26. Januar 2016

Der weiße Wolf von Kostopchin - Gilbert Campbell

Produktinfos:

Ausgabe: 2015
Länge: 60 Minuten
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Der Autor:

Gilbert Campbell, 1838-1899, stammte von irischen Aristokraten ab und lebte in England. Er arbeitete als Übersetzer französischer Werke und verfasste einige Kurzgeschichten. Die vorliegende Geschichte erschien 1889.

Inhalt:


Winter 1845 in den polnischen Karpaten: Michail Wassiljewitsch arbeitet als Haushofmeister für Pawel Sergejewitsch auf dessen abgelegenem Gut Kostopchin. Das Leben in der eisigen Einöde ist hart, erst recht, als ein Wolfsrudel die Gegend bedroht.

Als der Gutsherr auf die Jagd gehen will, warnt ihn Wassiljewitsch vor den gefährlichen Wölfen. Erst in der Nacht zuvor ist er selbst diesem Rudel begegnet, das von einer weißen Wölfin angeführt wird. Sergejewitsch nimmt die Warnungen aber nicht ernst und geht trotzdem auf die Jagd.

Auf einer Lichtung stößt er auf die ausgeweidete Leiche eines Wilderers. Weiße Fellhaare deuten darauf hin, dass das Rudel mit der weißen Wölfin ihn angefallen hat. Zuhause angekommen, erfährt der Gutsherr von Wassiljewitsch dass inzwischen auch ein Nachbar und dessen Tochter den Wölfen zum Opfer gefallen sind. Der Haushofmeister ist überzeugt davon, dass hier dämonische Kräfte mit im Spiel sind. Das weigert sich der Gutsherr zu glauben. Pawel Sergejewitsch macht sich in Begleitung von Wassiljewitsch auf, die Wölfe zu töten. Dabei stoßen sie auf eine geheimnisvolle, schöne Frau, die Pawel mit zu sich nimmt ...

Bewertung:

"Der weiße Wolf von Kostopchin" ist zweifellos eine der unbekanntesten Vorlagen der Gruselkabinett-Reihe. Dass Hörern der Serie die grobe Handlung dennoch vertraut vorkommt, mag daran liegen, dass es mit "Der weiße Wolf" von Frederick Marryat bereits schon mal eine thematisch ähnliche Folge gegeben hat. Die Handlung der Marryat-Folge spielte im Harz, hier sind es die verschneiten Karpaten, die eine wunderbare Kulisse für eine schauerromantische Geschichte bieten.

Es ist eine atmosphärische Episode, die den Hörer intensiv in die beschriebene Szenerie versetzt. Die einsame Lage des Gutes, der harte Winter und die Bedrohung durch die ungewöhnlich aggressiven Wölfe werden überzeugend vermittelt, sodass man sich in die Situation der Figuren hineinfühlen kann. Geprägt wird die Handlung einerseits durch die immer bedrohlichere Gefahr, die von den Wölfen ausgeht, und andererseits von den unterschiedlichen Einstellungen Wassiljewitschs und Sergejewitschs. Der Haushofmeister Wassiljewitsch, der auch als Erzähler fungiert, ist deutlich misstrauischer und vorsichtiger als sein Herr. Der wiederum reagiert immer ungehaltener auf die gut gemeinten Warnungen des treuen Dieners. Der Hörer sympathisiert eindeutig mit dem Haushofmeister und darf mitfiebern, inwieweit dieser das Unheil abzuwenden vermag.

Hervorzuheben ist vor allem die akustische Untermalung. Die Geräuschkulisse ist sehr authentisch gestaltet, vom Hundegebell und Wolfsgeheul über pfeifenden Wind bis hin zum knisternden Kaminfeuer. Es sind gerade die scheinbar weniger bedeutsamen Details, die in der Gruselkabinett-Reihe gerne sorgfältig bedacht werden, wie sich in dieser Folge wieder einmal besonders deutlich zeigt. Auch die Musikuntermalung ist exzellent ausgewählt, je nach Stimmung melancholisch oder dramatisch. Dabei wird nicht der Fehler mancher früherer Folgen begangen und die Musik zu laut eingespielt, sodass sie von den Dialogen ablenken würde.

Auch die Sprecher leisten überwiegend sehr gute Arbeit. Hans Bayer spricht überzeugend und mit dunkler, rauer Stimme den Haushofmeister, der seinen Herrn zu schützen versucht. Auch Pascal Breuer als emotionaler, hitziger Gutsherr nimmt man jedes seiner Worte ab. Anja Kruse spricht sehr melodisch und einschmeichelnd die verführerische Ravina, die sich vor allem um die Gunst von Pawel und seiner Tochter Olga bemüht. Die kleine Olga wird von Clara Fischer gesprochen, deren Mutter Dana Fischer nicht nur ebenfalls Schauspielerin und Sprecherin ist, sondern auch die Presse- und Marketingarbeit bei Titania Medien unterstützt. Clara Fischer liefert eine intensive und aufgeweckte Vorstellung ab; etwas gewöhnungsbedürftig ist nur ihre sehr hohe, piepsige und nasale Stimme, die mitunter ein bisschen nölig klingt.

Die Schwäche des Hörspiels liegt dagegen in seiner Vorhersehbarkeit. Der Verlauf ist sehr früh zu erahnen, und überraschende Wendungen bleiben aus. Spannung existiert lediglich bezüglich der Frage, wie viele Opfer es geben wird, doch die Entwicklung des Geschehens, Ursprung und Motivation der Bedrohung ist für jeden Hörer offensichtlich. Kleine Abzüge gibt es zudem für den Sprecher des kleinen Alexej. Lando Auhage, der bereits in der Episode "Verlorene Herzen" eine kleine Rolle hatte, spricht monoton, man merkt, dass er den Text abliest. Das ist nicht so sehr verwunderlich, da er noch sehr neu in der Hörspielbranche ist, und da er nur wenige Sätze spricht, fällt es auch nicht sehr ins Gewicht.

Fazit:

Eine unterhaltsame Folge, die insbesondere durch dichte Atmosphäre und grandiose Geräuschkulisse sowie gute Hauptsprecher überzeugt. Dagegen ist die Spannung nur gering ausgeprägt, die Handlung verläuft zu vorhersehbar.

Sprechernamen:


Michail Wassiljewitsch - Hans Bayer
Pawel Sergejewitsch - Pascal Breuer
Ravina - Anja Kruse
Olga - Clara Fischer
Alexej - Lando Auhage

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