Produktinfos:
Ausgabe: 1971
Seiten: 102
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
Marie-Louise Fischer, 1922-2005, zählt zu den bekanntesten Autorinnen Deutschlands. Sie studierte zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, ehe sie als Dramaturgin in Prag arbeitete. Mit 29 Jahren erschien ihr erster Roman. Seitdem verfasste sie mehr als hundert Bücher, vorwiegend Gesellschafts- und Frauenromane. Vor allem ihre meist mehrbändigen Mädchenromane wurden zu Klassikern innerhalb der Jugendbuchliteratur, z.B. die Reihen "Ulrike", "Klaudia" und "Michaela".
Inhalt:
Nach den Sommerferien kehren die Schülerinnen des vornehmen Mädcheninternats Schloss Hohenwartau in Bayern zurück. Für große Aufregung sorgt die Neuigkeit, dass ein neuer Lehrer angekommen ist. Dr. Herbert Jung ist ein attraktiver junger Lehrer, der Deutsch und Englisch unterrichten wird. Vor allem die Schülerinnen der 12. Klasse, die ihn in Deutsch bekommen, sind hingerissen und schwärmen für ihn. Seine Vorliebe für Tweedjacken bestimmt seinen Spitznamen - von nun an heißt er nur noch "Tweedy" bei den Mädchen.
Besonders stark erwischt hat es die hübsche Yvonne, die zuhause sehr verwöhnt wird und sehr selbstbewusst ist. Ihre beste Freundin Helga ist das genaue Gegenteil von ihr: Sie stammt aus einer kinderreichen Familie, die längst nicht so wohlhabend ist. Dafür ist Helga vernünftig und klug und trotz ihrer Gegensätze sind die Mädchen beste Freundinnen. Während Yvonne felsenfest davon überzeugt ist, dass Tweedy in sie verliebt ist, schwärmt Helga heimlich für ihn. Mit dem Verstand weiß sie zudem, dass sie wohl kaum eine Chance hat.
Helga bekommt allerdings Hoffnung, als Tweedy eines Nachmittags mit ihr spazieren geht und sich offensichtlich sehr für sie interessiert. Yvonne kontert mit einer Herausforderung zum Tennismatch, wo sie eine Annäherung versucht. Noch brisanter wird es, als Tweedy Helga am Heimfahrtswochenende mit dem Auto nach München fährt. Die einstige Freundschaft zwischen Helga und Yvonne bricht und es kommt zu einem heftigen Streit ...
Bewertung:
Im Gegensatz zu den meisten Internatsbüchern von Marie Louise Fischer stehen hier nicht 12-14-jährige Mädchen im Mittelpunkt, sondern 17-jährige Fast-Abiturientinnen, die im nächsten Band sogar volljährig sind. Dementsprechend ist auch der Tenor der Handlung nicht mehr ganz so unschuldig, sondern es geht eindeutig um Liebeleien und teilweise auch Interesse an Sex, wenngleich das Buch für heutige Verhältnisse immer noch recht brav daherkommt.
Helga ist sicherlich eine sehr sympathische Hauptfigur, wenn auch fast schon etwas zu perfekt. Sie hängt sehr an ihrer Familie mit den fünf jüngeren Geschwistern, ist fleißig und intelligent und bildet sich gleichzeitig nicht viel darauf ein. Wenn der Leser es einem der Mädchen gönnt, tatsächlich bei Tweedy Erfolg zu haben, dann gewiss ihr. Da Tweedys Verhalten nicht eindeutig ist, ist auch für Spannung durchaus gesorgt. Mal scheint es, als habe er mehr Interesse für Helga als es einem Lehrer zusteht, dann wieder verhält er sich völlig neutral. Die Freundschaft zwischen Yvonne und Helga bröckelt zusehends und junge Leserinnen bekommen hier demonstriert, dass man sich nicht in eine Schwärmerei hineinsteigern sollte wie Yvonne und es erst recht unsinnig ist, eine langjährige Freundschaft deswegen zu kündigen.
Allerdings verzeichnet das Buch auch einige Mankos, die es sogar schwächer als die Fortsetzung "Im Internat gibts keine Ruhe" machen. Dass die Afro-Amerikanerin Babsy wie selbstverständlich als "Negermädchen" bezeichnet wird, ist angesichts der Entstehungszeit nicht ungewöhnlich oder despektierlich gemeint. Störend ist aber der mehr oder weniger unterschwellige Rassismus, den manche Figuren ihr gegenüber haben und der zwar als negativ dargestellt, aber viel zu sehr übergangen wird. Da sind einmal Yvonnes Eltern, die es alles andere als gern sehen, dass ihre Tochter freudig ihre Klassenkameradin in der Oper begrüßt. Auch wenn sie Babsys Eltern als große Künstler anerkennen, ist eine "Negerin" nicht der Umgang, den sie sich für Yvonne wünschen und sie fühlen sich unwohl, in der Öffentlichkeit mit ihr gesehen zu werden. Hier wäre eine Szene nicht schlecht gewesen, in der Yvonne die Äußerungen ihrer Eltern mitbekommt und Babsy verteidigt, anstatt dass man die Bemerkungen einfach so stehen lässt. Beinah noch schlimmer ist die Reaktion der Erzieherin Fräulein von Zirpitz, "die Zirpe" genannt, die in die Prügelei zwischen Helga und Yvonne stößt. Sie missinterpretiert Babsys Versuch, die Mädchen zu trennen und ereifert sich, dass es sie am allerwenigsten wundere, ausgerechnet Babsy darin verwickelt zu sehen - offenbar hat sie eine grundlose heftige Abneigung gegen Babsy, die sich auf deren Hautfarbe bezieht. Und obwohl sicher niemand von Babys anwesenden Freundinnen so eine Bemerkung gutheißen kann, gibt es keine Reaktion von Seiten der Mädchen.
Erschreckend sind zudem manche Regeln im Internat. Als Helga nachts ihrer schlaflosen Freundin Yvonne ein Glas Wasser bringt und dazu kurz über den Flur ins Bad huscht, taucht gleich darauf die Erzieherin auf und durchleuchtet das Zimmer mit der Taschenlampe - man fragt sich unwillkürlich, ob es tatsächlich verboten ist, nachts auf Toilette zu gehen oder sich etwas zu trinken zu holen. In der Szene danach würde sich Helga gern zum Trost aufs Bett zu ihrer traurigen Freundin setzen - aber sie wagt es nicht, denn wer sich auf das Bett einer Kameradin legt oder auch nur auf deren Bettkante setzt, wird sofort aus dem Internat entlassen. Und so wagt es Helga selbst mitten in der Nacht nicht, sich auch nur für wenige Sekunden auf Yvonnes Bettkante zu setzen, da sie sonst erwischt werden und fliegen könnte, was auch angesichts der siebziger Jahre erschreckend prüde ist.
Zu guter Letzt ist das Verhalten der Mädchen, auch im direkten Vergleich zu anderen Charakteren der Internatsserien, zu übertrieben. Die immerhin fast erwachsenen Mädchen steigern sich von Anfang an extrem schnell in ihre Schwärmereien hinein. Sie wissen kaum etwas über den neuen Lehrer und träumen schon davon, von ihm als Partnerin erwählt zu werden. Eher komisch als realistisch sind ihre Aktionen, etwa wenn die immerhin verlobte Margot ein heimlich geknipstes Foto im Medaillon bei sich trägt oder Uschi einen Faden aus Tweedys Jacke stibitzt und als Reliquie aufbewahrt. "Tweedy" selbst verhält sich wiederum für einen Lehrer reichlich naiv und trägt durch sein Verhalten dazu bei, dass sich die Schwärmereien noch verstärken.
Fazit:
Ein recht schwaches Buch aus einer der vielen Internatsserien von Marie Louise Fischer, das ausnahmsweise vom Nachfolgeband übertroffen wird. Die Figuren sind zwar teilweise sympathisch und die Handlung ist überwiegend lehrreich. Allerdings gibt es auch zahlreiche übertriebene und unrealistische Stellen, vor allem in den Verhaltensweisen der Charaktere. Ein Buch, das man als Fan solcher typischer Mädchenromane ruhig lesen kann, das aber qualitativ hinter vielen anderen Büchern der Autorin zurücksteht.
Ausgabe: 1971
Seiten: 102
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Die Autorin:
Marie-Louise Fischer, 1922-2005, zählt zu den bekanntesten Autorinnen Deutschlands. Sie studierte zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, ehe sie als Dramaturgin in Prag arbeitete. Mit 29 Jahren erschien ihr erster Roman. Seitdem verfasste sie mehr als hundert Bücher, vorwiegend Gesellschafts- und Frauenromane. Vor allem ihre meist mehrbändigen Mädchenromane wurden zu Klassikern innerhalb der Jugendbuchliteratur, z.B. die Reihen "Ulrike", "Klaudia" und "Michaela".
Inhalt:
Nach den Sommerferien kehren die Schülerinnen des vornehmen Mädcheninternats Schloss Hohenwartau in Bayern zurück. Für große Aufregung sorgt die Neuigkeit, dass ein neuer Lehrer angekommen ist. Dr. Herbert Jung ist ein attraktiver junger Lehrer, der Deutsch und Englisch unterrichten wird. Vor allem die Schülerinnen der 12. Klasse, die ihn in Deutsch bekommen, sind hingerissen und schwärmen für ihn. Seine Vorliebe für Tweedjacken bestimmt seinen Spitznamen - von nun an heißt er nur noch "Tweedy" bei den Mädchen.
Besonders stark erwischt hat es die hübsche Yvonne, die zuhause sehr verwöhnt wird und sehr selbstbewusst ist. Ihre beste Freundin Helga ist das genaue Gegenteil von ihr: Sie stammt aus einer kinderreichen Familie, die längst nicht so wohlhabend ist. Dafür ist Helga vernünftig und klug und trotz ihrer Gegensätze sind die Mädchen beste Freundinnen. Während Yvonne felsenfest davon überzeugt ist, dass Tweedy in sie verliebt ist, schwärmt Helga heimlich für ihn. Mit dem Verstand weiß sie zudem, dass sie wohl kaum eine Chance hat.
Helga bekommt allerdings Hoffnung, als Tweedy eines Nachmittags mit ihr spazieren geht und sich offensichtlich sehr für sie interessiert. Yvonne kontert mit einer Herausforderung zum Tennismatch, wo sie eine Annäherung versucht. Noch brisanter wird es, als Tweedy Helga am Heimfahrtswochenende mit dem Auto nach München fährt. Die einstige Freundschaft zwischen Helga und Yvonne bricht und es kommt zu einem heftigen Streit ...
Bewertung:
Im Gegensatz zu den meisten Internatsbüchern von Marie Louise Fischer stehen hier nicht 12-14-jährige Mädchen im Mittelpunkt, sondern 17-jährige Fast-Abiturientinnen, die im nächsten Band sogar volljährig sind. Dementsprechend ist auch der Tenor der Handlung nicht mehr ganz so unschuldig, sondern es geht eindeutig um Liebeleien und teilweise auch Interesse an Sex, wenngleich das Buch für heutige Verhältnisse immer noch recht brav daherkommt.
Helga ist sicherlich eine sehr sympathische Hauptfigur, wenn auch fast schon etwas zu perfekt. Sie hängt sehr an ihrer Familie mit den fünf jüngeren Geschwistern, ist fleißig und intelligent und bildet sich gleichzeitig nicht viel darauf ein. Wenn der Leser es einem der Mädchen gönnt, tatsächlich bei Tweedy Erfolg zu haben, dann gewiss ihr. Da Tweedys Verhalten nicht eindeutig ist, ist auch für Spannung durchaus gesorgt. Mal scheint es, als habe er mehr Interesse für Helga als es einem Lehrer zusteht, dann wieder verhält er sich völlig neutral. Die Freundschaft zwischen Yvonne und Helga bröckelt zusehends und junge Leserinnen bekommen hier demonstriert, dass man sich nicht in eine Schwärmerei hineinsteigern sollte wie Yvonne und es erst recht unsinnig ist, eine langjährige Freundschaft deswegen zu kündigen.
Allerdings verzeichnet das Buch auch einige Mankos, die es sogar schwächer als die Fortsetzung "Im Internat gibts keine Ruhe" machen. Dass die Afro-Amerikanerin Babsy wie selbstverständlich als "Negermädchen" bezeichnet wird, ist angesichts der Entstehungszeit nicht ungewöhnlich oder despektierlich gemeint. Störend ist aber der mehr oder weniger unterschwellige Rassismus, den manche Figuren ihr gegenüber haben und der zwar als negativ dargestellt, aber viel zu sehr übergangen wird. Da sind einmal Yvonnes Eltern, die es alles andere als gern sehen, dass ihre Tochter freudig ihre Klassenkameradin in der Oper begrüßt. Auch wenn sie Babsys Eltern als große Künstler anerkennen, ist eine "Negerin" nicht der Umgang, den sie sich für Yvonne wünschen und sie fühlen sich unwohl, in der Öffentlichkeit mit ihr gesehen zu werden. Hier wäre eine Szene nicht schlecht gewesen, in der Yvonne die Äußerungen ihrer Eltern mitbekommt und Babsy verteidigt, anstatt dass man die Bemerkungen einfach so stehen lässt. Beinah noch schlimmer ist die Reaktion der Erzieherin Fräulein von Zirpitz, "die Zirpe" genannt, die in die Prügelei zwischen Helga und Yvonne stößt. Sie missinterpretiert Babsys Versuch, die Mädchen zu trennen und ereifert sich, dass es sie am allerwenigsten wundere, ausgerechnet Babsy darin verwickelt zu sehen - offenbar hat sie eine grundlose heftige Abneigung gegen Babsy, die sich auf deren Hautfarbe bezieht. Und obwohl sicher niemand von Babys anwesenden Freundinnen so eine Bemerkung gutheißen kann, gibt es keine Reaktion von Seiten der Mädchen.
Erschreckend sind zudem manche Regeln im Internat. Als Helga nachts ihrer schlaflosen Freundin Yvonne ein Glas Wasser bringt und dazu kurz über den Flur ins Bad huscht, taucht gleich darauf die Erzieherin auf und durchleuchtet das Zimmer mit der Taschenlampe - man fragt sich unwillkürlich, ob es tatsächlich verboten ist, nachts auf Toilette zu gehen oder sich etwas zu trinken zu holen. In der Szene danach würde sich Helga gern zum Trost aufs Bett zu ihrer traurigen Freundin setzen - aber sie wagt es nicht, denn wer sich auf das Bett einer Kameradin legt oder auch nur auf deren Bettkante setzt, wird sofort aus dem Internat entlassen. Und so wagt es Helga selbst mitten in der Nacht nicht, sich auch nur für wenige Sekunden auf Yvonnes Bettkante zu setzen, da sie sonst erwischt werden und fliegen könnte, was auch angesichts der siebziger Jahre erschreckend prüde ist.
Zu guter Letzt ist das Verhalten der Mädchen, auch im direkten Vergleich zu anderen Charakteren der Internatsserien, zu übertrieben. Die immerhin fast erwachsenen Mädchen steigern sich von Anfang an extrem schnell in ihre Schwärmereien hinein. Sie wissen kaum etwas über den neuen Lehrer und träumen schon davon, von ihm als Partnerin erwählt zu werden. Eher komisch als realistisch sind ihre Aktionen, etwa wenn die immerhin verlobte Margot ein heimlich geknipstes Foto im Medaillon bei sich trägt oder Uschi einen Faden aus Tweedys Jacke stibitzt und als Reliquie aufbewahrt. "Tweedy" selbst verhält sich wiederum für einen Lehrer reichlich naiv und trägt durch sein Verhalten dazu bei, dass sich die Schwärmereien noch verstärken.
Fazit:
Ein recht schwaches Buch aus einer der vielen Internatsserien von Marie Louise Fischer, das ausnahmsweise vom Nachfolgeband übertroffen wird. Die Figuren sind zwar teilweise sympathisch und die Handlung ist überwiegend lehrreich. Allerdings gibt es auch zahlreiche übertriebene und unrealistische Stellen, vor allem in den Verhaltensweisen der Charaktere. Ein Buch, das man als Fan solcher typischer Mädchenromane ruhig lesen kann, das aber qualitativ hinter vielen anderen Büchern der Autorin zurücksteht.
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