17. Mai 2013

Olga, Star der Parkschule - Marie Louise Fischer

Produktinfos:

Ausgabe: 1971
Seiten: 140
Amazon
* * * * *
Die Autorin:

Marie-Louise Fischer, 1922-2005, zählt zu den bekanntesten Autorinnen Deutschlands. Sie studierte zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, ehe sie als Dramaturgin in Prag arbeitete. Mit 29 Jahren erschien ihr erster Roman. Seitdem verfasste sie mehr als hundert Bücher, vorwiegend Gesellschafts- und Frauenromane. Vor allem ihre meist mehrbändigen Mädchenromane wurden zu Klassikern innerhalb der Jugendbuchliteratur, z.B. die Reihen "Ulrike", "Klaudia" und "Michaela".

Inhalt:

Katrin, Silvy und Ruth geraten im Kino mit einem Herrn aneinander, der sich über ihre lauten Gespräche und frechen Antworten beschwert. Zum Schrecken der Mädchen entpuppt sich der Herr am nächsten Morgen ausgerechnet als ihr neuer Klassenlehrer Herr Alte. Silvy legt daraufhin sofort ihr Amt als Klassensprecherin nieder - sie fürchtet, dass es sonst zu weiteren Konflikten mit Herrn Alte kommt.

Allerdings wurmt Katrin und Silvy der Gedanke, dass nun eine andere das Klassensprecheramt übernehmen wird. Am liebsten wäre den beiden, dass die neue Klassensprecherin ihr Amt so schlecht macht, dass es bei der nächsten Wahl ein Leichtes für Katrin oder Silvy ist, den Posten zurückzubekommen. Spontan beschließen die beiden, dass ihre Freundin Olga ideal dafür sei - Olga ist zwar klug und grundsätzlich beliebt, aber dermaßen empfindlich, dass sie eine denkbar schlechte Klassensprecherin wäre. Tatsächlich gelingt es Katrin und Silvy, in der Klasse Olga auch ohne offizielle Wahl als neue Sprecherin durchzusetzen.

Olga ahnt nichts von deren Hintergedanken und ist überglücklich. Endlich fühlt sie, die sie wegen ihrer roten Haare oft aufgezogen wird, sich selbstbewusst. Ruth allerdings findet Katrins und Silvys Hintergedanken unfair und informiert Olga über die wahren Hintergründe. Olga ist zunächst tief enttäuscht. Dann aber beschließt sie, ihren neuen Posten so gut es geht zu vertreten, um Katrin und Silvy eins auszuwischen. In ihrem Bemühen, als Klassensprecherin aufzutrumpfen, schießt sie allerdings auch über ihr Ziel hinaus. Der Klasse stehen einige Konflikte bevor, insbesondere mit ihrem neuen Lehrer ...

Ein Rotfuchs mausert sich

Nach der vorlauten Katrin, der schüchternen Ruth und der ehrgeizigen Silvy steht nun im vierten Band der Reihe "Die Mädchen von der Parkschule" die sensible Olga im Mittelpunkt des Geschehens. Wie in den früheren Bänden geht es auch hier darum, dass die Schwächen des jeweiligen Mädchens zum Mittelpunkt der Handlung werden und die Protagonistin am Ende gelernt hat, ein bisschen besser mit jenen Schwächen umzugehen.

Olga ist eindeutig die Empfindlichste in der Mädchenclique von der Parkschule. Ihre feuerroten Haare machen sie ungewollt stets zu einem Blickfang und natürlich bleiben auch die Kommentare diesbezüglich nicht aus - ihre älteren Brüder necken sie gerne, die Nachbarkinder rufen auf der Straße freche Sprüche zu und Olga ist manchmal so unglücklich mit ihren Haaren, dass sie selbst ernstgemeinte Komplimente nicht wahrnimmt - als beispielsweise Ruths erwachsener Bruder sie bewundernd auf ihre schönen Haare anspricht, unterstellt sie ihm, sich lustig zu machen. Zu Olgas Ärger neigt sie zudem dazu, sehr schnell zu erröten und Grund dafür hat sie ständig: Dauernd glaubt sie, dass über sie getuschelt wird auch bei harmlosen Scherzen auf ihre Kosten lacht sie nicht mit, sondern schnappt sofort ein. Ihre Freundinnen können damit zwar in aller Regel recht gut umgehen, doch in diesem Band kommt es zunächst zum ernsthaften Zerwürfnis.

Olgas Empfindlichkeit kommt Katrin und Silvy gerade recht bei ihrer Suche nach einer ungeeigneten Klassensprecherin. Sie ahnen allerdings nicht, dass Olga alles daran setzt, um diesen Posten gut auszufüllen und dabei sogar über das Ziel hinausschießt. Fehler werden auf beiden Seiten begangen - von Olgas Freundinnen war es nicht in Ordnung, sie mit Hintergedanken zur Klassensprecherin zu machen, Olga wiederum geht in ihren Bemühungen ein bisschen zu weit. Auf keinen Fall will sie den Posten wieder zurückgeben und sich regulär wählen lassen, zu sehr fürchtet sie etwa die spöttischen Kommentare ihrer Brüder, denen sie stolz von ihrer Wahl erzählt hat. Sie ist allerdings mit der neuen Stellung überfordert und greift zu unangemessenen Methoden, um sich in der Klasse beliebter zu machen. Letztlich lernen junge Leserinnen aus diesem Band beispielsweise, dass man Freundschaften gegenüber einer Klassensprecherposition den Vorzug geben sollte, dass man Freundinnen ihre Erfolge gönnen sollte und dass es keine Schande ist, sich und anderen einzugestehen, wenn man sich mit etwas übernommen hat.

Humorvoll geht es dabei auch zu und die Handlung ist zudem recht spannend. Es ist anfangs nicht absehbar, wohin die Intrige noch führen wird und wie Olga ihre Klassensprecherrolle meistern wird, sobald Probleme auftreten. Für einigen Wirbel sorgt der neue Klassenlehrer Herr Alte. Eigentlich ist er nicht unsympathisch, allerdings haben die Freundinnen dank des Streits im Kino gleich ein schlechtes Bild von ihm und halten ihn für humorlos. Herr Alte kommt zudem von einer Jungenschule und ist ein bisschen irritiert, dass eine Mädchenklasse offenbar in Sachen Frechheiten den Jungs nicht nachsteht. Seine oft etwas unwirsche Art macht es Olga und den anderen nicht leichter, Konflikte zu lösen, denn er ist anfangs alles andere als eine Vertrauensperson. Doch mit der Zeit taut Herr Alte auf und am Ende zeigt sich, dass in ihm doch auch eine sehr freundliche Seite steckt. Witzig sind vor allem die Wortgefechte, die sich der Lehrer, Katrin und Silvy im Unterricht liefern, etwa wenn es sich um die Interpretation des "Heiderösleins" dreht, bei der die Mädchen den Lehrer zur Weißglut bringen.

Denkbar ungünstig ist allerdings der Titel, der ein völlig falsches Bild vom Buch vermittelt. Die anderen vier Bände der Reihe "Die Mädchen von der Parkschule" (Katrin mit großen Klappe, Nur Mut, liebe Ruth, Silvy will die Erste sein und Leonore setzt sich durch) waren zwar recht einfach, aber dennoch treffend in ihren Aussagen. Der "Star der Parkschule" ist Olga allerdings wahrlich nicht, auch wenn sie im Verlauf der Handlung an Reife gewinnt. Der Titel erinnert eher an andere Mädchenromane Marie Louise Fischers, in denen die Protagonistinnen ein paar Jahre älter sind und wo sich die Geschichten um Flirtereien, Jungs und Aussehen drehen - für einen Roman, dessen Protagonistinnen zwölfjährige Mädchen der sechsten Klasse sind, die mit Mode, Beauty und Jungs noch nichts am Hut haben, klingt der Titel reichlich überzogen und weckt falsche Erwartungen. Etwas übertrieben ist zudem das ständige Herumreiten auf Olgas Haarfarbe. Gewiss, als rothaariges Mädchen erreichen einen durchaus mal spöttische Kommentare, allerdings werden Olgas Haare allzu häufig erwähnt und die ständigen Anspielungen darauf seitens ihres Umfelds mit "Rotfuchs", "Laterne" oder "Füchschen" nerven auf Dauer ein wenig.

Generell merkt man dem Buch seit Alter schon an; trotz seines insgesamt unterhaltsamen Inhaltes sind Handlung und Themen teils doch ein wenig bieder: Es ist nicht ganz leicht, nachzuvollziehen, weshalb die Mädchen aus dem Klassensprecheramt solch eine große Sache machen, warum Katrin und Silvy eine Intrige starten, nur um damit die Chance zu erhöhen, im nächsten Jahr wiedergewählt zu werden. Es ist bereits übertrieben, dass Silvy ihr Amt niederlegt, nur weil sie ihrem Klassenlehrer eine freche Antwort gegeben hat, bevor sie wusste, wer er ist. Diese ganzen Dramen, die sich aus der Geschichte entwickeln, scheinen den Anlässen nicht wirklich angemessen zu sein - und erst recht nicht Katrins und Silvys Verhaltensweisen, die doch recht egoistisch sind. Vor allem bei Silvy fragt man sich unwillkürlich wieder einmal, warum sie eigentlich zur Clique gehört, da sie ständig auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist.

Fazit:


Grundsätzlich ein unterhaltsames Buch für Mädchen ab etwa zehn Jahren, das ein wenig altmodisch daherkommt, aber dennoch in Teilen lehrreich und recht spannend ist, wenngleich es in manchen Punkten kritisch zu betrachten ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.