6. November 2014

Die kleine Hexe - Otfried Preußler

Produktinfos:

Ausgabe: 1957
Seiten: 127
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Der Autor:

Otfried Preußler, 1923-2013, zählt zu den bekanntesten Kinderbuchautoren Deutschlands. "Der kleine Wassermann" war sein erstes Kinderbuch. Es folgten zahlreiche weitere Werke, u. a.: "Die kleine Hexe", "Das kleine Gespenst", "Der Räuber Hotzenplotz", "Hörbe mit dem großen Hut" und "Die Abenteuer des starken Wanja".

Für den "kleinen Wassermann" erhielt Preußler den Deutschen Kinderbuchpreis. Es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen, u.a. der Deutsche sowie der Europäische Jugendbuchpreis ("Krabat"), Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, Eichendorff-Literaturpreis, Konrad-Adenauer-Preis für Literatur der Deutschland-Stiftung e.V. Viele seiner Werke wurden erfolgreich vertont bzw verfilmt. Mehr über den Autor erfährt man auf seiner Homepage: www.preussler.de

Inhalt:


In einem kleinen Häuschen im Wald lebt die kleine Hexe mit ihrem sprechenden klugen Raben Abraxas. Die kleine Hexe ist erst 127 Jahre alt und damit für eine Hexe sehr jung - dementsprechend muss sie jeden Tag viel lernen, um ihre Hexenfähigkeiten zu verbessern. Als junge und unerfahrene Hexe darf sie nicht am jährlichen Hexentanz teilnehmen, der in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg stattfindet. Das findet sie reichlich ungerecht. Gegen den Rat ihres Raben beschließt sie, dennoch hinzufliegen und sich unauffällig unter die anderen Hexen zu mischen.

Zu ihrem Pech wird die kleine Hexe enttarnt und bekommt großen Ärger. Die Oberhexe gesteht ihr aber ein Jahr Bewährungszeit zu. Wenn sie in diesem Jahr beweist, dass sie eine gute Hexe ist, darf sie beim nächsten Mal ganz offiziell am Hexentanz teilnehmen.

Die kleine Hexe ist fest entschlossen, diese Chance wahrzunehmen. Ab jetzt will sie nicht nur sechs, sondern sieben Stunden täglich Hexensprüche lernen. Aber sie will auch bei jeder Gelegenheit Hilfsbereitschaft beweisen und so den Althexen demonstrieren, dass sie eine gute Hexe ist ...

Bewertung:


"Die kleine Hexe" gehört zu den bekanntesten Kinderbuchklassikern des 20. Jahrhunderts und ist nach wie vor eine der populärsten Darstellungen einer freundlichen Hexe, die zur Identifikation einlädt. Stolze 127 Jahre zählt sie, doch das heißt bei Hexen bekanntlich nichts - und so hat die kleine Hexe, die übrigens das ganze Buch über namenlos bleibt, viel mit ihren jungen Lesern gemeinsam.

Vor allem ist die zauberkundige Protagonistin niemand, der sich einfach in sein Schicksal fügen möchte. Dass nur die alten, erfahrenen Hexen sich in der Walpurgisnacht auf dem Blocksberg vergnügen dürfen, empfindet sie als sehr ungerecht. Trotzig übertritt sie das Verbot, was Kinder in ähnlichen Situationen oftmals ebenso handhaben und daher gut nachvollziehen können. Gerade dieses Aufbegehren gegenüber den scheinbaren Autoritätsfiguren, das Widersetzen gegen als unsinnig empfundene Regeln werden Kinder gut nachvollziehen können. Fleißig ist die kleine Hexe, schließlich lernte sie schon vor ihrer Konfrontation mit den Althexen viele Stunden täglich mit dem Hexenbuch. Ansonsten aber zeigt sie typisch kindliche Züge, handelt gerne spontan und intuitiv und lässt sich ungern von starren Regeln leiten.

Der Rabe Abraxas fungiert als vernünftige Instanz. Immer wieder gibt er, gefragt oder ungefragt, weise Kommentare ab und wird nicht müde, die kleine Hexe freundlich, aber bestimmt zu belehren. Abraxas bildet somit einen gelungenen Gegenpart zur kleinen Hexe. Zwar steht er auf ihrer Seite und ist ihr engster Vertrauter, aber er erscheint oft auch als besserwisserisch und ermahnt sie immer wieder, bei jeder Gelegenheit eine musterhafte Hexe zu sein. Das Zusammenspiel zwischen dem altklugen Raben und der übermütigen kleinen Hexe liest sich amüsant und tröstet etwas darüber hinweg, dass keine sonstigen Freunde der kleinen Hexe präsentiert werden.

Die guten Taten der kleinen Hexe beziehen sich sowohl auf Menschen- als auch auf die Tierwelt. Positiv fällt die ausgewogene Mischung aus kleinen und großen Taten auf. Manchmal greift die kleine Hexe in durchaus dramatischen Situationen ein, hilft beispielsweise einer Frau, deren Mann das Geld der Familie verjubelt oder rettet drei alte Weiblein aus deren Not, denen das Holzsammeln verboten wird und die nicht wissen, wie sie den Winter ohne Holz überstehen sollen. Andere Taten sind keine großen Rettungsaktionen, aber liebenswerte kleine Gefälligkeiten, etwa wenn die kleine Hexe dem Maronimann seine Arbeit am heißen Ofen erleichtert (den Maronimann in die Hand schnäuzen zu lassen ist übrigens ein recht unappetitlicher Einfall des Autors - das hat mich schon als Kind pikiert) oder wenn die Waldtiere ein lustiges Karnevalsfest erleben. Dabei fällt auf, dass die kleine Hexe oft ihre Fähigkeit verbirgt und die betroffenen Menschen gar nicht wissen, wie sie zu ihrem plötzlichen Glück gekommen sind. Sehr bescheiden ist die kleine Hexe; Gutes tut sie gerne im Verborgenen und das ist einer der wesentlichen Züge, die sie so sympathisch machen.

Die Sprache ist einfach und kindgerecht, wobei es in den Jahrzehnten seit der Erstveröffentlichung 1957 zahlreiche kleine Wortänderungen gab. Zuletzt entbrannte im Feuilleton eine Debatte um das "Negerlein", das beim Karneval auftritt, mit dem Resultat, dass das Negerlein nun aus dem Werk gestrichen wurde. Natürlich hat sich Otfried Preußler seinerzeit nichts Böses bei der Verwendung dieses Wortes gedacht, aber besorgte Gemüter können beruhigt sein, dass sie in der aktuellen Auflage kein Negerlein mehr antreffen.

Auch ein gelungener Kinderbuchklassiker darf auf Mängel hin überprüft werden, die in diesem Fall freilich gering ausfallen. Zunächst einmal kann es den Leser irritieren, dass die kleine Hexe außer ihrem Raben keine weitere Bezugsperson zu haben scheint. Über ihre Eltern erfährt man nichts, ebensowenig über Hexenfreundinnen, generell nichts zu Hexen in ihrem jungen Alter. Das ist umso erstaunlicher, als dass die kleine Hexe ja nun eine recht offene Art hat, mit den Menschen und Tieren schnell vertraut wird und es daher nur logisch wäre, wenn sie auch die eine oder andere Hexenfreundin hätte. Das Ende ist zugegeben aus pädagogischer Sicht lehrreich, aus literarischer Sicht allerdings ein bisschen simpel; gewisse Probleme lösen sich etwas zu einfach auf.

Fazit:

Ein schöner Kinderbuchklassiker, der auch viele Jahrzehnte nach seinem Erscheinen noch aktuell ist und sich zu lesen lohnt.

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