4. September 2017

Ich will brav sein - Clara Weiss

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Goldmann
Seiten: 416
* * * * *
Die Autorin:

Clara Weiss, Jahrgang 1976, studierte Literaturwissenschaften und arbeitet im Verlagswesen. 2015 erschien ihr erster Roman "Milchsblut", der für den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte "Debüt" nominiert wurde.

Inhalt:

Mit knapp dreißig Jahren kann sich Juli endlich ihren Traum vom Psychologiestudium erfüllen. Überraschend schnell findet sie eine passende Unterkunft in München - sie zieht zu der gleichaltrigen Schauspielerin Greta ins Dachgeschoss eines charmanten, alten Mietshauses.

Die temperamentvolle und extravertierte Greta ist anfangs eine fröhliche und liebenswerte Mitbewohnerin, mit der sich Juli gut versteht. Doch im Verlauf des extrem heißen Sommers verändert sich das Verhältnis und wird immer angespannter. Immer häufiger wird Juli von Greta kritisiert, sie fühlt sich immer unwohler in Gretas Gegenwart.

Schließlich passieren auch noch unheimliche Dinge: Auf dem Dachboden wird die Leiche einer Nachbarin gefunden, ein Freund von Greta wird ermordet, und Julis beste Freundin verschwindet. Julis Ängste werden immer größer, ebenso wie ihr Verdacht gegen Greta, doch für die Polizei hat sie nicht genug Beweise. Auch in der Wohnung passieren seltsame Dinge. Schließlich zweifelt Juli sogar an ihrem Verstand - oder will jemand sie in den Wahnsinn treiben ...?

Bewertung:


Nach ihrem erfolgreichen Debütroman "Milchsblut" legt Clara Weiss mit "Ich will brav sein" ihren zweiten Spannungsroman vor. Insgesamt ist ihr damit ein sehr solider Thriller gelungen, der routiniert und unterhaltsam eine zwar nicht originelle, aber doch reizvolle Geschichte erzählt.

Die Handlung fokussiert sich auf Juli, man verfolgt genau ihre Gedanken, Gefühle und vor allem ihre Sorgen, die sich nach und nach drastisch steigern. Überzeugend erzählt wird der allmähliche Übergang von der ersten glücklichen Zeit in der Wohngemeinschaft zu den ersten seltsamen Vorkommnissen bis hin zu den wachsenden Zweifeln und Ängsten. Gut nachvollziehbar ist Julis zunehmende Unsicherheit und ihre Hilflosigkeit. Außer der später verschwundenen Elli hat sie keine Freunde in München, ihr Geld ist knapp, sodass ein Auszug nicht so schnell infrage kommt. Dazu kommt die außergewöhnliche Hitzewelle, die sich wie eine Glocke über das Land legt und für eine immer beklemmendere Atmosphäre sorgt. Juli findet kaum noch Wege, um sich zu erfrischen; nach wochenlanger Dauerhitze kommt das Wasser nur noch warm aus der Leitung, ihre Kleidung klebt an ihr wie eine zweite Haut, sie fühlt sich wie gelähmt. Vor allem der extrem stickige Dachboden, der immer wieder zum Schauplatz wird, löst heftiges Unwohlsein bei ihr aus.

Der Roman überzeugt weitgehend durch seine dichte Atmosphäre und seine spannende Handlung, die frei von Längen ist. Die unheimlichen Vorgänge fangen recht harmlos an und steigern sich ganz allmählich; den Leser erwartet hier ein Verwirrspiel, in dem offen gehalten wird, wem zu trauen ist und wer Böses im Schilde führt. Am Ende gibt es eine vielleicht nicht absolut überraschende, aber passende Auflösung. Einige scheinbar nebensächliche Dinge aus der Handlung ergeben hier auf einmal neuen Sinn, sodass am Ende ein geschickt konstruiertes Gesamtgerüst steht. Gelungen sind auch die kurzen Rückblenden in die Vergangenheit, die verstörende Szenen aus einem Kinderleben zeigen, ohne zu viel zu verraten.

Am Ende wird ein bisschen viel erklärt, was etwas statisch wirkt im Vergleich zum vorherigen Handlungsverlauf; zudem erscheinen die Ereignisse auf den letzten Seiten etwas übertrieben. Das sind aber nur kleine Schwächen,die nicht großartig ins Gewicht fallen.

Fazit:

"Ich will brav sein" von Clara Weiss ist ein atmosphärischer und spannender Psychothriller mit überzeugender Auflösung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.