Produktinfos:
Ausgabe: 2014
Seiten: 400
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
Jennifer McMahon, geboren 1968 in Connecticut, schrieb schon als Kind Kurzgeschichten und machte ihre Leidenschaft schließlich zum Beruf. Weitere Werke sind u. a. "Das Mädchen im Wald", "Die Insel der verlorenenen Kinder" und "Das 5. Opfer".
Inhalt:
Westhall, Vermont 1908: Sara Harrison Shea lebt zusammen mit ihrem Mann Martin und der kleinen Tochter Gertie auf einer Farm in einer kargen Gegend. Aus ihrer Kindheit kennt Sara die Legenden, die sich um den Ort und besonders um den düsteren Wald ranken: Mit Hilfe eines Rituals soll es möglich sein, Tote für eine Woche in die Welt der Lebenden zurückzuholen. Als Saras über alles geliebte Tochter Gertie stirbt, führt die vor Kummer fast wahnsinnige Sara das Ritual aus - mit fatalen Folgen.
Westhall in der Gegenwart: Die neunzehnjährige Ruthie und ihre sechsjährige Schwester Fawn leben seit dem Tod des Vaters allein mit ihrer Mutter Alice auf der Farm. Am Morgen nach Neujahr ist Alice plötzlich spurlos verschwunden. Ruthie macht sich Sorgen und sucht im Haus nach irgendwelchen Hinweisen, wo ihre Mutter hingegangen sein könnte.
Dabei stößt sie in einem Versteck auf das Tagebuch der Sara Harrison Shea, auf einen Revolver und auf zwei Portemonnaies samt Ausweisen eines ihr unbekannten Ehepaares. Allmählich kristallisiert sich heraus, dass Alice' Verschwinden irgendwie mit Saras unheimlicher Geschichte zusammenhängen muss. Die beiden Schwestern begeben sich auf eine gefährliche Suche ...
Bewertung:
Es bleibt nicht aus, dass einem bei der Lektüre von "Winter People" alsbald Stephen Kings "Friedhof der Kuscheltiere" in den Sinn kommt, auch gewisse Assoziationen zum Horrorfilm/-buch "The Ring" tun sich auf. Verbindende Elemente sind die wiederkehrenden Toten, die mit Hilfe eines Rituals zum Leben erweckt werden, die Trauer und Verzweiflung Hinterbliebener, die sich auf diese wahnsinnige Tat einlassen, und das Schicksal eines Kindes, das auch nach seinem Tod weiterhin Unglück verbreitet. Davon abgesehen ist Jennifer McMahons Roman bei Weitem kein Aufguss dieser anderen Medien, sondern funktioniert wunderbar als eigenständiger Horrorthriller.
Die Handlung teil sich in drei Stränge auf, die nach und nach immer enger zusammengeführt werden. Der Strang im Jahr 1908 dreht sich um das Schicksal von Sara, deren Tagebuchaufzeichnungen das Geheimnis um die "Schlafenden", die zum Leben erweckt werden, in die Gegenwart transportiert. In der Gegenwart stehen vor allem die Schwestern Ruthie und Fawn im Mittelpunkt, die zusammen mit ihrer verschwundene Mutter die jetzigen Bewohner der Farm sind und das Tagebuch finden. Der dritte Strang handelt von der jungen Katherine, deren Mann Gary vor zwei Monaten tödlich verunglückte. Katherine drängt es, zu erfahren, was ihn kurz vor seinem Tod nach Westhall führte und stellt Nachforschungen an. Sie findet heraus, dass sich Gary mit einer ihr unbekannten Frau in einem Restaurant traf, bei der es sich um Alice handelt. Und sie findet in Garys Sachen die Taschenbuchausgabe von Saras Tagebuch, das deren Nichte seinerzeit veröffentlichte. Auf ihrer Suche nach Alice, von der sie sich Antworten zu Garys letzten Stunden erhofft, trifft Katherine schließlich auf Ruthie und Fawn, sodass sich der Kreis zwischen Sara (bzw ihrem Tagebuch), Ruthie/Fawn und Katherine schließt.
Sowohl die Vergangenheits- als auch die Gegenwartshandlungen sind hochspannend und berührend. Letzteres gilt vor allem für den Strang um Sara. Bereits vor Gertie hat sie schwere Schicksalsschläge erfahren: Zunächst erlebte sie mehrere Fehlgeburten, ehe der kleine Charlie geboren wurde und nach zwei Monaten verstarb. Kein Wunder also, dass Gertie von Sara Liebe überschüttet wird und dass ihr Verlust Sara nahezu um den Verstand bringt. Auch Gerties Vater Martin leidet natürlich sehr unter Gerties Tod, doch ihm gelingt es schweren Herzens, seine Arbeit wieder aufzunehmen, statt wie Sara in Verzweiflung abzugleiten. Saras Gefühle bewegen den Leser und versetzen ihn gleichzeitig in Gruselstimmung angesichts der Vorstellung, dass die kleine Gertie zurückkehren soll.
In der Gegenwartshandlung fungiert Ruthie als Identifikationsfigur. Ihre Angst um die Mutter und die Suche werden fesselnd erzählt; mit Spannung verfolgt man, wie Ruthie und Fawn nach und nach immer mehr über Sara und die Ereignisse vor hundert Jahren erfahren. Daneben muss Ruthie die Verantwortung für ihre Schwester tragen, muss ihr Zuversicht vermitteln. Ihre Sorgen, Ängste und Bemühungen um Klarheit wirken authentisch, sodass man sich Ruthie eng verbunden fühlt.
Neben den gelungenen Darstellungen vor allem von Sara und Ruthie überzeugt das Werk in Sachen Spannung und Atmosphäre. Saras und Martins beschwerliches Leben in der kargen Gegend wird anschaulich präsentiert, man erhält ein detailreiches Bild von der Farm und ihrer Umgebung. Das Wissen um die "Schlafenden", die aus dem Wald in die Welt der Lebenden geholt werden können, verleiht der Handlung von Beginn an unheimliches Flair. Viele Szenen sorgen für Gänsehautstimmung, plakative Szenen bleiben jedoch aus - die Beschreibungen sind nicht mit Zombieromanen zu vergleichen, die den Fokus auf Horror legen, hier wird stattdessen in erster Linie mit Andeutungen gearbeitet, dies aber durchaus wirkungsvoll.
Zu kritisieren gibt es gibt es kaum etwas in diesem sehr überzeugenden Roman. Anfangs ist es noch ein wenig schwer verständlich, warum Ruthie nicht die Polizei informiert. Später allerdings wird dies verständlich: Ruthie fürchtet, dass die kleine Fawn angesichts der Umstände in eine Pflegefamilie kommen würde, bis ihre Mutter gefunden wird; zudem fürchtet Ruthie nach dem Fund des Revolvers und der Portemonnaies des fremden Ehepaares, das die Ermittler davon erfahren und Alice eines Verbrechens an ihnen verdächtigen könnten. Diese Begründungen hätte man ruhig noch früher klar herausstellen können, aber letztlich kann man Ruthies Nichteinschalten der Polizei nachvollziehen. Des Weiteren kann man kritisieren, dass ein Zusammentreffen von Figuren ein bisschen konstruiert wirkt, da es rein zufällig genau zum passenden Zeitpunkt eintrifft.
Fazit:
Ein sehr spannender, eindringlicher und bewegender Mysterythriller, bei dem die Horrorelemente allerdings trotz des Themas "wiederkehrende Tote" subtil ausfallen, sodass man also keinen klassischen Zombieroman erwarten darf.
Ausgabe: 2014
Seiten: 400
Amazon
* * * * *
Die Autorin:
Jennifer McMahon, geboren 1968 in Connecticut, schrieb schon als Kind Kurzgeschichten und machte ihre Leidenschaft schließlich zum Beruf. Weitere Werke sind u. a. "Das Mädchen im Wald", "Die Insel der verlorenenen Kinder" und "Das 5. Opfer".
Inhalt:
Westhall, Vermont 1908: Sara Harrison Shea lebt zusammen mit ihrem Mann Martin und der kleinen Tochter Gertie auf einer Farm in einer kargen Gegend. Aus ihrer Kindheit kennt Sara die Legenden, die sich um den Ort und besonders um den düsteren Wald ranken: Mit Hilfe eines Rituals soll es möglich sein, Tote für eine Woche in die Welt der Lebenden zurückzuholen. Als Saras über alles geliebte Tochter Gertie stirbt, führt die vor Kummer fast wahnsinnige Sara das Ritual aus - mit fatalen Folgen.
Westhall in der Gegenwart: Die neunzehnjährige Ruthie und ihre sechsjährige Schwester Fawn leben seit dem Tod des Vaters allein mit ihrer Mutter Alice auf der Farm. Am Morgen nach Neujahr ist Alice plötzlich spurlos verschwunden. Ruthie macht sich Sorgen und sucht im Haus nach irgendwelchen Hinweisen, wo ihre Mutter hingegangen sein könnte.
Dabei stößt sie in einem Versteck auf das Tagebuch der Sara Harrison Shea, auf einen Revolver und auf zwei Portemonnaies samt Ausweisen eines ihr unbekannten Ehepaares. Allmählich kristallisiert sich heraus, dass Alice' Verschwinden irgendwie mit Saras unheimlicher Geschichte zusammenhängen muss. Die beiden Schwestern begeben sich auf eine gefährliche Suche ...
Bewertung:
Es bleibt nicht aus, dass einem bei der Lektüre von "Winter People" alsbald Stephen Kings "Friedhof der Kuscheltiere" in den Sinn kommt, auch gewisse Assoziationen zum Horrorfilm/-buch "The Ring" tun sich auf. Verbindende Elemente sind die wiederkehrenden Toten, die mit Hilfe eines Rituals zum Leben erweckt werden, die Trauer und Verzweiflung Hinterbliebener, die sich auf diese wahnsinnige Tat einlassen, und das Schicksal eines Kindes, das auch nach seinem Tod weiterhin Unglück verbreitet. Davon abgesehen ist Jennifer McMahons Roman bei Weitem kein Aufguss dieser anderen Medien, sondern funktioniert wunderbar als eigenständiger Horrorthriller.
Die Handlung teil sich in drei Stränge auf, die nach und nach immer enger zusammengeführt werden. Der Strang im Jahr 1908 dreht sich um das Schicksal von Sara, deren Tagebuchaufzeichnungen das Geheimnis um die "Schlafenden", die zum Leben erweckt werden, in die Gegenwart transportiert. In der Gegenwart stehen vor allem die Schwestern Ruthie und Fawn im Mittelpunkt, die zusammen mit ihrer verschwundene Mutter die jetzigen Bewohner der Farm sind und das Tagebuch finden. Der dritte Strang handelt von der jungen Katherine, deren Mann Gary vor zwei Monaten tödlich verunglückte. Katherine drängt es, zu erfahren, was ihn kurz vor seinem Tod nach Westhall führte und stellt Nachforschungen an. Sie findet heraus, dass sich Gary mit einer ihr unbekannten Frau in einem Restaurant traf, bei der es sich um Alice handelt. Und sie findet in Garys Sachen die Taschenbuchausgabe von Saras Tagebuch, das deren Nichte seinerzeit veröffentlichte. Auf ihrer Suche nach Alice, von der sie sich Antworten zu Garys letzten Stunden erhofft, trifft Katherine schließlich auf Ruthie und Fawn, sodass sich der Kreis zwischen Sara (bzw ihrem Tagebuch), Ruthie/Fawn und Katherine schließt.
Sowohl die Vergangenheits- als auch die Gegenwartshandlungen sind hochspannend und berührend. Letzteres gilt vor allem für den Strang um Sara. Bereits vor Gertie hat sie schwere Schicksalsschläge erfahren: Zunächst erlebte sie mehrere Fehlgeburten, ehe der kleine Charlie geboren wurde und nach zwei Monaten verstarb. Kein Wunder also, dass Gertie von Sara Liebe überschüttet wird und dass ihr Verlust Sara nahezu um den Verstand bringt. Auch Gerties Vater Martin leidet natürlich sehr unter Gerties Tod, doch ihm gelingt es schweren Herzens, seine Arbeit wieder aufzunehmen, statt wie Sara in Verzweiflung abzugleiten. Saras Gefühle bewegen den Leser und versetzen ihn gleichzeitig in Gruselstimmung angesichts der Vorstellung, dass die kleine Gertie zurückkehren soll.
In der Gegenwartshandlung fungiert Ruthie als Identifikationsfigur. Ihre Angst um die Mutter und die Suche werden fesselnd erzählt; mit Spannung verfolgt man, wie Ruthie und Fawn nach und nach immer mehr über Sara und die Ereignisse vor hundert Jahren erfahren. Daneben muss Ruthie die Verantwortung für ihre Schwester tragen, muss ihr Zuversicht vermitteln. Ihre Sorgen, Ängste und Bemühungen um Klarheit wirken authentisch, sodass man sich Ruthie eng verbunden fühlt.
Neben den gelungenen Darstellungen vor allem von Sara und Ruthie überzeugt das Werk in Sachen Spannung und Atmosphäre. Saras und Martins beschwerliches Leben in der kargen Gegend wird anschaulich präsentiert, man erhält ein detailreiches Bild von der Farm und ihrer Umgebung. Das Wissen um die "Schlafenden", die aus dem Wald in die Welt der Lebenden geholt werden können, verleiht der Handlung von Beginn an unheimliches Flair. Viele Szenen sorgen für Gänsehautstimmung, plakative Szenen bleiben jedoch aus - die Beschreibungen sind nicht mit Zombieromanen zu vergleichen, die den Fokus auf Horror legen, hier wird stattdessen in erster Linie mit Andeutungen gearbeitet, dies aber durchaus wirkungsvoll.
Zu kritisieren gibt es gibt es kaum etwas in diesem sehr überzeugenden Roman. Anfangs ist es noch ein wenig schwer verständlich, warum Ruthie nicht die Polizei informiert. Später allerdings wird dies verständlich: Ruthie fürchtet, dass die kleine Fawn angesichts der Umstände in eine Pflegefamilie kommen würde, bis ihre Mutter gefunden wird; zudem fürchtet Ruthie nach dem Fund des Revolvers und der Portemonnaies des fremden Ehepaares, das die Ermittler davon erfahren und Alice eines Verbrechens an ihnen verdächtigen könnten. Diese Begründungen hätte man ruhig noch früher klar herausstellen können, aber letztlich kann man Ruthies Nichteinschalten der Polizei nachvollziehen. Des Weiteren kann man kritisieren, dass ein Zusammentreffen von Figuren ein bisschen konstruiert wirkt, da es rein zufällig genau zum passenden Zeitpunkt eintrifft.
Fazit:
Ein sehr spannender, eindringlicher und bewegender Mysterythriller, bei dem die Horrorelemente allerdings trotz des Themas "wiederkehrende Tote" subtil ausfallen, sodass man also keinen klassischen Zombieroman erwarten darf.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.