5. Juni 2012

Benjamin Blümchen - Der erste Wetterelefant der Welt

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Inhalt:

Seit über zehn Jahren ist Siegfried Simpel der Wetterhahn der Neustädter Kirchturmspitze. Noch nie hat er auch nur einen einzigen Tag Urlaub gehabt. Das muss sich ändern, beschließt er und macht sich auf zum Arbeitsamt, um eine Vertretung für sich zu beantragen. Der zuständige Beamte Herr Schläfrich findet in seinen Unterlagen auch sofort einen Interessenten, der sich schon vor Jahren für den Beruf beworben hat: Ein gewisser Herr Benjamin Blümchen.

Beim persönlichen Vorstellungsgespräch stellt sich heraus, dass dieser Herr Benjamin Blümchen ein sprechender Elefant ist, der im Neustädter Zoo lebt. Alle sind verblüfft, doch da sich niemand anderes für die Stelle findet, ist der Wetterhahn einverstanden und fliegt für zwei Wochen in den Süden.

In Neustadt dagegen beginnen die Probleme: Wie kommt der schwere Benjamin auf die Kirchturmspitze? Die Neustädter beratschlagen sich und haben schließlich eine originelle Idee, um Benjamin an seinen Platz zu helfen. Aber auch als er dort angekommen ist, wird es nicht einfacher, denn Benjamin kennt sich mit den Himmelsrichtungen nicht aus. Wo sind Süden und Osten, und woher weht gerade der Wind? Der arme Benjamin ist völlig verwirrt. Außerdem wird es immer kälter, und es fällt sogar Schnee. Und zu essen gibt es auf dem Kirchturm auch nichts. Wie gut, dass Benjamin in dem kleinen Otto einen Freund findet, der ihm bei allem zu helfen weiß. Doch dann geschieht ein Unglück: Das berühmte Glockenspiel, das die Touristen nach Neustadt zieht, friert ein. Kann Benjamin helfen ...?

Bewertung:

Über 100 Folgen von Benjamins Abenteuern existieren nun schon, aber das ist kein Grund, die allerersten Folgen zu ignorieren. Wer allerdings erwartet, dass man in dieser Folge erfährt, wie Benjamin in den Zoo kam oder gar, wie er sprechen lernte, der wird enttäuscht. Auch hier ist er bereits schon ein ausgewachsener Elefant, der seit Jahren in Neustadt zuhause ist. Allerdings ist er zu diesem Zeitpunkt längst noch nicht so populär wie in späteren Folgen, und auch seinem Freund Otto begegnet er hier zum ersten Mal.

Mut zu neuen Wegen

Viele von Benjamins Abenteuern bestehen im Ausprobieren eines neuen Berufes. Die meisten davon sind ganz gewöhnliche Alltagsberufe, die bei heutigen Kindern vielleicht sogar schon in Vergessenheit geraten sind, wie z. B. Feuerwehrmann, Schornsteinfeger oder Lokomotivführer. Ab und an versucht sich Benjamin aber auch in sehr ausgefallenen Tätigkeiten, wie als Astronaut, als Sheriff oder hier im Phantasieberuf des Wetterelefanten. Für Kinder ist dieser Beruf nicht nur amüsant, sondern darüber hinaus auch lehrreich. Von Benjamin bekommen sie vorgelebt, dass es sich lohnt, mal ausgefallene Wege zu bestreiten und sich einen langersehnten Traum zu erfüllen - auch wenn man dafür zunächst Kopfschütteln erntet. Benjamin ist mit seinen gewaltigen Ausmaßen denkbar ungeeignet für diesen Beruf, schließlich könnte er dem kleinen Wetterhahn Siegfried Simpel kaum unähnlicher sein. Trotzdem gelingt es ihm letztendlich, wenn auch auf ungewöhnlichen Wegen, seine Arbeit mit vollem Erfolg auszufüllen.

Des Weiteren erfährt man hier, wie wichtig gute Freunde in Notlagen sind. Der kleine Otto wird hier, wie auch in vielen weiteren Folgen, zu einem unentbehrlichen Vertrauten, mit dem Benjamin durch dick und dünn geht. Er sorgt dafür, dass der frierende Elefant einen wärmenden Pullover erhält und seine geliebten Zuckerstückchen zu essen bekommt. So einsam, wie sich Benjamin zeitweise auf der Kirchturmspitze fühlt, ist es ein Glücksfall, dass sich zwischen den beiden gleich so eine intensive Freundschaft entwickelt.

Nebenbei erfahren die Kindern beim Hören auch eine Menge über den Ablauf des Wetters. Es werden die verschiedenen Himmelsrichtungen genannt sowie einige Regeln zum Erkennen, ob gutes oder schlechtes Wetter aufzieht. Vielleicht bekommt das eine oder andere Kind Interesse, sich etwas näher damit zu befassen, oder die Eltern geben weitere Ergänzungen dazu.

Für Humor ist gesorgt

Auch in der ersten Folge gibt es einiges zu lachen. Dafür ist vor allem die sympathische Figur des Wetterhahns zuständig, bei dem man gar nicht anders kann, als mit ihm zu leiden, wie er da seit zehn Jahren tagein, tagaus auf der Kirchturmspitze steht. Mit herrlichem Galgenhumor spricht der niesende Siegfried über sein hartes Schicksal, wobei er unter anderem sehr treffend bemerkt, dass es zwar von Jahr zu Jahr kälter wird, sein Gehalt aber nicht entsprechend steigt. Da kann man es ihm nicht verübeln, dass er sich zum "Aus-den-Federn-Fahren" fühlt. Genauso humorvoll wie seine Figur ist auch das Arbeitsamt dargestellt. Bei seiner Suche nach der zuständigen Stelle für seinen Fall stößt er unter anderem auf die Ausschilderungen "von M wie Mäusefänger bis Z wie Zauberlehrlinge" - in Neustadt scheinen ungewöhnliche Berufe also durchaus an der Tagesordnung zu sein. Der verantwortliche Herr Schläfrig macht seinem Namen alle Ehre, wie man sogleich feststellt. Mag er auch noch so freundlich sein, er gähnt die meiste Zeit. Humor findet man auch auf der Bürgerversammlung, als der Bürgermeister rein rhetorisch die Frage in den Raum stellt, ob man so etwas (gemeint ist die Verspottung des Neustädter Glockenspiels) schon mal gehört habe. Daraufhin meint ein Mann mit eifrigem Tonfall: "Doch, ich hab das schon mal gehört. Warten Sie, das war im Jahre ... "

Aller Anfang ist schwer

Wie bei vielen Erstlingsfolgen hat auch diese Episode einige kleinere Mängel und ist weit von der Perfektion entfernt. Zunächst gibt es zwei kleine Unlogiken, die negativ auffallen. Zum einen stellt sich die Frage, warum Siegfried Simpel sich nicht schon vorher um Urlaub beworben hat oder diesen angeboten bekommen hat, wenn Benjamin sich anscheinend schon vor Jahren für seinen Beruf interessiert hat.

Die andere unlogische Stelle wiegt da schon schwerer. Als das berühmte Glockenspiel von Neustadt eingefroren ist, bleiben die Touristen aus, und als Ersatz muss Benjamin statt des Glockenspiels Lieder von der Kirchturmspitze trompeten. Allerdings erscheint es sehr unrealistisch, dass ein sprechender Elefant auf der Kirchturmspitze nicht ausreicht, um Touristen anzuziehen, und er erst dann zu einer Attraktion wird, wenn er melodisch trompetet. Tatsächlich taucht auch in vielen anderen Benjamin-Blümchen-Folgen immer wieder die Situation auf, dass der Zoo unter Geldmangel leidet, was man sich ebensowenig vorstellen kann, denn in Wirklichkeit würde man mit einem sprechenden Elefanten wohl Millionen verdienen. Gerade in der ersten Folge ist es allerdings ungeschickt, diesen Punkt so überzustrapazieren. Das Glockenspiel und Benjamins Ersatz-Trompete sind zwar ein netter Faktor im Hörspiel, aber an sich überflüssig. Viel glaubhafter wäre es dagegen gewesen, wenn allein Benjamins Auftreten als Wetterelefant für Trubel und Tourismus gesorgt hätte.

Auffallend ist auch, dass eigentlich kaum darauf eingegangen wird, dass Benjamin sprechen kann. Das zeigt sich beispielsweise an einer Stelle, an der der Erzähler über ihn sagt, er sei zugegebenermaßen "kein gewöhnlicher Elefant. Zumindest ist der der einzige, der ... Wetterelefant werden will". In dieser ersten Folge ist auch Benjamins Trompeten noch nicht richtig ausgereift. Statt wie in späteren Geschichten sein typisches "Tö-rööö" von sich zu geben, ist sein Trompeten hier auf ein langanhaltendes, penetrantes "Trööööt" beschränkt. Fraglich ist natürlich auch, warum sich Benjamin nicht mal mit den Himmelsrichtungen auskennt, wenn er doch angeblich schon seit Jahren als Wetterelefant arbeiten will.

Sehr unschön ist der Tonfall mehrerer Figuren im ansonsten so kindgerechten Hörspiel. Gleich mehrfach fallen eine Frau und ihr Kind, ein quengeliges kleines Mädchen, negativ auf, indem die Mutter es sehr harsch zurückweist. Während der Diskussionen über die Frage, wie man Benjamin auf die Kirchturmspitze bekommt, sagt die Mutter zu dem Mädchen einmal ein genervtes "Sei endlich still du kleines Ungeheuer" und wenig später "Brüll nicht so, du entsetzliches Kind".

Sprecherteam noch unvollständig

In dieser ersten Folge wird zudem deutlich, dass das Team aus wenigen Sprechern bestand als heute. Zoowärter Karl wird hier zum ersten und einzigen Mal von Regisseur Ulli Herzog gesprochen. Till Hagen, der ab der nächsten Folge und in allen weiteren den Karl gibt, tritt hier als Feuerwehrmann auf. Dazu kommt, dass ab Folge zwei der nette Zoodirektor Herr Tierlieb mit von der Partie ist, sein Sprecher Hermann Wagner hier aber noch als Herr Schläfrig auftaucht. Karla Kolumna wird erst in der zweiten Folge Einzug halten, und der Bürgermeister wird nicht wie später so grandios von Heinz Giese, sondern noch von Tobias Pagel gesprochen. Besonders lobenswert ist der Auftritt von Wilfried Herbst als Wetterhahn Siegfried Simpel, der wirklich genauso klingt, wie man sich einen Hahn vorstellt. Mit krächzender, hoher Stimme gibt er den leidgeprüften Siegfried, der sich seit zehn Jahren endlich den wohlverdienten Urlaub gönnt. In späteren Folgen ist er sowohl bei Benjamin als auch bei Bibi Blocksberg in der Rolle des demütigen Sekretärs Pichler als ständiger Begleiter des Bürgermeisters ein Stammgast in den Hörspielreihen.

Fazit:

Ein lehrreiches und lustiges Hörspiel, das trotz leichter Schwächen einen gelungenen Auftakt zur beliebten Benjamin-Blümchen-Reihe bildet. Kindern lernen von der Wichtigkeit von Freundschaft sowie vom Sinn, ungewöhnliche Wege zu bestreiten, neue Dinge auszuprobieren und langersehnte Träume zu erfüllen.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: E. Ott
Otto: A. Rosenberg
Siegfried Simpel: W. Herbst
Herr Schläfrig: H. Wagner
Frau Nussbaum: M. Axt
Bürgermeister: T. Pagel
Erzähler: J. Nottke

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