9. Oktober 2012

Auf höchsten Befehl - Joseph Finder

Produktdetails:

Ausgabe: 1999
Seiten: 361
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Der Autor:

Joseph Finder wurde 1958 in Chicago geboren und lebte mehrere Jahre in Afghanistan und auf den Philippinen. Nach seinem Studium an Harvard und Yale dozierte er am Russian Research Center von Harvard. Als Journalist schrieb er für die großen amerikanischen Zeitungen. Seine Spezialgebiete sind russische und internationale Politik und Geheimdienste. Heute lebt er mit seiner Frau und seiner Tochter in Boston. Weitere Werke sind u.a.: "Goldjunge", "Die Moskau-Connection" und "Die Stunde des Zorns".

Inhalt:


Claire, eine erfolgreiche Anwältin, unterrichtet an Harvard, ist seit drei Jahren glücklich mit Tom Chapmann in zweiter Ehe verheiratet und Mutter einer kleinen Tochter. Eines Tages bricht ihr idyllisches Leben jäh auseinander: Bei einem gemeinsamen Einkaufsbummel verhaften FBI-Agenten ihren Ehemann Tom. Nach kurzer, dramatischer Flucht wird er erneut gefasst und inhaftiert. Claire erfährt, dass sein richtiger Name Ronald Kubik lautet. Vor mehr als dreizehn Jahren soll er als Mitglied einer militärischen Spezialeinheit ohne Einsatzbefehl ein Massaker in einem mittelamerikanischen Dorf angerichtet haben. Dank einer neuen Identität und mehreren Gesichtsoperationen gelang ihm die Flucht, bis er jetzt durch einen Zufall überführt werden konnte.

Tom bestätigt Claire seine Vergangenheit als militärischer Undercover-Agent. Er beteuert jedoch, an dem Massaker unschuldig zu sein. Stattdessen nutze die Army ihn als Sündenbock, um einen Schuldigen für das grausame Verbrechen zu haben und seinen damaligen Vorgesetzten zu schützen.

Claire weiß nicht, was sie glauben soll. Ist ihr Mann, der ihr sein früheres Leben bis eben verschwiegen hat, tatsächlich ein kaltblütiger Killer? Oder hat er Recht und Tom ist Opfer einer perfiden Intrige, in die höchste Militärkreise verwickelt sind? Trotz ihrer Zweifel übernimmt Claire Toms Verteidigung. Gemeinsam mit dem Ex-Militäranwalt Grimes und dem unerfahrenen, aber engagierten Pflichtverteidiger der Army Terry Embry versucht sie alles, um die Unschuld ihres Mannes zu beweisen. Dabei scheint ein Sieg fast aussichtslos: Alle möglichen Zeugen für Toms Version sind untergetaucht oder verstorben, Claires Haus wird von Wanzen überwacht und sogar vor einem Mordanschlag schrecken ihre Gegner nicht zurück ...

Wahrheit oder Intrige?


Unschuld oder Verschwörung, was steckt wirklich hinter Toms Vergangenheit? Nicht nur seine Ehefrau Claire wird auf eine rasante Jagd nach der Wahrheit geschickt, auch der Leser muss sich immer wieder fragen, wessen Seite er Glauben schenkt ...

Gefühlsmäßige Achterbahnfahrt


Da ist zum einen der sympathische Tom, mit dem Claire bis vor kurzem eine unbeschwerte und glückliche Ehe führte und der sich rührend um seine Stieftochter Annie kümmerte. Und zum anderen gibt es die ungeheuerlichen Vorwürfe, die aus Tom einen abgebrühten Mörder machen. Claire scheint es unglaublich, dass der liebevolle Mann an ihrer Seite zu so einer Tat fähig sein sollte. Andererseits hat er jahrelang seine wahre Identität verschwiegen - warum sollte sie ihm jetzt glauben können? Es scheint keine Möglichkeit zu geben, sich endgültig Klarheit zu verschaffen. So wird beispielsweise ein Lügendetektortest zu Hilfe gezogen. Doch kaum ist das Ergebnis da, hat die Gegenseite einen Sachverständigen parat, der bestätigt, dass Tom alias Ronald im Verlauf seiner Ausbildung auf das Manipulieren eines solchen Testes trainiert wurde.

So hin- und hergerissen wie sich die Hauptfigur präsentiert empfindet auch der Leser. Dadurch wird unweigerlich eine hohe Spannung aufgebaut, denn jedes Ende scheint denkbar. Der Autor geizt auch nicht mit überraschenden Wendungen, die den Prozess immer wieder in verschiedenen Richtungen kippen lassen.
Allerdings übertreibt Finder es vor allem gegen Ende ein wenig mit dieser Wechselhaftigkeit. Es hat den Anschein, als habe er sich immer wieder selber übertrumpfen wollen mit einer noch spektakuläreren Enthüllung. Mal sind es neue Details aus Toms Vergangenheit und mal schmutzige Lügen von der Gegnerseite. Unverhoffte Zeugen tauchen auf, andere ebenso unverhofft unter und auch das Gericht spart nicht an unberechenbaren Bestimmungen. Und natürlich fehlt auch nicht der unvermeidliche anonyme Informant, der Claire mit nächtlichen Anrufen aus dem Schlaf reißt. Auf den letzten Seiten überschlagen sich die Ereignisse dann wie erwartet mit einer derartigen Heftigkeit, dass hier die Geduld des Lesers arg auf die Probe gestellt wird. Versöhnlich ist dafür, dass der Schluss ins Gesamtkonzept passt und nicht mit einem ärgerlichen Deus ex machina, sprich einem völlig aus der Luft gegriffenen Lösung, aufwartet. Im Gegenteil: Trotz aller Wendungen tritt am Ende doch die Pointe ein, die dem Leser insgesamt am wahrscheinlichsten erscheint und immer schon erschien.

Stärken und Schwächen bei den Figuren

Die Stärken in den Charakterisierungen der Hauptfiguren liegt eindeutig in der Sympathie, die der Leser für sie empfindet. Claire erscheint als starke Persönlichkeit, deren Leben von einer Sekunde auf die anderen aus den Fugen gerissen wird. Verzweifelt muss sie mitansehen, wie ihrem Mann entweder eine lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe drohen, wenn es ihr nicht gelingt, seine Unschuld zu beweisen. Allein ihr zuliebe wünscht man dem Roman einen guten Ausgang und einen Beweis für Toms Unschuld. Allerdings geht ihre Stärke auch mit mangelndem Realismus einher. Trotz dieser Katastrophe gestattet sich Claire keinen Zusammenbruch, wie es wohl bei so ziemlich jeder anderen Frau der Fall wäre. Das gilt vor allem für den Anfang der Geschichte, als Tom noch vor dem FBI auf der Flucht ist und Claire trotz ihrer Unsicherheit, ob er überhaupt noch lebt, ihr normales Leben so gut es geht aufrecht erhält.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Humorvolle Dialoge sind normalerweise ein Gewinn für jeden Roman. Angesichts der dramatischen Lage der Figuren ist es hier jedoch eher unangebracht, dass sie sich trotz allem immer wieder ironische Bemerkungen erlauben. Spitzenreiter in dieser Beziehung ist Claires Co-Anwalt Charles Grimes, der den Zynismus für sich gepachtet hat. Sein Gerechtigkeitssinn und sein Sarkasmus machen ihn zwar einerseits zu einem sympathischen Charakter. Andererseits erscheint es doch unrealistisch, wenn er sich sogar unmittelbar nach dem Lügendetektortest seines Mandanten zu einem witzig gemeinten "Nun? Ist er ein verlogener Schweinehund?" gegenüber dem Gutachter hinreißen lässt. Egal wie ernst die Lage gerade ist, Grimes lässt keine Gelegenheit zu einem schlechten Scherz aus und stellt damit manchmal nicht nur die Geduld seiner Kollegen, sondern auch die des Lesers auf die Probe.

Nicht nur für Experten


Sehr angenehm bei diesem Roman ist, dass man keine besonderen Vorkenntnisse in Sachen Justiz oder Army benötigt, um der Handlung folgen zu können. Die nicht übermäßig zahlreichen Fachausdrücke werden erklärt. Claire ist zwar eine brillante Anwältin, aber kein Spezialist auf militärischem Gebiet, so dass ihr Co-Anwalt ihr mit Hinweisen und Erklärungen zur Seite stehen muss. Geschickterweise werden dadurch sowohl Claire als auch dem Leser die nötigen Informationen über das System vermittelt.

Auch die Sprache ist einfach zu lesen und stellt keine besonderen Anforderungen an den Leser. Trotz gewisser Mängel ergibt sich unterm Strich eine unterhaltsame Lektüre für Fans von Justiz- und Militärthrillern. Wer sich bei Filmen wie "Im Namen der Ehre" und Autoren wie John Grisham und David Baldacci gut aufgehoben fühlt, der wird auch mit "Auf höchsten Befehl" gut bedient sein.

Fazit:

Unterhaltsamer und vor allem im Mittelteil fesselnder Thriller über Wahrheit und Verschwörungen in der Army. Der Gesamteindruck wird durch ein paar übertriebene Wendungen, vor allem gegen Schluss, ein wenig getrübt. Dennoch empfiehlt sich dieser leicht zu lesende Roman vor allem für Freunde von Spannungsliteratur à la Grisham oder Baldacci.

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