahrheit sein. Aber selbst wenn einem dieses Rätselraten durchaus gefällt, ist es nicht sehr realistisch, wie gleichmütig Carl hinnimmt, so gut wie nichts über seinen treuen Assistenten zu wissen. Ein anderer Punkt ist das etwas zu knappe Ende. Der Epilog lässt Raum für Spekulationen und leider kann sich nicht darauf verlassen, dass die im nächsten Band geklärt werden - denn die beiden vorherigen Fälle wurden bislang allenfalls kurz namentlich erwähnt, aber deren Ausgang nie angesprochen. Das ist positiv, wenn man die Bücher nicht in der chronologischen Reihenfolge liest, weil man sich die Spannung nicht verdirbt - aber negativ, wenn man darauf hofft, ein paar mehr Details zum weiteren Schicksal einiger Personen dieses Bandes zu erfahren. An einem Punkt wird auch der Zufall überstrapaziert, wenn sich quasi in allerletzte Minute zwei Menschen zufällig begegnen, die beide eng mit dem Täter verbunden sind und die der Handlung damit eine neue Wendung geben.
Fazit:
Insgesamt ein sehr empfehlenswerter Thriller mit rasanter Handlung, überzeugenden Charakteren, einem interessant aufbereiteten Thema. Der dritte Band der Carl-Mørk-Reihe bringt grundsätzlich alle Vorzüge der beiden Vorgänger mit, kann allerdings nicht in allen belangen hundertprozentig überzeugen. Für mich bleibt der erste Band der bisher beste, ein paar Fragen wünscht man sich am Ende doch besser geklärt. Aber auch wenn er die Vorgänger mit "Erlösung" nicht übertreffen kann, bleibt ein sehr guter Thriller zurück.
Ausgabe: 2011
Seiten: 592
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Der Autor:
Jussi Adler-Olsen, 1950 in Kopenhagen geboren, studierte zunächst Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film und arbeitete in vielen Berufen, ehe 1997 sein Debütroman erschien. Nach weiteren Werken gelang ihm mit "Erbarmen", der erste Teil um Kommissar Carl Mørk, der internationale Durchbruch. Mit "Schändung" und "Erlösung" erschienen inzwischen Teil 2 und 3, weitere Bände werden folgen.
Zum Hintergrund der Reihe:
Vizekriminalkommissar Carl Mørk ist Leiter des neu ins Leben gerufenen Sonderdezernat Q in Kopenhagen, im Keller des Polizeipräsidiums. Hier rollt er alte, ungelöste Fälle, die schon vor Jahren zu den Akten gelegt wurde, neu auf. Ihm zur Seite steht das syrische Multitalent Assad, der ihm eigentlich als Putzhilfe und Fahrer helfen sollte, der sich aber zu einem durchaus ebenbürtigen Assistenten gemausert hat.
Inhalt:
Nach seinem letzten Fall kehrt Carl Mørk aus dem zweiwöchigen Urlaub zurück und erhält seinen neuen Fall direkt aus Schottland. Dort wurde vor fast zehn Jahren im Meer eine Flaschenpost gefunden, die in Vergessenheit geriet und nun untersucht wurde. Es ist ein auf dänisch verfasster Hilferuf, mit Blut geschrieben und durch Witterung und Alter kaum noch zu entziffern.
In mühsamen Untersuchungen stellt sich heraus, dass offenbar zwei Jungen in den neunziger Jahren von einem Mann entführt und gefangen gehalten wurden. Einer der beiden Brüder konnte mit Blut und einer Scherbe diesen Hilferuf schreiben und anschließend ins Meer schmuggeln. Trotzdem bleiben noch etliche Rätsel - vor allem die Frage, wer die beiden Jungen sind und warum sie nie vermisst gemeldet wurden.
Carl Mørk und sein Assistent Assad ahnen noch nicht, dass sie es mit einem Serientäter zu tun haben. Sein Ziel sind Kinder aus religiösen Gemeinden, von deren Familien er sich das Vertrauen erschleicht. Und er ist noch aktiv ...
Bewertung:
"Erlösung" ist der lang erwartete dritte und derzeit aktuellste Teil von Jussi Adler-Olsens fulminanter Thrillerreihe, die genau wie die beiden Vorgänger durch sehr gute Qualität überzeugt - wenn auch nicht in allen Belangen perfekt ist.
Kindesentführungen und Lösegelderpressungen sind an sich ein sehr traditionelles Thema des Genres, das hier aber auf raffinierte Weise variiert wird. Es geht dem Täter längst nicht nur um das Geld, sondern er nimmt auf diese Weise gleichzeitig Rache für seine missratene Kindheit, die er unter der Knute eines fanatischen Pfarrers verbrachte. Rache für ein glückliches Familienleben, das er nie hatte, Rache für all die Schläge und Demütigungen, die ihm Namen Gottes auf ihn einprasselten. Diese Mischung aus persönlicher Motivation und schlichter Geldgier ist überzeugend und glaubwürdig. Der Leser erfährt durch Rückblicke viele Details aus der Biographie des Täters, versteht auch durchaus, dass er Hass gegenüber religiösen Gemeinden fühlt, aber zum Glück wird gar nicht erst der Versuch unternommen, Mitgefühl beim Leser zu wecken. Geschickt wird zwischen dem Leben des Entführers und den Ermittlungen hin- und hergeschalten, es gibt jede Menge Action und brisante Momente und auch kleine Pannen, sowohl bei den Ermittlern als auch beim Täter, der damit erfreulicherweise nicht als Übermensch erscheint.
Das Privatleben von Carl Mørk und die kleinen Nebenhandlungen, die auch in den vorherigen Bänden bereits einflossen, sind auch hier wieder schön dosiert. Der nach wie vor immer etwas muffelige aber liebenswerte Carl beginnt sein Verhältnis zur Polizeipsychologin Mona zu vertiefen, ohne dass es wirklich eine bedeutende Rolle in der Handlung spielen würde, keine Gefahr also, dass diese Liaison in irgendeiner Form von der Haupthandlung ablenken würde. Ein weiteres Thema ist Hardy, Carls ehemaliger Kollege und Partner, der kurz vor Einstieg des ersten Bandes bei einem Einsatz so schwer verletzt wurde, dass er nun vom Hals abwärts gelähmt ist. Carl erfüllt seinem stark depressiven Freund den Wunsch, ihn bei sich zuhause aufzunehmen, gepflegt von Carls Untermieter, dem alternativen Ultralangzeitstudenten Morten. Die etwas exzentrische Bürokraft Rose, die im zweiten Band eingeführt wurde, schickt hier ihre nicht weniger exzentrische Zwillingsschwester Yrsa ins Spiel, die noch für einige Verwirrung sorgen wird. Assad, der von der Putzhilfe zum inoffiziellen Partner Carl Mørks aufgestiegen ist, beweist ein ums andere Mal seine brillanten Kenntnisse, garniert mit den humorvollen Sprachschwierigkeiten und in Carls Augen irritierend derben Sprichwörtern. Überhaupt sind diese amüsanten Einflechtungen ein besonderes Geschick Jussi Adler-Olsens, dennoch wird der Humor niemals überstrapaziert, wirkt es nie albern oder aufgesetzt, wenn sich solche Momente trotz der Dramatik ergeben.
Wie schon in den beiden vorherigen Bänden gibt es ein paar neue Details, die zeigen, dass Assad einiges zu verbergen hat. Auf der einen Seite ist er der sympathische, verlässliche Assistent, auf der anderen Seite ist inzwischen überdeutlich, dass er Geheimnisse hat und offenbar gute Gründe, seine Herkunft zu verschleiern. Nachdem Carl in diesem Band mit der Nase darauf gestoßen wird, dass Assad ihm etwas Wichtiges verheimlicht hat, stellt er ihn zwar zu Rede - belässt es dann aber dabei, nachdem sich Assad herausredet, dass das Thema ein andermal wieder auf den Tisch kommt und das passiert nicht mehr in diesem Band. Im ersten Band war es noch sehr reizvoll, dass man kaum etwas über Assads Herkunft weiß, im zweiten ahnte man, dass sich das noch ausweitet, im dritten hätte man nun doch ganz gerne zumindest etwas Handfesteres, es muss ja nicht gleich die ganze Wahrheit sein. Aber selbst wenn einem dieses Rätselraten durchaus gefällt, ist es nicht sehr realistisch, wie gleichmütig Carl hinnimmt, so gut wie nichts über seinen treuen Assistenten zu wissen. Ein anderer Punkt ist das etwas zu knappe Ende. Der Epilog lässt Raum für Spekulationen und leider kann sich nicht darauf verlassen, dass die im nächsten Band geklärt werden - denn die beiden vorherigen Fälle wurden bislang allenfalls kurz namentlich erwähnt, aber deren Ausgang nie angesprochen. Das ist positiv, wenn man die Bücher nicht in der chronologischen Reihenfolge liest, weil man sich die Spannung nicht verdirbt - aber negativ, wenn man darauf hofft, ein paar mehr Details zum weiteren Schicksal einiger Personen dieses Bandes zu erfahren. An einem Punkt wird auch der Zufall überstrapaziert, wenn sich quasi in allerletzte Minute zwei Menschen zufällig begegnen, die beide eng mit dem Täter verbunden sind und die der Handlung damit eine neue Wendung geben.
Fazit:
Insgesamt ein sehr empfehlenswerter Thriller mit rasanter Handlung, überzeugenden Charakteren, einem interessant aufbereiteten Thema. Der dritte Band der Carl-Mørk-Reihe bringt grundsätzlich alle Vorzüge der beiden Vorgänger mit, kann allerdings nicht in allen belangen hundertprozentig überzeugen. Für mich bleibt der erste Band der bisher beste, ein paar Fragen wünscht man sich am Ende doch besser geklärt. Aber auch wenn er die Vorgänger mit "Erlösung" nicht übertreffen kann, bleibt ein sehr guter Thriller zurück.
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