Produktinfos:
Ausgabe: 2017 bei Klett-Cotta
Seiten: 270
* * * * *
Der Autor:
Pierre Lemaitre aus Frankreich, Jahrgang 1951, verfasst sowohl Romane als auch Drehbücher. Für sein Buch "Wir sehen uns dort oben" erhielt er 2013 den "Prix Goncourt", den bedeutendsten französischen Literaturpreis. Weitere Werke sind "Der kalte Hauch der Angst" und "Ich will dich sterben sehen".
Inhalt:
1999 im französischen Dorf Beauval: Nachdem der Vater die Familie verlassen hat, lebt der zwölfjährige Antoine allein mit seiner Mutter. Trotz des Verlustes seines Vaters führt der Junge ein recht ausgeglichenes und zufriedenes Leben. Das ändert sich, als seine Freunde sich alle regelmäßig zum Playstationspielen treffen, was Antoines konservative Mutter verbietet.
Antoine wird dadurch immer einsamer. Die meiste Zeit verbringt er mit dem Nachbarshund Odysseus im Wald von Saint-Eustache, wo er ein Baumhaus baut. Antoine steckt alle Energie in dieses Baumhaus; der erhoffte Eindruck bei seinem Schwarm Emilie bleibt jedoch aus. Als der Nachbar auch noch den verletzten Hund erschießt, anstatt ihn zum Tierarzt zu bringen, verzweifelt der Junge völlig. Als der sechsjährige Nachbarssohn Rémi ihn im Wald aufsucht, verliert Antoine die Kontrolle und schlägt Rémi mit einem Stock an den Kopf - und verletzt ihn dabei tödlich.
In seiner Furcht vor den Folgen lässt Antoine den kleinen Körper im Wald verschwinden. Wenige Stunden später beginnt die Suche nach Rémi. Antoine schwankt zwischen Panik und Schuldgefühlen: Wird man Rémis Leiche finden? Wird der Verdacht auf Antoine fallen? Soll er leugnen oder gestehen ...?
Bewertung:
Pierre Lemaitres "Drei Tage und ein Leben" erzählt in meisterlicher Eindringlichkeit von einem fatalen Moment, der das Leben eines bis dahin unauffälligen Jungen für immer verändert - ebenso wie das Leben der Menschen um ihn herum.
Bis zu jenem dramatischen Vorfall im Dezember 1999 führt Antoine ein weitgehend ganz normales Leben. Er hat Freunde und ist nicht unbeliebt, ist intelligent; seine Mutter mag manchmal etwas streng und konservativ sein, aber sie liebt ihren Jungen und möchte ihn vor allem Bösen in der Welt beschützen. Zwar ist er ein Scheidungskind, und ihm fehlt eine Vaterfigur, aber davon abgesehen verläuft sein Leben so weit glücklich. Die plötzliche Einsamkeit, der Frust über den misslungenen Hüttenbau und der Verlust des treuen Nachbarhundes zerstören im Nu diese solide Zufriedenheit, und im Affekt kommt es zur ungewollten Tötung des kleinen Rémi.
Der Leser erhält ein detailliertes und tiefgründiges Porträt eines unglücklichen Jungen, der große Schuld auf sich geladen hat. Antoine ist nicht immer sympathisch, aber gewiss auch kein böser Mensch; eine Verkettung unglückseliger Umstände mündet in einer unbeabsichtigten Tötung, und man fühlt mit dem verzweifelten Antoine. Einerseits drängt es ihn immer wieder, seine Schuld zu gestehen, vor allem, wenn er die hilflose Mutter Rémis sieht. Andererseits hat er Angst vor der Bestrafung; hauptsächlich aber will er seine Mutter schützen, die über diesem Wissen wohl zugrunde gehen würde. Antoines Gefühlswelt fesselt und ist gut nachvollziehbar; er ist intelligent, hat aber zugleich auch immer wieder wirre und undurchdachte Gedanken, die der Situation und seinem Alter angemessen sind.
"Drei Tage und ein Leben" ist kein klassischer Krimi oder Thriller, da man erstens den Täter kennt und vor allem zweitens dessen Gefühlsdilemma im Vordergrund steht. Dennoch ist die Handlung sehr spannend, da man nicht weiß, auf was sie hinausläuft: Wird sich Antoine freiwillig stellen, werden ihm die Ermittler auf die Spur kommen, oder ahnt vielleicht jemand aus dem Dorf etwas von seiner Tat? Auf der einen Seite wünscht man Antoine und seiner Mutter, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt, auf der anderen Seite sehnt man sich auch nach Gerechtigkeit für Rémi. Antoines seelisches Leiden und seine Zerrissenheit machen den Roman zu einem bewegenden Zeugnis von Schuld und Sühne, das der Leser nicht so schnell vergisst. Darüber hinaus ist das Werk auch eine reizvolle Demonstration, wie ein Dorf mit dem Fall eins verschwundenen Kindes umgeht, inklusive falscher Verdächtigungen und böser Gerüchte.
Das Ende wird gewiss manchen Lesern etwas zu offen sein. Das Buch endet sehr plötzlich und lässt Raum für gewisse Spekulationen, was aber wiederum zum Tenor der Geschichte passt.
Fazit:
"Drei Tage und ein Leben" von Pierre Lemaitre ist ein eindrucksvoller und ergreifender Schuld-und-Sühne-Roman, der eine intensive Lektüre garantiert.
Ausgabe: 2017 bei Klett-Cotta
Seiten: 270
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Der Autor:
Pierre Lemaitre aus Frankreich, Jahrgang 1951, verfasst sowohl Romane als auch Drehbücher. Für sein Buch "Wir sehen uns dort oben" erhielt er 2013 den "Prix Goncourt", den bedeutendsten französischen Literaturpreis. Weitere Werke sind "Der kalte Hauch der Angst" und "Ich will dich sterben sehen".
Inhalt:
1999 im französischen Dorf Beauval: Nachdem der Vater die Familie verlassen hat, lebt der zwölfjährige Antoine allein mit seiner Mutter. Trotz des Verlustes seines Vaters führt der Junge ein recht ausgeglichenes und zufriedenes Leben. Das ändert sich, als seine Freunde sich alle regelmäßig zum Playstationspielen treffen, was Antoines konservative Mutter verbietet.
Antoine wird dadurch immer einsamer. Die meiste Zeit verbringt er mit dem Nachbarshund Odysseus im Wald von Saint-Eustache, wo er ein Baumhaus baut. Antoine steckt alle Energie in dieses Baumhaus; der erhoffte Eindruck bei seinem Schwarm Emilie bleibt jedoch aus. Als der Nachbar auch noch den verletzten Hund erschießt, anstatt ihn zum Tierarzt zu bringen, verzweifelt der Junge völlig. Als der sechsjährige Nachbarssohn Rémi ihn im Wald aufsucht, verliert Antoine die Kontrolle und schlägt Rémi mit einem Stock an den Kopf - und verletzt ihn dabei tödlich.
In seiner Furcht vor den Folgen lässt Antoine den kleinen Körper im Wald verschwinden. Wenige Stunden später beginnt die Suche nach Rémi. Antoine schwankt zwischen Panik und Schuldgefühlen: Wird man Rémis Leiche finden? Wird der Verdacht auf Antoine fallen? Soll er leugnen oder gestehen ...?
Bewertung:
Pierre Lemaitres "Drei Tage und ein Leben" erzählt in meisterlicher Eindringlichkeit von einem fatalen Moment, der das Leben eines bis dahin unauffälligen Jungen für immer verändert - ebenso wie das Leben der Menschen um ihn herum.
Bis zu jenem dramatischen Vorfall im Dezember 1999 führt Antoine ein weitgehend ganz normales Leben. Er hat Freunde und ist nicht unbeliebt, ist intelligent; seine Mutter mag manchmal etwas streng und konservativ sein, aber sie liebt ihren Jungen und möchte ihn vor allem Bösen in der Welt beschützen. Zwar ist er ein Scheidungskind, und ihm fehlt eine Vaterfigur, aber davon abgesehen verläuft sein Leben so weit glücklich. Die plötzliche Einsamkeit, der Frust über den misslungenen Hüttenbau und der Verlust des treuen Nachbarhundes zerstören im Nu diese solide Zufriedenheit, und im Affekt kommt es zur ungewollten Tötung des kleinen Rémi.
Der Leser erhält ein detailliertes und tiefgründiges Porträt eines unglücklichen Jungen, der große Schuld auf sich geladen hat. Antoine ist nicht immer sympathisch, aber gewiss auch kein böser Mensch; eine Verkettung unglückseliger Umstände mündet in einer unbeabsichtigten Tötung, und man fühlt mit dem verzweifelten Antoine. Einerseits drängt es ihn immer wieder, seine Schuld zu gestehen, vor allem, wenn er die hilflose Mutter Rémis sieht. Andererseits hat er Angst vor der Bestrafung; hauptsächlich aber will er seine Mutter schützen, die über diesem Wissen wohl zugrunde gehen würde. Antoines Gefühlswelt fesselt und ist gut nachvollziehbar; er ist intelligent, hat aber zugleich auch immer wieder wirre und undurchdachte Gedanken, die der Situation und seinem Alter angemessen sind.
"Drei Tage und ein Leben" ist kein klassischer Krimi oder Thriller, da man erstens den Täter kennt und vor allem zweitens dessen Gefühlsdilemma im Vordergrund steht. Dennoch ist die Handlung sehr spannend, da man nicht weiß, auf was sie hinausläuft: Wird sich Antoine freiwillig stellen, werden ihm die Ermittler auf die Spur kommen, oder ahnt vielleicht jemand aus dem Dorf etwas von seiner Tat? Auf der einen Seite wünscht man Antoine und seiner Mutter, dass die Wahrheit nicht ans Licht kommt, auf der anderen Seite sehnt man sich auch nach Gerechtigkeit für Rémi. Antoines seelisches Leiden und seine Zerrissenheit machen den Roman zu einem bewegenden Zeugnis von Schuld und Sühne, das der Leser nicht so schnell vergisst. Darüber hinaus ist das Werk auch eine reizvolle Demonstration, wie ein Dorf mit dem Fall eins verschwundenen Kindes umgeht, inklusive falscher Verdächtigungen und böser Gerüchte.
Das Ende wird gewiss manchen Lesern etwas zu offen sein. Das Buch endet sehr plötzlich und lässt Raum für gewisse Spekulationen, was aber wiederum zum Tenor der Geschichte passt.
Fazit:
"Drei Tage und ein Leben" von Pierre Lemaitre ist ein eindrucksvoller und ergreifender Schuld-und-Sühne-Roman, der eine intensive Lektüre garantiert.
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