7. Juli 2012

Das Gift des Zweifels - Thomas H. Cook

Produktinfos:

Ausgabe: 2007
Seiten: 316
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Der Autor:

Thomas H. Cook, geboren 1947 in Alabama, studierte Englisch und Philosophie sowie Amerikanische Geschichte und arbeitete zunächst als Lehrer. Nach mehreren Kurzgeschichten erschien 1980 sein erster Kriminalroman, der von der Kritik gut aufgenommen wurde. Seit den achtziger Jahren etablierte sich Cook mehr und mehr als Krimi- und Thrillerautor. Zu seinen Werken gehören u.a. "Das Verhör", "Die Quelle der Furcht" und "Die Tote von Atlanta".

Inhalt:

Eric Moore führt mit seinem Fotoladen, seiner Frau Meredith und dem fünfzehnjährigen Sohn Keith ein glückliches Leben in einer Kleinstadt an Amerikas Küste. Keith ist zwar stets ein wenig verschlossen, aber Eric hält das in dem Alter für normal. Wie so oft passt Keith eines Abends auf die achtjährige Amy Giordano, Tochter von Bekannten, auf, mit der er sich gut versteht.

Dieses Mal kommt er später zurück als sonst und verhält sich noch verschlossener als sonst. Am nächsten Morgen meldet sich Mr. Giordano - Amy ist verschwunden und obwohl die Eltern bereits das ganze Haus und die Umgebung abgesucht haben, findet sich keine Spur. Keith beteuert, dass er sie um halb zehn schlafen gelegt hat, sein Vater versucht ihm zu glauben. Amys Eltern schalten die Polizei ein, denn alles deutet auf eine Entführung hin.

Obwohl Keith bei seiner Version bleibt, scheinen die Polizisten nicht unbedingt überzeugt zu sein. Auch Amys Eltern glauben, dass er für das Verschwinden des Mädchens verantwortlich ist. Eric will zu seinem Sohn halten, doch auch ihn befällt ein schrecklicher Zweifel, ob Keith wirklich so unbeteiligt ist, wie er sagt ...

Bewertung:

Thriller und Familiendrama verbindet Thomas A. Cook zu einem spannenden Werk, das dennoch nicht frei von Mängeln ist.

Fesselnde Handlung

Dem Leser wird schnell klar, dass die Moores nur auf den ersten Blick eine Bilderbuchfamilie sind. Keith ist ein unzugänglicher Teenager, der keine Freunde zu haben scheint, mit seinen Eltern nur das Nötigste redet, oft lange schläft und sein Zimmer abdunkelt. Eric hofft, dass es nur eine Phase ist, ist sich aber bewusst darüber, dass sie kein besonders gutes Vater-Sohn-Verhältnis besitzen. Lange Zeit bleibt offen, was mit Amy wirklich geschehen ist, wer sie entführt hat und ob sie überhaupt noch lebt. Keith verhält sich von Anfang an merkwürdig, will nicht über die Sache reden, beteuert aber seine Unschuld. Eric allerdings hat in der Nacht ein Auto gehört, dass Keith zuhause abgesetzt hat und weiß, dass sein Sohn gelogen hat, als er sagte, dass er zu Fuß gekommen ist. Welche Bedeutung diese Lüge hat und wer der mysteriöse Autofahrer sein könnte, bleibt zunächst im Dunkeln. Der Leser fühlt einerseits mit Amys verzweifelten Eltern, andererseits sähe man aber auch Keith nicht gerne als Mörder, denn trotz seines eigenbrötlerischen Wesens erscheint er nicht wirklich unsympathisch.

Solide Charaktere

Eric Moore ist der Ich-Erzähler und steht neben Keith im Mittelpunkt. Er möchte eindeutig ein guter Vater sein und seinen Sohn so lieben, wie er es verdient hat, muss sich aber eingestehen, dass er nicht richtig an Keith herankommt und ihn tatsächlich zu wenig kennt, um einzuschätzen, ob er etwas mit Amys Verschwinden zu tun hat oder nicht. Seine Verzweiflung ist ergreifend und nicht nur Eltern können beim Lesen nachempfinden, wie schwer die Lage für ihn ist, da er seinen Sohn beschützen will, der ihm aber einfach nicht die Wahrheit sagen möchte, auch wenn er manchmal kurz davor zu stehen scheint. Meredith Moore kommt im Verhältnis zu den anderen beiden etwas kurz. Sie bemüht sich, die Haltung zu bewahren und ist als Pädagogin erfahren darin, aber die Besuche der Polizei und die Heimlichkeiten zerren zunehmend an ihren Nerven. Was zuvor auf den ersten Blick eine Familie war, die zusammenhält und ein recht idyllisches Leben führt, droht nun auseinander zu brechen. Ganz allmählich wird der Zerfall dargestellt, mit angemessenen Reaktionen der einzelnen Mitglieder, die weder überzogen noch unrealistisch wirken. Nicht nur die Thrillerhandlung um Amy fesselt den Leser, sondern auch die Frage, ob und wie die Moores die Verwicklungen als Familie überstehen werden, unabhängig davon, was die Ermittlungen ab Ende ergeben. Bemerkenswert ist an der Handlung vor allem, dass der Fokus eindeutig auf der Familie liegt und man kaum etwas über die Arbeit der Polizei erfährt außer dem, was die Detectives direkt gegenüber Eric äußern - also kein typischer Thriller, in dem der Leser die Ermittlungen verfolgt.

Ein paar Schwächen

Eine ebenfalls nicht geringe Rolle spielt Erics Vergangenheit in Form seines altersschwachen Vaters, dem er nie die schlechte Behandlung seiner Mutter verziehen hat, der frühe Unfalltod seiner Mutter, unter dem er immer noch leidet, der ebenfalls frühe Tod seiner jüngeren Schwester Jenny und das Verhältnis zu seinem älteren Bruder Warren, der ein deprimierendes Leben führt. Teilweise sind diese Ereignisse wichtig für die Handlung, teilweise aber auch zu weit ausgeführt, gerade angesichts der nur gut 300 Seiten, auf denen nicht allzu viel Raum bleibt für Abschweifungen von der Haupthandlung. Dazu kommt, dass gerade Warrens Rolle etwas zu früh vom Leser durchschaut wird. Das Ende ist ein weiterer Schwachpunkt. Nicht nur, dass es viel zu rasch kommt und es etwas enttäuscht, dass sich das eigentliche Finale im Epilog abspielt, mit einem Rückblick, nachdem inzwischen einige Jahre vergangen sind. Das Ende ist darüber hinaus auch noch etwas zu pathetisch geraten - etwas realistischer und dezenter wäre es effektiver gewesen.

Fazit:


Ein insgesamt solider und unterhaltsamer Thriller, der über weite Strecken sehr spannend ist und neben dem Entführungsfall ein intensives Familiendrama bietet. Das Ende allerdings enttäuscht ein wenig, da es sowohl zu knapp als auch zu übertrieben inszeniert ausfällt. Für Thrillerfans zu empfehlen.

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