15. Juni 2012

Die Spinne - Hanns Heinz Ewers

Produktinfos:

Erscheinungsjahr: 2009
Laufzeit: 75 Minuten
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Der Autor:

Hanns Heinz Ewers lebte von 1871 bis 1943 und war ein Schriftsteller mit breitem Repertoire, der allerdings auch wegen seines Privatlebens immer wieder in Skandalgeschichten verwickelt wurde. Seine für die damalige Zeit oft schockierenden Werke befassten sich mit Okkultismus, Gewalt und Erotik, aber er verfasste auch Märchen und Kindergeschichten und arbeitete zudem als Regisseur und Drehbuchautor. Daneben polarisierte er vor allem wegen seiner zeitweiligen Unterstützung des Nationalsozialismus. In seinen Anfängen veröffentlichte Ewers vor allem Kabaretttexte und Kindergeschichten. Zu seinen bekanntesten Werken gehören "Alraune", "Der Zauberlehrling" und der Erzählband "Das Grauen".

Inhalt:

Paris, 1910: Die Polizei ermittelt in einem rätselhaften Fall. An drei aufeinanderfolgenden Freitagen erhängten sich drei Gäste am Fensterkreuz von Zimmer 7 des kleinen Hotels Stevens. Die Besitzerin Madame Dubonnet verzweifelt langsam, da dieser "Fluch" ihre Gäste vergrault. Der Kommissar ist ratlos, denn es gibt weder den Hinweis auf Fremdeinwirkung, noch schien einer der Gäste selbstmordgefährdet. Vorsichtshalber wird das Zimmer bis auf Weiteres nicht mehr vermietet.

Die Geschichte spricht sich schnell herum in Paris und zieht eine Reihe Schaulustiger an. Darunter ist auch der junge Student Richard Bracquemont, der den Fall gern lösen möchte. Der Kommissar und Madame Dubonnet zweifeln erst, denn sie sorgen sich um den sympathischen Jüngling. Auf sein Drängen hin geben sie aber nach, vor allem da sich der Kommissar endlich eine neue Erkenntnis dadurch erhofft.

Voller Optimismus zieht Richard in das Zimmer ein. Der Kommissar stattet ihm häufige Besuche ab, und noch häufiger ruft er zwischendurch an, um sich immer nach Richards Befinden zu erkunden. Richard kann zunächst nichts Besonderes in dem Zimmer entdecken, und es scheint, als handele es sich bei den Suiziden nur um seltsame Zufälle - doch dann macht Richard eine Entdeckung ...

Bewertung:

Dichte Atmosphäre, Spannung und hochkarätige Sprecher zeichnen die Gruselkabinett-Reihe aus und auch "Die Spinne" kann als überdurchschnittlich gute Umsetzung einer Literaturvorlage überzeugen. Okkultismus, Vampirismus und Wahnsinn sind die Aspekte, die der Autor Hanns Heinz Ewers immer wieder in seinen Werken thematisierte und seine Erzählung "Die Spinne" aus dem frühen 20. Jahrhundert passt genau in dieses Schema.

Atmosphäre und Spannung

Wie bei vielen Folgen der Reihe wird die Haupthandlung in einem Rückblick erzählt. Der Anfang lässt erahnen, dass es kein fröhliches Ende geben wird, aber die genauen Umstände geben sich erst ganz allmählich zu erkennen. Der Rückblick besteht aus Richards Tagebucheinträgen, die stets ein genaues Bild seiner Gefühlslage vermitteln. Von Anfang an ist er ein sympathischer Charakter, dessen jugendlicher Optimismus einen hoffen lässt, dass er das Rätsel lösen kann, ohne dabei selbst zu Schaden zu kommen. Ein Original ist die Hotelbesitzerin Madame Dubonnet, die ihr Herz auf der Zunge trägt und Richard von Anfang an herzlich bemuttert.

Der Kommissar ist ein engagierter Polizeibeamter, der sich natürlich auch im Richard sorgt, aber gleichzeitig sehr interessiert an dessen Ergebnissen ist. Richards Entschluss, sich in dem Zimmer einzumieten, wird glaubwürdig dargestellt. Er ist mutig, aber nicht übermütig, ungläubig gegenüber übernatürlichen Dingen, aber mehr als ein Spötter, eher so wissbegierig, wie man es sich bei einem Medizinstudenten vorstellt. Seine späteren Tagebucheinträgen sind sehr eindringlich, die innere Zerrissenheit und der schleichende Wandel seines Verhaltens sind bewegend und faszinierend zugleich. Der Grusel stellt sich erst spät ein und ist eher subtiler Natur, aber doch effektiv, vor allem dank der überzeugenden Vermittlung, wie Wahn und Realität allmählich miteinander verschmelzen und wie aussichtslos offenbar der Versuch ist, sich dagegen zu wehren.

Sehr gute Sprecher


Die Sprecher sind, wie in der Gruselkabinett-Reihe gewohnt, sehr passend besetzt und liefern eine hervorragende Leistung ab. Simon Jäger spricht den Protagonisten und klingt genauso, wie man sich den lebenslustigen jungen Mann vorstellt. Bekannt ist er vor allem als Synchronsprecher von Heath Ledger und Josh Hartnett, als Leser vieler Hörbücher und in tragenden Rollen in Hörspielreihen wie "Anne auf Green Gables" und "Jack Slaughter". Bodo Wolf ist nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Sprecher von Tony Shaloub als "Monk" in der gleichnamigen Serie bekannt. Die Rolle des nachdenklichen und eifrigen Kommissars, der das Geheimnis unbedingt lösen will, erinnert ein wenig an Detektiv Monk, und auch deswegen ist er für die Rolle perfekt geeignet.

Einen kurzen, aber auffälligen Auftritt hat Cathlen Gawlich, u. a. bekannt aus "Spongebob", als die arrogante Schauspielerin Mary Garden, die für Publicity den Seidenschlauf haben möchte, mit dem sich die Gäste erhängt haben. Ihre leicht kieksige, übersprudelnde Stimme passt sehr gut zu der hochnäsigen und überkandidelten Diva, die sie spielt, viel länger könnte man diese Rolle aber auch nicht ertragen.

Nur kleine Schwächen

Ankreiden kann man dem gut umgesetzten Hörspiel nur wenig. Ein wenig schade ist vielleicht, dass der Anfang, der in der Gegenwart spielt, bereits viel von dem Ausgang vorwegnimmt und man schon weiß, was wohl geschehen wird, wenn auch noch nicht klar ist, wie und warum es geschieht. Etwas unpassend ist im Nachhinein betrachtet der Auftritt der Diva Mary Garden. Man könnte meinen, dass es für den weiteren Verlauf der Handlung noch eine Rolle spielt, dass sie unbedingt den Seidenschlauf haben möchte, was dann aber nicht der Fall ist.

Fazit:

Eine gute Hörspielumsetzung, die durch Spannung, Atmosphäre und eine sehr gute Besetzung überzeugt. Abgesehen von Kleinigkeiten vorbehaltlos zu empfehlen für alle Freunde der unheimlichen Literatur.

Sprechernamen:

Richard Bracquemont: Simon Jäger
Madame Dubonnet: Marianne Lutz
Kommissar: Bodo Wolf
Mary Garden: Cathlen Gawlich
Henri Moreau: Axel Malzacher

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