14. Dezember 2014

Hörig - Petra Hammesfahr

Produktinfos:

Ausgabe: 2013
Seiten: 320
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Die Autorin:

Petra Hammesfahr wurde 1951 geboren. 1991 erschien ihr erster Roman, weitere Kriminalromane folgten. Ab Mitte der Neunziger schrieb sie u. a. auch Drehbücher fürs Fernsehen. Heute landen ihre Bücher regelmäßig in den Bestsellerlisten. Weitere Werke sind u.a.: "Das Geheimnis der Puppe"(1991), Merkels Tochter(1993), "Die Sünderin"(1999), "Der Puppengräber"(1999), "Die Mutter"(2000), "Lukkas Erbe"(2000), "Meineid"(2001) und "Das letzte Opfer"(2002).

Inhalt:

Patrizia ist siebzehn und ein behütetes Mädchen aus gutem Haus, als sie dem 25-jährigen Heiko Schramm begegnet. Heiko wiederum ist ein Drogendealer, der schnell erkennt, welche Faszination er auf Patrizia ausübt. Obwohl Patrizias Eltern den Kontakt verbieten, trifft sie sich heimlich mit Heiko.

Wenige Monate später wird Heiko wegen eines Raubüberfalls mit schwerer Körperverletzung verhaftet und zu sieben Jahren verurteilt. Die verzweifelte Patrizia magert ab und spricht nicht mehr; die letzte Hoffnung ihrer Eltern ist eine Therapie. Der erfahrene Psychologe Dr. Edmund Bracht therapiert Patrizia zwei Jahre lang und hilft ihr, zu erkennen, dass Heiko sie lediglich ausgenutzt hat. Als der Therapeut Gefühle für Patrizia entwickelt und die Therapie abbrechen möchte, gehen sie eine Beziehung ein und heiraten schließlich.

Drei Jahre lang ist Patrizia mittlerweile verheiratet, als Heiko aus der Haft entlassen wird und plötzlich vor ihr steht. Als Ed nach Hause kommt, ist Patrizia verschwunden. Zurückgeblieben ist nur ein altes Zeitungsbild, das sie und Heiko zeigt und ihr Kommentar: "Es tut mir leid, Ed." Ed ist überzeugt davon, dass Patrizia entführt wurde. Seine Frau allerdings verfolgt einen ganz eigenen Plan ...

Bewertung:


Unter "Die Augen Rasputins" erschien dieser Roman bereits 1993 - das Werk von 2013 trägt nicht nur einen neuen Titel und ein neues Cover. Auch ein paar inhaltliche Anpassungen hat "Hörig" erfahren, etwa das Einbauen von Handys, die dreißig Jahre zuvor noch nicht Usus waren.

Wie so viele Bücher Petra Hammesfahrs handelt es sich auch hier nicht um einen typischen Thriller, sondern eher um ein Psychodrama, in dem den Gedanken der Protagonisten ausgiebiger Platz eingeräumt wird. Die Ausgangsidee ist zweifellos reizvoll und bringt eine gewisse Spannung mit sich. In Rückblicken wird die komplizierte und eigentümliche Beziehung zwischen Patrizia und Heiko Schramm geschildert, während er in der Gegenwartshandlung gerade nach sieben Jahren Haft entlassen wurde. Rund zwei Wochen danach steht er vor Patrizias Tür - der weitere Verlauf ist für den Leser nicht zu sehr vorhersehbar: Es stellen sich die Fragen, was Heiko mit Patrizia vorhat, wie sie sich ihrem einstigen Schwarm gegenüber verhalten wird und welche Schlüsse ihr Ehemann aus ihrem Verschwinden zieht. Dr. Ed Bracht ist zwar ein erfahrener Psychologe. Doch schon bald stellt sich heraus, dass er mit der Situation überfordert ist. Dezente Zeichen, die Patrizia ihm hinterlassen hat, weiß er nicht zu deuten und überhaupt entwickelt sich die Situation etwas anders, als Patrizia es sich vorgestellt hat. Spannend sind somit beide Handlungsstränge, die abwechselnd verfolgt werden - Eds verzweifelte Suche nach seiner Ehefrau sowie Patrizias Aufenthalt bei Heiko.

Recht gut gelungen ist Heiko Schramms zwiespältiger Umgang mit Patrizia, die er stets "Püppi" nennt. Seine vertrauten, sanften Worte widersprechen seinem kriminellen Verhalten und der Leser lauert unwillkürlich auf den Moment, in dem sich Heiko seiner Püppi zum ersten Mal schonungslos ehrlich zeigt. Für Patrizia wird es immer schwieriger, ihre Angst vor ihm zu verbergen, sodass zwischen den beiden ein durchaus kurzweiliges Psychospiel entsteht.

Leider arbeitet der Roman zu sehr mit Klischees, insbesondere was die Charaktere Patrizia und Ed betrifft. Die junge Patrizia aus den Rückblicken erscheint mitnichten als realistisch gezeichnete Siebzehnjährige, sondern ist eine gnadenlos naive Träumerin. Das Grundthema "Hörigkeit" hat seinen Reiz, doch warum Patrizia dem kriminellen Heiko so verfällt, ist nie wirklich nachvollziehbar. Patrizias strenges, biederes Elternhaus bietet zwar mögliche Erklärungsansätze, aber trotzdem bleibt die Frage, was Patrizia in Heiko sieht, zu sehr offen.

Die auf eine andere Art ebenfalls schwierige Beziehung zwischen Patrizia und Ed wird zu plakativ ausgebreitet. Ed sieht sich als Retter der jungen Frau, die unter seiner Therapie wieder zu essen beginnt und allmählich einsieht, dass Heiko ihr geschadet hat. Dabei macht der Therapeut das Mädchen jedoch auf eigene Weise erneut abhängig - diesmal von ihm. Aus dem Patient-Therapeut-Verhältnis mit rund 25 Jahren Altersunterschied entwickelt sich keine gesunde Partnerschaft; stattdessen erscheint auch die scheinbar genesene Patrizia nach wie vor naiv und teilnahmslos, mit gerade mal 25 Jahren eine biedere Hausfrau ohne Ehrgeiz und besonderes Selbstbewusstsein. Ganz offenbar hat Patrizia die eine Abhängigkeit gegen eine andere ausgetauscht; dieser Austausch lässt allerdings jede Subtilität vermissen.

Ausgesprochen naiv ist auch Patrizias Plan, mit dem sie Heiko begleitet. Die für Ed bestimmten Hinweise sind so uneindeutig, dass es unrealistisch erscheint, dass sie tatsächlich fest davon ausgeht, dass er sie sofort durchschauen wird. Weder Patrizia noch ihr Mann eignen sich zudem als Identifikationsfiguren, auch wenn Patrizias Handeln immer mal wieder phasenweise nachvollziehbar wird.

Fazit:


Eine Mischung aus Thriller und Psychodrama mit interessanter Thematik, das allerdings einige Schwächen aufweist. Trotz des aktuellen Erscheinungsdatums handelt es sich um ein Frühwerk der Autorin unter neuem Titel, das an ihre späteren Werke nicht heranreicht.

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