15. Juni 2012

Benjamin Blümchen träumt

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Inhalt:

Es ist ein besonders heißer Tag in Neustadt, und Benjamin hat blendende Laune. Leider ist Otto dafür umso schlechter gelaunt, denn er hat eine Mathearbeit verhauen. Zur Ablenkung kuschelt er sich an seinen großen Freund. In der Hitze dauert es nicht lang, bis die beiden einschlafen.

Der Erzähler nutzt die Gelegenheit, sich probeweise in Benjamins Ohr zu kuscheln. Gemeinsam träumen sich die drei in eine fremde Welt. In dieser Welt ist alles umgekehrt ist zur Menschenwelt. Hier herrschen bunte, sprechende Elefanten, die sich "Törös" nennen. Die Menschen werden wie Tiere gefangen gehalten, dürfen nicht frei herumlaufen, gelten als dumm und gefährlich und müssen in Zirkussen auftreten. Um keinen Ärger zu bekommen, versteckt sich Otto in Benjamins Ohr, wo er auf den Erzähler trifft. Benjamin tarnt sich mit bunten Farben, damit seine graue Haut nicht verrät, dass er aus der Menschenwelt stammt. Staunend erkunden sie die Welt der Törös. Zunächst ist Benjamin begeistert, dass er sich endlich einmal frei bewegen kann und alles auf seine Größe abgestimmt ist.

Doch in einem Zirkus stoßen sie auf Ottos Mathematiklehrer, der dort gefangen gehalten wird. Benjamin, Otto und der Erzähler müssen erkennen, dass die Elefanten hier die gleichen Fehler begehen wie die Menschen in ihrer Welt. Als Benjamin als Menschenfreund enttarnt wird, machen die Törös Jagd auf sie ...

Bewertung:

Diese Folge ist eine der originellsten Episoden der Reihe. Sie vereint märchenhafte Elemente, Humor und eine lehrreiche Moral.

Spannung und unheimliche Szenen


Auf der anderen Seite sorgt gerade diese Originalität dafür, dass diese Folge völlig aus dem Rahmen der sonstigen Episoden fällt und für sehr kleine Kinder nur bedingt geeignet ist. Normalerweise sind Benjamin-Blümchen-Hörspiele auch für die kleinsten Hörer ideal, selbst wenn diese nicht alles von der Handlung verstehen sollten. Aber hier wird mit so unheimlichen Geräuschen, einer düsteren Atmosphäre und einer beängstigenden Handlung gearbeitet, dass sehr kleine Kinder davon tatsächlich verstört werden können.

Da sind einerseits die akustischen Effekte. Die Törös sprechen mit dunklen, gedämpften und ernsten Stimmen. Auch die Musikuntermalung ist alles andere als fröhlich. Wenn Benjamin läuft, hört man ein dunkles Trommeln. Szenenwechsel werden mit einer kurzen Ziehharmonikasequenz eingeleitet. Beide Musikeffekte wirken eher düster und melancholisch.

Die Handlung ist zwar spannend, aber im Vergleich zu den meist eher harmlosen Benjamin-Episoden für kleine Kinder eventuell sogar zu aufregend und gefahrenvoll. Als Benjamin und Otto als Mensch bzw. Menschenfreund erkannt werden, machen die Törös Jagd auf sie. Die lauten Stimmen und Rufe der Törös, man solle Benjamin und Otto aufhalten, das wilde Trommeln, das gehetzte Wegrennen der Flüchtigen - das alles kann trotz des guten Ausgangs für Kinder sehr beängstigend wirken. Dazu kommt, dass Benjamin-Blümchen-Geschichten von vielen kleinen Hörern traditionell zum Einschlafen gehört werden. Davon ist hier abzuraten, damit sich die Träume nicht in Alp-Träume verwandeln ...

Eine kleine Unlogik findet sich an den Stellen, an denen der Erzähler mit Otto im Ohr flüstert und seine Anwesenheit zunächst vor Benjamin verbirgt. Es ist schwer zu glauben, dass Benjamin nicht hört, was da direkt in seinem Ohr geredet wird. Es stellt sich auch die Frage, wie gleich zwei Personen in Benjamins Ohr passen, aber das fällt Kindern beim Hören vermutlich nicht unbedingt auf.

Viel Humor


Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Das fängt schon am Anfang an, als der Erzähler Benjamin mit den fröhlichen Worten: "Der liebste Elefant von ganz Mitteleuropa und vielleicht von der ganzen Welt!" vorstellt. Zum Schmunzeln regt auch wieder einmal Benjamins naive Art an. "Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir!", versucht er Otto zu trösten, der resigniert "Sag das mal dem Lehrer ..." antwortet. "Soll ich?", bietet Benjamin daraufhin in seiner typischen Hilfsbereitschaft an.

Der Erzähler wird hier ausnahmsweise aktiv in die Handlung mit eingebunden, aber so dezent, dass es weder stört noch ablenkt. Diese Besonderheit, die nur in wenigen Folgen (z. B. auch bei "Wo ist Otto?") eintritt - und nirgendwo so ausgeprägt wie hier -, sorgt ebenfalls für amüsante Einlagen. Zu Beginn der Geschichte kriecht er in Benjamins Ohr, um dort dessen Traum beobachten zu können. Als sich Otto im späteren Verlauf eben dort versteckt, treffen die beiden aufeinander. "Ihre Stimme kommt mir so bekannt vor", rätselt Otto, ehe der Erzähler das Geheimnis um seine Identität lüftet und sich als "Erwin Erzähler" vorstellt.

Kurz darauf gesteht ihm Otto: "Das ist alles ein bisschen zu viel für ein Kind in meinem Alter, finden Sie nicht auch?" Der Erzähler zeigt Verständnis: "Ja, ich bin sowieso der Meinung, dass man für solche Rollen ...", ehe er von Benjamin unterbrochen wird.

Am Ende kommt zu noch zum Zusammentreffen mit Ottos Mathelehrer, der in die Gefangenschaft der Törös geraten war. Das Leid des armen Mannes wurde noch dadurch erschwert, dass er im Zirkus ausgerechnet "2+2" ausrechnen musste, was in den Augen der Törös schon eine Meisterleistung für einen Menschen ist.

Deutliche Lehren


Die Moral kommt diesmal recht dick aufgetragen daher: Die Hörer sollen sich darüber bewusst werden, dass auch Tiere leiden, wenn sie eingesperrt und abgerichtet werden. Eine Welt, in der die Menschen solch ein Schicksal erleiden, erscheint im ersten Augenblick pervers, dabei machen sie selbst mit den Tieren nichts anderes. Als Otto und Benjamin darüber rätseln, wieso Menschen hier in Zoos und Zirkussen eingesperrt werden, vermutetet Benjamin zunächst, das seien vielleicht "ganz besonders komische Menschen, die das gerne machen". - "Quatsch", gibt darauf der Erzähler nur zurück. Damit wird deutlich: Was Menschen niemals freiwillig täten, muss auch Tieren nicht gefallen.

Zeitweise findet Benjamin sogar Gefallen an dieser Welt, in der endlich mal alles zu seiner elefantösen Größe passt. Aber die Schattenseiten überwiegen deutlich: In einem Gespräch von Mutter Törö und ihrem Sohn erfahren Benjamin und Otto, dass die Törös die Menschen für dumm und gefährlich halten und sie deswegen einsperren - ganz offensichtlich sind sie nicht besser als die von ihnen verachteten Menschen.

Sehr gute Sprecher

Unter den Sprechern finden sich in den Nebenrollen einige Namen, die man bereits aus anderen Hörspielen kennt. Der kleine Elefant wird von Carsten Zachariae gesprochen, der unter anderem schon dem kleinen, schüchternen Klaus in "Benjamin im Krankenhaus" seine Stimme lieh. Aus dieser Episode kennt man auch Ottos Mathematiklehrer alias Manfred Schuster, der dort den Oberarzt spricht und zusätzlich in zahlreichen anderen Benjamin- und Bibi-Folgen auftaucht. Ähnliches gilt für Christine Schnell-Neu, die hier als Elefantenmutter eine Rolle hat und deren Stimme man oft als Nebencharakter oder Passantin bei Bibi und Benjamin eingesetzt wird.

Fazit:

Eine originelle und lehrreiche Benjamin-Folge, die die Hörer in eine Traumwelt entführt und daran erinnert, dass sich Tiere in Gefangenschaft genauso unwohl fühlen wie Menschen. Eine besondere Rolle kommt dem netten Erzähler zu, der hier ausnahmsweise aktiv in die Handlung miteinbezogen wird. Trotz der humorvollen Einlagen dominiert jedoch durch die dumpfen Stimmen, die unheimliche Musikuntermalung und des ernsten Themas eine düstere Atmosphäre, die für sehr kleine Kinder zu erschreckend ist.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: E. Ott
Otto: F. Schaff-Langhans
Mathematiklehrer: M. Schuster
Junger Elefant: C. Zachariae
Elefantenmutter: C. Schnell-Neu
Karo-Elefant: N. Gescher
Zoll-Elefant: G. Holtenau
Erzähler: J. Nottke

1 Kommentar:

  1. Übrigens denke ich, die Folge gehört zu der Reihe "Benjamin und Bibi im Klassikerland"...

    in diesem Fall mit einer Anspielung auf "Gulliver im Lande der Hwuynhym" (oder wie man die Pferde da nochmal schreibt).

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