20. Februar 2017

Angstmädchen - Jenny Milewski

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Heyne
Seiten: 336
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Die Autorin:

Jenny Milewski, Jahrgang 1971, stammt aus Schweden und arbeitet in der Werbebranche. Bereits ihr Debütroman, der Thriller "Skalpelltanz", wurde sehr positiv aufgenommen.

Inhalt:

Die neunzehnjährige Malin zieht für ihr Wirtschaftsstudium in ein Studentenwohnheim im schwedischen Linköping. Für das schüchterne Mädchen ist es ein großer Schritt, und sie hofft, sich schnell einzugewöhnen. Ihre Mitbewohner sind der nette Pelle, der schweigsame Torbjörn, die schöne und etwas mysteriöse Rebecka und die selbstbewusste Camilla.

Malin freut sich, dass zu ihrem Badezimmer eine Badewanne gehört. Doch dann erfährt sie von ihren Mitbewohnern, dass sich ihre Vormieterin kurz zuvor darin umgebracht hat. Yuko war eine japanische Studentin, die nur wenige Monate dort lebte, ehe sie sich aus unbekannten Gründen die Pulsadern aufschnitt. Malin ist verstört über diese Neuigkeit und denkt viel über das unbekannte Mädchen nach.

Gleichzeitig bemerkt sie unheimliche Vorgänge im Wohnheim. Immer wieder findet sie dicke schwarze Haarbüschel in ihrer Badewanne, die nicht von ihr stammen; sie hört Türenknallen und Schritte, obwohl sie allein ist, immer wieder ist der Boden überflutet. Schließlich sieht sie eine weiße Gestalt mit schwarzen Haaren. Für Malin steht fest, dass Yukos Geist im Wohnheim umhergeht - und sie fühlt sich immer mehr verfolgt ...

Bewertung:

Jenny Milewskis "Angstmädchen" weckt schnell gewisse Assoziationen zum japanischen Horrorfilm (bzw. dessen Romanvorlage) und dessen amerikanische Neuverfilmung "Ring". Zwar gibt es hier kein verhängnisvolles Video, dafür aber eine weibliche Geistergestalt mit langen schwarzen, ins Gesicht hängenden Haaren, die den Lebenden zur Bedrohung wird.

Die Spannung baut sich langsam auf, die Bedrohung ist zunächst sehr subtil und diffus. Man lernt die schüchterne Protagonistin und Ich-Erzählerin Malin kennen, die sich in ihrem neuen Heim erst eingewöhnen muss. Malin wurde in Südkorea geboren, wurde aber mit drei Monaten von einem schwedischen Ehepaar adoptiert und hat keine Erinnerung mehr an ihre Heimat, geschweige denn, dass sie Koreanisch sprechen würde. Dennoch wird sie aufgrund ihres exotischen Aussehens immer wieder für eine Ausländerin gehalten. Da ist es kein Wunder, dass sie sich der verstorbenen Yuko verbunden fühlt, auch wenn sie ihr nie begegnet ist. Im Gegensatz zu ihr war Yuko tatsächlich fremd in Schweden, verstand kaum die Sprache und nur gebrochenes Englisch; Malin denkt oft daran, wie einsam sich Yuko gefühlt haben muss, und hat den Verdacht, dass ihre WG-Genossen sich vielleicht nicht genug um sie gekümmert haben.

Die ersten seltsamen Vorkommnisse kann man noch zur Not rational erklären, doch allmählich wird Malin klar, dass im Wohnheim etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Spannung ergibt sich aus den Fragen, was Yuko noch alles für bedrohliche Szenarien in Gang setzen wird und wie Malins Mitbewohner auf die Vorfälle reagieren. Es gibt ein paar unheimliche und beklemmende Momente, harten Horror sucht man hier jedoch vergebens, ebenso wie bemerkenswerte Wendungen; der Verlauf ist sehr konventionell Es liegt mehr eine sanfte Gruselatmosphäre mit zunehmender Melancholie über der Handlung, und sowohl deshalb als auch aufgrund des jungen Alters der Figuren und des einfach gehaltenen Stils eignet sich die Lektüre durchaus für jugendliche Leser. Yukos Schicksal berührt; unweigerlich fragt man sich ebenso wie Malin, warum sie diesen Schritt ging, man möchte fortwährend mehr über das japanische Mädchen erfahren, an das niemand außer Malin noch zu denken scheint.

Ein kleiner Minuspunkt ist der Prolog, der zwar gleich eine intensive Stimmung kreiert, aber letztlich etwas zu viel vorwegnimmt. Des Weiteren ist schade, dass Yukos Tagebuch erst so spät in der Handlung und dann so kurz wieder aufgenommen wird, ebenso wie der Japandozent Peter Östlund. Malin findet Yukos Tagebuch und erhofft sich daraus Erkenntnisse über ihre Herkunft und vor allem ihre Zeit in Schweden und ihre Gründe für den Suizid. Sie bittet unter einem Vorwand den Japanologen Peter Östlund um einen kurzen Einblick. Der junge, unkomplizierte Peter Östlund ist eine sympathische Figur, die ruhig noch größeren Raum in der Handlung verdient gehabt hätte. Zudem gibt er interessante Einblicke in die japanische Mythologie, und dieser Punkt spielt eine nicht unwichtige Rolle - umso schöner wäre es gewesen, wenn dieser Punkt noch etwas weiter ausgebaut worden wäre.

Die Nebencharaktere sind grundsätzlich interessant, da so unterschiedlich und nicht von Anfang an klar einzuordnen. Allerdings sind sie nicht so ausgefeilt und dem Leser so nah, dass man wirklich um sie bangen würde. Als Wohnheimbewohner schweben sie alle in Gefahr, aber die Frage, ob jemand von ihnen sterben wird, fesselt nicht so sehr.

Fazit:


"Angstmädchen" von Jenny Milewski ist ein solider Gruselroman, der auch von Jugendlichen gelesen werden kann. Das Thema ist zwar altbekannt, und es gibt keine großen Überraschungen. Dennoch unterhält der Roman recht gut, wenn man mit einer konventionellen Handlung zufrieden ist.

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