Produktinfos:
Ausgabe: 2008
Seiten: 288
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
F.E. Higgins ist in London geboren und in Irland aufgewachsen. 2007 erschien ihr Debütroman "Das Schwarze Buch der Geheimnisse", das international großen Anklang fand und für den Waterstone's Children's Book Prize nominiert wurde.
Inhalt:
Der zehnjährige Ludlow Fitch hatte wahrlich kein leichtes Leben bisher: Er ist in der Verbrecherstadt Urbs Umida aufgewachsen, über die der Gestank des Flusses Foedus liegt, seine Eltern haben ihm zum Taschendieb erzogen und schon oft darüber nachgedacht, ihn wegzugeben. Sein einzige Freude ist die Arbeit beim Pfandleiher Lembart Jellico, der ihm Lesen und Schreiben beigebracht hat. Als Ludlows Eltern sogar seine Zähne verkaufen wollen, gelingt dem Jungen in letzter Sekunde die Flucht.
Sein Zufallsweg auf einer Kutsche bringt ihn in das kleine Dorf Pagus Parvus, wo sich zur selben Zeit der Pfandleiher Joe Zabbidou niederlässt. Als Joe erkennt, dass Ludlow schreibgewandt ist und sich in dem Metier auskennt, stellt er ihn als Gehilfen ein. Ludlow ist glücklich, so schnell eine neue Unterkunft gefunden zu haben. Joe Zabbidou ist ihm sympathisch, allerdings auch etwas undurchschaubar.
Bald erkennt Ludlos, dass Joe kein gewöhnlicher Pfandleiher ist. Neben allerlei Plunder nimmt er vor allem dunkle Geheimnisse seiner Kunden entgegen. Während diese für Geld ihre Seele erleichtern, trägt Ludlow die Geständnisse in das "Schwarze Buch der Geheimnisse" ein, ohne zu erfahren, was es genau damit auf sich hat. Fast jeder in der Stadt wird von dem gierigen und reichen Jeremiah Pratchet erpresst, nur Joe lässt sich nicht von ihm beeindrucken. Die Leute hoffen, dass Joe Zabbidou sich Pratchet entgegenstellt. Pratchet aber dreht den Spieß um und schürt böse Gerüchte gegen den Pfandleiher ...
Bewertung:
F. E. Higgins' Debütroman sorgte gleich für große Begeisterung in der Literaturwelt und wurde mit Dickens verglichen - nicht zu Unrecht, denn "Das Schwarze Buch der Geheimnisse" versetzt den Leser zwar an einen fiktiven Ort, der aber stark an das England des 18. und 19. Jahrhunderts erinnert.
Gelungene Charaktere
Der kleine Ludlow ist ein sympathisches Kerlchen, eine ideale Identifikationsfigur für junge Leser. Er ist kein perfekter Held, der immer nur reine Gedanken hat, sondern ein gewitzter Taschendieb, der grade bei wohlhabenden Leuten wenig Gewissensbisse hat, sich schon mal zu bereichern. Dabei hat er aber das Herz auf dem rechten Fleck und fühlt sich bei Joe Zabbidou umso wohler, da er nun nicht mehr stehlen muss. Trotz seiner ewig Branntwein trinkenden Eltern, die in ihm nur einen unnützen Esser sahen, hat sich Ludlow gut entwickelt, ist gelehrig und stellt sich als Gehilfe geschickt an. Zwischendurch wird ihm seine Neugierde mal zum Verhängnis, was ihn aber nur noch glaubwürdiger macht.
Wunderbar mysteriös dagegen wird Joe Zabbidou geschildert, der in der gleichen Nacht wie Ludlow Einzug in das Dörfchen Pagus Parvus hält. Joe ist ein älterer Mann mit Sinn für Humor und gutmütigem Aussehen, der offenbar finanziell unabhängig ist und von den Dorfbewohnern bald wie ein Held verehrt wird, da er selbst den wertlosesten Plunder bezahlt und sich nicht vom habgierigen Jeremiah Pratchet einschüchtern lässt. Später allerdings heißt es, er sei mit dem Teufel im Bunde, und selbst Ludlow, der fast Tag und Nacht mit Joe zusammen ist, hat seine Zweifel, ob er ihm wirklich vertrauen darf oder ob ihn sein Gefühl getäuscht hat.
Der weit gereiste Pfandleiher erzählt wundersame Geschichten aus seinem Leben, spricht aber nie über sein Holzbein, und sein größter Schatz neben dem Schwarzen Buch ist ein Frosch namens Saluki, bei dem sich Ludlow auch fragen muss, ob er wirklich nur ein gewöhnliches Tier ist. Zum einen wird Joe für Ludlow eine Art Vaterersatz und Mentor, zum anderen erfährt man erst kurz vor Schluss Näheres über ihn, sodass auch der Leser immer in der Beurteilung schwankt. F. E. Higgins ist mit ihm ein wunderbarer Charakter gelungen, der Sympathie und Charisma vereint.
Atmosphäre und Spannung
Pagus Parvus ist ein abgeschiedenes, winziges Dorf am einem Berghang, in dem der reiche Pratchet wie ein König über die arme Bevölkerung regiert. Fast jeder von ihnen steht in seiner Schuld, und so bewundern sie den ungerührten Zabbidou, der sich nicht von Pratchet beeindrucken lässt. Doch man ahnt bereits früh, dass sich die heldenhafte Verehrung früher oder später ins Gegenteil schlagen wird. Die Dorfbewohner drängen den Pfandleiher dazu, Pratchet auszuschalten oder zumindest zu verjagen und reagieren enttäuscht auf Joes kryptische Antworten und seine Forderung nach Geduld.
Pratchet wiederum hat leichtes Spiel, eine Intrige zu starten und unter den abergläubischen Bewohnern das Gerücht zu schüren, hinter Joe verberge sich der Teufel. Ganz allmählich spitzen sich die Ereignisse zu und sorgen für eine dramatische Wendung in der Handlung. Auch das Schwarze Buch bringt viel Spannung mit sich. Die Geheimnisse, die die Leute Joe anvertrauen, sorgen für wohligen Grusel, denn es dreht sich nicht nur um Betrügereien, sondern vor allem um Verwicklungen in Mord und Lebenslügen und so wie dem Schreiber Ludlow laufen auch dem Leser kleine Schauer über den Rücken bei so manchem Geständnis. Dabei wird es für Kinder ab etwa zehn Jahren nie zu unheimlich, vor allem dank des trockenen Humors, der immer wieder einfließt, sei es durch Joes Bemerkungen oder die absichtliche Karikierung mancher Charaktere, etwa des finsteren Jeremiah Pratchet, der weniger bedrohlich als eher lächerlich erscheint.
Daneben überzeugt der Roman in seiner Darstellung der verarmten Gesellschaft und zeichnet ein düsteres Bild, in dem sich Leichenräuber auf Friedhöfen tummeln, Zähne für Geld gezogen werden, Kinder ihr Brot als Taschendieb verdienen und Quacksalber ihr Unwesen treiben. Was für Pagus Parvus gilt, lässt sich auf das historische England übertragen und bietet älteren Kindern vielleicht sogar den Anreiz, sich ein wenig mit dieser Epoche zu befassen, zumal die Autorin im Anhang ein paar Seiten den Fakten dieser Zeit gewidmet hat.
Kaum Schwächen
Kritisieren kann man, dass das Buch mit seinen 299 Seiten etwas zu kurz geraten ist - nicht allein, weil gute Bücher fast immer gerne noch länger sein dürften, sondern weil man zu wenig über die Bewohner des Dorfes erfährt. Ludlow und Joe stehen stark im Fokus des Geschehens, aber abgesehen von Jeremiah Ratchet werden die anderen Charaktere zu kurz angeschnitten, und man begegnet den meisten Personen nur durch ihr Geständnis im "Schwarzen Buch der Geheimnisse", dabei hätten mehrere Figuren das Potenzial dazu, das Interesse des Lesers auf sich zu lenken. Zudem ist das Buch zwar fürs Erste in sich abgeschlossen, aber es ist offensichtlich, dass es weitere Abenteuer für die Hauptcharaktere geben wird und das Ende auch ein neuer Anfang ist und Fragen aufwirft. Higgins' zweiter Roman "Silbertod" spielt zwar zur gleichen Zeit, aber an einem anderen Ort und ist nur Zwischenstation für eine echte Fortsetzung, auf die die Leser noch warten müssen.
Fazit:
Ein sehr gelungenes Kinder- und Jugendbuch, das sich ebenso für Erwachsene eignet. Der Roman verbindet düstere Atmosphäre mit einer spannenden Handlung, interessanten Hauptfiguren und witzigen Momenten und ist, von ganz kleinen Schwächen abgesehen, die kaum der Rede wert sind, für alle Leseratten empfehlenswert.
Ausgabe: 2008
Seiten: 288
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Die Autorin:
F.E. Higgins ist in London geboren und in Irland aufgewachsen. 2007 erschien ihr Debütroman "Das Schwarze Buch der Geheimnisse", das international großen Anklang fand und für den Waterstone's Children's Book Prize nominiert wurde.
Inhalt:
Der zehnjährige Ludlow Fitch hatte wahrlich kein leichtes Leben bisher: Er ist in der Verbrecherstadt Urbs Umida aufgewachsen, über die der Gestank des Flusses Foedus liegt, seine Eltern haben ihm zum Taschendieb erzogen und schon oft darüber nachgedacht, ihn wegzugeben. Sein einzige Freude ist die Arbeit beim Pfandleiher Lembart Jellico, der ihm Lesen und Schreiben beigebracht hat. Als Ludlows Eltern sogar seine Zähne verkaufen wollen, gelingt dem Jungen in letzter Sekunde die Flucht.
Sein Zufallsweg auf einer Kutsche bringt ihn in das kleine Dorf Pagus Parvus, wo sich zur selben Zeit der Pfandleiher Joe Zabbidou niederlässt. Als Joe erkennt, dass Ludlow schreibgewandt ist und sich in dem Metier auskennt, stellt er ihn als Gehilfen ein. Ludlow ist glücklich, so schnell eine neue Unterkunft gefunden zu haben. Joe Zabbidou ist ihm sympathisch, allerdings auch etwas undurchschaubar.
Bald erkennt Ludlos, dass Joe kein gewöhnlicher Pfandleiher ist. Neben allerlei Plunder nimmt er vor allem dunkle Geheimnisse seiner Kunden entgegen. Während diese für Geld ihre Seele erleichtern, trägt Ludlow die Geständnisse in das "Schwarze Buch der Geheimnisse" ein, ohne zu erfahren, was es genau damit auf sich hat. Fast jeder in der Stadt wird von dem gierigen und reichen Jeremiah Pratchet erpresst, nur Joe lässt sich nicht von ihm beeindrucken. Die Leute hoffen, dass Joe Zabbidou sich Pratchet entgegenstellt. Pratchet aber dreht den Spieß um und schürt böse Gerüchte gegen den Pfandleiher ...
Bewertung:
F. E. Higgins' Debütroman sorgte gleich für große Begeisterung in der Literaturwelt und wurde mit Dickens verglichen - nicht zu Unrecht, denn "Das Schwarze Buch der Geheimnisse" versetzt den Leser zwar an einen fiktiven Ort, der aber stark an das England des 18. und 19. Jahrhunderts erinnert.
Gelungene Charaktere
Der kleine Ludlow ist ein sympathisches Kerlchen, eine ideale Identifikationsfigur für junge Leser. Er ist kein perfekter Held, der immer nur reine Gedanken hat, sondern ein gewitzter Taschendieb, der grade bei wohlhabenden Leuten wenig Gewissensbisse hat, sich schon mal zu bereichern. Dabei hat er aber das Herz auf dem rechten Fleck und fühlt sich bei Joe Zabbidou umso wohler, da er nun nicht mehr stehlen muss. Trotz seiner ewig Branntwein trinkenden Eltern, die in ihm nur einen unnützen Esser sahen, hat sich Ludlow gut entwickelt, ist gelehrig und stellt sich als Gehilfe geschickt an. Zwischendurch wird ihm seine Neugierde mal zum Verhängnis, was ihn aber nur noch glaubwürdiger macht.
Wunderbar mysteriös dagegen wird Joe Zabbidou geschildert, der in der gleichen Nacht wie Ludlow Einzug in das Dörfchen Pagus Parvus hält. Joe ist ein älterer Mann mit Sinn für Humor und gutmütigem Aussehen, der offenbar finanziell unabhängig ist und von den Dorfbewohnern bald wie ein Held verehrt wird, da er selbst den wertlosesten Plunder bezahlt und sich nicht vom habgierigen Jeremiah Pratchet einschüchtern lässt. Später allerdings heißt es, er sei mit dem Teufel im Bunde, und selbst Ludlow, der fast Tag und Nacht mit Joe zusammen ist, hat seine Zweifel, ob er ihm wirklich vertrauen darf oder ob ihn sein Gefühl getäuscht hat.
Der weit gereiste Pfandleiher erzählt wundersame Geschichten aus seinem Leben, spricht aber nie über sein Holzbein, und sein größter Schatz neben dem Schwarzen Buch ist ein Frosch namens Saluki, bei dem sich Ludlow auch fragen muss, ob er wirklich nur ein gewöhnliches Tier ist. Zum einen wird Joe für Ludlow eine Art Vaterersatz und Mentor, zum anderen erfährt man erst kurz vor Schluss Näheres über ihn, sodass auch der Leser immer in der Beurteilung schwankt. F. E. Higgins ist mit ihm ein wunderbarer Charakter gelungen, der Sympathie und Charisma vereint.
Atmosphäre und Spannung
Pagus Parvus ist ein abgeschiedenes, winziges Dorf am einem Berghang, in dem der reiche Pratchet wie ein König über die arme Bevölkerung regiert. Fast jeder von ihnen steht in seiner Schuld, und so bewundern sie den ungerührten Zabbidou, der sich nicht von Pratchet beeindrucken lässt. Doch man ahnt bereits früh, dass sich die heldenhafte Verehrung früher oder später ins Gegenteil schlagen wird. Die Dorfbewohner drängen den Pfandleiher dazu, Pratchet auszuschalten oder zumindest zu verjagen und reagieren enttäuscht auf Joes kryptische Antworten und seine Forderung nach Geduld.
Pratchet wiederum hat leichtes Spiel, eine Intrige zu starten und unter den abergläubischen Bewohnern das Gerücht zu schüren, hinter Joe verberge sich der Teufel. Ganz allmählich spitzen sich die Ereignisse zu und sorgen für eine dramatische Wendung in der Handlung. Auch das Schwarze Buch bringt viel Spannung mit sich. Die Geheimnisse, die die Leute Joe anvertrauen, sorgen für wohligen Grusel, denn es dreht sich nicht nur um Betrügereien, sondern vor allem um Verwicklungen in Mord und Lebenslügen und so wie dem Schreiber Ludlow laufen auch dem Leser kleine Schauer über den Rücken bei so manchem Geständnis. Dabei wird es für Kinder ab etwa zehn Jahren nie zu unheimlich, vor allem dank des trockenen Humors, der immer wieder einfließt, sei es durch Joes Bemerkungen oder die absichtliche Karikierung mancher Charaktere, etwa des finsteren Jeremiah Pratchet, der weniger bedrohlich als eher lächerlich erscheint.
Daneben überzeugt der Roman in seiner Darstellung der verarmten Gesellschaft und zeichnet ein düsteres Bild, in dem sich Leichenräuber auf Friedhöfen tummeln, Zähne für Geld gezogen werden, Kinder ihr Brot als Taschendieb verdienen und Quacksalber ihr Unwesen treiben. Was für Pagus Parvus gilt, lässt sich auf das historische England übertragen und bietet älteren Kindern vielleicht sogar den Anreiz, sich ein wenig mit dieser Epoche zu befassen, zumal die Autorin im Anhang ein paar Seiten den Fakten dieser Zeit gewidmet hat.
Kaum Schwächen
Kritisieren kann man, dass das Buch mit seinen 299 Seiten etwas zu kurz geraten ist - nicht allein, weil gute Bücher fast immer gerne noch länger sein dürften, sondern weil man zu wenig über die Bewohner des Dorfes erfährt. Ludlow und Joe stehen stark im Fokus des Geschehens, aber abgesehen von Jeremiah Ratchet werden die anderen Charaktere zu kurz angeschnitten, und man begegnet den meisten Personen nur durch ihr Geständnis im "Schwarzen Buch der Geheimnisse", dabei hätten mehrere Figuren das Potenzial dazu, das Interesse des Lesers auf sich zu lenken. Zudem ist das Buch zwar fürs Erste in sich abgeschlossen, aber es ist offensichtlich, dass es weitere Abenteuer für die Hauptcharaktere geben wird und das Ende auch ein neuer Anfang ist und Fragen aufwirft. Higgins' zweiter Roman "Silbertod" spielt zwar zur gleichen Zeit, aber an einem anderen Ort und ist nur Zwischenstation für eine echte Fortsetzung, auf die die Leser noch warten müssen.
Fazit:
Ein sehr gelungenes Kinder- und Jugendbuch, das sich ebenso für Erwachsene eignet. Der Roman verbindet düstere Atmosphäre mit einer spannenden Handlung, interessanten Hauptfiguren und witzigen Momenten und ist, von ganz kleinen Schwächen abgesehen, die kaum der Rede wert sind, für alle Leseratten empfehlenswert.
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