18. Dezember 2016

Niemand sieht mich kommen - Lisa Scottoline

Produktinfos:

Ausgabe: 2016
Seiten: 416
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Die Autorin:

Lisa Scottoline aus den USA, eigentlich Lisa Scott, hat als Anwältin für das US-Berufungsgericht gearbeitet und baut ihre juristische Erfahrung gerne in ihre Romane ein. 1994 erschien ihr erster Roman "Die Katze war noch da", der erste Teil der Rosato & Partner-Reihe, die inzwischen mehr als zehn Bücher umfasst. Weitere Werke sind u.a. "Die Staatsanwältin", "Die Richterin" und "Rabenmutter".

Inhalt:

Eric Parish ist ein erfolgreicher Psychiater, der in Philadelphia die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses leitet und nebenbei noch eine eigene Praxis führt. Privat dagegen gerät sein Leben aus den Fugen, als sich seine Frau Caitlin von ihm trennt und ein erbitterter Sorgerechtsstreit um die siebenjährige Tochter Hannah entbrennt.

In diesen Tagen nimmt Eric den siebzehnjährigen Max als Privatpatienten an. Der intelligente, aber unsichere Max leidet unter einer Zwangsneurose, zudem liegt seine geliebte Großmutter im Sterben, während die Mutter Alkoholikerin ist, und Eric sorgt sich um den Jungen. In den Therapiestunden erfährt Eric, dass Max von einem Mädchen besessen ist und sie regelmäßig stalkt.

Kurz darauf beschuldigt eine Medizinstudentin Eric der sexuellen Belästigung, nachdem er sie abgewiesen hat. Sein Job steht auf dem Spiel, ebenso sein Kontakt zu Hannah. Doch es kommt noch schlimmer, als Max' Angebetete ermordet aufgefunden wird. Plötzlich steht Eric unter Mordverdacht und alles spricht gegen ihn. Irgendjemand will offenbar sein Leben zerstören - doch wer und warum ...?

Bewertung:

Von ganz oben nach ganz unten geht es für Eric Parish, den Protagonisten in Lisa Scottolines Thriller "Niemand sieht mich kommen".

Nach der schmerzlichen Trennung von seiner Frau und den Sorgerechtsproblemen findet er zunächst Halt in seiner Arbeit, ist er doch ein überaus erfolgreicher und geschätzter Psychiater, dem seine Patienten sehr am Herzen liegen. Eric ist grundsätzlich eine sympathische Figur und man kann sein Handeln in der ersten Hälfte des Romans gut nachvollziehen. Er hängt an seiner Exfrau und leidet darunter, dass sie schnell einen neuen Partner findet, er vermisst seine Tochter und registriert besorgt, dass Hannahs Mutter das introvertierte Mädchen zu Hobbys drängt, die Hannah gar nicht gefallen. Man kann sich schnell in Eric und seine Probleme einfühlen, sodass man mit ihm leidet, als sein Leben nach und nach aus den Fugen gerät. Ein paar unglückliche Umstände machen Eric plötzlich zum Mordverdächtigen, und es ist recht spannend zu verfolgen, wie sich diese Lage immer weiter zuspitzt. Man weiß als Leser um Erics Unschuld, dementsprechend möchte man auch erfahren, wie er aus dieser scheinbar hoffnungslosen Lage wieder herauskommt - und natürlich ebenso, wer hinter diesen Taten steckt und warum es derjenige gerade auf Eric abgesehen hat.

Recht gelungen ist zudem die Nebenfigur Paul, Pauls unkonventioneller Anwalt. Paul wirkt dank seiner flotten Sprüche und seinem ausgeprägten Humor anfangs alles andere als seriös, stellt sich dann aber als ausgesprochen fähig heraus. Obendrein ist er der Bruder von Erics platonischer Freundin Laurie und möchte die beiden gerne verkuppeln, zu Erics Leidwesen geht er dabei nicht gerade subtil vor und stürzt die beiden immer wieder in Verlegenheit.

Aber auch wenn sich der Thriller weitgehend sehr flüssig liest, offenbart er doch gerade in der zweiten Hälfte einige Schwächen. Erics Verhalten ist hier nicht mehr in allen Belangen plausibel, sein extremer Einsatz für Max, den er ja erst seit Kurzem kennt, erscheint übertrieben. Das Motiv des Täters ist enttäuschend, weil sehr banal. Da sich der Täter immer wieder in kurzen Kapiteln zur Wort meldet und geheimnisvoll gibt, war an dieser Stelle mehr zu erwarten; stattdessen sind die Hintergründe zu den Taten sehr simpel und mitnichten raffiniert oder komplex. Das Ende kommt vergleichsweise zu plötzlich daher, wird zu schnell abgehandelt und wirkt etwas plump. Während man in der Handlung zuvor durchaus hätte Straffungen vornehmen können, spielt sich das Finale überhastet ab. Kurz vor Schluss gibt es noch einen weiteren Twist in der Handlung, der zwar unerwartet sein mag, aber doch konstruiert und weit hergeholt erscheint, gerade so, habe man hier zwanghaft noch einen nachhaltigen Überraschungseffekt einbauen wollen, der jedoch nicht wirklich überzeugt.

Fazit:

Lisa Scottolines "Niemand sieht mich kommen" ist ein grundsätzlich solider Thriller, wenn man leichte Unterhaltung sucht und Spannungsromane mag, die im psychiatrischen Milieu spielen. Allerdings ist das Ende in mehrfacher Hinsicht nicht sehr überzeugend, eine Wendung ist eher lasch und die andere dafür umso übertriebener. Kann man lesen, aber man verpasst auch nicht viel, wenn man das Werk auslässt.

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