11. September 2012

Die Insel der tausend Quellen - Sarah Lark

Produktfakten:

Ausgabe: 2011, Bastei Lübbe
Seiten: 704
Amazon
* * * * *

Die Autorin:

Sarah Lark heißt eigentlich Christiane Gohl und wurde 1958 geboren. Sie arbeitete als Journalistin und züchtet Pferde. Unter ihrem richtigen Namen schreibt sie Kinder- und Jugendbücher, unter Sarah Lark und Ricarda Jordan Historienromane. bekannte Werke sind Das Lied der Maori, Der Ruf des Kiwis und Im Schatten des Kauribaums.

Inhalt:


London, 1732: Die siebzehnjährige Nora Reed ist das einzige Kind des reichen, verwitweten Kaufmanns Thomas Reed und wächst in behüteten Verhältnissen auf. Als kluge und attraktive junge Frau wäre sie eine ideale Partie für zahlreiche Gentlemen der Londoner Gesellschaft - doch sie liebt den verarmten Adligen Simon Greenborough, der als Schreiber im Kontor von Noras Vater arbeitet. Nora hofft, dass ihr Vater, der Zuckerrohr, Tabak und Baumwolle importiert, in den Kolonien eine Zweigstelle eröffnet und dass sie und Simon dort leben können. Mr. Reed ahnt lange nichts von der heimlichen Liebschaft, bis Simon um Noras Hand bittet, was er rundheraus ablehnt.

Wenig später stirbt Simon an Schwindsucht und Nora ist verzweifelt. Auch zwei Jahre nach seinem Tod kann sie ihren Liebsten nicht vergessen. Noch immer träumt sie oft von den Kolonien, wo sie mit Simon leben wollte. Schließlich geht sie eine Vernunftehe mit dem deutlich älteren Zuckerrohrpflanzer Elias Fortnam ein und geht mit ihm auf dessen Plantage nach Jamaika.

Nora verliebt sich sofort in das Land und fühlt sich in diesem neuen exotischen Leben wohl. Allerdings hat sie große Probleme mit der Sklaverei und ist entsetzt über die Bedingungen, unter denen die Sklaven leben. So gut es geht bemüht sie sich, ihnen das Los zu erleichtern - doch sie merkt mehr und mehr, dass ihr Ehemann wenig Verständnis für das Schicksal der Sklaven zeigt. Unterstützung erhält sie dagegen von Elias' erwachsenem Sohn Douglas, der nach seinem Studium in Europa nach Jamaika heimkehrt. Und gegen ihren Willen fühlt sich Nora auch zu ihm hingezogen ...

Bewertung:


Bislang galt die deutsche Autorin mit dem Pseudonym Sarah Lark als Spezialistin für Neuseeland-Romane, hier widmet sie sich einem Kapitel der Geschichte Jamaikas. Es sei vorweggenommen, dass es sich hier in erster Linie um einen Liebesroman handelt, der in eine historische Kulisse versetzt wird - es ist kein sonderlich tiefgründiges Werk und gerade der historische Aspekt bleibt eher an der Oberfläche. Ist man damit aber zufrieden, erwartet den Leser eine durchaus kurzweilige und spannende Lektüre.

Sehr angenehm ist, dass es kein komplett striktes Schwarz-Weiß-Schema bei den Charakteren gibt - ausgenommen Nora natürlich, die durchweg eine Sympathiefigur ist. Elias Fortnam ist anfangs durchaus kein unangenehmer Zeitgenosse. Er macht sich keine Illusionen darüber, dass Nora ihn lieben könnte, er drängt zu ihrer Erleichterung nicht sofort auf Kinder und sie teilen beide die Liebe zu Jamaika bzw den Ländern der Kolonien im Allgemeinen - und es scheint daher zunächst nicht ausgeschlossen, dass sie auf einer freundschaftlichen Ebene verbunden sein können. Auf Jamaika allerdings zeigt Elias auch seine unangenehmen Seiten, bis man schließlich kaum anders kann als ihn zu hassen. Eine sehr reizvolle Figur ist das Sklavenmädchen Máanu, das Noras persönliche Zofe wird. Máanu ist anfangs sehr verstockt und mürrisch und zeigt offen ihren Hass gegenüber den Weißen. Nora gelingt es nach und nach, das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen und zu zeigen, dass sie ganz anders denkt als die allermeisten Weißen auf Jamaika.

Dann jedoch interpretiert Máanu eine Situation falsch und fühlt sich von ihrer Herrin verraten, Nora wiederum ahnt nicht, was Máanu heimlich gesehen hat und glaubt - daraus ergibt sich die spannende Frage, ob sich Máanu für den angeblichen Verrat rächen wird. Dann ist da noch der Feldsklave Akwasi, als Kind für Doug wie ein Bruder, ehe er sich von seinem weißen Freund verraten fühlte. Akwasi verliebt sich auf den ersten Blick unsterblich in Nora und verzweifelt an diesen verbotenen Gefühlen. Auch hier ist nicht gleich zu Beginn festgelegt, wie sich das Verhältnis zwischen Akwasi und Nora entwickeln wird, ob Akwasi irgendwann Vernunft zeigt oder ob er seine Gefühle mit Gewalt
durchsetzen will.

An Dramatik wird in der Handlung gewiss nicht gespart. Die ersten hundert Seiten widmen sich zunächst Noras Leben in London und ihrer Liebe zu Simon. Es ist sehr anrührend, wie die beiden Liebenden naiv von einer Zukunft unter Palmen in den Kolonien träumen und wie vor allem Nora nicht davon abzubringen ist, dass ihr Vater die Einwilligung früher oder später geben wird. Als Simon erkrankt, reißt Nora von zuhause aus und pflegt ihn in seiner ärmlichen Kammer bis zu seinem Tod - diese Szenen lassen wohl kaum jemanden kalt.

Die historischen Darstellungen werden etwas vereinfacht dargestellt, dennoch bietet der Roman recht gelungene Einblicke in die Sklaverei im 18. Jahrhundert. Interessant ist vor allem, dass sich immer wieder zeigt, dass die Sklaven selbst untereinander alles andere als homogen sind. Nora begreift, was sie vorher nicht bedacht hat nämlich dass Afrika ein gewaltiger Kontinent mit zahlreichen verschiedenen Staaten ist und die Sklaven daher aus unterschiedlichen Regionen und Stämmen stammen. Sie sprechen daher verschiedene Sprachen und können sich meist nur über das gebrochene Pidgin-Englisch verständigen, auch ihre Religionen und Bräuche unterscheiden sich teilweise stark. Das gemeinsame Schicksal, aus Afrika verschleppt worden zu sein, garantiert keine Bindung, auch unter den Sklaven gibt es Rivalitäten und Meinungsverschiedenheiten. Nora wird vor allem mit den Dogon und den Aschanti konfrontiert und immer wieder muss sie Unterschiede in deren Lebenseinstellungen und Kulturen feststellen.

Eine herausstechende Schwäche gibt es zwar nicht, dafür mehrere kleinere. Beispielsweise gibt es eine Wendung, die der Leser schon weit vor der Enthüllung erahnt und bei der vor allem Nora zu naiv erscheint und trotz aller Indizien überrascht wird. Manchmal stören die Zeitsprünge von bis zu mehreren Jahren, die die Handlung etwas oberflächlich machen, weil dementsprechend viele Ereignisse nur kurz zusammengefasst erzählt werden. An manchen Stellen spielt der Zufall ein bisschen zu sehr hinein und der gesamte Roman wirkt ein bisschen unrealistisch, zu dramatisch an anderen Stellen und zu einfach und vorhersehbar lösen sich dann wiederum andere Begebenheiten. Wenn die Erwartungen aber nicht zu hochgesteckt sind, ist er sehr unterhaltsam und macht durchaus neugierig auf den Nachfolgeband.

Fazit:

Ein kurzweiliger Roman, der ins Jamaika des 18. Jahrhunderts entführt und gut zu unterhalten versteht. Die weibliche Hauptfigur ist sympathisch, die Handlung hat keine Längen, ist teils spannend und teils bewegend, dabei flüssig geschrieben. Allerdings ist der Roman nicht besonders tiefgründig und manchmal zu naiv und vorhersehbar.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.