27. Januar 2017

Und draußen stirbt ein Vogel - Sabine Thiesler

Produktinfos:

Ausgabe: 2016 bei Heyne
Seiten: 448
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Die Autorin:

Sabine Thiesler studierte Germanistik und Theaterwisenschaften und arbeitete als Bühnenschauspielerin, ehe sie Schriftstellerin wurde. Neben "Der Kindersammler" verfasste sie auch einige Theaterstücke und schrieb Drehbücher für Fernsehserien wie "Tatort" und "Polizeiruf 110". Andere Werke sind "Hexenkind", "Die Totengräberin" und "Der Menschenräuber".

Inhalt:

Die deutsche Autorin Rina Kramer lebt zurückgezogen in der Toskana, wo sie ihre erfolgreichen Bücher schreibt. Ihr Ehemann Eckart reist die meiste Zeit des Jahres als Regisseur durch die Welt, der kleine Sohn Fabian wohnt in einem deutschen Internat und verbringt nur die Ferien in Italien.

Rina weiß nicht, dass sie einen fanatischen Stalker hat, der sie bei ihren Lesungen beobachtet und ihr Leben auskundschaftet. Manuel Gelting ist davon überzeugt, dass Rina ihm seine Buchideen gestohlen hat und er nur ihretwegen kein Autor geworden ist. Als sich Rina nach einer Lesung in Deutschland wieder in die Toskana zurückzieht, folgt er ihr mit seinem Wohnwagen.

Es trifft sich perfekt für ihn, dass Rina die kleine Gästevilla bei ihrem Haus an Urlauber vermietet. Er mietet sich bei ihr ein und plant seine Rache, während Rina und ihr kleiner Sohn ihn für einen etwas verschrobenen, aber harmlosen Gast halten ...

Bewertung:

Mit ihrem Roman "Und draußen stirbt ein Vogel" bleibt Sabine Thiesler ihrem Schema treu und legt den achten Thriller vor, der in der Toskana spielt. Die Werke sind in sich abgeschlossen, doch wie immer spielt auch hier Commissario Donato Neri eine kleine Rolle. Der bemühte Polizist, der nach wie vor seiner einstigen Stelle in Rom nachtrauert und bei Ermittlungen immer wieder die falschen Schlüsse zieht oder haarscharf an der Aufklärung vorbeischlittert, kommt hier allerdings nur am Rande vor.

Die Handlung um die Bestsellerautorin Rina Kramer ist teilweise spannend, und grundsätzlich liest sich das Werk schnell und flüssig. Lange Zeit ist unklar, wie weit Manuel mit seiner Rache gehen wird, ob es vielleicht Tote geben wird. Gerade wenn man bereits andere Thriller aus Sabine Thieslers Feder kennt, weiß man, dass am Ende nicht zwangsläufig ein glücklicher Ausgang stehen muss, dass nicht immer der moralischen oder gesetzlichen Gerechtigkeit (vollständig) Genüge getan wird. Das Setting ist reizvoll, auch wenn man es so oder so ähnlich schon aus Thieslers anderen Romanen kennt: eine wild-romantische Gegend abseits der Städte, viel ursprüngliche Natur, eine einsame Lage des Hauses über vierzehn Serpentinen, keine Nachbarn. Für Rina Kramer sind diese idyllischen Bedingungen ideal, um sich ganz in Ruhe ihrer Arbeit widmen zu können; ironischerweise ist auch ihr Stalker dafür dankbar, dass sein Opfer es ihm so leicht macht. Es ist auch keine schlechte Idee, das Stalkerthema hier etwas zu variieren: Manuel Gelting ist kein Fan der Autorin, der von ihr Beachtung wünscht oder eine besondere Bindung zu ihr fühlt wie beispielsweise Annie Wilkes aus Stephen Kings "Misery". Stattdessen hasst er sie und macht sie für sein deprimierendes Leben und seine Erfolglosigkeit verantwortlich.

Der kriminalistische Teil wird durch kleine Nebenstränge ergänzt. Da ist einmal Rinas und Eckarts erkaltete Ehe, die quasi nur noch auf dem Papier besteht. Rina akzeptiert stillschweigend Eckarts Daueraffäre mit seiner Regieassistentin, die meiste Zeit des Jahres ist er ohnehin in anderen Ländern unterwegs. Der kleine Fabian entdeckt auf einer Vatikanreise seine Begeisterung für den Petersdom und knüpft ein vertrauliches Band mit Pater Johannes, der wiederum eine Gemeinde in der Toskana übernimmt. Fabians plötzlich erwachter Religionseifer ist Eckart allerdings ein Dorn im Auge; und bei Pater Johannes ist zunächst uneindeutig, inwieweit er wirklich vertrauenswürdig ist.

Aber im Gegensatz zu früheren Werken, vor allem die ersten Romane "Der Kindersammler", "Hexenkind", "Die Totengräberin" und "Der Menschenräuber", ist die Figur des Täters hier blass geraten. Manuel Gelting bleibt eine diffuse Figur, zwar bedrohlich, aber nicht faszinierend. Seine Gedankenwelt wird nie wirklich nachvollziehbar; die Erklärung, warum er Rina für eine Plagiatorin hält, ist nicht sehr überzeugend, sondern weit hergeholt. Es gibt zwar einen nicht uninteressanten Rückblick in Manuels Jugend mit einem einschneidenden Erlebnis; dennoch ist er, trotz seiner finsteren Pläne und Gedanken, ein unspektakulärer Bösewicht. Rina Kramer ist eine soweit sympathische Protagonistin, aber auch kein Charakter, der sich ins Lesergedächtnis einpflanzt. Schade ist zudem, dass Commissario Neris Mitwirken sehr spärlich ausfällt. Insgesamt erscheint das Buch eher wie ein Abklatsch vergangener Werke ohne eigene Stärke; es funktioniert als solide Lektüre, wenn man keine besonderen Erwartungen hat, bleibt aber unter Sabine Thieslers üblichem Niveau.

Fazit:


"Und draußen stirbt ein Vogel" ist ein durchschnittlicher Thriller, der nicht an Sabine Thieslers beste Werke heranreicht. Der Roman bietet eine solide, halbwegs spannende und kurzweilige Lektüre, ohne sich aber nachhaltig einzuprägen. Vor allem die Täterfigur und ihre Motivation sind wenig überzeugend.

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