4. Juni 2012

Abenteuer am Wichtelsee - Claus Hölscher

Produktinfos:

Auflage: 2000
Verlag: Schwager & Steinlein
Seiten: 125
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Inhalt:

Wichtelstein ist ein kleines Königreich, in dem die Wichtel friedlich miteinander leben. Regiert werden sie vom gutmütigen König Balduin, der manchmal ein wenig begriffsstutzig ist. Ihm steht der kluge Sebastian zur Seite, der auch in schwierigen Lagen meist eine Lösung weiß. Außerdem gibt es beispielsweise noch den verträumten Wunnibald, der gerne Experimente ausprobiert, den grummeligen Schlitzohr, den lustigen und gemütlichen Willi, den etwas arroganten Hasenfuß und den aufbrausenden Mäuserich Bolzer.

»Das geheimnisvolle Boot« ist ein unbekanntes Schnellboot, das wie der Blitz über den ruhigen Wichtelsee zischt und die arglos Badenden fast zu Tode erschreckt. Wer steckt wohl hinter diesem Ungetüm? »Weiße Mäuse« sorgen kurz darauf für Aufregung. Wegen ihrer ungewohnten Fell- und der roten Augenfarbe haben fast alle Wichtelsteiner Vorurteile gegen diese Fremdlinge. »Albino ist an allem schuld« scheint zu bestätigen, dass der neue Bewohner und seine Familie nur Unglück bringen - doch einige Wichtel müssen eines Besseren belehrt werden ... »Die Frösche kommen«, lautete der Angstruf der Wichtelsteiner, nachdem die Nachricht die Runde macht, dass eine Horde bewaffneter Frösche sich dem Königreich nähert. Ob es sich wirklich um einen Angriff handelt?

»Die versiegte Quelle« bereitet ganz Wichtelstein große Sorgen. Es gibt kein Wasser mehr, und alle drohen zu verdursten. Eine Expedition aus vier mutigen Wichtelsteinern will der Ursache auf den Grund gehen ... »Die Goldhöhle« ist eine der Stationen, auf die die Expedition auf ihrem Weg trifft. »Der große Reichtum« sorgt zunächst bei allen für Freude. Aber mit dem Reichtum kommen auch Probleme ... »Die Sache mit den Briefmarken« ist eine Idee des neuen Königsvertreters Hasenfuß, die für allerhand Trubel im Reich sorgt.

Bewertung:

Den kleinen wie den großen Lesern präsentiert sich Wichtelstein als Zusammensetzung vieler lustiger und sehr verschiedener Charaktere. König Balduin ist ein sehr gutmütiger und liebenswerter Regent, ein wenig schwerhörig und mit einem Hang zur Gemütlichkeit, aber doch energisch, wenn er sich für eine wichtige Sache einsetzt. Sein Berater Sebastian ist zweifelsfrei der klügste im Volk. Ihm liegt vor allem die Gerechtigkeit am Herzen, und in jeder Lage findet er eine gute Lösung für alle Beteiligten. Der lustige Willi nimmt nichts wirklich ernst und sorgt bei allen Wichtelsteinern für nette Unterhaltung mit seinen frechen Sprüchen. Aber es gibt auch Charaktere mit einigen Schwächen im Verhalten, so etwa der aufbrausende Bolzer, ein grauer Mäuserich, der schnell in Wut gerät und zu Vorurteilen neigt. Oder auch der hinterlistige Schlitzohr, der zwar zu allen höflich ist, bei dem man jedoch nie so genau weiß, wie ehrlich er es mit einem meint. Oder auch der scheue Hasenfuß, der sich lange Zeit zurückhält, ehe ihn der Ehrgeiz packt und er es kurze Zeit sogar zum König bringt - wenn auch mit bescheidenem Erfolg ... Natürlich sind die Figuren überzeichnet und handeln vorhersehbar, aber für Kinder ist das völlig angemessen.

Kindgerecht und lehrreich

Auch wenn das Büchlein in erster Linie mit lustigen Geschichten unterhalten will, können Kinder auch eine ganze Menge an Lehren daraus ziehen. Viele Probleme der Wichtelsteiner sind nämlich ganz ähnlich den unsrigen. Da sind etwa die beiden Geschichten, die sich um den weißen Mäuserich Albino drehen. Noch nie zuvor gab es weiße Mäuse in Wichtelstein, und alle Bewohnern sind aufgeregt. Vor allem Bolzer, der sich mit seinem grauen Fell als viel authentischer empfindet, verbreitet lauter Vorurteile über die Fremden. Weiße Mäuse seien zwielichtige Gestalten, sie stehlen, sie sind unehrlich und fangen Streit an, erzählt er, was sich wie ein Lauffeuer im ganzen Reich verbreitet. Tatsächlich aber ist an Albino und seiner Familie nichts anders außer seinem weißen Fell und den roten Augen. Im Gegenteil, er erweist sich sogar als ein sehr fähiger Mäuserich, der bald zeigen kann, dass die Wichtelsteiner ihn gut gebrauchen können - sodass er sich zu einem der beliebtesten Bewohner entwickelt. Auch die Aufregung um die angeblich kriegerischen Frösche ist umsonst, wie sich danach herausstellt. Kinder lernen daraus, dass man Menschen erst kennenlernen soll, ehe man ein Urteil über sie fällt, und dass der erste Eindruck häufig täuschen kann.

In der Geschichte um die versiegte Quelle wird Teamgeist beschworen, als sich vier Bewohner gemeinsam auf die gefährliche Expedition machen. "Der große Reichtum" wiederum zeigt, dass sich mit Geld nicht alle Probleme lösen lassen. Im Gegenteil, es kommen neue hinzu, und die Wichtelsteiner müssen einsehen, dass Gold nicht viel wert ist, wenn jeder gleich viel davon besitzt und es daher niemand mehr für nötig hält zu arbeiten. Anhand dieser Erzählung kann man Kindern vielleicht sogar das Prinzip einer Inflation erklären.

Liebevolle Zeichnungen

Das Buch ist, ideal für Kinder, mit reichlichen farbigen Abbildungen versehen. Die Figuren sind genauso gemalt, wie sie im Buch beschrieben werden, von Schlitzohrs honiggelber Mütze bis hin zum dichten weißen Bart von Willi. Manche der Zeichnungen erstrecken sich fast über die ganze Seite, und alle sind sehr detailliert gehalten. Nicht nur die Figuren, um die es gerade geht, sind dargestellt, sondern auch der Hintergrund mit Blüten und Blumen und lauter Kleintieren, etwa Käfern und Raupen, die durch Wichtelstein kreuchen und fleuchen. Für Kinder gibt es viel auf den Bildern zu entdecken. Die große Schrift und die einfache Sprache machen das Buch ideal für Leseanfänger in der ersten und zweiten Klasse. Aber auch zum Vorlesen ist es bestens geeignet, da man anhand der Bilder viel von der Handlung wiedererkennen kann.

Nur kleine Schwächen

Ein Manko dieser Ausgabe ist, dass sie nicht alle Geschichten über die Wichtelsteiner enthält, sondern gekürzt wurde, sowohl was die Anzahl der Erzählungen angeht als auch inhaltlich. Im Original bauen die Geschichten stark aufeinander auf. Es erfolgen fast immer ein paar einleitende Sätze, in denen auf die vorherige Geschichte Bezug genommen wird, sodass man sie dort in der vorgegebenen Reihenfolge lesen muss. Da hier nicht alle Geschichten über die Wichtelsteiner vorliegen, ist es folglich auch notwendig, diese anfänglichen Bezüge herauszunehmen und sie inhaltlich anzupassen. Das ist schade, weil es etwas vom Charme der Geschichten nimmt, zumal einige wichtige Geschichten fehlen.

Ein bisschen schade ist zudem, dass man nicht genau den Überblick besitzt, wie Wichtelstein aufgebaut ist. Einerseits leben die Einwohner dort recht altmodisch, was sich etwa daran zeigt, dass es keine Post in Wichtelstein gibt. Das Dorf ist so klein, dass jeder einfach zum anderen persönlich hingeht, wenn er ihm eine Nachricht zukommen lassen will. Die Einführung von Briefmarken sorgt daher erst einmal für viel Verwirrung und ist eine mühsame Angelegenheit, da sie per Hand angefertigt werden müssen. Aber andererseits gibt es eine Tageszeitung in Wichtelstein, die ab und zu erwähnt wird, die "Wichtelsteiner Morgenpost". Wie sie hergestellt wird, bleibt ungeklärt. Gibt es eine Druckerei dafür, so ist nicht ganz logisch, warum die Herstellung von Briefmarken die Wichtelsteiner so überfordert, schließlich ist das ein ganz ähnliches Prinzip.

Fazit:

Von sehr kleinen Schwächen abgesehen liegt hier eine wunderschöne Sammlung lustiger Wichtelgeschichten vor, die Kinder nicht nur gut unterhalten, sondern ihnen auch noch kleine Lehren vermitteln. Niedliche Bilder vervollständigen den sehr positiven Gesamteindruck. Dank der einfachen Sprache eignet sich das Buch sowohl für erste Leseversuche als auch zum Vorlesen für Vorschulkinder.

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