15. Februar 2018

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken - Deborah Ellis

Produktinfos:

Ausgabe: 2013 bei cbj
Seiten: 256
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Die Autorin:

Deborah Ellis aus Kanada, Jahrgang 1960, ist nicht nur Autorin, sondern auch Psychotherapeutin. Ihre Erfahrungen in einem afghanischen Flüchtlingslager verarbeitete sie in dem Roman "Die Sonne im Gesicht" und in der Fortsetzung "Im Herzen die Angst".

Inhalt:

Jessica und Casey sind seit Kindertagen beste Freundinnen und stehen kurz vor ihrem Highschool-Abschluss. Jess ist eine begabte Läuferin, die ein Sportstudium anstrebt. Casey hingegen hat ein enormes Wissen über Insekten, und ihr winkt eine große Zukunft als Forscherin.

In den Sommerferien übernehmen die beiden einen Job als Betreuerinnen eines Feriencamps. In ihrer Gruppe ist auch die achtjährige Stephanie, ein aufmüpfiges und freches Mädchen, das Jess und Casey immer wieder Ärger macht. Stephanie ignoriert die Anweisungen, läuft weg und versteckt sich und macht sogar Dinge kaputt. Jess und Casey geraten wiederholt an ihre Grenzen und sind extrem genervt von Stephanie.

Kurz vor Ende des Ferienlagers ist Stephanie plötzlich verschwunden. Zunächst denken alle, sie haben sich nur wieder versteckt. Doch dann wird ihre Leiche gefunden. Plötzlich ist Casey die Hauptverdächtige - und Jess' Loyalität wird auf eine harte Probe gestellt ...

Bewertung:

"Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken" ist zwar oberflächlich betrachtet als Jugendthriller einzuordnen, im Kern geht es aber weniger um die Tat und die Tätersuche als um den Wert von Freundschaft und die Frage, wie viel sie unter extremer Belastung aushält.

Kurz nachdem die kleine Stephanie ermordet aufgefunden wird, ist Casey des Mordes verdächtig. Es gibt reichlich Zeugen dafür, wie sehr sie von dem Mädchen genervt wurde, sie hat kein solides Alibi für die Zeit desVerschwindens. und sie hat kurz vor der Auffindung eine scheinbar schwarzhumorige Bemerkung gemacht, die im Nachhinein sehr verdächtig wirkt. Vor allem aber hat Stephanie Hautpartikel von Casey unter ihren Fingernägeln, und ihr T-Shirt wird in Caseys Tasche gefunden. Casey wird in Haft genommen, und die Mehrzahl der Medien und Einwohner hat bereits ihr Urteil gefällt.

Jess fungiert als Ich-Erzählerin, die dem Leser in leicht schnodderigem Tonfall mitteilt, wie sie diese Zeit erlebt hat. Sehr rasch merkt Jess, dass ihre Freundin unter den Mitschülern keine Unterstützer hat. Casey wird als Freak verhöhnt, ihre Insektenleidenschaft wird als Aufhänger für die Behauptung genutzt, dass sie immer schon seltsam und verrückt war. Und ausgerechnet jene coole Clique, die Jess bisher nicht beachtete, schenkt ihr jetzt Aufmerksamkeit. Jess hat immer weniger die Kraft, zu Casey zu stehen. Zwar verspürt sie immer noch tiefe Verbundenheit zu ihrer Freundin, erträgt aber auch die Zurückweisung der anderen nicht. Für den Leser ergibt sich daraus eine recht berührende Jugendgeschichte über Zivilcourage und Loyalität, die zum Nachdenken anregt und auch eine gewisse Spannung mitbringt: Schließlich möchte man erfahren, wie der Prozess für Casey endet, was hinter Stephanies Tod steckt und wie es zum Schluss um die Freundschaft der beiden bestellt ist.

Zudem ist Casey eine gelungene und originelle Figur. Ihre Begeisterung für alles, was krabbelt, ist herzerfrischend; sie erscheint liebenswert, geradeheraus und unbefangen. Ob sie tatsächlich etwas mit Stephanies Tod zu tun hat oder nicht, erfährt man erst ganz am Ende; man hofft unterdessen, dass es nicht der Fall ist, kann sich dessen aber nicht sicher sein.

Die Schwäche des Romans liegt hauptsächlich in Jess' Darstellung begründet. Obwohl man über sie mehr Details erfährt als über Casey, ist sie weniger facettenreich. Man kann ihr Verhalten nur sporadisch nachvollziehen; insgesamt verhält sie sich von Anfang sehr illoyal und wirkt einfach viel zu gleichgültig gegenüber ihrer Freundin. Besser wäre eine etwas stärker abgestufte Wandlung ihrer Haltung gewesen, auch um sich besser in Jess hineinzuversetzen. Grundsätzlich bietet ihre Situation viel Identifikationspotenzial, das aber nicht zur Geltung kommt, da Jess sich viel zu schnell von Casey distanziert. Zudem kommt die Auflösung etwas sehr plötzlich, wirkt überhastet und vor allem konstruiert, da sie scheinbar zufällig zu einem ganz bestimmten, entscheidenden Zeitpunkt eintrifft.

Fazit:

"Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken" von Deborah Ellis ist ein grundsätzlich empfehlenswerter Jugendroman mit Thrillerelementen, der Freundschaft und Mut zur Zivilcourage thematisiert. Er vermittelt gute Lehren, allerdings ist das Verhalten der Ich-Erzählerin zu eindimensional, damit sie als wirklich überzeugende Identifikationsfigur fungieren könnte.

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