7. Oktober 2017

Mein Wille geschehe - Jennifer Benkau

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Bastei Lübbe
Seiten: 334
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Die Autorin:

Jennifer Benkau, Jahrgang 1980, verfasst vor allem Fantasy und Spannungsromane. Weitere Werke sind u. a. die Nybbas-Trilogie, "Dark Canopy" und "Dark Destiny".

Inhalt:

Nach vierzehn Jahren hat Derya sich endlich von ihrem dominanten Ehemann Robert getrennt und bemüht sich, ihr Leben wieder in geordnete Bahnen zu bringen. Vor ein paar Jahren hat sie einen Bestseller veröffentlicht, doch bislang konnte sie nicht mehr an den Erfolg anknüpfen. Sie arbeitet abwechselnd in einem Café als Kellnerin und bei REWE als Verkäuferin, hat außer ihrer Nachbarin Sonne keine enge Freundin und lebt sehr zurückgezogen.

Seit jeher trauert sie ihrer Jugendliche Jakob nach. Die beiden waren zu Schulzeiten eine Weile zusammen, ehe er sie verließ und in die USA ging. Und plötzlich steht Jakob zufällig vor ihr. Auch nach all den Jahren wirkt er noch genauso anziehend auf Derya wie früher, und er scheint gleichfalls Interesse an ihr zu haben.

Zur gleichen Zeit fühlt sich Derya immer stärker von einem Unbekannten gestalkt. Nachts folgt ihr ein Mann auf der Straße, es verschwinden Dinge aus ihrer Wohnung, schließlich findet sie ihr Zuhause durchwühlt vor. Für Derya steht fest: Ihr Exmann Robert muss der Täter sein. Oder irrt sie sich? Und auch mit Jakob scheint etwas nicht zu stimmen ...

Bewertung:

Wenn man regelmäßig Thriller liest, wird man durchaus erahnen können, auf was "Mein Wille geschehen" von Jennifer Benkau hinausläuft. Aber selbst dann ist die Lektüre unterhaltsam, da der genaue Ausgang ungewiss ist. Fast von Beginn an liegt eine unheilvolle Stimmung über der Handlung, die sich subtil immer weiter steigert. Es passiert lange Zeit eher wenig, und doch nimmt einen die beklemmende Atmosphäre zunehmend gefangen; man spürt, dass sich etwas Schlimmes anbahnt, ohne dass man es konkret benennen könnte.

Derya führt ein einsames und trostloses Leben. Ihre beiden Jobs sind stressig, Freunde hat sie kaum, ihr Verlag drängt nach einem neuen Buch, für das ihr die Kreativität fehlt. Ihre einzigen Gesprächspartner sind ihre Freundin Sonne und ihre Psychotherapeutin Hannah. Zu ihren schönsten Momenten gehören die Unternehmungen mit ihrem Neffen, doch der Kontakt zur Familie ihres Exmannes bringt immer mehr Spannungen mit sich. Es ist nicht schwer, Mitleid für Derya zu empfinden, dafür muss sie einem nicht einmal außergewöhnlich sympathisch sein. Eine reizvolle Nebenfigur ist die junge Obdachlose "Kiwi", mit der sich Derya anfreundet. Derya möchte der gerade mal volljährigen Frau helfen, Kiwi hingegen ist vorsichtig und misstrauisch; dennoch kommt es allmählich zu Annäherungen zwischen den beiden.

Spannung bezieht die Geschichte hauptsächlich aus den Fragen, was es mit den Stalkingvorfällen zu tun hat, warum Jakob - angeblich zufällig - so plötzlich wieder in ihr Leben tritt und was er zu verbergen hat. Da Derya ganz offensichtlich labil ist, ist zunächst nicht ersichtlich, welche Vorfälle tatsächlich bedrohlich sind. Sie fühlt sich beispielsweise im Dunkeln von einem Mann verfolgt und fürchtet um ihr Leben - und man darf anschließend darüber spekulieren, ob es nur ein harmloser Passant war oder tatsächlich ein Stalker, dem sie in letzter Sekunde entkommen ist.

Das langsame Handlungstempo ist etwas gewöhnungsbedürftig, harmoniert aber gut mit der bedrückenden Stimmung, die über Deryas Leben schwebt. Geduld ist allerdings angebracht, denn es dauert eine ganze Weile, bis der Thrill Einzug hält. Der Fokus liegt mehr auf melancholisch-düsterer Atmosphäre, die sich ganz subtil immer weiter steigert und dramatisiert. Wer rasante Thriller bevorzugt, bei denen sich die Situation schnell zuspitzt, muss hier Abstriche machen. Die Pointe ist nicht komplett überraschend, aber raffiniert inszeniert und daher auch dann befriedigend, wenn man sie etwas vorzeitig erahnt - zudem ist auch wenn man die Pointe erahnt der genaue Ausgang noch ungewiss.

Fazit:

Alles in allem ist "Mein Wille geschehe" von Jennifer Benkau ein ruhiger, sehr atmosphärischer Thriller mit düsterer, melancholischer Grundstimmung. Die Pointe überrascht nicht unbedingt, wird aber zumindest sehr geschickt vorbereitet. Unterhaltsame Lektüre, sofern einen das gemächliche Handlungstempo nicht stört.

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