14. Juni 2012

Rebecca - Daphne du Maurier

Produktinfos:

Ausgabe: 1994 (ursprünglich 1938)
Seiten: 384
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Die Autorin:

Daphne du Maurier (1907-1989) wuchs in London und Paris auf, ehe sie sich in Cornwall niederließ. Der Durchbruch gelang ihr mit gleich mit dem ersten Roman "Der Geist von Plyn"; "Rebecca" "Die Vögel" und "Wenn die Gondeln Trauer tragen" sind weitere bekannte Werke, die auch als Verfilmungen sehr populär wurden.

Inhalt:

Eine junge Frau aus mittellosen Verhältnissen reist als Gesellschafterin mit der matronenhaften Mrs. van Hopper nach Monte Carlo. Dort treffen sie den reichen und berühmten Maxim de Winter, der hier ebenfalls Urlaub macht. Maxim de Winter verlor vor einem Jahr seine Frau Rebecca bei einem Bootsunglück und hat sich seither sehr zurückgezogen. Als Mrs. van Hopper für ein paar Tage krank ist, verbringt er aber viel Zeit mit ihrer Gesellschafterin - und als sie kurz vor der Abreise steht, macht er dieser überraschend einen Heiratsantrag.

Nach den schönen Flitterwochen geht es heim nach Manderley, dem riesigen Herrensitz. Auf die neue Mrs. de Winter wartet hier ein völlig anderes Leben. Alles schüchtert sie ein, besonders aber die strenge Mrs. Danvers, die Haushälterin. Mrs. Danvers war viele Jahre lang Rebecca de Winters Vertraute und liebte ihre Herrin abgöttisch. Sie lässt keine Gelegenheit aus, um der neuen Herrin zu zeigen, dass sie sie verachtet.

Maxims Frau fühlt sich immer mehr im Schatten der toten Rebecca. Ihre Vorgängerin war offenbar nicht nur wunderschön, sondern auch intelligent, wortgewandt und sehr selbstbewusst, beliebt in der ganzen Umgebung. Immer wieder hört Mrs. de Winter ihr Umfeld von ihr schwärmen. Aber auch Maxim zieht sich nach der ersten glücklichen Zeit immer weiter zurück. Seine Frau wird immer unsicherer: Warum spricht niemand über den Bootsunfall? Was hat es mit den seltsamen Bemerkungen des alten Ben am Strand auf sich? Schließlich wird eines Nachts ein Wrack aus dem Meer geborgen und alles erscheint plötzlich in einem neuen Licht ...

Bewertung:

Daphne du Mauriers wohl berühmtester Roman, der von Hitchcock sehr gelungen mit Sir Laurence Olivier und Joan Fontaine verfilmt wurde, hat bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt. Übernatürliche Elemente gibt es keine in diesem fesselnden Psychothriller, und doch gelingt es der Autorin sehr gut, den Leser zum Schaudern zu bringen.

Die durchgehend namenlose Ich-Erzählerin - bezeichnend, dass das Buch nach ihrer Konkurrentin bekannt ist - ist ein junges, scheues, unerfahrenes Ding, mit dem man sich rasch verbunden fühlt. Alles sieht zunächst nach einem typischen Märchentraum aus, vom Aschenputtel zur Herrin auf dem wunderbaren Anwesen Manderley. Aber die neuen Pflichten überfordern die junge Frau sichtlich und zu allem Unglück hat sich Mrs. Danvers von Anfang an gegen sie verschworen. Die Charaktere sind allesamt gelungen: Die neue Mrs. de Winter, die alles ihrem Maxim zuliebe richtig machen will und zwischen Glück und Unglück in ihrem neuen Leben schwankt; der undurchschaubare Maxim de Winter, attraktiv, souverän und teilweise charmant, aber oft auch grüblerisch und verschlossen, manchmal gar aufbrausend. Mrs. Danvers, die schwarz gekleidete strenge Haushälterin, die den Haushalt zwar perfekt organisiert und alle Dienstboten im Griff hat, aber eine beängstigende Kälte ausstrahlt. Frank Crawley, der Verwalter und Maxims bester Freund, ein loyaler, sanfter Mann, der viel Verständnis für die neue Mrs. de Winter hat. Und natürlich Rebecca, obwohl sie zum Einsetzen der Handlung bereits längst tot ist. Beim Leser entsteht durch all die Erwähnungen und vor allem dank Mrs. Danvers Schilderungen das Porträt einer lebenslustigen, selbstbewussten Frau, die sich von nichts und niemandem einschränken ließ und scheinbar alle in ihrem Umfeld um den Finger wickelte.

Der Roman entwickelt sich geschickt und ganz allmählich zu einem Thriller. Immer deutlicher wird es, dass Mrs. Danvers Intrigen gegen die neue Hausherrin schmiedet, immer unglücklicher wird Mrs. de Winter. Sie zweifelt zusehends an Maxims Liebe und vermutet, dass er in seinen grüblerischen Momenten immer noch an Rebecca denkt, an die faszinierende Frau, der sie so gar nicht das Wasser reichen kann. Die Handlung gewinnt an Fahrt, als das Wrack gefunden wird, in dem eine Leiche liegt - offenbar die Leiche Rebeccas, obwohl diese doch bereits vor einem Jahr gefunden und von Maxim identifiziert wurde. Plötzlich erscheint der Unfalltod in einem völlig neuen Licht, der Fall wird wieder aufgerollt. Einige Wendungen, nie zu vorhersehbar oder gezwungen, halten den Leser in Atem, das Ende ist kurz vor Schluss ungewiss und letztlich sehr passend. Einzelne humorvolle Augenblicke gibt es in diesem Roman, meist bewegt sich die Stimmung aber zwischen Beklemmung, Dramatik und Melancholie. Passend dazu ist der elegante Stil. Keine zu verschachtelten Sätze, aber doch eine abwechslungsreiche Wortwahl und melodische Sätze, die teilweise richtig poetisch klingen. Perfekte Englischkenntnisse braucht man zur Lektüre des Originals nicht, es eignet sich gut zur Aufbesserung der Sprache, wenn man recht gut Englisch kann, aber nicht zu viel damit zu tun hat. Ein besonderer Reiz geht von der Zwiespältigkeit des Settings aus; das prachtvolle Manderley und die Liebe zu Maxim auf der einen Seite und die Schatten der toten Vorgängerin, die die neue Mrs. de Winter einzuholen drohen, auf der anderen Seite. Ein glücklicher Ausgang ist in diesem Werk nicht garantiert, sodass man bis zum Ende gefesselt wird.

Zu bemängeln gibt es hier nur sehr wenig. Sicherlich kann man aber über den Hauptcharakter geteilter Meinung sein. Unsicherheit schön und gut, aber bisweilen nervt ihre geballte Scheuheit und Kindlichkeit ein wenig, sie wirkt ein bisschen zu hilflos und mädchenhaft, vor allem im Gegensatz zum älteren und viel reiferen Maxim. Es ist auch nicht unbedingt sympathisch, dass Maxim sie oft dazu drängt, in dieser kindlichen Rolle zu bleiben. Er rät ihr etwa davon ab, elegantere Kleider zu tragen und ihre Haare anders als in einer sehr mädchenhaften Alice-im-Wunderland-Frisur zu präsentieren - es wirkt teilweise nicht nur so, als schätze er ihre Natürlichkeit, sondern als wolle er sie auch unbedingt klein halten, die Beziehung hat etwas Vater-Tochter-Haftes, wenn man es genau betrachtet.

Fazit:

Ein von Anfang bis Ende spannender, gänzlich unblutiger Roman, der ganz auf Atmosphäre setzt. Auch die Charaktere sind interessant, das Setting ist reizvoll und es gibt überraschende Wendungen. Zu Recht ein beliebter Klassiker, der kaum Mängel hat.

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