1. Juli 2012

Werwolf - Lynn Raven

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 242
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Die Autorin:

Lynn Raven wurde 1971 in Neuengland geboren und wuchs als Deutsch-Amerikanerin zweisprachig auf. Nach dem Studium in Maine ging sie für einige Jahre nach Deutschland, um dort als Journalistin zu arbeiten. Hier erschienen ihre Fantasy-Romane wie Der Kuss des Dämons, Der Spiegel von Feuer und Eis und Der Kuss des Kjer.

Inhalt:


Frankreich, 1765: Immer wieder fallen die Menschen in den Wäldern eines abgelegenen Dorfes in den Pyrenäen schrecklichen Morden zum Opfer. Augenzeugen berichten von einem riesigen Wolf, die tödlichen Spuren erinnern dagegen teilweise an menschliches Werk. Die abergläubische Bevölkerung glaubt allmählich, der Teufel selbst stecke hinter den grausamen Vorfällen.

Der junge Jäger André wird vom Bischof, seinem Ziehvater, ausgesandt, um den Wolf endlich zu erlegen und das Gerede vom Teufel zum Schweigen zu bringen. Der Comte d'Abrâigne stellt ihm dabei den Wildhüter Pierre Chastel zur Seite, der bereits früher gemeinsam mit seinem Bruder Antoine und seinem Vater Jean Jagd auf die Bestie machte.

Pierre fällt es zunächst schwer, sich dem Neuling unterzuordnen und die beiden Männer bilden ein widerwilliges Team. Auf einem ihrer Streifzüge werden sie tatsächlich von einem monströsen Wolf angefallen und kommen gerade noch mit dem Leben davon. Als sie die Spuren untersuchen, deuten diese auf keinen normalen Wolf hin - sondern auf einen Werwolf ...

Bewertung:

Die "Bestie von Gédauvan", die von 1764 bis 1767 tatsächlich ihr Unwesen in Frankreich trieb, bildet den reizvollen Hintergrund für diese durchaus gelungene Werwolf-Geschichte.

Die drei Chastels hat es ebenso gegeben wie die rätselhafte Mordserie, von der nie ganz zweifelsfrei geklärt werden konnte, was es mit dem Tier, möglicherweise eine Wolf-Hund-Kreuzung, auf sich hatte. Nachdem es bereits mehrere literarische wie auch filmische Umsetzungen des Themas gegeben hat, nimmt sich jetzt auch Lynn Raven des Stoffes an. André und Pierre sind zwei gelungene Charaktere, beide auf ihre eigene Weise sympathisch, obwohl oder gerade weil sie sich anfangs überhaupt nicht grün sind. Für Pierre ist es eine Demütigung, den jungen Fremden plötzlich als Anführer vor die Nase gesetzt zu bekommen, für André ist es wiederum sehr ungemütlich, mit jemandem zusammenzuarbeiten, bei dem er äußerst unwillkommen ist. Die erste Begegnung mit der Bestie schweißt die beiden ein wenig zusammen, was sich im weiteren Verlauf noch verstärkt und dem Roman einen zusätzlichen interessanten Aspekt verleiht.

Das historische Setting verleiht der Geschichte ein reizvolles Flair. Der Autorin gelingt es gut, Leben und Alltag Mitte des 18. Jahrhunderts darzustellen. Die Handlung führt den Leser durch düstere Wälder, in herrschaftliche Anwesen, gewährt kleine Einblicke in politische und kirchliche Angelegenheiten und intrigante Machenschaften in der gesellschaftlichen Oberschicht. Die Suche nach dem mörderischen Wolfswesen liest sich spannend und flüssig, der Leser fühlt mit den Hauptcharakteren und vor allem mit André, dessen Schicksal ungewiss ist, während man bei Pierre zumindest davon ausgehen kann, dass er, wie geschichtlich verbürgt, überlebt. Martine, das hübsche Mündel des Marquis de Saint-Béran, sorgt für einen Hauch erotische Verwirrung in der Handlung, die sich, anders als in einem Groschenroman zu erwarten wäre, aber in Grenzen hält.

Ganz ohne Mängel kommt der Roman jedoch nicht aus. Es ist zwar gut, dass die Handlung ohne jede Länge auskommt, aber die nicht einmal 250 Seiten sind für die Dichte der Geschehnisse etwas zu knapp angelegt. Gerade zu Anfang wären ein paar Erläuterungen zu André und seiner Herkunft wünschenswert gewesen, sodass der Leser schneller informiert ist. Der andere Schwachpunkt ist eine gewisse Vorhersehbarkeit. Martines Rolle wird dem Leser recht rasch klar und einige Andeutungen genügen, um André in Sachen Vorahnung überlegen zu sein. Die Wendungen am Ende kommend aber nur wenig überraschend, hier fehlt es einfach an ein bisschen verschleiernder Raffinesse. Das macht das Buch zu einem gelungenen Jugendroman, für ältere Leser ist es angesichts der Thematik vielleicht ein bisschen zu einfach gestrickt. Zu guter Letzt ist das Ende zu offen angelegt, um einen wirklichen Abschluss zu bilden - eine Fortsetzung scheint reine Formsache zu sein, da diese aber noch nicht erschienen ist, bleibt der Leser nicht ganz befriedigt zurück.

Fazit:

Ein guter Dark-Fantasy-Roman, der Historie und Horror gelungen miteinander verbindet. Die Hauptcharaktere überzeugen und für dichte Atmosphäre ist gesorgt. Ein paar kleine Schwächen wie leichte Vorhersehbarkeit trüben ein wenig den Gesamteindruck, insgesamt bietet das Buch aber für Leser ab dem Jugendalter gute Unterhaltung.

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