3. Juni 2012

Blackout - Gregg Hurwitz

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seiten: 432
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Der Autor:

Gregg Hurwitz wuchs in Kalifornien auf. Er studierte englische Literatur und Psychologie in Harvard und Oxford, schrieb Drehbücher und verfasste viele Artikel zu seinem Spezialthema Shakespeare, ehe er sich dem Romanschreiben widmete. In Deutschland erschienen bisher die Werke "Die Scharfrichter" und "Die Sekte".

Inhalt:

Als Krimiautor Drew Danner im Krankenhaus erwacht, erwarten ihn zwei Nachrichten. Die gute: Er hat einen epileptischen Anfall überlebt, und ihm wurde der verursachende Gehirntumor erfolgreich entfernt. Die schlechte: Er wurde in der Wohnung seiner Exfreundin gefunden, die erstochen neben ihm lag. Drew selbst kann sich an nichts erinnern und wird zunächst schuldig gesprochen. In der Berufung erreicht er bald darauf einen Freispruch - wegen Unzurechnungsfähigkeit; sein Tumor wird als Auslöser für die Tat verantwortlich gemacht.

In der Öffentlichkeit wird Drew nach wie vor von vielen als Mörder angesehen, ebenso von der Polizei. Er stellt eigene Nachforschungen an, in der Hoffnung, dass vielleicht doch ein anderer die Tat begangen und inszeniert hat. Kurz darauf geschieht ein zweiter Mord an einer Frau mit vielen Übereinstimmungen. Sofort wird Drew verdächtigt - doch er kann ein Alibi vorweisen.

Gleichzeitig geschehen rätselhafte Dinge in seinem Umfeld: Gegenstände verschwinden aus seinem Haus, Türen stehen plötzlich offen, und jemand verpasst ihm im Schlaf eine Schnittwunde am Fuß. Immer stärker wird für Drew der Verdacht, dass der wahre Mörder ihm die Tat anhängen will ...

Bewertung:

Nach seinen Erfolgen mit "Die Scharfrichter" und dem Nachfolger "Die Sekte" legt Gregg Hurwitz hier den dritten Streich auf Deutsch vor, erneut ein Thriller, diesmal aber ohne Verbindung zu den früheren Werken.

Spannung bis zum Schluss

Gleich in doppelter Funktion wird Drew Banner zum Ermittler: Zum einen gilt es, den Mörder von Kasey zu finden, der alles so arrangiert hat, dass Drew auf den ersten Blick wie der Täter aussehen muss, inklusive seinem Blut am Tatort. Zum anderen drängt es Drew danach zu erfahren, ob er wirklich in geistiger Umnachtung seine Exfreundin erstochen hat oder ob, so seine leise Hoffnung, schon zu diesem Zeitpunkt jemand die Szenerie manipulierte, um vielleicht eine Reihe von Serienmorden auf ihn zu lenken. Dabei stehen Drew glücklicherweise mehr Möglichkeiten zur Recherche zur Verfügung als dem Durchschnittsbürger - als Krimiautor steht er in Verbindung mit Experten, die ihm Untersuchungsergebnisse und Informationen liefern können.

Andererseits kämpft er seit seinem Freispruch mit den Blicken und bösen Sprüchen der Öffentlichkeit; nur wenige Bürger ziehen seine Unschuld in Betracht, die Ermittler Kaden und Delveckio machen keinen Hehl daraus, dass sie den Freispruch bedauern, seine Freundin verlässt ihn, Familie besitzt Drew nicht mehr. Was ihm bleibt, ist ein buntgewürfelter Haufen alter Freunde, auf den er sich verlassen muss.

Originell ist vor allem die Grundidee, dass Drew selbst nicht weiß, ob er möglicherweise ein Mörder ist oder nicht und wie er, wenn es so sein sollte, mit dieser Tat umgehen soll. Der Anklage nach hat ihn eine gehässige Anrufbeantworter-Nachricht seiner Exfreundin so in Rage versetzt, dass er sie erstach; tatsächlich aber kann sich Drew trotz der Trennung nicht vorstellen, Hass auf Genevieve entwickelt zu haben. Stattdessen leidet er unter ihrem Tod und will auch ihretwegen die Wahrheit herausfinden. Bei der Auflösung bleiben keine offenen Fragen für den Leser zurück, das Motiv ist einleuchtend, wenn auch sehr ungewöhnlich für einen Thriller.

Interessante Nebencharaktere

Am besten gelungen ist die Darstellung von Caroline, einer klinischen Therapeutin in einer Jugendanstalt. Miss Caroline entpuppt sich als entstellte Schönheit, deren Gesicht von Narben durchzogen ist. Noch bevor Drew den Hintergrund dafür erfährt, ist er fasziniert von der immer noch attraktiven Frau, die sichtlich auf Professionalität bedacht ist und mit der sich allmählich eine Beziehung anbahnt. Etwas zu klischeehaft geraten ist dagegen Junior, der vierzehnjährige Sprayer aus der Anstalt, der zufällig als Tatortzeuge ein verdächtiges Auto gesehen hat. Junior benimmt sich übertrieben abgeklärt und feuert Drew zu heiklen Nachforschungen an, scheinbar unbeeindruckt von jeglicher Gefahr, eher die Karikatur eines Ghettokids, auch wenn er für witzige Einlagen sorgt.

Vielschichtiger sind dagegen Preston und Lloyd, zwei hilfreiche Freunde. Preston ist Drews Verleger, ausgestattet mit übertriebenem Selbstbewusstsein und immer für spitzfindige Bemerkungen gut. Lloyd ist Mitarbeiter der Spurensicherung, einst immer als Berater für Drews Romane gut und jetzt Experte der Anklage, hin- und hergerissen zwischen heimlichen Hilfeleistungen für Drew in Sachen Haar- und Fingerabdruck-Analyse, Befürchtung vor Entdeckung durch Kollegen und am schwerwiegendsten der Pflege seiner krebskranken Frau Janice, die mit dem Tod kämpft.

Kleine Schwächen

Ein Manko des Romans ist der teilweise wirklich unpassende Humor, den Ich-Erzähler Drew in die Handlung einbringt. Drews selbstironischer Unterton wirkt zwar sympathisch, vor allem, wenn man den Eindruck gewinnt, dass er seine Situation mit Galgenhumor betrachtet. Dagegen ist es kontraproduktiv, wenn er in jeder noch so ungünstigen Lage erst mal eine schlagfertige Antwort gibt. Vor allem gegenüber denen ihm schlecht gesonnenen Polizisten Kaden und Delveckio gibt er sich betont locker und macht spaßige Bemerkungen, auch wenn er in Gewahrsam genommen und wie ein Mörder behandelt wird - eine übertriebene Lockerheit, die nicht mehr realistisch ist.

Der andere Punkt ist der teilweise verwirrende Anfang, der mit Rückblenden beginnt. Die Haupthandlung setzt nach seinem Freispruch ein. Der Leser ist zu dem Zeitpunkt noch gar nicht über die vergangenen Ereignisse im Bilde, erfährt erst nach und nach, weshalb Drew überhaupt im Gefängnis saß und konzentriert sich zunächst auf seinen ersten Tag in Freiheit; erst auf Seite 35 setzt dann der Rückblick auf den Mord und die Verhaftung ein. Dritter Punkt ist eine konstruierte Szene, die Genevieves Tod betrifft; so gut sich dieses Element in die nachfolgenden Ereignisse einfügt, so unwahrscheinlich ist es, dass jemand auf diese Weise vorgehen würde.

Fazit:

Ein unterhaltsamer Thriller mit ungewöhnlicher Ausgangslage, der weitgehend spannend ist und mit teilweise interessanten Nebencharakteren aufwarten kann. Ein paar kleine Schwächen wie unpassender Humor schmälern allerdings den guten Gesamteindruck.

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