17. Oktober 2017

Aquila - Ursula Poznanski

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Loewe
Seiten: 432
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Die Autorin:

Ursula Poznanski wurde 1968 in Wien geboren. Sie begann verschiedenste Studiengänge zu belegen, ehe sie sich für einen Werdegang als Medizinjournalistin entschied. Seit 2003 schreibt sie Jugend- und Erwachsenenbücher, insbesondere Thriller. Werke von ihr sind beispielsweise "Erebos", "Saeculum", "Fünf", "Blinde Vögel" und gemeinsam mit Arno Strobel "Fremd" und "Anonym".

Inhalt:

Die neunzehnjährige Kunstgeschichtsstudentin Nika lebt seit ein paar Wochen zwecks Auslandssemester in Siena, wo sie sich mit ihrer Kommilitonin Jenny eine WG teilt. Nach einer Partynacht wacht Nika dienstags in der Wohnung auf - und merkt entsetzt, dass ihr die Erinnerung an die letzten beiden Tage fehlt.

Sie erinnert sich nur noch, Samstagnacht mit Jenny unterwegs gewesen zu sein. Von Jenny gibt es aber keine Spur, zudem sind Nikas Handy, ihr Pass und der Wohnungsschlüssel verschwunden. Dafür findet sie einen Zettel in ihrer Hosentasche, auf den sie selbst einige kryptische Sätze mit Warnungen und Botschaften geschrieben hat, die ihr aber nichts sagen.

Zusammen mit ihrem Bekannten Stefano versucht Nika herauszufinden, was seit Samstagnacht geschehen ist und wo Jenny ist. Doch jede neue Erkenntnis beunruhigt Nika nur noch mehr. Und was hat es mit dem Mann auf sich, der sie immer wieder zu verfolgen scheint ...?

Bewertung:

Das Blut ist nicht deines.
Du weißt, wo das Wasser am dunkelsten ist.
Halte dich fern von Adler und Einhorn ...

"Aquila" demonstriert wieder einmal, dass Ursula Poznanski gleichermaßen im Jugend- wie im Erwachsenenbereich zu Hause ist. Das Cover mit dem stilisierten Flügel, ledergenarbter Oberfläche und Goldprägung ist ein wunderbarer Blickfang, hat nur einen eventuellen Makel: Zusammen mit dem zunächst rätselhaften Titel denkt man schnell an ein Fantasywerk; tatsächlich ist "Aquila" jedoch ein Thriller ab etwa vierzehn Jahren ohne jedes übernatürliches Element.

Der Leser weiß nicht mehr als Hauptfigur Nika und verbündet sich schnell mit ihr. Die Ausgangslage ist spannend und sehr rätselhaft: Wo ist Nikas Mitbewohnerin Jenny? Was ist seit der Nacht von Samstag zu Sonntag geschehen, warum hat Nika ihre Erinnerung verloren? Was haben die seltsamen verschlüsselten Notizen zu bedeuten? Und warum sind Nikas Handy, Portemonnaie und Haustürschlüssel verschwunden, die Haustür zudem abgeschlossen? Klar ist nur, dass Nika in jener Nacht etwas Schreckliches erlebt haben muss. Ganz diffus blitzen ab und zu beunruhigende Erinnerungsfetzen auf, die Nika aber nicht helfen, sondern sie nur noch mehr verwirren. So verspürt sie beispielsweise Panik und Übelkeit, sobald der Nirvana-Song "Smells Like Teen Spirit" erklingt - was ist ihr wohl beim Hören dieses Liedes widerfahren? Angeblich soll sie zudem heftig mit Jennys Freund geflirtet und sich mit Jenny gestritten haben. Nika versteht die Welt nicht mehr, weiß nicht, wem und wessen Aussagen sie noch trauen kann, ja nicht einmal sich selbst mag sie noch trauen. Als Jenny schließlich offiziell als vermisst gilt, gerät Nika auch noch ins Visier der Ermittler; ihr Gedächtnisverlust wird infrage gestellt.

Verbunden wird die aufregende Rätselsuche mit viel Lokalkolorit. Der Leser erhält ein detailliertes und sehr farbenfrohes Bild von Siena. Vor allem die verwinkelten Gassen und die unterirdischen Wasserstraßen, die eine wichtige Rolle spielen, sorgen für eine prickelnde Atmosphäre. Auch ein paar Infos zu Sehenswürdigkeiten, Geschichte und Lebensart werden souverän eingeflochten, genug, um neugierig auf die toskanische Stadt zu werden.

Nikas Verzweiflung ist sehr gut nachzuvollziehen, überhaupt ist sie ein gelungener Charakter mit ein paar Ecken und Kanten. Ihr Verhältnis zu ihrem Stiefvater ist nicht besonders gut, daher mag sie ihre Eltern nicht in ihre Probleme involvieren. Ihr Leben war bislang etwas unstet; ihr ist noch nicht wirklich klar, wo ihre beruflichen Interessen und Talente liegen. Sie lebt erst seit ein paar Wochen in Siena und ist dort noch nicht heimisch. Sie hat bislang keine engen Freundschaften geschlossen, selbst mit Jenny bildete sie lediglich eine Zweckgemeinschaft. Nika spricht auch nicht sehr gut Italienisch, was ihre Nachforschungen noch komplizierter macht. Der nette Stefano steht ihr in diesen Tagen bei - aber ob sie ihm hundertprozentig trauen darf, vermag Nika nicht zu sagen. Nika verhält sich grundsätzlich realistisch, trifft ab und zu auch mal falsche und riskante Entscheidungen, was aber zu ihrer überforderten Lage passt.

Die Auflösung ein wenig dadurch getrübt, dass hier das Verhalten vor allem einer Person nicht so ganz nachvollziehbar erscheint - vielmehr wirkt es ein wenig konstruiert, um den Verlauf des Ausgangs zu ermöglichen. Auch das Verhalten einer weiteren Figur ist recht überzogen und nicht ganz glaubwürdig. Generell ist das Ende nicht ganz so stark wie erhofft, verhältnismäßig unspektakulär und zahm im Vergleich zur spannenden und atmosphärischen Handlung zuvor.

Fazit:

"Aquila" von Ursula Poznanski ist ein souveräner Thriller für junge und erwachsene Leser, der gut unterhält und im reizvollen Siena spielt. Es handelt sich zwar nicht um das beste Werk der Autorin, aber es schenkt sehr solide und kurzweilige Lektürestunden.

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