29. September 2012

Bibi und Tina - Der verhexte Wanderritt

Amazon
* * * * *

Inhalt:

Bei einem ihrer Wettreiten treffen Bibi und Tina auf Alexander. Der hat miese Laune, denn sein Cousin Adalbert ist für zwei Wochen zu Besuch auf Schloss Falkenstein. Adalbert ist zwar in ihrem Alter und ein ebenso guter Reiter, doch er ist auch recht angeberisch und hält sich für etwas Besseres. Zum Ärger von Alex beginnt er auch noch, unverhohlen mit Tina zu flirten. Um die Gemüter zu beruhigen, schlägt Bibi einen dreitägigen Wanderritt vor. Die vier wollen tagsüber auf Schatzsuche gehen, in der Hoffnung, irgendetwas Wertvolles zu finden. Übernachtet wird in den Zelten auf der Schlosswiese, damit sich die Erwachsenen keine Sorgen machen.

Am ersten Tag untersuchen sie ein Bachbett. Adalbert hat Glück und entdeckt eine silberne Gürtelschnalle. Auf ihr ist ein Wappen mit einem Raben abgebildet. Alex erinnert sich, dass in der Gegend eine Familie mit den Namen "Rabenhorst" lebte. Die Schatzsuche wäre nun eigentlich beendet, aber Bibi möchte unbedingt das Versteck des Räubers finden, das bis heute verborgen geblieben ist. Zuerst suchen die vier in der nahe gelegenen Höhle. Tatsächlich stoßen sie auf einen geheimen Tunnel, in dem sie ein paar alte Stiefel finden. Zurück im Freien treffen sie auf Graf von Falkenstein, der die Stiefel anhand der Sporen als der Familie Rabenhorst zugehörig erklärt. Er erzählt den Kindern die Geschichte, die dahintersteckt: Vor langer Zeit warb ein Vorfahre der Falkensteins um seine spätere Ehefrau, Gerda von Graz, doch Reuben Rabenhorst bekundete ebenfalls Interesse an ihr. Als sie das nicht erwiderte, entführte er die Frau kurzerhand. Er wurde zwar gefasst, konnte aber fliehen und lebte von da an als Räuber im Wald.

Am Abend unterhalten sich Bibi und die anderen über den Räuber. Vor allem Adalbert bewundert den verwegenen Reuben. Aus lauter Übermut hext Bibi ihm einen Räuberdress und die gefundenen Stiefel an. Plötzlich sieht Adalbert nicht nur aus wie ein Räuber, sondern er verhält sich auch so. Bibi, Tina und Alex halten es anfangs für einen Scherz - doch offenbar hat der Spruch Adalbert wirklich verwandelt. Bibi will ihn zurückhexen - aber es funktioniert nicht! Zu allem Überfluss sind Adalbert und Tina am nächsten Morgen verschwunden, so wie damals der Räuber Rabenhorst und Gerda von Graz. Für Bibi und Alex beginnt eine aufregende Suche nach den beiden ...

Adalbert auf Räuberpfaden

Diese Episode der Bibi und Tina-Reihe vereint so gut wie alle Stärken der Serie und steht in ihrer Überzeugungskraft den frühen Folgen in nichts nach.

~ Abenteuerliche Handlung ~

Da ist zunächst einmal die spannende Story, die ohne Längen zu unterhalten weiß. Ein Wanderritt mit Übernachtungen im Freien, eine Schatzsuche, eine Höhle, ein geheimer Tunnel und eine aufregende Legende - das alles sind abenteuerliche Zutaten, die bei Kindern natürlich besonders gut ankommen. Sicher träumen die meisten der jungen Zuhörer davon, mal einen ähnlichen Ausflug zu unternehmen, und können sich daher bestens mit den vier Reitern identifizieren. Es wird eine wild-romantische Lagerfeuerstimmung heraufbeschworen, in die man sich nur zu gerne mit hineinversetzt. Dazu passt auch die Geschichte vom Räuber Rabenhorst, der unterm Strich nicht als böser Verbrecher dargestellt wird, sondern vielmehr als tollkühn und leidenschaftlich, als ein Verfechter seiner Gefühle. Auch ein klein wenig unheimlich wird es, als sich die vier in die verfallene Höhle begeben, die eigentlich tabu für sie ist. Dort wimmelt es von Fledermäusen, und der geheimnisvolle Tunnelgang sorgt für neue Spannung. Trotzdem brauchen sich auch die ganz jungen Hörer hier nicht zu fürchten, sondern werden sich allenfalls angenehm gruseln. Das ganze Hörspiel über herrscht ein angenehmer Ausgleich zwischen Action und ruhigen Momenten. Keine Sekunde kommt Langeweile auf, dafür sorgen die abwechslungsreichen Ereignisse, die aber nicht zu überhastet daherkommen, sodass man zwischendurch Zeit hat zum Atemholen.

~ Interessanter Nebencharakter ~


Mit Adalbert von Falkenstein kommt ein neuer Nebencharakter ins Spiel, der definitiv ein Gewinn für die Serie ist. Zunächst präsentiert er sich als Angeber, der laut Erzähler bestens zum Namen seines Pferdes, das er "Großmogul" getauft hat, passt. Zunächst ist er tatsächlich alles andere als sympathisch. Deutlich merkt man, dass er sich den anderen überlegen fühlt, und Alex verärgert er zusätzlich, indem er sich an dessen Freundin Tina heranmacht. Allerdings zeigt im Verlauf des Wanderritts, dass Adalbert auch anders kann. Erste Anzeichen äußern sich, als er mit seinem Pferd einen riskanten Sprung wagen will, von dem Bibi die beiden in letzter Sekunde mit einem Hexspruch abhält - und Adalbert damit vor einem Sturz bewahrt. Kleinlaut sieht er sein Unrecht ein und bedankt sich bei Bibi für die Rettung. Hier deutet sich an, dass er nicht ganz so flegelhaft und unverschämt ist, wie man zunächst meint.

Es ist nichts Neues, dass in Kinderhörspielen im Allgemeinen und speziell bei Bibi oder auch Benjamin Blümchen ein anfänglich unsympathischer Charakter sich später doch noch als nett und freundlich entpuppt. Kinder lernen hierdurch, dass sie nicht nur auf den ersten Eindruck vertrauen sollen. Wenn man sich mit seinem Gegenüber Mühe gibt, kann der oft ganz ungeahnte Verhaltensweisen entwickeln. Schön ist dabei vor allem, dass Adalbert keine 180-Grad-Wandlung erfährt, sondern erst nach und nach sympathischer wird, was der Wandlung eine erhöhte Glaubwürdigkeit verleiht.

~ Humor und Hexerei ~


Obwohl ein Hexspruch von Bibi der Auslöser zu dem dramatischen Abenteuer ist, muss die kleine Hexe in dieser Folge weitestgehend ohne hexische Hilfe auskommen. Das liegt daran, dass sie keine Möglichkeit hat, die verschwundene Tina herbeizuhexen, denn dafür muss sie ihren Aufenthaltsort kennen. Ebensowenig funktioniert ein Suchhexspruch, denn dafür braucht sie ihren Besen Kartoffelbrei. Also müssen sie und Alex auf ganz herkömmlichen Weg sich mit den Pferden auf die Suche machen. Das ist wesentlich spannender und interessanter, als wenn Bibi alle Probleme mit einem "Hex hex!" beseitigt, und es erinnert daran, dass auch sie nicht auf ihren gesunden Menschenverstand verzichten darf, weil Hexen nicht immer hilft ...

Trotz aller Aufregung ist natürlich auch wieder für viel Humor gesorgt. Die Stimmung unter den vier Reitern ist über weite Strecken heiter und ausgelassen. Vor allem Tina ist sehr neckisch aufgelegt - kein Wunder, schließlich wird sie gleich von zwei Jungen umschwärmt. Am amüsantesten ist jedoch ihr Spruch, als Adalbert alias der Räuber Rabenhorst sie entführt und sie versucht, ihm klarzumachen, wer er wirklich ist: "Du bist Adalbert! Du hast Pickel, und du nervst!" Leider hat sie keinen Erfolg, wie auch, denn Adalbert ist nun mal verhext, sodass er sich für den Räuber aus der damaligen Zeit hält. Dementsprechend verwirrt ihn auch die Umgebung, und der Mühlenhofbauer auf dem Traktor scheint auf einem "Monster" zu reiten. Angepasst an die frühere Zeit, in der Adalbert zu sein glaubt, ist auch seine Sprache, und Tina ist für ihn die "holde Maid", auch wenn sich die Entführte nicht besonders "hold" aufführt.

~ Nur minimale Mankos ~

Die Geschichte ist insgesamt so unterhaltsam und gut gemacht, dass es nur wenig zu kritisieren gibt. Eine kleine Schwäche ist vielleicht, dass Bibi für fast alle Ereignisse verantwortlich zeichnet. Durch die Hexereien steht sie sowieso immer im Mittelpunkt, deshalb ist es unnötig, dass sie auch den Vorschlag zum Wanderritt macht, dass sie dafür plädiert, nach dem Versteck des Räubers zu suchen, und dass sie in der Höhle den geheimen Gang entdeckt. Um der Ausgewogenheit willen wäre es nett gewesen, wenn hier Tina und vor allem Alex ein bisschen mehr beteiligt gewesen wären.

Für die ganz jungen Hörer könnte enttäuschend sein, dass diesmal die Pferde nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Da die Handlung nicht auf dem Martinshof spielt, kommen die niedlichen Ponys Max und Moritz überhaupt nicht vor. Auch die restlichen Pferde treten im Grunde nur als Reittiere in Erscheinung. Auf der anderen Seite bedeutet das, dass die Folge, die ja sowieso sehr abenteuerlich gestaltet ist, auch für den einen oder anderen Jungen interessant sein könnte. Ein wenig schade ist, dass zwar der Graf von Falkenstein, aber dafür nicht Frau Martin mitspielen, die ja sonst in so gut wie jeder Folge in Erscheinung tritt. Und obwohl die Handlung sehr gelungen ist, kann man eine leichte Parallele zur Bibi-Blocksberg-Folge "Bibi als Prinzessin" erkennen. In jener Episode sind es Bibi und ihre Freundin Moni selbst, die als Prinzessinnen in eine andere Zeit verhext werden und durch ein Missgeschick ins heutige Neustadt gelangen, wo sie sich, immer noch im Glauben, sie gehörten in ein früheres Jahrhundert, ebenso verwirrt fühlen wie Adalbert in der Rolle des Räubers Rabenhorst. Allerdings sind diese Ähnlichkeiten zu vernachlässigen, von einer Kopie kann keine Rede sein - im Gegenzug zu so manch anderer Bibi-und-Tina-Folge, die sich an früheren Episoden bediente.

Sicherlich hätte man die Dramatik der Handlung noch ein wenig steigern können. Adalbert hat zwar Tina entführt, aber eigentlich ist von vornherein klar, dass er ihr nichts Schlimmes antun will, schließlich hat auch Reuben Rabenhorst damals nichts Böses vorgehabt. Man hätte sich eventuell noch irgendeine zusätzliche Gefahr für Adalbert und Tina ausdenken können. Möglichkeiten gäbe es dafür genug, beispielsweise, dass sich die beiden im Wald verlaufen oder dass Adalbert irgendeine Bedrohung aus der neumodischen Welt wie einen Zug oder ein Auto nicht als solche erkennt. Aber alle Kritikpunkte sind nur minimal und täuschen nicht darüber hinweg, dass es sich hier um eine sehr gelungene Folge handelt.

~ Gute Sprecher ~

Mit den Sprecher kann man insgesamt sehr zufrieden sein. Den einzigen Wermutstropfen bildet der Erzähler Gunter Schoß, der sich zwar redlich Mühe gibt, aber den verstorbenen Erzähler Joachim Nottke nicht ersetzen kann. Man gewöhnt sich langsam an Schoß, aber seine Stimme bleibt trotzdem eher unangenehm heiser, sodass man ihm nicht so gerne zuhört wie Nottke. Gut ist allerdings, dass auch bei ihm der Erzähler nicht allwissend ist, so auch nicht auf Anhieb weiß, wohin Tina und Adalbert in der Nacht verschwunden sind. Der Sprecher von Adalbert, Dennis Schmidt-Foß, stammt aus einer berühmten Synchronisationsfamilie, populär sind auch seine Brüder Florian und vor allem Gerrit. Auch Dennis Schmidt-Foß hatte bereits in vielen Hörspielen Auftritte, übernahm dabei unter anderem die neue Rolle von "Jan Tenner". Neben diversen Filmrollen war er auch für die Synchronisation von Freddy Prince jr. zuständig. Seine Stimme passt gut zum anfangs arroganten Adalbert, hat allerdings das kleine Manko, dass er ihn deutlich älter klingen lässt als Adalberts Cousin Alexander, obwohl die beiden Charakter etwa im gleichen Alter sind.

Fazit:

Nach einigen eher schwächeren Episoden mal wieder eine rundum gelungene Bibi-und-Tina-Folge, die viel Spannung, Humor und eine schöne Lehre bietet. Mit Adalbert kommt ein interessanter Nebencharakter ins Spiel, und Bibis Hexereien sorgen für ein wild-romantisches Abenteuer fernab vom Martinshof an Schauplätzen wie Wald und Höhle, das sicher auch männlichen Hörern gefallen dürfte.

Sprechernamen:


Bibi Blocksberg: Susanna Bonasewicz
Tina Martin: Dorette Hugo
Alexander: Sven-Jürgen Hasper
Adalbert: Dennis Schmidt-Foss
Graf von Falkenstein: Eberhardt Prüter
Erzähler: Gunter Schoß

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.