6. Dezember 2014

Röslein stach - Susanne Mischke

Produktinfos:

Ausgabe: 2012
Seiten: 384
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Die Autorin:

Susanne Mischke, Jahrgang 1960, studierte zunächst BWL und arbeitete u.a. als Journalistin und Schauspielerin, ehe sie 1994 ihren ersten Krimi "Stadtluft" veröffentlichte. Seitdem lebt sie als freie Autorin und hat bislang über ein Dutzend Romane herausgebracht. Weitere bekannte Werke sind "Mordskind", "Die Eisheilige", "Das dunkle Haus am Meer" und "Wölfe und Lämmer".

Inhalt:

Antonia ist zwar erst sechzehn, doch sie will unbedingt von zuhause ausziehen. Zum einen nervt sie ihr Stiefvater Ralph, der sie ständig bevormundet, zum anderen muss sie für die Oberstufe auf eine Schule in Hannover wechseln, die zu weit vom Elternhaus entfernt liegt. Da trifft es sich perfekt, dass ihre alte Schulfreundin Katie ihr einen Platz in einer WG anbietet - ein gemütliches Zimmer in einer alten Villa.

Neben Katie wohnen hier noch zwei ältere Jungs - der ruhige Informatikstudent Matthias und der lässige, umweltengagierte Robert. Antonia beginnt sofort für den attraktiven Robert zu schwärmen, ist allerdings unsicher, ob er sie nicht zu jung findet. Robert ist es auch, der ihr eine unheimliche Geschichte über das Haus erzählt: Vor zwanzig Jahren soll im Dachzimmer eine junge Frau ermordet worden sein.

Die jungen Leute ahnen nicht, dass der verurteilte Täter in diesen Tagen entlassen wird und dass es ihn erneut zum Haus zieht. Leopold Steinhauer beteuert allerdings seine Unschuld und will eine Neuaufnahme des Falls erreichen. Kurz darauf wird ein Mädchen aus Matthias' und Roberts Clique ermordet. Steinhauer gerät erneut in Verdacht und allmählich ahnt Antonia, dass sie in dem Haus in Gefahr schweben ...

Bewertung:

Wie so viele Arena-Thriller vereint auch dieser Roman eine Thrillerhandlung mit typischen Jugendproblemen. Hauptfigur ist die fast siebzehnjährige Antonia, deren Schwierigkeiten sicher vielen gleichaltrigen Leserinnen bekannt vorkommen. Zum einen sind da die Probleme mit ihrem Stiefvater. Ralph lebt zwar seit vielen Jahren bei Antonia und ihrer Mutter, ein väterliches Verhältnis hat das Mädchen aber nie aufbauen können. Ralph ist bestimmend und herrschsüchtig und neigt mitunter sogar zu gewalttätigem Auftreten gegenüber seiner Frau. Antonia will unter allen Umständen ausziehen, auch wenn sie noch nicht volljährig ist - Kindergeld, Schüler-Bafög und ein kleiner Nebenjob sollen reichen, um sich ein WG-Zimmer zu leisten.

Neben Konflikten mit (Stief-)Eltern werden auch die kleinen Tücken des Auszugs aus dem Elternhaus thematisiert. Eine alte Villa als Wohnort klingt im ersten Moment fantastisch, allerdings merkt Antonia bald, dass ihr Zimmer zwar günstig, aber tatsächlich recht bescheiden ist. Zudem ist es gewöhnungsbedürftig, als jüngstes WG-Mitglied einzuziehen. Antonia muss sich erst einleben, zudem wusste sie im Vorfeld gar nicht, dass es sich bei zwei der Mitbewohner um junge Männer handelt. Ihre Schwärmerei für Robert macht es nicht gerade leichter: Robert ist ein absoluter Mädchentyp und die wenig erfahrene Antonia fürchtet, für ihn nicht wirklich interessant zu sein. Zudem gehört zu Roberts Umweltschutzclique die bildhübsche Sarah, die Antonia als unerreichbare Konkurrenz wahrnimmt. Dass womöglich auch Katie in Robert verliebt ist, macht es nicht leichter - und erst recht nicht die Tatsache, dass plötzlich die türkische Selin als fünfte WG-Bewohnerin einzieht und sich Robert auffallend intensiv um sie kümmert.

Selin gehört nicht nur zur Eifersuchtsproblematik Antonias, sondern schlägt auch den Bogen zur Thrillerhandlung. Offiziell stellt sich Selin als Türkin vor, die vor der Zwangsheirat durch ihre Familie geflohen sei. Tatsächlich ist sich Antonia, die zunächst Mitleid hatte, bald nicht mehr sicher, ob diese Geschichte stimmt - zumal sie in Selins Tasche Tausende von Euros unbekannter Herkunft findet. Schließlich fühlt sich Katie eines Nachts von einem Fremden verfolgt und ein randalierender Mann steht vor der Villa, der ihr Angst einjagt. Es kommt zu einem dramatischen Zwischenfall, der die vier Freunde zu einer schwierigen Entscheidung zwingt. Nebenbei wird immer wieder zum entlassenen verurteilten Mörder Leopold Steinhauer geschaltet. Den Mord hat er zwar seinerzeit gestanden, doch er beteuert gegenüber der Kommissarin, dass er dies nur auf Anraten seines Anwalts tat und in Wirklichkeit unschuldig ist. Durch diese Situation entsteht eine doppelte Spannung: Einerseits ist es denkbar, dass Steinhauer lügt und nun erneut zum Mörder wurde, andererseits ist es möglich, dass der wahre Täter noch frei herumläuft.

Der Roman ist zweifellos unterhaltsam und gut auf die Lesebedürfnisse von Jugendlichen abgestimmt. Schwächen gibt es jedoch in der Konzeption des Realismus: Gleich mehrfach wirken die Handlungen der vier WG-Bewohner nicht gerade glaubhaft. Das beginnt schon mit der reichlich übertriebenen, kriminellen und gefährlichen Umweltschutz-Aktion, die Robert plant. Etwas aus der Luft gegriffen wirkt auch Antonias spontane Eingebung, Selin einen WG-Platz anzubieten. Zu diesem Zeitpunkt weiß sie noch nichts von der (angeblichen) Notlage des Mädchens, sodass es sehr unmotiviert wirkt, als sie ihr sogar nach fährt, um Selin zurückzuholen, nachdem der Gärtner sie zunächst abgewiesen hatte. Antonia kann sich ihr Handeln selbst nicht wirklich erklären, umso dubioser bleibt es für den Leser und erscheint somit konstruiert. Katies Verhalten nach einer bestimmten Spontanhandlung ist ebenfalls nicht überzeugend, sondern vielmehr unrealistisch angesichts der Ereignisse; man vermisst hier eine angemessene emotionale Tiefe. Grundsätzlich werden die vier WG-Bewohner hier mit Extremsituationen konfrontiert, denen sie etwas zu gelassen begegnen, um wirklich glaubwürdig zu erscheinen; in diesen Belangen ist der Roman etwas oberflächlich geraten.

Fazit:

Solider Jugendthriller, der ganz gut unterhält, aber unterm Strich ein bisschen oberflächlich daher kommt. Kann man lesen, wenn man sich für das Genre interessiert und leichte Unterhaltung sucht - man verpasst aber nichts, wenn man auf das Buch verzichtet.

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