31. Mai 2016

Fakebook - Alexander Broicher

Produktinfos:

Ausgabe: 2012
Seiten: 240
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Der Autor:

Alexander Broicher, Jahrgang 1973, studierte Filmwissenschaft, Creative Writing, Medienberatung und Dramaturgie. Er arbeitete lange Zeit für Magazine, Film und Fernsehen, beispielsweise für die Serie "Verliebt in Berlin". Ein weiteres Werk ist "Unter Frauen".

Inhalt:


Frieder Kurzmeier ist ein Niemand. So zumindest empfindet er selbst, und so wird es ihm auch immer wieder von seiner Umwelt vermittelt. Enge Freunde hat er keine, seine Exfreundin Lena will nichts mehr von ihm wissen, seine Kollegen in der Lebensmitteltechnik-Firma nehmen ihn nicht ernst. Vor allem wenn er sich auf Facebook herumtreibt, frustriert es ihn, wie sehr sich andere amüsieren, während mit ihm kaum jemand etwas zu tun haben will.

Das ändert sich schlagartig, als Frieder kurzerhand eine Fake-Identität auf Facebook erschafft. Er nennt sich "Rocco", gibt sich als weltgewandter Lebemann aus, schmückt sich mit einem geklauten, lässigen Profilbild und sammelt im Nu Hunderte neue Facebook-Freunde, die ihm huldigen.

Frieder genießt diese ungewohnte Aufmerksamkeit, erst recht, als sich auch seine Exfreundin Lena um "Roccos" Freundschaft bemüht. Zugleich ändert er auch im realen Leben sein Image, stylt sich um, erweckt das Interesse von Frauen und tritt auf der Arbeit energischer auf. Doch als auf einmal seine Fake-Identität Rocco leibhaftig neben ihm steht, traut er seinen Augen kaum. Der lässige Rocco erklärt sich gerne bereit, ihn noch ein bisschen mehr zu unterstützen ...

Bewertung:

Die Grundidee von Alexander Broichers Roman "Fakebook" ist vielversprechend. Soziale Medien im Allgemeinen und Facebook im Speziellen sind in aller Munde, ebenso wie die damit einhergehenden Problematiken. Was Facebook-Fakeprofil anrichten können, wird beispielsweise ausführlich in Victoria Schwartz' autobiografischem Werk "Wie meine Internet-Liebe zum Albtraum wurde" aufgezeigt, und "Fakebook" klingt zunächst nach einem spannenden Roman, der die fatale Entwicklung eines Internet-Fakes beschreibt. Im Heyne-Sublabel "Heyne Hardcore" tummeln sich unter anderem drastische Horrorromane, damit hat "Fakebook" allerdings nichts zu tun, die Einordnung basiert wohl vor allem auf dem leicht provokanten, aktuellen Thema im Sinne des Heyne-Hardcore-Mottos: "Bücher, die Aufsehen erregen".

Der Anfang ist noch recht interessant, denn es entsteht eine gewisse Spannung bezüglich der Fragen, wie weit Frieder mit seiner gefälschten Identität geht und was er möglicherweise für Konsequenzen erntet. Als "Rocco" foppt er nicht nur seine Exfreundin Lena, sondern er freunfdet sich auch gezielt mit deren neuem Lover Vincent an, der zugleich Sohn von Frieders Chef und ihm ohnehin ein Dorn im Auge ist. Dieses Spiel mit dem Feuer ist also von der Grundidee durchaus reizvoll. Auch gibt es ein paar Szenen, in denen Frieders Außenseiterdasein auf witzige Weise dargestellt wird.

Allerdings krankt die Umsetzung schon daran, dass jeglicher Realismus beseitegelassen und das Thema eher satirisch überhöht behandelt wird. Frieder muss überhaupt keine Raffinesse beweisen oder irgendwie sonderlich geschickt vorgehen, sondern erhält gleich nach Erstellen des Profils bereits zahlreiche Freundschaftsanfragen. Obwohl er sehr dick aufträgt, scheint kaum einer seine Identität zu hinterfragen, etwa ob er wirklich wie behauptet mit Til Schweiger befreundet ist oder sich in Cannes auf dem roten Teppich tummelt. Frieder sorgt sich auch nicht darum, dass jemand den wahren Ursprung seiner Profilbilder mittels Googlebilder-Rückwärtssuche herausfinden könnte; anstatt sie zumindest etwas zu verändern, um dieses Risiko zu minimieren, verschwendet er keinen Gedanken daran, muss er wohl auch nicht, da ihm innerhalb kurzer Zeit Tausende unkritische Facebookuser zujubeln. Das geht so weit, dass ein Türsteher ihn erfeut einlässt, als er hört, dass Frieder mit "Facebook-Rocco" befreundet sei - ohne auch nur irgendeinen Beweis dafür abliefern zu müssen, profitiert er von der angeblichen Freundschaft. Diese übertriebenen Entwicklungen mag man amüsant finden, jedoch verliert die Handlung dadurch auch an Spannung, da Frieder sich eben kaum bemühen muss, da alles zu seinen Gunsten spielt. Übertrieben und unglaubwürdig ist auch, dass Frieder so schnell sein reales Image ändert und plötzlich auch dank neuer Frisur und stylischer Kleidung kein Problem hat, eine Frau abzuschleppen.

Noch einen Schritt weiter geht die Handlung, als der erfundene Rocco plötzlich vor Frieder steht. Diese Wendung hat zwar ein gewisses Potenzial, zumal anfangs nicht klar ist, ob sich Frieder Roccos Existenz einbildet. Später allerdings wird Rocco auch von anderen Menschen gesehen. Diese wie selbstverständliche Inkarnation Roccos mag man als i-Tüpfelchen der satirischen Überhöhung sehen, aber in erster Linie wirkt sie phantasielos und unmotiviert, wie um der Handlung krampfhaft Drive zu verleihen, ohne das Konzept näher zu durchdenken. Dass außer Frieders Kollegin Jolinde niemand wirklich sympathisch ist, kommt noch erschwerend hinzu.

Fazit:

Eine interessante Grundidee, die leider nur oberflächlich und unrealistisch ausgeführt wird. Allenfalls annehmbar, wenn man eine satirisch angehauchte Darstellung der Facebook-Welt lesen will, ansonsten aber unspannend.

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