3. Oktober 2012

Die geheimnisvollen Frauen - Marion Zimmer Bradley

Produktinfos:

Ausgabe: 1968
Seiten: 224
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Die Autorin:

Marion Zimmer Bradley lebte von 1930 bis 1999. Sie studierte und begann früh mit dem Schreiben. Sie verfasste hauptsächlich Fantasywerke und ist vor allem bekannt für ihre Avalon- und Darkover-Reihen, insbesondere "Die Nebel von Avalon", das sich mit der Artussage befasst.

Inhalt:

Neuengland, um 1900: Sybil Ellis verliert als junges Mädchen ihre geliebten Eltern durch eine Lebensmittelvergiftung. Für Sybil ist das nicht nur ein schlimmer Schock, sondern es bedeutet auch eine ungewisse Zukunft, da ihre Eltern nicht viel hinterlassen haben. Sybil wird von ihrer Tante Mabel aufgenommen. Tante Mabel sorgt zwar durchaus gut für sie, aber eine gehobene Ausbildung kann sie nur ihren Töchtern gewährleisten. Da Sybil aufgrund ihrer guten Herkunft nicht als Schneiderin oder Gesellschafterin enden soll, sieht Tante Mabel nur einen Ausweg: Sybil muss reich heiraten und zwar so früh wie möglich.

Mit siebzehn verbringt Sybil mit Tante Mabel einen Sommer am Meer von Newport. Hier soll sie sich nicht nur erholen, sondern auch einen Ehemann finden. Tante Mabel unternimmt alles, um möglichst viele gute Kandidaten zu finden. Sybil aber fühlt sich längst nicht bereit für eine Ehe. Zudem sind Tante Mabels bevorzugte Kandidaten viel älter als sie und teilweise bereits verwitwete Väter. Der einzige Lichtblick in diesen Ferien ist Dr. Philip Maynard, ein freundlicher und humorvoller älterer Mann, der zudem noch mit Sybils Vater befreundet war. Während des Sommers wird er ihr eine Art Vaterersatz.

Als Tante Mabel Sybil zur Hochzeit mit Hochwürden Williams drängt und Dr. Maynard davon erfährt, bietet er ihr einen ungewöhnlichen Aus weg an: Sybil soll stattdessen ihn heiraten. Er könnte zwar ihr Großvater sein, ist aber reich und würde mit ihr nicht wie ein Ehepaar, sondern wie Vater und Tochter zusammenleben. Sybil willigt spontan ein und geht mit Philip auf sein Anwesen Quarrey in Neuengland. Doch schob bald merkt sie, dass ihr Entschluss übereilt war. Philip wünscht sich nicht nur, dass sie ihn "Vater" nennt, sondern kleidet sie auch bevorzugt wie ein viel jüngeres Mädchen. Schließlich nennt er sie "Judith", wie seine verstorbene Tochter, die ihr sehr ähnlich gesehen haben muss. Sybil fühlt sich immer unsicherer und eingeengter auf Quarrey ...

Bei Blaubart gabs mehr Grusel

Marion Zimmer Bradley ist hierzulande vor allem für ihre Arthur-Saga "Die Nebel von Avalon" bekannt, aber sie hat auch ein paar typische Romantikthriller geschrieben wie diesen hier. Der kurze Roman hat grundsätzlich durchaus seine Reize, wenn man auf Bücher dieser Art steht: Es ist ein Setting mit viel Potential für Atmosphäre, die traditionelle Gesellschaft um die Jahrhundertwende, das einsame Anwesen in den Wäldern Neuenglands, das unschuldige, naive Mädchen als Hauptfigur. Der Original-Titel "Bluebeard's Daughter" weckt natürlich sofort eine interessante Assoziation mit dem grausamen Märchen, in dem die Ehefrauen reihenweise sterben müssen. Sybil ist zudem eine recht sympathische Figur. Zu Beginn ist sie ein freundliches, naives Mädchen, zwar bereits im heiratsfähigen Alter, aber doch mehr Mädchen als erwachsene Frau. Schon allein dadurch ist dem Leser klar, dass sie mit der Ehe in ihr Unglück schlittert und sehr schnell merkt man auch, dass Philip ein sehr seltsamer Mann ist. Eine recht interessante Nebenfigur ist der treue Diener Tannery, der seinem Herrn zwar ergeben ist, aber als Einziger darauf beharrt, Sybil bei ihrem wirklichen Namen zu nennen und auch in anderen Punkten ihr beisteht. Letztlich ist es auch ein Vorteil, dass sich der Roman auch im englischen Original sehr einfach liest. Die Sprache ist nicht besonders anspruchsvoll, die Sätze sind wie bei einem Jugendroman gehalten.

Aus der Grundidee hätte man etwas machen können, das Potential für Grusel und Spannung ist reichlich vorhanden. Die Umsetzung ist dann aber doch sehr simpel und einfallslos geraten. Schon allein die erste Seite ist sehr ungünstig, denn dort nimmt die Ich-Erzählerin Sybil, die rückblickend die Ereignisse berichtet, viel zu viel von den kommenden Geschehnissen vorweg. Vielleicht soll diese großzügige Andeutung der Ereignisse Neugierde beim Leser wecken, sie ist auf jeden Fall misslungen. Alleine, dass bereits auf den ersten beiden Seiten über Judith geredet wird, ist zu verräterisch. Auch der Umschwung von Philip gerät zu durchsichtig und zu wenig subtil. Anfangs ist er ganz der charmante ältere Herr, ein kluger Mann, sehr verständnisvoll und ein angenehmer Gesprächspartner. Aber schon sehr schnell nach der Heirat bekommt Sybil die andere Seite zu spüren - die jähzornigen Ausbrüche, die Eifersucht, der Zwang, dass Sybil von nun an "Judith" gerufen wird. Anstatt dass sich diese Wandlung langsam vollzieht, geschieht es Schlag auf Schlag.

Gleichzeitig reagiert Sybil hier viel zu naiv. Dass sie den viel älteren Philip heiratet, kann man sogar noch nachvollziehen, schließlich hat sie sich heimlich gewünscht, er möge sie adoptieren und sie will auf keinen Fall in einer richtigen Ehe bei einem der Männer landen, die ihre Tante ihr aussucht. Mit Philip würde sie in einem netten Vater-Tochter-Verhältnis leben, materiell gut versorgt sein und in Ruhe zu einer erwachsenen Frau heranreifen können, so ihre Vorstellung. Aber spätestens als er sie ständig "Judith" nennt, müssten alle Alarmglocken schrillen. Es kommt ihr zwar ein wenig merkwürdig vor, dass er sie wie seine angeblich verstorbene Tochter anspricht, aber sie spielt das Spiel recht gleichmütig mit, ohne sich viele Gedanken zu machen. Das kommt nicht wirklich glaubwürdig rüber. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse und es gibt einige Enthüllungen - die sind zwar teilweise durchaus überraschend, aber zu aufgesetzt und auch zu konstruiert. Vor allem in der zweiten Hälfte ist der Roman sehr trivial und endet recht kitschig.

Fazit:

Ein ziemlich trivialer Romantikthriller, der um 1900 spielt und vor allem dank des schönen Settings mehr hergegeben hätte. Die Grundidee ist nicht übel, das Buch auch sehr leicht lesbar, aber den Charakteren fehlt es an Tiefe, die Handlung ist ziemlich konstruiert und vor allem das Ende ist einfallslos.

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