3. Oktober 2015

Geliebte Angst - Rebekka Knoll

Produktinfos:

Ausgabe: 2015
Seiten: 320
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Die Autorin:

Rebekka Knoll, Jahrgang 1988, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft. "Geliebte Angst" ist ihr erster Jugendroman. Weitere Werke: Splittermädchen, Das Kratzen bunter Kreide und Zwischen den Regalen, ein Geheimnis.

Inhalt:

Ein Jahr ist die achtzehnjährige Emilia mit ihrem Mitschüler Marico zusammen und die beiden sind sehr glücklich. Dann jedoch verunglückt Marico eines Nachts mit seinem Auto und ist auf der Stelle tot. Emilia ist geschockt und untröstlich. Ihre beiden besten Freundinnen Tila und Lorena tun ihr Möglichstes, um Emilia zu helfen.

Emilia organisiert eine Feuerwerksbestattung in Maricos Heimat Tschechien, da er Feuerwerke liebte. Auch durch die Unterstützung ihrer Freundinnen fühlt sie sich langsam etwas besser und will wieder zur Schule gehen. Kurz darauf erhält Emilia eine Facebooknachricht - von Maricos Profil. Der Schreiber gibt sich als Marico aus und macht ihr eine Liebeserklärung.

Emilia ist entsetzt und nimmt an, dass irgendjemand Maricos Account missbraucht. Es folgen regelmäßig weitere Nachrichten und auch Sms von Maricos Handy. Der angebliche Marico scheint Emilia ständig zu beobachten. Immer wieder spielt er auf vergangene Erlebnisse der beiden an oder hinterlässt ihr Geschenke. Emilia weiß zwar mit dem Verstand, dass es nicht wirklich Marico sein kann und doch sehnt sie sie sich bald nach neuen Nachrichten. Ihre Freundinnen drängen sie jedoch, sich auf die Suche nach dem Schreiber zu machen, denn sie befürchten einen gefährlichen Stalker dahinter ...

Bewertung:

Liebesgeschichte und Thriller sind die beiden Genres, die sich in diesem Jugendroman vereinen. Er präsentiert zum einen das Schicksal eines Teenagers, dessen erste Liebe jäh durch einen Unfall endet. Emilias Leid, ihr Kummer und ihre allmähliche Rückkehr in den Alltag werden realistisch geschildert und lassen den Leser mit ihr mitfühlen. Für besonderen Reiz sorgen die Entdeckungen, die Emilia nach Maricos Tod macht - Geheimnisse, die er vor ihr verborgen hat und die sie nun enthüllt. Emilias nahezu makelloses Bild von ihrem geliebten Freund erhält Risse, sie erfährt unschöne Dinge. Allzu nachvollziehbar ist ihr Wunsch, sie könnte mit Marico darüber sprechen, die ihr auf der Seele brennenden Fragen loswerden. Dieses Schwanken zwischen Emilias Vermissen und ihrer Wut auf Marico zählt zu den stärksten Momenten des Romans. Das Buch demonstriert, dass der Verlust alleine bereits kaum erträglich ist; noch schlimmer wird es in diesem Fall aber dadurch, dass bestimmte Dinge zwischen Emilia und Marico nie mehr geklärt werden können, dass Emilia auf manche Fragen niemals Antworten erhalten wird und keine Chance mehr hat, Marico zu Rede zu stellen.

Der Fokus liegt indessen auf dem Thrillerteil der Handlung. Zu Beginn erscheinen die Nachrichten des angeblichen Marico noch als geschmackloser Scherz. Doch schon bald merkt Emilia, dass der Absender sie auch regelmäßig verfolgt und beobachtet. Er kommentiert ihr Lachen, wenn sie mit ihren Freundinnen unterwegs ist, er kann sie offenbar durch ihr Küchenfenster sehen, er kennt das Unterrichtsgeschehen. Schließlich bestellt er sie gar zu bestimmten Orten und hinterlässt ihr Geschenke - Emilia soll sich beispielsweise an der Kasse melden und erhält ein für sie hinterlegtes und bereits bezahltes Kleid, welches Marico seinerzeit gesehen hatte. Dadurch, dass der Absender die Vorgänge in der Schule kennt, ist klar, dass er zu einer ihrer Kurse gehören muss. Das macht es aber nicht viel leichter, denn es gibt niemanden, der eindeutig als Hauptverdächtiger in Frage kommt und ein gutes Motiv hätte, umgekehrt kann Emilia aber auch kaum jemanden ausschließen. Da der Unbekannte scheinbar rund um die Uhr in ihrer Nähe ist, ist die Handlung durchaus spannend. Einerseits darf gerätselt werden, wer warum sich als Marico ausgibt und andererseits ist ungewiss, wie weit Emilias Stalker noch gehen wird in seinem besitzergreifenden Denken.

Trotz dieser guten Ansätze kann das Werk nicht in allen Punkten überzeugen. So wirkt es etwa seltsam, dass Emilias Eltern keine Rolle spielen. Irgendwann wird beiläufig erwähnt, dass sie viel auf Reisen sind; das allerdings erscheint nicht realistisch, sondern nur wie eine Verlegenheitsbegründung. Die Anwesenheit von Emilias Eltern würde es für den Stalker sicher schwieriger machen, sich Emilia zu nähern und sich beispielsweise im Garten aufzuhalten; dementsprechend wirkt es, als habe man sie aus dem Roman heraushalten müssen, ohne dies aber gut begründen zu können. Zwar ist Emilia vom Alter her quasi erwachsen, doch sie geht noch zur Schule und wohnt zu Hause; zudem hat sie mit dem Verlust ihres Freundes zu kämpfen - angesichts dieser Tatsachen passt es nicht ins Bild, dass ihre Eltern nie da sind und die Abwesenheit auch so gut wie gar nicht thematisiert wird.

Zudem wirkt es bisweilen konstruiert, wie bereitwillig sich Emilia auf den falschen Marico einlässt. Zwar ist es nachvollziehbar, dass sie sich durch die Nachrichten Marico verbunden fühlt - aber manche Szenen sind übertrieben melodramatisch inszeniert. Das gilt insbesondere für die Szene, in der sich Emilia auf Maricos Geheiß Lasagne zubereitet und Alkohol trinkt und schließlich betrunken im Garten einschläft; ebenso für die Szene, in der sie auf Befehl im auffälligen roten Kleid die für Besucher abgesperrte Theaterbühne im Schlossmuseum betritt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich Emilia zunehmend wie eine Marionette benimmt. Nicht ganz stimmig ist außerdem, dass Emilia und ihre Freundinnen einen verdächtigen Mitschüler erst wahrnehmen, als er schon monatelang in ihre Stufe geht. Bei Emilia, die nach Maricos Tod zunächst nicht in die Schule ging, mag das noch verständlich sein; dass aber auch Tila und Lorena mit Lucas Namen zunächst gar nichts anfangen können und ihren Mitschüler nie bemerkt haben, ist alles andere als realistisch.

Fazit:


Ein nicht uninteressanter Jugendthriller mit einer gewissen Spannung, der sich leicht und zügig lesen lässt. Kann allerdings nicht in allen Belangen überzeugen und ist somit insgesamt recht durchschnittlich.

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