6. März 2017

Stiefkind - S. K. Tremayne

Produktinfos:

Ausgabe: 2016
Seiten: 385
* * * * *
Der Autor:

S. K. Tremayne ist das Pseudonym eines englischen Bestsellerautors und Reisejournalisten.

Inhalt:

Die aus armen Londoner Verhältnissen stammende Rachel scheint das große Los gezogen zu haben: Sie heiratet den attraktiven und wohlhabenden Anwalt David Kerthen und zieht auf sein eindrucksvolles Anwesen in Cornwall. Auch mit seinem achtjährigen Sohn Jamie versteht sie sich gut. Allerdings liegt auch ein Schatten auf dem neuen Glück: Davids erste Frau Nina starb vor eineinhalb Jahren bei einem Unfall.

David arbeitet unter der Woche in London und kommt nur an den Wochenenden raus nach Cornwall; Rachel verbringt daher viel Zeit allein mit Jamie. Und nach anfänglichem guten Start mit ihrem Stiefsohn verhält sich Jamie immer seltsamer. Immer wieder spricht er von seiner verstorbenen Mutter, meint sie zu sehen und zu hören. Schließlich prophezeit er Rachel, dass sie an Weihnachten ebenfalls tot sei.

Rachel schiebt Jamies Äußerungen zunächst auf sein Trauma. Doch nach und nach fürchtet sie immer mehr, dass er die Wahrheit sagt. Außerdem fragt sie sich, ob vielleicht mehr hinter Ninas angeblichem Unfall in der Mine steckt. Oder lebt sie vielleicht noch - ihre Leiche wurde schließlich nie gefunden! Rachel verliert sich zunehmend in Nachforschungen und zieht damit Davids Misstrauen auf sich ...

Bewertung:


Nach dem sehr gelungenen Bestseller "Eisige Schwestern" legt S. K. Tremayne hier mit "Stiefkind" einen Psychothriller im ganz ähnlichen Stil zu. Es liegt ein Hauch von Daphne du Mauriers "Rebecca" über der Anfangshandlung: Nina ist tot, doch Rachel spürt noch ihre Präsenz auf dem Anwesen und ist von Davids schöner und eleganter verstorbenen Frau beeindruckt. Nina hat das Haus geschmackvoll eingerichtet, in einer Klatschzeitschrift entdeckt Rachel einen Bericht über das glückliche Paar und die unwillkürlichen Selbstvergleiche mit ihrer Vorgängerin verunsichern sie.

Aus dieser Ausgangslage heraus entwickeln sich einige weitere Fragen, die den Roman zu einem spannenden Verwirrspiel für den Leser machen: So steht im Raum, was es mit Ninas Tod tatsächlich auf sich hat, ob sie wirklich tot ist oder vielleicht doch noch lebt, ob Jamie tatsächlich Zukunftvorhersagen machen kann und Rachel damit in Lebensgefahr schwebt und schließlich auch, welche Rolle David bei diesen Dingen spielt. Es ist lange Zeit nicht zu durchschauen, was hier Einbildung und was Wirklichkeit ist, welche Art von Bedrohung über Rachel liegt und ob es für alle Vorgänge rationale Erklärungen gibt. Für Rachel kommt erschwerend hinzu, dass sie keine richtige Vertrauensperson um sich hat; Freundinnen hat sie nicht, auf dem einsam gelegenen Anwesen leisten ihr außer David und Jamie nur Davids Mutter Juliet und das Hausmädchen Cassie Gesellschaft. Juliet allerdings leidet unter beginnender Demenz, und die junge Thailänderin Cassie ist zwar freundlich, hält aber bewusst Abstand zwischen Dienstbote und Hausherrin ein.

Das Setting fungiert als hervorragende Ergänzung zu Rachels mehr und mehr beklemmender Stimmung: Um das riesige Anwesen Carnhallow liegt Wald, die raue Landschaft ist geprägt durch den Bergbau, der Davids Familie ihr Vermögen bescherte, das Moor und das tobende Meer bilden den Rahmen. Immer wieder kommt die Morvellan Mine ins Spiel, in der Nina unter mysteriösen Umständen verunglückte. Rachel wird immer unsicherer und ängstlicher, fühlt sich einerseits verfolgt und weiß andererseits nicht, ob sie ihren Wahrnehmungen trauen darf. So entstehen einige gruselige Momente, während die Atmosphäre insgesamt immer unheilvoller wird.

Das dramatische Finale erinnert ein wenig an selbiges in "Eisige Schwestern": Dort war die Mutter während eines Sturms gemeinsam mit ihrer Tochter auf einer Insel von der Außenwelt abgeschnitten; hier ist Rachel zusammen mit Jamie auf dem eingeschneiten Anwesen. Die Auflösung beantwortet alle offenen Fragen, hundertprozentig zufriedenstellen kann sie nicht unbedingt. Die Erklärung wirkt ein bisschen konstruiert, sie ist ein wenig enttäuschend gegenüber den hohen Erwartungen, die sich zuvor aufgebaut haben. Eine weitere kleine Schwäche liegt in Davids Verhalten, das sich etwas zu abrupt gegen Rachel wendet. Hier wäre wünschenswert gewesen, dass sich Davids Misstrauen gegenüber seiner neuen Frau etwas subtiler entwickelt, statt dass er relativ plötzlich eine Bedrohung für seinen Sohn in ihr sieht.

Fazit:


"Stiefkind" von S. K. Tremayne reicht nicht ganz an die Klasse von "Eisige Schwestern" heran, bietet aber dennoch für Thrillerfreunde atmosphärisch dichte und spannende Unterhaltung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.