13. Juni 2017

Das Haus in der Nebelgasse - Susanne Goga

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Diana
Seiten: 448
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Die Autorin:

Susanne Goga, Jahrgang 1967, studierte Literaturübersetzungen und arbeitete freiberuflich für diverse Verlage. Seit 2005 veröffentlicht sie regelmäßig historische Romane, darunter vor allem die Krimireihe um Leo Wechsler, die in den zwanziger Jahren spielt. Werke von ihr sind u. a.: "Leo Berlin", "Tod in Blau", "Das Leonardo-Papier" und "Der verbotene Fluss"

Inhalt:


London, 1900: Matilda Gray ist eine junge und engagierte Lehrerin an einem Mädcheninternat. Matilda liegen ihre Schülerinnen sehr am Herzen, ganz besonders ihre Lieblingsschülerin Laura. Laura ist intelligent und sehr wissbegierig und möchte ihre Bildung dazu nutzen, um später ebenfalls eigenständig zu leben.

Umso erstaunter ist Matilda, als Laura nach den Sommerferien nicht ins Internat zurückkehrt. Angeblich ist sie vor einiger Zeit an einem hartnäckigen Husten erkrankt, sodass ein Klimawechsel vonnöten war. Ihr Vormund habe sie daher auf eine Europareise mitgenommen, auf der sich Laura wieder erholen soll. Für die Schulleitung ist die Sache damit abgeschlossen, doch Matilda kann nicht glauben, dass Laura die Schule ohne Abschied verlassen hat - und dass sie ihren Wunsch nach Bildung freiwillig aufgibt.

Und tatsächlich erreicht Matilda bald eine Nachricht von Laura mit einem versteckten Hinweis. Sie findet daraufhin in Lauras Zimmer ein Kästchen mit weiteren mysteriösen Hinweisen. Matilda sucht Unterstützung bei dem Historiker Stephen Fleming. Gemeinsam geraten sie einem jahrhundertealten Geheimnis auf die Spur ...

Bewertung:


Nach "Der verbotene Fluss" legt Susanne Goga mit "Das Haus in der Nebelgasse" erneut einen Roman vor, der in Großbritannien um 1900 spielt. Wieder steht eine junge, entschlossene Frau im Mittelpunkt, die einem Geheimnis auf die Spur kommt.

Matilda ist eine sympathische Protagonistin die man schnell und leicht ins Herz schließt. Sie ist ungewöhnlich selbstständig für eine Frau ihrer Zeit, ohne dass in dieser Hinsicht zu dick aufgetragen würde. Sie verdient ihr Geld selbst und geht ihrem Beruf leidenschaftlich gern nach. Ihre Schülerinnen liegen ihr am Herzen, und sie ermuntert sie dazu, sich zu bilden, um eventuell später auf eigenen Beinen stehen zu können. Matilda ist intelligent und gütig zugleich, eine liebenswerte Figur, deren Entscheidungen man gut nachvollziehen kann.

Die Handlung ist spannend konstruiert: Früh ist klar, dass mit Lauras plötzlichem Verschwinden irgendetwas nicht stimmt. Matildas Kollegin und die Rektorin geben sich damit zufrieden, dass sie die Schule verlassen hat und mit dem Vormund Europa bereist. Matilda aber weiß, dass ihre "Lieblingsschülerin" sich nie so sang- und klanglos aus ihrem Leben verabschiedet hätte. Zudem erfährt sie von Lauras bester Freundin Anne, dass Laura ihren Vormund offenbar nicht mochte und daher die Ferien immer bei Anne verbrachte. Und schließlich machen die versteckten Hinweise auf der Postkarte klar, dass Laura nicht so kommunizieren darf wie sie es gern möchte. Somit darf man zum einen gespannt sein, in welcher Situation Laura genau steckt und ob es zum Wiedersehen mit Matilda kommt. Zum anderen fesselt die Suche nach dem Schatz, der eng mit der Londoner Geschichte verknüpft ist. Nur häppchenweise ergibt sich ein Hinweis nach dem nächsten; Matilda und Stephen müssen jahrhundertealte Dokumente finden und lückenhafte Texte deuten, Symbole entschlüsseln, Archive aufsuchen und auch mal heimlich in einen Keller einsteigen. Sie begeben sich dabei durchaus auf gefährliches Terrain; zudem spürt Matilda Zeitdruck, da sie nicht weiß, in welcher Lage sich Laura befindet. Des Weiteren muss Matilda sehr darauf achten, dass ihre Kolleginnen und vor allem die Rektorin nichts von ihren Nachforschungen erfahren. Private Beziehungen zu Schülerinnen werden nicht geduldet, und Matilda muss aufpassen, dass ihre nachfragen zu Lauras Verbleib und ihrem Vormund nicht Misstrauen erwecken, sie würde damit ihre Stellung riskieren.

London um 1900 mit seinen engen Gassen, den Droschken, den finsteren Ecken wie den Treffpunkten der feinen Gesellschaft wird zwar nicht extrem detailliert geschildert. Aber man erhält doch einen recht guten Eindruck vom Leben und Alltag des ausgehenden Viktorianischen Zeitalters.

Eine sehr gelungene Nebenfigur ist Matildas Vermieterin Mrs. Westlake, eine ältere Witwe, die romantische Heftromane schreibt. Ihre Serienheldin ist die schöne und verwegene Adela Mornington, die sie rund um die Welt von einem Abenteuer ins nächste schickt. Mrs. Westlake ist Matilda eine Art Mutterersatz und ist Feuer und Flamme, ihr beim Rätselraten um Lauras Verschwinden und das Rätsel der Schatulle zu helfen. Interessant ist auch der kauzige Sammler und Antiquar Mr. Arkwright, der Matildas erste Anlaufstelle wird. Mr. Arkwright ist ein schwieriger Einzelgänger, der Matilda desse ungeachtet wichtige Informationen liefert. Und Stephen Fleming schließlich ist ein charmanter, intelligenter Geschichtsdozent, dem Matilda bald näherkommt - doch er hütet auch ein dunkles Geheimnis.

Zu bemängeln gibt es wenig an diesem gelungenen Historienschmöker. Der Anfang zieht sich ein wenig lang, zumal es mehr als hundert Seiten dauert, bis Stephen Fleming, immerhin eine wichtige Figur, auf der Bildfläche erscheint. Dann wiederum gelangt Matilda mindestens einmal durch einen großen Zufall an eine bedeutsame Information, und das Ende verläuft ein bisschen gehetzt.

Fazit:


"Das Haus in der Nebelgasse" von Susanne Goga ist ein spannender Historienroman mit gelungenen Figuren, der nach London um 1900 entführt. Gute Unterhaltung mit nur geringen Schwächen.

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