23. Juni 2012

Benjamin Blümchen als Sheriff

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Inhalt:

Benjamin und Otto sind im Cowboy-Fieber. Ständig spielen sie, sie wären im Wilden Westen. Da passt es wunderbar, dass Karla Kolumna sie zu einer Reise nach Amerika mitnehmen möchte. Sie hat eine Einladung von ihrem Onkel Hugo erhalten, und Benjamin ist als berühmter sprechender Elefant samt seinem Freund Otto natürlich auch willkommen. Benjamin und Otto sind begeistert. Gleich am nächsten Morgen geht es los, und sie fliegen nach Amerika.

Am Flughafen suchen sie nach Hugo Kolumna, den Karla zuletzt als kleines Mädchen gesehen hat. Daher erkennt sie ihn auch zunächst nicht, denn Onkel Hugo ist viel kleiner als gedacht. Aber dafür ist er sehr nett und freundet sich sofort mit seinen Gästen an. Mit seinem großen Straßenkreuzer geht es zu seinem Zuhause nach Littletown. Dort stellen Benjamin und seine Freunde bestürzt fest, dass Onkel Hugo gar nicht so reich ist, wie Karla immer dachte. Stattdessen wohnt er in einer verfallenen Geisterstadt, die seiner kürzlich verstorbenen Mutter gehörte. Seine Mutter verfügte in ihrem Testament, dass Hugo dort nur wohnen darf, wenn es ihm gelingt, "ein großes Tier" zum Sheriff zu machen.

Um dieser Verfügung nachzukommen, erkennt Onkel Hugo Benjamin zum Sheriff von Ghosttown, während Karla die Eigentümerin der Stadt wird. Die Freunde machen es sich in der verlassenen Stadt so gemütlich wie möglich, doch es ist sehr einsam. Nach und nach sind alle Bewohner in die größeren umliegenden Städte gezogen, und Onkel Hugo ist mit seiner Mutter allein zurückgeblieben. In der Nacht hören Benjamin und Otto jedoch ein Geräusch - treibt sich etwa ein Dieb in der Stadt herum ...?

Bewertung:


Von Benjamin Blümchen kennt man es ja schon, dass er sich in allen möglichen Berufen versucht. Und dabei greift er auch durchaus gerne auf vergangene Traditionen zurück, wie auch in seinen Folgen "als Ritter" oder "als Pirat".

Nette Lehre


Wie immer wird auch diesmal eine Lehre für die kleinen Hörer vermittelt. Diesmal dreht es sich darum, dass man aufgeschlossen sein soll für neue Ideen und dass es sich lohnt, alte Traditionen aufrechtzuerhalten. Benjamin hat nämlich eine tolle Idee, wie man der verfallenen Geisterstadt wieder zu neuem Leben und zu vielen Besuchern verhelfen kann. Um diese Idee umzusetzen, ist erst einmal viel Einsatz notwendig, auch finanzieller Art, doch natürlich lohnt es sich am Ende.

Die "Geschäftsidee", die Benjamin gekommen ist, beschwört Nostalgie herauf, und der Erfolg beweist, dass viele Leute ebenso nostalgisch und romantisch denken. Für Onkel Hugo bedeutet das, dass er sein Hobby quasi zum Beruf machen kann. Ergo plädiert das Hörspiel auch für Idealismus, wenngleich in einer sehr kindgerechten, naiven Art. Dazu greift die Geschichte wieder einmal auf Bodenständigkeit zurück. Nach der ersten Eingewöhnung in der Geisterstadt sitzen die Freunde um ein Lagerfeuer herum, tragen bequeme Cowboyklamotten und brutzeln sich in einer riesigen Pfanne Bohnen, während Onkel Hugo auf der Gitarre spielt und gemeinsam mit Benjamin dazu singt. Karla hat ihre glamourösen Kleider längst verstaut, die Bohnen reichen als Mahlzeit, und man braucht offenbar keinen Strom, um glücklich zu sein.

Viel Humor

In dieser Folge gibt es viel zu lachen. Das fängt schon im Zoo an, als Wärter Karl Benjamin sein Futter gibt - wobei es sich um Diätfutter handelt, weil Benjamin mal wieder etwas zu dick geworden ist. Benjamin reagiert entsetzt beim Anblick des Essens und jammert: "Sieh ja so grau aus!" Dafür freut er sich auf das Essen, das er sich von Amerika erwartet und das in seiner Vorstellung vor allem aus Hamburgern, Soft-Icecream, Kaugummi und Chips besteht - alles schön mit amerikanischem Akzent vorgetragen. Äußerst witzig ist das Treffen mit Onkel Hugo. In Karlas verschwommener Erinnerung ist ihr Onkel "groß, bärenstark, braun gebrannt". Als sie niemanden finden, der so aussieht, suchen die Freunde den Informationsschalter am Flughafen auf und wollen eine Durchsage machen lassen - genau wie ein kleiner Mann mit großen Hut, den Karla versehentlich anrempelt. Die beiden geraten in Streit, in dem die schnippische Karla ihn als "Giftzwerg" bezeichnet - nur um sofort darauf zu bemerken, dass genau dieser Mann eine gewisse "Karla Kolumna" als seine Nichte ausrufen lassen will ...

Fast tragikomisch ist das langsam dämmernde Erkennen von Karla, dass Onkel Hugo sie nicht in eine luxuriöse Villa in einer feudalen Stadt bringt, wo sie ihre Cocktailkleider präsentieren kann - sondern in eine staubige, verfallene Geisterstadt ohne weitere Bewohner. Auch das Essen, das nur aus Bohnen besteht, der typischen Cowboynahrung, weckt erstmal nur Entsetzen bei den Gästen, die sich auf kulinarische Leckereien gefreut hatten, obwohl Onkel Hugo stolz erklärt, dass der Vorrat noch für mindestens acht Jahre reicht. Bei seiner Aussage, dass er dreimal täglich Bohnen isst, macht man sich als Hörer dann allerdings Sorgen um seine Verdauung ...

Mehrere Mankos

Aber das Hörspiel offenbart auch einige Schwächen, weshalb es nicht nicht unbedingt zu den besten der Reihe gehört. Zum einen ist es sehr merkwürdig, dass Onkel Hugos Mutter in ihrem Testament ausgerechnet verfügt, dass er ein großes Tier finden soll, das als Sheriff agieren kann. Das ist wirklich sehr weit hergeholt, da sie offenbar nichts von Benjamin wusste und diese Verfügung mehr als außergewöhnlich ist. Es scheint, als habe man nur einen Vorwand gesucht, dass Benjamin ohne Aufhebens sofort Sheriff wird. Dabei hätten sich viel elegantere Möglichkeiten angeboten, etwa dass Onkel Hugo Benjamin nur aus Neugierde einlädt (denn er kennt ihn aus Karlas Berichten) und Benjamin sich durch irgendeine Tat bewährt, sodass er als Ordnungshüter eingesetzt wird.

Konstruiert ist auch, dass Benjamin und Otto bereits vor ihrem Wissen um die Reise begeistert Cowboy spielten und Karla dann zufällig eine Reise in den "Wilden Westen" anbietet. Bei den anderen Berufen war es normalerweise so, dass Benjamin aus spielerischem Interesse heraus sich vornahm, mit seiner Vorliebe Ernst zu machen, und es nicht von jemand anderem beschlossen wurde. Der dritte Punkt in Sachen Konstruktion ist die Idee, mit der "Ghosttown" wieder zu neuem Leben erweckt wird. Um nicht zu viel zu verraten, sei nur gesagt, dass dabei der Zufall eine große Rolle spielt und es Benjamin und seinen Freunden etwas zu einfach gemacht wird.

Ein bisschen fragwürdig ist außerdem, wie leicht damit umgegangen wird, dass Onkel Hugo von seiner Mutter enterbt wurde - als Begründung gibt er an, dass er ihr immer ihren frischen Kuchen stibitzt hat, was sie nie verzeihen konnte. Auch oder gerade auf einem Kinderhörspiel ist es übertrieben, daraus die Folge zu bauen, dass Onkel Hugo im Testament leer ausgeht und nur durch Benjamins Hilfe überhaupt in der Stadt wohnen darf.

Exzellente Sprecher


Die Sprecherwahl ist dafür wieder herausragend gelungen. Dass die Stammsprecher extrem überzeugen, muss man nicht gesondert erwähnen. Aber auch die Besetzung von Onkel Hugo ist ideal getroffen. Er wird gesprochen vom leider inzwischen verstorbenen Schauspieler Gerd Duwner, einem der bekanntesten Synchronsprecher überhaupt. Die einprägsame hohe, leicht heisere Stimme von Duwner kennt man vor allem von Ernie aus der Sesamstraße und Barney Geröllheimer aus den "Feuersteins", aber auch von Stars wie Danny de Vito und Mickey Rooney. Die kleinen Hörspielfans werden ihn vielleicht auch noch als Sultan aus der Bibi-Blocksberg-Folge "Bibi im Orient" wiedererkennen.

Nicht so populär, aber auch vertraut könnte Peter Schiff sein, ein erfolgreicher Theater- und Fernsehschauspieler, der bereits in mehreren Folgen sowohl bei Benjamin als auch bei Bibi auftauchte - stets als sehr sympathischer Charakter. Bei Benjamin erlebt man ihn als Burgverwalter Herr von Knoblauch in "Benjamin als Ritter" und bei Bibi als allseits beliebten Tierarzt Dr. Eichhorn sowie in "Bibi im Zirkus" als Zauberer. Nebenbei ist es ganz nett zu erfahren, dass Gisela Fritsch, Gerd Duwner und Peter Schiff bereits früher mindestens einmal zusammen arbeiteten, sie alle synchronisieren nämlich im Disney-Film "Bernhard und Bianca".

Fazit:

Eine solide Benjamin-Folge mit netter, ermunternder Lehre und kindgerechtem Wildwest-Flair mit einem Hauch von Gruselatmosphäre. Allerdings trüben einige unnötige Konstrukte die Handlung, sodass die Folge nicht weit über den Durchschnitt hinauskommt. Dafür aber überzeugen wiederum die grandiosen Sprecher und die humorvollen Dialoge und machen daraus eine Episode, die sich alle Benjamin-Fans zulegen sollten.

Sprechernamen:


Benjamin Blümchen: E. Ott
Otto: K. Primel
Wärter Karl: T. Hagen
Onkel Hugo: G. Duwner
Joe: P. Schiff
Karla Kolumna: G. Fritsch
Erzähler: J. Nottke

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