4. Juni 2012

Die Show - Richard Laymon

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seiten: 540
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Der Autor:

Richard Laymon wurde 1947 in Chicago geboren und ist einer der meistverkauften Horrorautoren der USA. Er studierte englische Literatur und arbeitete unter anderem als Lehrer und Bibliothekar, ehe er sich dem Schreiben widmete. Im Jahr 2001 verstarb er überraschend früh und hinterließ eine Reihe von Romanen, die vor allem wegen ihrer schnörkellosen Brutalität von sich reden machten. Nur ein kleiner Teil davon ist bislang auf Deutsch erhältlich. Zu seinen weiteren Werken zählen u. a. "Rache", "Parasit", "Im Zeichen des Bösen", "Die Insel" und "Vampirjäger".

Inhalt:

1963 in der Kleinstadt Grandville: Der sechzehnjährige Dwight verbringt einen heißen Sommer mit seinen besten Freunden, dem vorlauten Rusty und der burschikosen Frances, genannt Slim, für die beide Jungs heimlich schwärmen, seit sie ins Teenageralter gekommen sind. Einer ihrer beliebtesten Plätze ist die Janks-Lichtung im Wald, die nach einem berüchtigten Serienmörder benannt ist, der dort vor Jahrzehnten seine Opfer begraben hatte - und die allen Kindern und Jugendlichen verboten ist.

Ausgerechnet auf dieser Lichtung hält eine Vampirshow Einzug, die angeblich ein spektakulär-erotisches Programm bietet. Vor allem Dwight und Rusty sind begierig darauf, die angekündigte Vampirin Valeria zu sehen. Obwohl die Show eigentlich nicht für Minderjährige erlaubt ist, kommen die drei mit Hilfe von Dwights Schwägerin Lee an Karten für die erste Abendvorstellung.

Kurz zuvor aber macht Slim bei den Zirkusleuten eine grausige Beobachtung. Sie flüchtet, wird aber gesehen. Von da an fühlen sich die drei Freunde verfolgt, jemand bricht sogar in ihre Häuser ein und hinterlässt Spuren. Trotzdem geben sie ihrer Neugierde nach und besuchen die Show - eine fatale Entscheidung, die ihr Leben verändern wird ...

Bewertung:

Richard Laymon steht für harten Horror und ausgedehnte Splatterszenen. Umso angenehmer sind seine etwas ruhigeren Werke wie der vorliegende Roman, in denen der Fokus nicht auf blutrünstiger Gewalt liegt - und erfreulicherweise wurde genau dieser mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet.

Gelungene Atmosphäre

Viele großartige Romane nutzen einen heißen Sommer und die Schwelle zwischen Kindheit und Jugend oder Jugend und Erwachsensein als Kulisse für ihre Handlung, darunter moderne Horrorklassiker wie Dan Simmons' "Sommer der Nacht", Robert R. McCammons "Unschuld und Unheil" und Stephen Kings "Es". Laymon greift diese nostalgische Tradition auf, was einen besonderen Zauber über das Buch legt. Identifikationsfigur ist der Ich-Erzähler Dwight, der auf den Sommer zurückblickt, der sein Leben veränderte mit all seinen schönen wie grausamen Erfahrungen.

Russell, genannt Rusty, verkörpert einen vorlauten, leicht pummeligen Jungen, der gern Scherze auf Kosten anderer macht und unangenehme Seiten aufblitzen lässt, ohne es sich dabei je ernsthaft mit seinen Freunden zu verderben. Slim, die sich traditionell jedes Jahr einen neuen Spitznamen verpasst, ist ein knabenhaftes Mädchen, das sich von der lässigen Bogenschützin, mit der die Jungs seit der Kindheit ihre Abenteuer erleben, allmählich zu einer jungen, begehrenswerten Frau entwickelt. Während Rusty jede Gelegenheit für obszöne Bemerkungen nutzt, verspürt Dwight ein sehnsüchtiges Verlangen und gleichzeitig die Verwirrung über die erwachsende Sexualität. Dwight macht es dem Leser leicht, sich in ihn hineinzuversetzen. Er wirkt als Dämpfer für Rustys ungehobelte Sprüche, ohne selbst immer als strahlender Held dazustehen, seine Unsicherheit gegenüber Slim und seine leisen Hoffnungen, dass sie seine aufkeimenden Gefühle erwidert, werden glaubwürdig dargestellt. Ein weiterhin gelungenes Element ist Rustys dreizehnjährige Schwester Bitsy, ein molliges, unbeholfenes Mädchen, das offensichtlich in Dwight verliebt ist. Dwight fühlt einerseits einen Beschützerinstinkt gegenüber der ihm ergebenen Bitsy, die oft von ihrem Bruder gehänselt wird, andererseits nerven ihn ihre Bedrängungen.

Natürlich verzichtete Richard Laymon auch hier nicht auf sexuell aufgeladene Szenen, die sich jedoch im Vergleich anderen Werken in Grenzen halten. Mehrfach fühlt sich Dwight wie hypnotisiert von Slims Körper im zarten Bikinioberteil. Ihre mädchenhafte Ausstrahlung steht im Gegensatz zum verführerischen Körper von Lee, Dwights junger Schwägerin, die trotz ihrer knapp dreißig Jahre wie eine unkonventionelle Neunzehnjährige wirkt und nicht weniger begehrliche Blicke von den Jungs erntet, allerdings ohne, dass diese Momente zu sehr ausgereizt oder aufgesetzt wirken würden.

Viel Spannung

Für seine Verhältnisse lässt sich Richard Laymon viel Zeit, ehe sich richtiger Horror entwickelt, dennoch wird von Beginn an Spannung aufgebaut, die sich im weiteren Verlauf sukzessive steigert. Das ist kein leichtes Unterfangen, schließlich handeln die über fünfhundert Seiten einen einzigen Tag ab, die Handlung erzählt beinah in Echtzeit. Die undurchsichtige Vampirshow schwebt zwar von Anfang an als unheilvoller Höhepunkt im Hintergrund, doch zuvor gibt es genug andere brisante Entwicklungen, beginnend mit dem Ausflug der drei auf die verbotene Lichtung. Nach einem gefährlichen Zwischenfall ist Slim verschwunden, und irgendjemand hinterlässt bedrohliche Spuren in den Häusern der Freunde. Auch um Lee müssen die Freunde bangen, zumal sie durch Unterzeichnung eines Schecks dem mysteriösen Besitzer der Vampirshow ihre Adresse gegeben hat.

Die Show selbst hält nach ruhigem Beginn ein grauenhaftes Finale bereit, bei dem sich das Gemetzel für Laymons Verhältnisse aber in Grenzen hält, wenn auch eine Magen-provozierende Szene nicht fehlt. Bemerkenswert ist allerdings, dass ausgerechnet zwei kurze, rückblickende Sequenzen, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Handlung stehen, den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen: Zum einen ist es ein Zwischenfall an einem vergangene Halloween, als die Freunde nachts auf einer einsamen Straße eine verstörende Begegnung machen, die, trotz oder gerade weil sie ohne Gewalt auskommt, auch den Leser gruselt. Zum anderen ist es das Auftauchen eines Cadillacs mit bedrohlichen Zwillingsbrüdern als Insassen, die es auf Slim abgesehen haben und die, undurchschaubar wie beim ersten Mal, noch ein weiteres Mal eine Rolle spielen. Schade, dass Laymon solche Momente nicht öfter in seine Werke hat einfließen lassen, denn hier zeigt sich ein bemerkenswertes Talent, auf subtile Weise einen Schauder beim Leser zu erzielen.

Nur kleine Schwächen

Im Vergleich zur sehr ausführlichen vorherigen Handlung ist das Finale recht kurz gehalten. Die Ereignisse überstürzen sich, und auch der Epilog ist sehr knapp bemessen. Vor allem stört, dass das Verschwinden einer bestimmten Person nicht weiter erläutert wird. Auch wenn es eigentlich nur eine Erklärung dafür gibt, wirkt es zu lapidar und einfallslos, wenigstens einen kleinen Anhaltspunkt hätte man schon noch einbauen können. Die Handlungen der Hauptcharaktere im turbulenten Finale sind zudem, wie es für Laymon auch wiederum typisch ist, relativ abgebrüht. Einzig der lebens- und leidenserfahrenen Slim nimmt man ihre Reaktionen vollständig ab, bei den anderen bleibt ein Hauch Unrealismus und Übertriebenheit zurück.

Fazit:

"Die Show" ist ein für Richard Laymons Verhältnisse wenig gewaltvoller Horrorroman mit intensiver Atmosphäre und weithin gelungenen Charakteren. Abgesehen vom etwas abrupten Schluss überzeugt die Geschichte und kann trotz des Umfangs mit einer großen Portion Spannung aufwarten.

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