25. Juni 2017

Mordkapelle - Carla Berling

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Heyne
Seiten: 400
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Die Autorin:

Carla Berling arbeitete als Lokalreporterin und Pressefotografin, ehe sie 2013 als Selfpublisher ihren ersten Ira-Wittekind-Krimi herausbrachte. Seit 2017 erscheinen die weiteren Bände bei Heyne.

Inhalt:

Ira Wittekind, Mitte fünfzig, ist eine engagierte Lokalreporterin der Bielefelder Tageszeitung "Tag 7". An ihrem freien Tag will sie eine Kirmes in Bad Oeynhausen besuchen - doch stattdessen erfährt sie von einem Brand in der Friedhofskapelle am Mooskamp. In der Kapelle wird eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche in einem Rollstuhl gefunden.

Bald bestätigt sich der erste Verdacht, dass es sich beim Opfer um den wohlhabenden Apotheker Ludwig Hahnwald handelt, auch als "der schöne Ludwig" bekannt. Ludwig Hahnwald war bei Kunden wie Angestellten sehr beliebt, auch mit achtundsiebzig Jahren noch gut aussehend und vor allem sehr charmant. Zunächst kann sich Ira kein Motiv für einen Mord an ihm vorstellen.

Dann erfährt sie aber, dass Ludwig Hahnwald auch einige weniger positive Seiten hatte. Zudem waren seine Familienverhältnisse recht kompliziert, angefangen bei der deutlich jüngeren Ehefrau, über den frühen Tod seines Sohnes bis hin zum zwiespältigen Verhältnis zu seiner Tochter. Und schließlich stößt Ira auf ein wohlgehütetes Geheimnis in seiner Vergangenheit ...

Bewertung:

"Mordkapelle" von Carla Berling ist der erste Ira-Wittekind-Band, der bei Heyne erscheint, und auf den ersten Blick scheint es der Debütband der Reihe überhaupt zu sein. Tatsächlich aber wurden die Bände 1-3 als Selfpublisher veröffentlicht, "Mordkapelle" ist also chronologisch gesehen bereits Ira Wittekinds vierter Fall. Das spürt man auch bei der Lektüre, da immer wieder frühere Fälle und Begebenheiten erwähnt werden, wenngleich dies den Unterhaltungswert nicht stark schmälert.

Ira Wittekind ist eine sympathische Protagonistin, eine "rasende Reporterin", die sich nicht von Rückschlägen beirren lässt. Sie ist erfindungsreich und forsch, wenn es ihr um eine interessante Story geht, kann aber auch im richtigen Moment schweigen, wodurch sie ihrem Gegenüber so manches Geheimnis entlockt. Ihr Lebensgefährte Andy geht mit ihr durch dick und dünn, auch wenn es nicht immer einfach ist, das Leben phasenweise auf Iras Reporterinnentätigkeit auszurichten. Sympathisch sind auch Iras Freundin Coco, eine humorvolle Taxifahrerin, sowie Andys betagte, trinkfeste Tanten Sophie und Friedchen. Es hat seinen Reiz, dass die Protagonistin eine burschikose Mittfünzigerin ist und keine junge Schönheit.

Der Kriminalfall ist grundsätzlich interessant und bietet mehrere Täter- und Motivmöglichkeiten an. Der "schöne Ludwig" war zwar nach außen hin sehr beliebt, hatte aber auch ein paar dunkle Geheimnisse. Misstrauisch macht Ira beispielsweise, dass er seine Räumlichkeiten akribisch mit Kameras überwachen ließ, dass seine mehr als dreißig Jahre jüngere Ehefrau nicht wirklich zu trauern scheint, dass er ein schwieriges Verhältnis zu seiner Tochter Betty hatte. Entscheidend ist aber vor allem die Spur zu einem Familienmitglied, hinter der Ira eine erschütternde und gut vertuschte Geschichte entdeckt. Schließlich ist da noch als kleiner Nebenstrang der ominöse Blog eines reißerischen Journalisten, der sich "der Steinhauer" nennt und der offenbar irgendwo einen Informanten hat, der ihm intime Details zum Fall zuträgt. Er ist Ira nicht nur immer wieder einen Schritt voraus, sondern ist auch auffällig auf den Hahnwald-Mord fixiert, sodass er ebenfalls ins Feld der Verdächtigen gerät.

Allerdings ist die Entwicklung der Ermittlungen nur mäßig überzeugend. Gleich mehrfach erhält Ira brisante Informationen, indem sich eine involvierte Person ihr nach kurzem Zögern einfach anvertraut. Es ist zwar Iras Markenzeichen, dass sich ihr auch Fremde schnell öffnen, aber bei einer Amateurdetektivin wirkt das zu konstruiert. Man wünscht sich mit fortschreitender Lektüre zunehmend, dass Ira ein bisschen mehr Raffinesse für ihre Recherchen aufbringen muss, statt dass sie ihr quasi serviert werden. Zudem erscheinen die trinkfesten Tanten etwas zu offenkundig als witzige Originale inszeniert, sie sind recht klischeehaft geraten. Grundsätzlich sorgen sie durchaus für amüsante Szenen, was jedoch auf Dauer etwas überstrapaziert wird.

Fazit:

"Mordkapelle" von Carla Berling ist ein vorwiegend auf Humor ausgelegter Krimi mit einer sympathischen Hauptfigur. Das Buch unterhält solide, wenngleich man keine zu hohen Erwartungen beim kriminalistischen Teil haben sollte.

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