15. September 2012

Ulrike, das schwarze Schaf im Internat - Marie Louise Fischer

Produktinfos:

Ausgabe: 1964
Seiten: 142
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Die Autorin:

Marie-Louise Fischer, 1922-2005, zählt zu den bekanntesten Autorinnen Deutschlands. Sie studierte zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, ehe sie als Dramaturgin in Prag arbeitete. Mit 29 Jahren erschien ihr erster Roman. Seitdem verfasste sie mehr als hundert Bücher, vorwiegend Gesellschafts- und Frauenromane. Vor allem ihre meist mehrbändigen Mädchenromane wurden zu Klassikern innerhalb der Jugendbuchliteratur, z.B. die Reihen "Ulrike", "Klaudia" und "Michaela".

Inhalt:


Nachdem sich Ulrike anfangs gar nicht wohl im Internat fühlte, hat sie sich inzwischen recht gut in Hartenstein eingelebt. Mit ihrer langjährigen Nachbarin Gaby verbindet sie mittlerweile eine Freundschaft. Besonderen Auftrieb erhält Ulrike durch ihre neue Tätigkeit bei der Schülerzeitung, dem "Hartensteiner Boten" und es schmeichelt ihr sehr, dass die älteren Mädchen der Redaktion große Stücke auf sie halten. Als Reporterin des "Boten" hat Ulrike freien Zugang zu allen Kursen und Veranstaltungen, um darüber zu berichten. Dabei spart sie nicht mit scharfer Kritik und äußert sich meist überheblich und spöttisch.

Zum ersten Streit kommt es mit Katja Kramer, als Ulrike den bemühten Zeichenkurs verreißt. Für Ablenkung sorgt aber zunächst die Ankündigung der Skiferien, zu denen rund zwanzig Schülerinnen mit Fräulein Faust teilnehmen können. Die unsportliche Ulrike hat keine Lust, soll jedoch in ihrer Eigenschaft als Reporterin mitfahren. Der Skiurlaub wird für Ulrike und Gaby zu einem lustigen, aber auch anstrengenden Abenteuer.

Zurück in Hartenstein fährt Ulrike mit ihren bösen Kritiken fort. Zum Eklat kommt es, als Ulrike nach der Premiere das liebevoll gestaltete Theaterstück verreißt. Von den einen wird sie für ihren Mut bejubelt, von den anderen für ihre Arroganz verachtet. Ulrike ahnt noch nicht, dass die Theatermitglieder einen bösen Racheplan durchführen wollen ...

Bewertung:

Im ersten Band war Ulrike noch ein Neuling im Internat, eine störrische Einzelgängerin, die mit Gleichaltrigen nichts anfangen konnte, nachdem sie zwei Jahre lang mit ihren jungen Tanten zusammenlebte. Der erste Band ist hilfreich zum Verständnis der Lektüre, aber kein Muss, denn auf den ersten Seiten werden die vergangenen Monate noch einmal im Schnelldurchlauf einführend zusammengefasst. Ulrike kehrt gerne ins Internat zurück und hat in Gaby eine Freundin gefunden - aber ihre herablassende Art ist sie noch nicht ganz losgeworden. Ihre neue Reportertätigkeit, angeregt durch Katja Kramer, die ernste Zimmerverantwortliche, verschafft ihr zunächst Anerkennung und Freude, läuft aber mehr und mehr aus dem Ruder.

Ulrike fällt zurück in alte Fehler, fühlt sich überlegen und kümmert sich in ihren bissigen Reportagen wenig um die Gefühle ihrer Kameradinnen. Gabys Freundschaft und der Respekt der älteren Redaktionsmitglieder genügen ihr, die Anfeindungen der anderen Hartensteinerinnen ignoriert sie zunächst. Als sie jedoch das Theaterstück heftig kritisiert, schlägt ihr ein schärferer Wind entgegen. Ulrike muss erfahren, dass ausgerechnet das Theater das Herzstück des Internats ist und die Aufführungen eine beliebte Tradition sind, die bisher nur gelobt wurde. Ulrike ist die Erste, die sich spöttisch äußert und auch wenn sie teilweise den Kern dabei trifft, sorgt ihr Ton nur für Empörung. In einer schmerzhaften Lektion lernt sie, dass zur Kritik auch ein Fingerspitzengefühl gehört und man seine Worte überdenken sollte, ehe man sie ausspricht. Mit Ulrike begreifen auch die Leser, dass man sich nicht als etwas Besseres fühlen sollte und Kritik dazu da ist, Verbesserungsvorschläge zu machen und nicht andere zu demotivieren. Wie schon nach dem ersten Band wird Ulrike ein klein wenig reifer durch die Ereignisse und spürt immer mehr, dass sie dauerhaft nach Hartenstein gehört.

Eine sehr amüsante und spannende Zwischenepisode bildet der Ausflug ins Skilager. Ulrike hat zunächst gar keine Ambitionen, ist doch Sport das einzige Fach, in dem sie nicht glänzen kann und dem strengen Fräulein Faust alias "Gretchen" will sie gerne mal zwei Wochen entgehen - doch die Redakteurin Traudel zwingt sie freundlich dazu, an der Fahrt teilzunehmen. Die verwöhnte Ulrike hofft natürlich auf eine Luxusunterkunft, die sich zu ihrem Entsetzen als spartanische Blockhütte ohne Strom und fließendes Wasser entpuppt. Auch die ersten Tage auf Skiern sind eine Qual und ein heimlicher Ausflug ins Dorf endet mit einer seltsamen Begegnung mit einem jungen Mann, der später noch eine wichtige Rolle spielt und einer waghalsigen Abfahrt vom Grainer Joch.

Schwächen gibt es nicht viele, sieht man mal davon ab, dass die Handlung im Skilager mit einigen Zufällen gespickt ist, die das Ganze witziger machen. Wie im ersten Band ist Ulrike nicht ganz realistisch geraten, man mag kaum glauben, dass sie mit zwölf Jahren schon so wortgewandt ist. Vor allem die Auszüge aus ihren Schülerzeitungsartikeln klingen sehr forsch für ein Mädchen ihres Alters und sind einfach ein bisschen zu dick aufgetragen. Nicht ganz glaubwürdig ist auch, dass wirklich keines der anderen Mädchen sich über die Zustände in der Skihütte beklagt. Die Mädchen müssen immerhin auf Strohmatratzen in einem Raum schlafen und es gibt nur einen Ofen, den sie selbst mit Holz zu versorgen haben, aber alle scheinen davon begeistert zu sein - schwer vorstellbar, dass eine Klasse tatsächlich so reagiert.

Fazit:


Die gelungene Fortsetzung der Ulrike-Reihe, die sich besonders für Mädchen zwischen zehn und vierzehn Jahren eignet. Die Handlung ist lehrreich und lustig zugleich und abgesehen von kleinen Schwächen durchweg unterhaltsam.

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