6. Juli 2012

Niko mein Freund - Hans-Georg Noack

Produktinfos:

Ausgabe: 1981 (und ursprünglich 1963 als "Jungen, Pferde, Hindernisse")
Seiten: 180
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Der Autor:

Hans-Georg Noack lebte von 1926 bis 2005. Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich zunehmend für Jugendliche und Völkerverständigung, ehe er sich ab 1955 dem Schreiben widmete. Seine Kinder- und Jugendliteratur befasste sich vor allem mit sozialkritischen Themen, für die er unter anderem den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur und das Bundesverdienstkreuz erhielt. Zu seinen Werken gehören u.a. "Rolltreppe abwärts", "Hautfarbe Nebensache" und "Benvenuto heißt willkommen".

Inhalt:

Der zwölfjährige Roland macht mit seiner Klasse einen Ausflug zu einem Springturnier, an dem auch Weltmeister Walter Wagler teilnimmt. Roland und sein Freund Horst sind begeistert und wollen nun unbedingt selbst reiten lernen. Der ehrgeizige Roland denkt allerdings mehr an die Erfolge, die er erreichen kann, während Horst ein Herz für Pferde hat. Im Reitverein müssen sie zunächst Voltigieren lernen, um ein Gefühl für das Pferd zu bekommen. Hier lernen sie auch Wolf und Jürgen kenne, die bereits gute Reiter sind.

In den nächsten Monaten sind die Freunde fast täglich im Stall zu finden und machen gute Fortschritte. Zu seinem dreizehnten Geburtstag bekommt Roland ein wunderbares Geschenk: Den herrlichen Rappwallach Nikodemus, Niko genannt. Er ist sehr stolz auf das schöne Tier und übt noch mehr als zuvor, um mit dem hervorragend ausgebildeten Niko bald Turniere gehen zu können.

Der erste Wettbewerb ist die Fuchsjagd, an der Roland und Horst zu ihrer Freude bereits teilnehmen dürfen. Wenig später ist das Reiterabzeichen das nächste Ziel. Dann schließlich geht Roland sein erstes Turnier. Aber spätestens hier erfährt er, dass einiges anders kommen kann, als er es sich in seinen Träumen gedacht hat - und dass er noch viel über den Umgang mit Pferden lernen muss ...

Bewertung:

Mit Pferdebüchern verbindet man gewöhnlich etwa zehn- bis zwölfjährige Mädchen, die Abenteuer im Reitstall erleben und die allermeisten Jungs würden diese nicht mit der Kneifzange anfassen - aber es geht auch anders. Hans-Georg Noack gelang mit diesem Werk ein solides Pferdebuch, in dem Mädchen überhaupt keine Rolle spielen.

Hauptfigur ist der zwölf- und später dreizehnjährige Roland Franke, ein ehrgeiziger Sportler, der sich bislang vor allem für Fußball, Skifahren und Tennis interessierte. Ein beeindruckendes Springturnier weckt den Wunsch, selbst auf einem Pferd solche Erfolge einzuheimsen, am liebsten gleich auf einem eigenen. Sowohl für ihn als auch für seinen besten Freund Horst ist Reiten ein völliges Neuland und sie lernen es von der Pike auf. Ihr Reitlehrer Herr Wilhelm ist ein sympathischer aber auch sehr genauer Lehrer, dem es am meisten darauf ankommt, dass Reiter ihre Pferde nicht als reine Sportgeräte benutzen.

Hier zeigt sich, wie unterschiedlich die beiden Freunde sind: Der aus eher bescheidenen Verhältnissen stammende Horst glaubt ohnehin nicht, dass er jemals ein eigenes Pferd geschenkt bekommt und Turniere sind ihm nicht besonders wichtig. Viel schöner ist es für ihn, ein weiches Pferdemaul auf der Hand zu spüren und einfach auf der Wiese herumzutraben - auch wenn er sich freut, wenn es zu einem Turniererfolg kommt. Roland dagegen ist vor allem ehrgeizig und sehnt sich nach Preisen. Als er mit dem edlen Nikodemus ein Pferd mit exzellenten Turniervoraussetzungen geschenkt bekommt, dreht sich die Gedanken gleich um die künftigen Siege. Im späteren Verlauf kommt es sogar zu einer sehr unschönen Szene, an der er seine Wut an Niko auslässt und dafür eine heftige Quittung kassiert. Roland erfährt in einer schmerzhaften Lehre, dass kein Preis so wichtig ist wie die Zuneigung seines Pferdes und dass das Wohl seines Tieres immer Vorrang hat. Der legendäre Satz, auf den er hinarbeitet, ist "Du bist ein Reiter!", den Herr Wilhelm nur zu Reitern sagt, deren Liebe zu ihrem Pferd man spürt. Horst bekommt diese Auszeichnung schon früh zu hören und für Roland ist es ein langer Weg, ehe auch er ihn sich verdient hat.

Neben Tierliebe wird auch für gute Kameradschaft plädiert. Zusammen mit den schon erfahrenen jugendlichen Reitern Wolf und Jürgen bilden die Freunde ein Kleeblatt, das immer enger zusammenschweißt. Vor allem zwischen Jürgen und Roland besteht anfangs eine deutliche Rivalität, die sich aber nach und nach legt und einer echten Freundschaft weicht, in der sich jeder ehrlich für den anderen freut, wenn er erfolgreich reitet.

Zudem erfahren junge Leser viel über den richtigen Umgang mit Pferden, angefangen bei den wichtigsten Utensilien, der Pflege, den Grundlagen des Voltigierens und des Reitens bis hin zu einigen Turnieraspekten. Nie wird dabei doziert, immer werden die interessanten Informationen passend in die Handlung eingebaut. Eine der reizvollsten Schilderungen Herrn Wilhelms ist der legendäre Olympiaritt von Hans Günter Winkler mit seiner Wunderstute Halla. Zwischendrin ist immer wieder Platz für humorvolle Szenen, vor allem dank der unterschiedlichen Charaktere von Roland und Horst - Roland der Temperamentvolle und Vorlaute, Horst der Gemütliche und Vernünftige.

Trotz allem haben sich aber auch ein paar Schwächen eingeschlichen. Vor allem ist es übertrieben, wie schnell Horst und Roland reiten lernen. Sie sind zwar fast täglich in der Reithalle, trotzdem ist es erstaunlich, dass sie schon bald kleine Sprünge machen können und nach nicht einmal vier Monaten nehmen sie an der Fuchsjagd teil, nach einem Jahr werden sie gar für die Landesjugendmeisterschaften aufgestellt. Schon Horsts erster Reitversuch ist nicht wirklich realistisch, denn er kann sich ohne Sattel lange Zeit auf einem wild galoppierenden und buckelnden Pferd halten. Etwas unschön ist an dieser Stelle zudem, dass der Besitzer ihn, obwohl er davon ausgeht, das das Pferd buckeln wird, ohne Reitkappe aufsitzen lässt; das ist kein gutes Vorbild für junge Leser. Zu schnell kommt auch Rolands eigenes Pferd, etwa drei Monaten nach Reitbeginn schenken ihm seine Eltern bereits seinen Nikodemus, obwohl man dafür lieber noch etwas länger abgewartet hätte, ob sich das Interesse hält.

Fazit:

Ein gelungenes Pferdebuch ab etwa elf Jahren, das sich auch und vor allem an Jungen richtet. Die Geschichte birgt eine unterhaltsame und zugleich lehrreiche Handlung, die nicht nur für Tierliebe, sondern auch den Wert von Freundschaft plädiert. Ein paar kleine Schwächen gibt es, die aber nicht großartig ins Gewicht fallen.

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