27. Juni 2018

The Woman in the Window - A. J. Finn

Produktinfos:

Ausgabe: 2018 bei Blanvalet
Seiten: 544
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Der Autor:

A. J. Finn aus den USA hat bereits für zahlreiche amerikanische und britische Zeitungen und Zeitschriften geschrieben. Sein erster Roman "The Woman in the Window" wurde direkt ein Bestseller.

Inhalt:

Nach einem sehr traumatischen Erlebnis leidet die ehemalige Kinderpsychologin Dr. Anna Fox an Agoraphobie - sie hat panische Angst, ihr Haus zu verlassen. Ihre Kontakte beschränken sich hauptsächlich auf Telefonate mit ihrem Therapeuten, Besuche von ihrer Physiotherapeutin und kurze Gespräche mit ihrem jungen Mieter David.

Ihre Zeit verbringt Anna mit dem Schauen alter Filme, Chatten mit Gleichgesinnten, Online-Schachspielen, Alkoholkonsum - und mit dem Beobachten ihrer Nachbarn. Vor allem die frisch zugezogene Familie Russell - Vater, Mutter, fast erwachsener Sohn - interessiert sie. Kurz darauf bekommt sie sogar Besuch von Mutter und Sohn und freundet sich ein wenig mit der sehr sympathischen Jane Russell an.

Doch kurz darauf beobachtet Anna von ihrem Fenster aus, wie Jane in ihrem Haus von jemandem niedergestochen wird. Sie will ihr zu Hilfe eilen, verliert aber vor der Tür das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kommt, glaubt ihr die Polizei ihre Beobachtung nicht. Und schließlich präsentiert Mr. Russell zum Beweis seine lebendige Ehefrau - die allerdings völlig anders aussieht als die Jane Russell, die Anna kennengelernt hat ...

Bewertung:

Mit "The Woman in the Window" legt A. J. Finn ein gelungenes Thrillerdebüt hin.

Dabei ist es zugegeben grundlegend kein sehr origineller Plot; schließlich ist es ein gern gewähltes Genremotiv, dass der Protagonist scheinbar einen Mord beobachtet, es dafür jedoch keine Beweise gibt. Dieses Szenario wird spannend inszeniert, und man darf munter miträtseln, wie die Sache ausgeht.

Anna ist eine unzuverlässige Erzählerin, der Leser weiß nicht, wie sehr ihren Aussagen zu trauen ist. Sie leidet nicht nur unter ausgeprägten Agoraphobie, sondern nimmt auch ihre Medikamente sehr unregelmäßig und konsumiert fleißig Alkohol - möglich, dass sie tatsächlich einen Mord gesehen hat, aber auch Halluzinationen sind gut vorstellbar. Sollte Anna wirklich einen Mord beobachtet haben, stellen sich einige Fragen: Wer war das Opfer und Annas neue Freundin, wenn "Jane Russell" anscheinend quicklebendig ist? Was hat Familie Russell mit der Sache zu tun? Wie kann Anna ihre Sichtung beweisen - und was wird sich der Täter für sie einfallen lassen? Zudem ist Annas attraktiver, aber sehr schweigsamer Mieter David eine recht mysteriöse und schwer durchschaubare Gestalt.

Dr. Anna Fox ist natürlich die denkbar ungünstigste Zeugin, psychisch äußerst instabil und ein körperliches Wrack; dass die Polizei ihr nicht glaubt, kann man kaum verübeln. Etwa in der Mitte erfährt man nähere Details zu dem Trauma, das ihre Agoraphobie auslöste; routinierte Leser erahnen diesen Twist durchaus schon früher. Es ist nicht immer leicht, Annas Handlungen nachzuvollziehen. Vor allem ihr extrem laxer Umgang mit der Kombination Alkohol + Medikamente irritiert; manchmal ärgert man sich darüber, dass sie ihre ohnehin schon problematische Lage noch mutwillig verschlimmert. Sie ist keine Figur, mit der man sich sofort identifiziert; allerdings ist sie auf ihre eigenwillige Art durchaus interessant.

Die Handlung präsentiert zwei markante Wendungen, von denen eine allerdings recht früh erahnt werden kann - und auch ein bisschen übertrieben wirken mag. Die Auflösung wiederum ist überzeugender, der Abschluss ist insgesamt zufriedenstellend. Das Finale ist auch recht temporeich, wohingegen die Geschichte bis dahin oft in ruhigeren Bahnen verläuft; das ist allerdings auch notwendig, um sich in Annas Lage einzufühlen.

Fazit:

"The Woman in the Window" von A. J. Finn ist ein lesenswerter Thriller, der gute Unterhaltung bietet. Mit der unkonventionellen Protagonistin muss man erst einmal warm werden, und man muss sich auf ruhigere Passagen einlassen, in denen Annas Gedankenwelt im Vordergrund steht.

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