Produktinfos:
Ausgabe: 2017 bei Heyne
Seiten: 512
* * * * *
Die Autorin:
Sabine Thiesler studierte Germanistik und Theaterwisenschaften und arbeitete als Bühnenschauspielerin, ehe sie Schriftstellerin wurde. Neben "Der Kindersammler" verfasste sie auch einige Theaterstücke und schrieb Drehbücher für Fernsehserien wie "Tatort" und "Polizeiruf 110". Andere Werke sind "Hexenkind", "Die Totengräberin" und "Der Menschenräuber".
Inhalt:
Der Künstler Tom Simon führt ein glückliches Leben: Er ist wohlhabend, hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, betreibt eine Hamburger Galerie und ist verheiratet mit der attraktiven und erfolgreichen Regisseurin Charlotte. Gemeinsam bewohnen sie ein reizvolles, abgelegenes Anwesen im Hamburger Norden.
Doch in einer Unwetternacht ändert sich Toms Leben von Grund auf. Er trifft eine fatale Entscheidung und steht plötzlich vor den Trümmern seines Lebens. Sein bester Freund, der gewiefte Anwalt René, verhilft ihm zur Flucht; Tom soll bis auf Weiteres in Renés Haus in einem toskanischen Bergdorf unterkommen. Unterdessen will René für Tom die Wogen glätten.
Tom ahnt jedoch nicht, dass René sehr bald seine Meinung ändert. Während sich Tom in der Toskana versteckt, fädelt sein Freund einen perfiden Plan gegen ihn ein. Erst ganz allmählich kommt Tom der Verdacht, dass er niemandem mehr trauen kann ...
Bewertung:
Mit "Nachts in meinem Haus" legt Sabine Thiesler den inzwischen neunten Toskana-Krimi vor. Wie immer verbindet sie darin Handlungsstränge in Deutschland und Italien miteinander, und wie immer hat auch Donato Neri, vom Pech verfolgter Carabiniere aus Ambra, eine kleine Rolle darin.
Die Ausgangssituation ist reizvoll: Tom Simon führt ein scheinbar perfektes Leben, bis er in einer verhängnisvollen Nacht eine Fehlentscheidung trifft. Da er fürchtet, dass die Polizei ihm seine Version nicht glauben würde, flüchtet er nach Italien. Anfangs ist es recht spannend, diese Flucht mitzuverfolgen. Das gilt ebenso für die Frage, wie sich parallel die Dinge in Deutschland entwickeln, das heißt, welche Schlüsse die Ermittler ziehen und wie sich Toms Freund René verhält. Zu diesem frühen Zeitpunkt fällt es noch recht leicht, mit Tom zu bangen, da er zwar einen fatalen Fehler begangen hat, dieses katastrophale Resultat aber absolut nicht beabsichtigte.
Und während im letzten Roman "Und draußen stirbt ein Vogel" der ambrische Ermittler Neri nur eine sehr kleine Rolle innehatte, bekommt er hier wieder deutlich mehr Raum. Neri hat nicht nur direkten Kontakt mit Tom Simon, sondern auch sein Privatleben erfährt ein paar einschneidende Veränderungen. Wer also Sabine Thieslers Werke gerade auch wegen dieser Nebenfigur verfolgt, der wird hier zumindest in dieser Hinsicht auf seine Kosten kommen. Gelungen wie üblich sind die Beschreibungen der toskanischen Landschaft und Lebensart; Sabine Thiesler versteht es, den Charme des Dorflebens in die Krimihandlung zu integrieren.
Aber von diesen Punkten abgesehen, kann der Roman nicht wirklich überzeugen. Zum einen ist Tom im weiteren Handlungsverlauf kein besonders sympathischer Protagonist. Anfangs ist er noch geschockt über seine Tat, schon bald aber sorgt er sich vor allem um seinen unbequemen Lebensstil. Er trauert seinem Luxus hinterher und versinkt in Selbstmitleid; von Reue über sein Verhalten ist nicht mehr viel zu spüren. Er ist daher niemand, mit dem man als Leser besonders fühlen oder leiden könnte.
Weiterhin stört Toms teils extreme Naivität. Als ihn beispielsweise René telefonisch darüber informiert, dass die Polizei nach ihm sucht, ist er sehr verwundert, obwohl ihm klar sein sollte, dass ihn die Ermittler, egal ob als Verdächtiger oder als möglicher Zeuge, unbedingt sprechen wollen. Tom denkt auch nicht daran, dass sein vorgetäuschtes Alibi mit einer angeblichen Nachricht aus Lissabon auf Renés Anrufbeantworter für die Polizei zu durchschauen sein dürfte - schließlich sollte sowohl nachweisbar sein, dass der Anruf gar nicht aus Lissabon kam, als auch, dass er deutlich nach dem Tatzeitpunkt stattfand, auch wenn René bei seinem Anrufbeantworter das Datum verändern möchte. Letztlich denkt Tom auch nicht an mögliche Zeugen, die ihn kurz vor dem fraglichen Zeitpunkt noch in Hamburg gesehen haben könnten, wenn er sich angeblich schon längst im Ausland befunden haben will. Etwas fragwürdig ist außerdem, wie schnell die Polizei alle Taxifahrer zu ihren Fahrgästen in jener Nacht überprüft hat: Über tausend Taxis in Hamburg sind keiner Zentrale angeschlossen, die Fahrer also schwer aufzufinden, was hier aber offenbar keine Rolle spielt.
Ein weiterer Schwachpunkt liegt in der Figur René. Auf dem Papier klingt es interessant, dass der beste Freund plötzlich zum größten Feind wird und geschickt gegen einen intrigiert. Und der Grund, warum René sich gegen Tom stellt, ist auch nachvollziehbar. Aber wie skrupellos René plötzlich im wahrsten Wortsinn über Leichen geht, um seinen Plan auszuführen, ist nicht sehr glaubhaft. Auch der sehr abrupte Umschwung eines weiteren Charakters reiht sich darin ein.
Fazit:
"Nachts in meinem Haus" von Sabine Thiesler ist trotz recht guter Ansätze ein maximal durchschnittlicher Thriller. Er liest sich zwar schnell weg, aber ein paar Logikschwächen schmälern den Lesegenuss deutlich.
Ausgabe: 2017 bei Heyne
Seiten: 512
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Die Autorin:
Sabine Thiesler studierte Germanistik und Theaterwisenschaften und arbeitete als Bühnenschauspielerin, ehe sie Schriftstellerin wurde. Neben "Der Kindersammler" verfasste sie auch einige Theaterstücke und schrieb Drehbücher für Fernsehserien wie "Tatort" und "Polizeiruf 110". Andere Werke sind "Hexenkind", "Die Totengräberin" und "Der Menschenräuber".
Inhalt:
Der Künstler Tom Simon führt ein glückliches Leben: Er ist wohlhabend, hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht, betreibt eine Hamburger Galerie und ist verheiratet mit der attraktiven und erfolgreichen Regisseurin Charlotte. Gemeinsam bewohnen sie ein reizvolles, abgelegenes Anwesen im Hamburger Norden.
Doch in einer Unwetternacht ändert sich Toms Leben von Grund auf. Er trifft eine fatale Entscheidung und steht plötzlich vor den Trümmern seines Lebens. Sein bester Freund, der gewiefte Anwalt René, verhilft ihm zur Flucht; Tom soll bis auf Weiteres in Renés Haus in einem toskanischen Bergdorf unterkommen. Unterdessen will René für Tom die Wogen glätten.
Tom ahnt jedoch nicht, dass René sehr bald seine Meinung ändert. Während sich Tom in der Toskana versteckt, fädelt sein Freund einen perfiden Plan gegen ihn ein. Erst ganz allmählich kommt Tom der Verdacht, dass er niemandem mehr trauen kann ...
Bewertung:
Mit "Nachts in meinem Haus" legt Sabine Thiesler den inzwischen neunten Toskana-Krimi vor. Wie immer verbindet sie darin Handlungsstränge in Deutschland und Italien miteinander, und wie immer hat auch Donato Neri, vom Pech verfolgter Carabiniere aus Ambra, eine kleine Rolle darin.
Die Ausgangssituation ist reizvoll: Tom Simon führt ein scheinbar perfektes Leben, bis er in einer verhängnisvollen Nacht eine Fehlentscheidung trifft. Da er fürchtet, dass die Polizei ihm seine Version nicht glauben würde, flüchtet er nach Italien. Anfangs ist es recht spannend, diese Flucht mitzuverfolgen. Das gilt ebenso für die Frage, wie sich parallel die Dinge in Deutschland entwickeln, das heißt, welche Schlüsse die Ermittler ziehen und wie sich Toms Freund René verhält. Zu diesem frühen Zeitpunkt fällt es noch recht leicht, mit Tom zu bangen, da er zwar einen fatalen Fehler begangen hat, dieses katastrophale Resultat aber absolut nicht beabsichtigte.
Und während im letzten Roman "Und draußen stirbt ein Vogel" der ambrische Ermittler Neri nur eine sehr kleine Rolle innehatte, bekommt er hier wieder deutlich mehr Raum. Neri hat nicht nur direkten Kontakt mit Tom Simon, sondern auch sein Privatleben erfährt ein paar einschneidende Veränderungen. Wer also Sabine Thieslers Werke gerade auch wegen dieser Nebenfigur verfolgt, der wird hier zumindest in dieser Hinsicht auf seine Kosten kommen. Gelungen wie üblich sind die Beschreibungen der toskanischen Landschaft und Lebensart; Sabine Thiesler versteht es, den Charme des Dorflebens in die Krimihandlung zu integrieren.
Aber von diesen Punkten abgesehen, kann der Roman nicht wirklich überzeugen. Zum einen ist Tom im weiteren Handlungsverlauf kein besonders sympathischer Protagonist. Anfangs ist er noch geschockt über seine Tat, schon bald aber sorgt er sich vor allem um seinen unbequemen Lebensstil. Er trauert seinem Luxus hinterher und versinkt in Selbstmitleid; von Reue über sein Verhalten ist nicht mehr viel zu spüren. Er ist daher niemand, mit dem man als Leser besonders fühlen oder leiden könnte.
Weiterhin stört Toms teils extreme Naivität. Als ihn beispielsweise René telefonisch darüber informiert, dass die Polizei nach ihm sucht, ist er sehr verwundert, obwohl ihm klar sein sollte, dass ihn die Ermittler, egal ob als Verdächtiger oder als möglicher Zeuge, unbedingt sprechen wollen. Tom denkt auch nicht daran, dass sein vorgetäuschtes Alibi mit einer angeblichen Nachricht aus Lissabon auf Renés Anrufbeantworter für die Polizei zu durchschauen sein dürfte - schließlich sollte sowohl nachweisbar sein, dass der Anruf gar nicht aus Lissabon kam, als auch, dass er deutlich nach dem Tatzeitpunkt stattfand, auch wenn René bei seinem Anrufbeantworter das Datum verändern möchte. Letztlich denkt Tom auch nicht an mögliche Zeugen, die ihn kurz vor dem fraglichen Zeitpunkt noch in Hamburg gesehen haben könnten, wenn er sich angeblich schon längst im Ausland befunden haben will. Etwas fragwürdig ist außerdem, wie schnell die Polizei alle Taxifahrer zu ihren Fahrgästen in jener Nacht überprüft hat: Über tausend Taxis in Hamburg sind keiner Zentrale angeschlossen, die Fahrer also schwer aufzufinden, was hier aber offenbar keine Rolle spielt.
Ein weiterer Schwachpunkt liegt in der Figur René. Auf dem Papier klingt es interessant, dass der beste Freund plötzlich zum größten Feind wird und geschickt gegen einen intrigiert. Und der Grund, warum René sich gegen Tom stellt, ist auch nachvollziehbar. Aber wie skrupellos René plötzlich im wahrsten Wortsinn über Leichen geht, um seinen Plan auszuführen, ist nicht sehr glaubhaft. Auch der sehr abrupte Umschwung eines weiteren Charakters reiht sich darin ein.
Fazit:
"Nachts in meinem Haus" von Sabine Thiesler ist trotz recht guter Ansätze ein maximal durchschnittlicher Thriller. Er liest sich zwar schnell weg, aber ein paar Logikschwächen schmälern den Lesegenuss deutlich.
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