Produktinfos:
Ausgabe: 2010
Seiten: 278
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
Agnes Hammer, Jahrgang 1970, wuchs im Westerwald auf und studierte anschließend Germanistik und Philosophie. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitete sie in einer Einrichtung für sozial benachteiligte Jugendliche. Weitere Werke sind "Herz, klopf" und "Bewegliche Ziele".
Inhalt:
Wegen seines überempfindlichen Gehörs lebt der neunzehnjährige Mattes nicht mehr in der Großstadt Köln, sondern bei seiner Oma und seiner jungen unkonventionellen Tante Lena auf dem Dorf. Nach einem Klinikaufenthalt findet er hier im ländlichen Auroth die nötige Ruhe. Nebenbei spielt er in seiner Band Keyboard, schwärmt für die Bassistin Vane, schreibt melancholische Lieder und verdient sich etwas Geld beim Orgelspielen.
In diesem dörflichen Alltag geschieht plötzlich ein Mord. Mitten auf dem Gemeindeausflug wird während einer Chorprobe Mattes Nachbar, der angesehene Jakob Bähner, erstochen aufgefunden. Verdächtigt wird zunächst der jähzornige Busfahrer Bruno, der Jakob gefunden hat, aber ein klares Motiv gibt es nicht; die Ermittlungen laufen schleppend an, denn die Dorfbewohner verschließen sich gegenüber der Polizei.
Wenig später entdeckt Mattes auf dem Probenmitschnitt Stimmen, die auf den Mörder hinzuweisen scheinen. Zusammen mit der ebenfalls hörbegabten Lena, die bereits als forensische Sprachanalytikerin für die Polizei arbeitete, kommt er der Aufklärung immer näher. Die beiden stoßen auf jahrzehntealte Geheimnisse hinter der Dorfidylle und geraten bei ihren Nachforschungen in Lebensgefahr ...
Bewertung:
Ein Mord in der biederen Dorfidylle und dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart ihre Schatten werfen, sind althergebrachte Zutaten für einen Krimi. Dass sich Agnes Hammers "Dorfbeben" trotz dieses konventionellen Settings als mehr als souveräner Kriminalroman erweist, liegt vor allem den originellen Protagonisten, allen voran das Gespann Mattes und Lena.
Mattes ist ein ungewöhnlicher Neunzehnjähriger, der nach seinem Zusammenbruch Ruhe braucht und dem sein übersensibles Gehör ständig Streiche spielt. Seit ein paar Jahren lebt er auf dem Dorf, ohne rechte Zukunftsperspektive, verdient sich ein Taschengeld mit der Musik und fühlt sich meist als Versager. Die nur wenige Jahre ältere Lena bildet eine gelungene Ergänzung: Ihren Job bei der Polizei verlor sie, nachdem sich herausstellte, dass ihre Analysen fast ausschließlich auf ihrem Gehör statt auf nachweisbarem Computermaterial beruhten. Während ihre Mutter sich um ihre Zukunft sorgt, präsentiert sich Lena als unbekümmerte, spontane junge Frau, die gerne unkonventionelle Wege einschlägt. Trotz ihrer gegensätzlichen Art verstehen sich Mattes und Lena wunderbar, nicht nur das akustische Talent eint sie. Auf unterschiedliche Arten sind sie beide Außenseiter, misstrauisch beäugt von manchen, ruhelos mit einem ungeraden Lebensweg. Andere wichtige Personen in Mattes' Umfeld sind vor allem die ruhige Bassistin Vane, für die er insgeheim alle Liebeslieder schreibt und der gutmütige Priester Achim, dem er sein Wissen über Musik verdankt. Die weiteren Dorfbewohner sind eine reizvolle Mischung aus verschrobenen und eigenbrötlerischen Charakteren - der trunksüchtige Bruno, die Klatschtanten Elli und Martha, die gouvernantenhafte Irmgard. Die Autorin zeichnet ein in vielen Szenen amüsantes Bild von der Dorfgemeinschaft, das nach dem Mord auch bedrohliche Züge einer verschlossenen Gemeinschaft erhält.
Sind die Dorfbewohner anfangs noch vor allem liebenswert und amüsant, kristallisiert sich bald heraus, dass einer für einen Mord verantwortlich sein muss. Die Polizei stößt auf Schweigen, ausgerechnet der jähzornige Bruno, den man sich am ehesten als Täter vorstellen kann, scheint unschuldig zu sein. Sowohl Mattes als auch Lena fühlen sich gedrängt, zur Aufklärung beizutragen. Der Mitschnitt der Chorprobe zur Zeit Zeit des Mordes enthüllt Wortfetzen, die möglicherweise einen Schlüssel zu den Hintergründen bieten. Es ist nur ein Strohhalm, an den sich Mattes und Lena klammern, doch sie verfolgen ihre Spur beharrlich weiter. Drohbriefe und eine tote Katze lassen sie nicht davon abbringen, sondern ermutigen sie nur in ihren Nachforschungen. Sie stoßen dabei auf gut gehütete Geheimnisse, auf einen mysteriösen Todesfall und eine Vergangenheit mancher Dorfbewohner, die bis ins Dritte Reich und die Zeit der Konzentrationslager zurückführt. Der Leser erhält zusätzlichen Aufschluss durch kurze Rückblenden, die schlaglichtartig einzelne Szenen aus der Vergangenheit erhellen. Was anfangs noch zusammenhanglos zu Gegenwart wirkt, ergibt allmählich einen immer deutlicheren Sinn.
Zu kritisieren gibt es an diesem Roman wenig; die Bezeichnung "Thriller" auf dem Cover lässt vielleicht andere Erwartungen zu: Über weite Strecken bewegt sich die Handlung in gemächlichen Gefilden, erst gegen Schluss überstürzten sich die Ereignisse und hält thrillertypische Dramatik Einzug. Es dominieren vorwiegend die leisen Töne, wer sich ständig neue Wendungen erhofft, wird unter Umständen enttäuscht. Das Ende kommt vielleicht ein bisschen zu kurz und an manche Informationen gerät Mattes ein bisschen zu zufällig, aber insgesamt gibt es kaum nennenswerte Kritikpunkte.
Fazit:
Ein leiser Dorfthriller mit interessanten Hauptfiguren, der durchweg gut unterhält und sich leicht lesen lässt. Die Atmosphäre wird gut eingefangen und wer ruhige Romane schätzt, ist bei kaum nennenswerten Kritikpunkten mit diesem Werk gut beraten.
Ausgabe: 2010
Seiten: 278
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
Agnes Hammer, Jahrgang 1970, wuchs im Westerwald auf und studierte anschließend Germanistik und Philosophie. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitete sie in einer Einrichtung für sozial benachteiligte Jugendliche. Weitere Werke sind "Herz, klopf" und "Bewegliche Ziele".
Inhalt:
Wegen seines überempfindlichen Gehörs lebt der neunzehnjährige Mattes nicht mehr in der Großstadt Köln, sondern bei seiner Oma und seiner jungen unkonventionellen Tante Lena auf dem Dorf. Nach einem Klinikaufenthalt findet er hier im ländlichen Auroth die nötige Ruhe. Nebenbei spielt er in seiner Band Keyboard, schwärmt für die Bassistin Vane, schreibt melancholische Lieder und verdient sich etwas Geld beim Orgelspielen.
In diesem dörflichen Alltag geschieht plötzlich ein Mord. Mitten auf dem Gemeindeausflug wird während einer Chorprobe Mattes Nachbar, der angesehene Jakob Bähner, erstochen aufgefunden. Verdächtigt wird zunächst der jähzornige Busfahrer Bruno, der Jakob gefunden hat, aber ein klares Motiv gibt es nicht; die Ermittlungen laufen schleppend an, denn die Dorfbewohner verschließen sich gegenüber der Polizei.
Wenig später entdeckt Mattes auf dem Probenmitschnitt Stimmen, die auf den Mörder hinzuweisen scheinen. Zusammen mit der ebenfalls hörbegabten Lena, die bereits als forensische Sprachanalytikerin für die Polizei arbeitete, kommt er der Aufklärung immer näher. Die beiden stoßen auf jahrzehntealte Geheimnisse hinter der Dorfidylle und geraten bei ihren Nachforschungen in Lebensgefahr ...
Bewertung:
Ein Mord in der biederen Dorfidylle und dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, die bis in die Gegenwart ihre Schatten werfen, sind althergebrachte Zutaten für einen Krimi. Dass sich Agnes Hammers "Dorfbeben" trotz dieses konventionellen Settings als mehr als souveräner Kriminalroman erweist, liegt vor allem den originellen Protagonisten, allen voran das Gespann Mattes und Lena.
Mattes ist ein ungewöhnlicher Neunzehnjähriger, der nach seinem Zusammenbruch Ruhe braucht und dem sein übersensibles Gehör ständig Streiche spielt. Seit ein paar Jahren lebt er auf dem Dorf, ohne rechte Zukunftsperspektive, verdient sich ein Taschengeld mit der Musik und fühlt sich meist als Versager. Die nur wenige Jahre ältere Lena bildet eine gelungene Ergänzung: Ihren Job bei der Polizei verlor sie, nachdem sich herausstellte, dass ihre Analysen fast ausschließlich auf ihrem Gehör statt auf nachweisbarem Computermaterial beruhten. Während ihre Mutter sich um ihre Zukunft sorgt, präsentiert sich Lena als unbekümmerte, spontane junge Frau, die gerne unkonventionelle Wege einschlägt. Trotz ihrer gegensätzlichen Art verstehen sich Mattes und Lena wunderbar, nicht nur das akustische Talent eint sie. Auf unterschiedliche Arten sind sie beide Außenseiter, misstrauisch beäugt von manchen, ruhelos mit einem ungeraden Lebensweg. Andere wichtige Personen in Mattes' Umfeld sind vor allem die ruhige Bassistin Vane, für die er insgeheim alle Liebeslieder schreibt und der gutmütige Priester Achim, dem er sein Wissen über Musik verdankt. Die weiteren Dorfbewohner sind eine reizvolle Mischung aus verschrobenen und eigenbrötlerischen Charakteren - der trunksüchtige Bruno, die Klatschtanten Elli und Martha, die gouvernantenhafte Irmgard. Die Autorin zeichnet ein in vielen Szenen amüsantes Bild von der Dorfgemeinschaft, das nach dem Mord auch bedrohliche Züge einer verschlossenen Gemeinschaft erhält.
Sind die Dorfbewohner anfangs noch vor allem liebenswert und amüsant, kristallisiert sich bald heraus, dass einer für einen Mord verantwortlich sein muss. Die Polizei stößt auf Schweigen, ausgerechnet der jähzornige Bruno, den man sich am ehesten als Täter vorstellen kann, scheint unschuldig zu sein. Sowohl Mattes als auch Lena fühlen sich gedrängt, zur Aufklärung beizutragen. Der Mitschnitt der Chorprobe zur Zeit Zeit des Mordes enthüllt Wortfetzen, die möglicherweise einen Schlüssel zu den Hintergründen bieten. Es ist nur ein Strohhalm, an den sich Mattes und Lena klammern, doch sie verfolgen ihre Spur beharrlich weiter. Drohbriefe und eine tote Katze lassen sie nicht davon abbringen, sondern ermutigen sie nur in ihren Nachforschungen. Sie stoßen dabei auf gut gehütete Geheimnisse, auf einen mysteriösen Todesfall und eine Vergangenheit mancher Dorfbewohner, die bis ins Dritte Reich und die Zeit der Konzentrationslager zurückführt. Der Leser erhält zusätzlichen Aufschluss durch kurze Rückblenden, die schlaglichtartig einzelne Szenen aus der Vergangenheit erhellen. Was anfangs noch zusammenhanglos zu Gegenwart wirkt, ergibt allmählich einen immer deutlicheren Sinn.
Zu kritisieren gibt es an diesem Roman wenig; die Bezeichnung "Thriller" auf dem Cover lässt vielleicht andere Erwartungen zu: Über weite Strecken bewegt sich die Handlung in gemächlichen Gefilden, erst gegen Schluss überstürzten sich die Ereignisse und hält thrillertypische Dramatik Einzug. Es dominieren vorwiegend die leisen Töne, wer sich ständig neue Wendungen erhofft, wird unter Umständen enttäuscht. Das Ende kommt vielleicht ein bisschen zu kurz und an manche Informationen gerät Mattes ein bisschen zu zufällig, aber insgesamt gibt es kaum nennenswerte Kritikpunkte.
Fazit:
Ein leiser Dorfthriller mit interessanten Hauptfiguren, der durchweg gut unterhält und sich leicht lesen lässt. Die Atmosphäre wird gut eingefangen und wer ruhige Romane schätzt, ist bei kaum nennenswerten Kritikpunkten mit diesem Werk gut beraten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.