15. September 2012

Kurze Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs - Giampiero Carocci

Produktinfos:

Ausgabe: 1997
Seiten: 154
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Der Autor:

Giampiero Carocci wurde 1919 in Florenz geboren. Er studierte Literatur, Geschichte und Philosophie und arbeitete als Journalist, später als Dozent an der Universität von Rom.

Inhalt:

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sorgt die einsetzende Industrialisierung für einen Aufschwung im Norden. Im Süden dagegen bleibt die Baumwolle das zentrale Element, die Neuerungen erreichen das Land kaum. Die Sklaverei ist seit 1815 untrennbar mit der Produktion der Baumwolle verbunden. Im Norden leben die Schwarzen frei, werden allerdings häufig diskriminiert. Bei jeder neuen Aufnahme eines Staates in die Union gibt es Konflikte über die Frage, ob er zu den Sklaven- oder den freien Staaten gehören soll. 1820 einigt man sich auf den Missouri-Kompromiss, laut dem in Zukunft die Sklaverei aber nur noch südlich von Missouri erlaubt werden soll. In den dreißiger Jahren werden zahlreiche Bewegungen der Abolitionisten, die radikal gegen die Sklaverei plädieren, aktiv.

1854 kommt es zur Eskalation, als Senator Stephen A. Douglas den Vorschlag durchsetzt, Nebraska und Kansas als Territorien aufzunehmen, deren Bevölkerung selber über die Sklavenfrage kann. Damit wird der Missouri-Kompromiss für nichtig erklärt. Aus Teilen der Demokraten und der Whigs entsteht die neue Republikanische Partei. Abraham Lincoln tritt ihr bei. Obwohl er die radikalen Maßnahmen der Abolitionisten nicht unterstützt, setzt er sich gegen die Sklaverei ein. Sein wichtigster Punkt ist die Beibehaltung der Union. Als Lincoln 1860 zum Präsidenten der USA gewählt wird, tritt kurz darauf South Carolina aus Protest aus der Union aus, es folgen sechs weitere Staaten, später noch mal vier, die sich zur Konföderation zusammenschließen und Jefferson Davis zu ihrem eigenen Präsidenten wählen.

Der Krieg beginnt mit dem Beschuss von Fort Sumter bei South Carolina am 12. April 1861 von den Konföderierten. Beide Seiten unterschätzen vollkommen das drohende Ausmaß. Während der Norden aufgrund der materiellen und zahlenmäßigen Überlegenheit auf ein schnelles Ende baut, setzt der Süden auf seinen Stolz, die besseren Offiziere und die größere Erfahrung mit Waffen und Pferden. Der Einsatz von neuartigen Technologien ruft einen sehr modern geführten Krieg hervor, der gleichzeitig auch der mit Abstand verlustreichste Krieg der USA wird. Bis zur Schlacht von Gettysburg liegen die Vorteile bei den Konföderierten. Im Juli 1862 kommt es am Fluss Bull Run zu einer offenen Schlacht, in der überraschend der Norden sensationell besiegt wird. Der Norden erringt einen Teilerfolg bei Tennessee unter General Grant und die Kontrolle über den Mississippi durch die Eroberung Vicksburgs, dennoch dominiert überwiegend der Süden. 1862 erklärt Lincoln unter dem öffentlichen Druck die Abschaffung der Sklaverei als offizielles Kriegsziel und sichert sich somit die Sympathien aus Europa.

1863 ist das Jahr der Wende. Bei der dreitägigen Schlacht in Gettysburg in Pennsylvania verlieren die Konföderierten 4000 Mann und können sich von dieser Niederlage nicht mehr erholen. Die Union erobert mit Chattanooga die Kontrolle über den Tennessee und einen Eisenbahnknotenpunkt, General Sherman marschiert 1864 Richtung Atlantikküste und hinterlässt ein Feld der Verwüstung, das die Südstaatler endgültig demoralisiert. Fast vier Jahre nach dem Ausbruch kapituliert General Lee bei Appotomax. Wenige Tage nach der Kapitulation wird Abraham Lincoln im Theater von John Wilkes Booth erschossen. Der Tod des neuen Hoffnungsträgers ist eine nationale Tragödie. 1867 entsteht der berüchtigte rassistische Ku-Klux-Klan. Der Süden ist fast vollständig zerstört. Weder Präsident Andrew Johnson noch sein Nachfolger Präsident Grant besitzen das Vermögen, eine richtige Ordnung durchzusetzen. Nur in den ersten Jahren werden Verbesserungen für die schwarze Bevölkerung durchgeführt, u.a. der Aufbau eines kostenlosen Bildungswesen, wirkliche Autonomie gewinnen sie aber trotz der Freiheit nicht.

Bewertung:

Der amerikanische Bürgerkrieg ist auch 150 Jahre nach seinem Abschluss ein beliebtes Thema für Literatur und Film, unsterblich natürlich alleine durch Margaret Mitchells "Vom Winde verweht" sowie die berühmte Verfilmung und die Serie "Fackeln im Sturm". Auch die Geschichte der Afro-Amerikaner ist ganz eng mit diesen Ereignissen verknüpft und auch für die, die sich nicht gezwungenermaßen mit dem Stoff befassen müssen, lohnt sich eine Auseinandersetzung mit diesem komplexen Thema - vor allem, da die Sklaverei, die man heute meist als Hauptursache für den Ausbruch annimmt, zunächst eher eine untergeordnete Rolle spielte.

~ Guter Einstieg für Laien ~

Caroccis Einführungswerk setzt so gut wie keine Vorkenntnisse voraus. Mehr oder weniger chronologisch arbeitet er sich von Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Zeit des Bürgerkriegs vor und gibt eine übersichtliche Darstellung der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ereignisse, die alle zusammen zur Sezession führten. Er beschreibt die sozialen Zustände des stolzen Südens und macht dem Leser begreiflich, wie es dazu kommen konnte, dass ein so menschenunwürdiger Zustand wie die Sklaverei dort als selbstverständlich gesehen wurde. Angenehmerweise verfällt er in diesem Punkt nicht in Schwarz-Weiß-Malerei, sondern betont vielmehr, dass Rassismus gegen die Schwarzen im Norden der USA nicht weniger ausgeprägt war. Teilweise lebten die Sklaven auf den Plantagen unter besseren Umständen als die Lohnarbeiters des Nordens und die schwarzen Bürger der Nordstaaten waren zwar offiziell frei, wurden aber grundsätzlich diskriminiert. Auf diese Weise räumt der Autor auf mit dem verbreiteten Vorurteil, die Nordstaaten hätten ausschließlich oder auch nur größtenteils aus Abolitionisten bestanden, die die Sklaverei verabscheuten. Stattdessen empörte man sich dort nicht über die Behandlung der Schwarzen auf den Plantagen, sondern über die Eigenmächtigkeit der Südstaaten, über die Distanzierung vom Zusammenhalt der Union, die letztlich das ganze Land in einen fragilen Zustand versetzte.

Zu den zentralen Persönlichkeiten, etwa Stephen A. Douglas, Abraham Lincoln, die Generäle Robert E. Lee und Ulysses Grant, liefert Carocci kurze biographische Informationen. Auch an Bildern wird nicht gespart, sondern etwa alle vier Seiten findet sich eine schwarz-weiße Abbildung, entweder eines Politikers, eines Kriegsschauplatzes, einer Landkarte oder von Sklaven, um wenigstens eine kleine bildliche Vorstellung zu vermitteln. Carocci setzt auch hin und wieder Zahlen ein, um die Zustände zu verdeutlichen, aber stets in gemäßigter Form, sodass man nicht überschüttet wird. Beispielsweise unterstreicht er die kulturellen Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden, indem er einen Vergleich um 1850 zwischen den Staaten Arkansas (Süden) und Michigan (Norden) ansetzt: Zu dieser Zeit existierten 13 Mal mehr Schüler in Michigan, es gab halb so viele Analphabeten und 280 Bibliotheken gegenüber einer einzigen in Arkansas. Wem selbst noch die kompakten 150 Seiten Zusammenfassung der Ereignisse zu ausschweifend ist, der findet im Anhang eine Zeittafel, auf der mit Jahreszahl und Stichwort die wichtigsten Stationen von 1808 bis 1877 festgehalten sind.

~ Eine Reihe kleiner Mängel ~

Bedauerlicherweise hat sich ein glatter Fehler in das Werk eingeschlichen. Sowohl in der Zeittafel als auch im Text schreibt der Autor, dass sich Lincoln 1858 gegen seinen Konkurrenten Douglas bei der Wahl um das Senatorenamt durchsetzen konnte. Dies stimmt allerdings nicht. Lincolns Reden während es Wahlkampfes machten ihn zwar national berühmt, zum Sieg reichte es dennoch nicht. Des Weiteren ist die Zeittafel im Anhang nicht optimal aufbereitet, bei den Schlachten fehlt nämlich jeweils die Angabe, ob die Union oder die Konföderierten sie gewonnen haben. Auch wenn das in manchen Fällen nicht eindeutig zu sagen ist, hätte man zumindest eine Tendenz oder die Opferzahlen beifügen können, damit man die Bedeutung der Schlacht einordnen kann.

Ein weiterer Punkt ist die teilweise etwas einseitige Betrachtung, was Personen angeht. Der Autor zeichnet ein sehr geschöntes Bild von Abraham Lincoln. Natürlich ist es nur gerechtfertigt, ihn als fähigen Präsidenten und ehrenhaften Menschen darzustellen, aber ganz so groß, wie es hier erscheint, war seine Abneigung gegen die Sklaverei offenbar nicht. Tatsächlich belegen viele andere Historiker, dass Lincoln lange Zeit ein gewisses Verständnis für die Sklavereistaaten hegte und die Union ihm immer wichtiger war als die Freiheit der Schwarzen und er sie den Weißen nicht gleichgestellt sah. Auch General Lee wird als reiner Gegner der Sklaverei dargestellt. Es trifft zwar zu, dass er für einen Südstaatler eine sehr generöse Einstellung vertrat und er nur auf der Seite des Südens kämpfte, um nicht gegen seine Heimat Virginia marschieren zu müssen. Allerdings fehlt hier der Hinweis, dass er seine eigenen Sklaven nicht aus reiner Gutherzigkeit entlassen hatte, wie angemerkt wird, sondern da sie ein Erbe seines Schwiegervaters waren und ihre Freilassung nach einem gewissen Zeitraum testamentarisch verfügt worden war. Der letzte kritische Punkt betrifft die fehlenden Belege und Fußnoten. Carocci nennt etwa ein Zitat eines "kritischen Historikers", führt aber nicht seinen Namen an - wenn schon keine Fußnoten mit Verweis auf das entsprechende Werk existieren, sollten wenigstens die Namen der Historiker, auf die man sich bezieht, genannt werden.

Fazit:

Eine leicht verständliche Einführung in die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs, für die man kaum Hintergrundwissen benötigt. Trotz der kompakten Übersicht gibt es einige Mängel, da manche Personen zu einseitig betrachtet werden, sich ein Fehler eingeschlichen hat, Belege fehlen und die Zeittafel nicht genug Informationen bietet. Daher eignet sich das Werk zwar als Einstieg in die Thematik, sollte aber keinesfalls die einzige Grundlage bleiben.

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