24. Juni 2013

Die zweite Herzogin - Elizabeth Loupas

Produktinfos:

Ausgabe: 2011
Seiten: 448
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Die Autorin:

Elizabeth Loupas arbeitete vor ihrer Karriere als Autorin als Redakteurin, Werbetexterin, Marketingleiterin und Lehrerin für Englische Literatur. Weiteres Werk von ihr: "Die Blumenleserin".

Inhalt:

Das italienische Herzogtum Ferrara, 1565: Die Erzherzogin Barbara von Österreich, Tochter des Kaisers, ist bereits 25, als sie aus politischem Kalkül mit dem Herzog von Ferrara verheiratet wird. Sie ist die zweite Ehefrau von Alfonso II d'Este, nachdem seine erste Frau Lukrezia de Medici schon nach kurzer Zeit verstarb. Noch vor ihrer Hochzeit hört Barbara Gerüchte, dass Alfonso seine junge Frau seinerzeit vergiftet haben soll.

Der Herzog erweist sich zunächst als attraktiver und charmanter Mann. Doch schon bald muss Barbara erfahren, dass er auch eine sehr berechnende und brutale Seite an sich hat. Dazu begegnen ihr seine beiden Schwestern feindselig und überall am Hof scheinen Intrigen zu lauern. Ihr einziger Halt sind ihre drei Zofen aus Österreich, denen sie freundschaftlich verbunden ist.

Während sich Barbara bemüht, in Ferrara heimisch zu werden, erfährt sie immer beunruhigendere Dinge über die verstorbene Lukrezia de Medici. Immer wahrscheinlicher wird es, dass die junge Frau tatsächlich vergiftet wurde - und Alfonso ist unter denjenigen, die ein Motiv gehabt hätten. Auch wenn sie sich dabei in Lebensgefahr begibt, versucht Barbara, die Wahrheit herauszufinden ...

Bewertung:

Mit dem Schicksal Barbaras von Österreich nimmt sich US-Autorin Elizabeth Loupas eines interessantes Themas an, das sie den hohen Erwartungen entsprechend überzeugend umsetzt. Barbara von Österreich, die hier zu Beginn des Buches zur Herzogin von Ferrara wird, berichtet rückblickend als Ich-Erzählerin über die Anfangszeit ihrer Ehe und die Intrigen am Hof. Der Leser identifiziert sich schnell mit der - nach damaligen Maßstäben - nicht mehr ganz jungen Frau, die intelligent und entschlossen, aber auch in realistischer Weise immer wieder unsicher erscheint. Barbara ist keine schöne Frau, nicht umsonst erhält sie schnell den spöttischen Spitznamen "Pferdegesicht" - bis auf ihre wallenden, rotblonden Haare, die ihr Markenzeichen sind. Barbara ist sich bewusst, dass ihre Ehe aus politischen und gesellschaftlichen Gründen geschlossen wird, nachdem eine Hochzeit des Herzogs mit ihrer Schwester Johanna scheiterte. Dennoch ist sie zunächst gewillt, ihrem fremden Ehemann eine gute Frau zu sein - und dieses Vorhaben wird bald auf eine harte Probe gestellt.

Der Roman vereint das reizvolle Porträt einer interessanten historischen Figur mit kriminalistischen Zügen. Von der ersten Seite an dreht sich die Handlung immer wieder um die Frage, wie Lukrezia de Medici, die blutjunge Braut des Herzogs, vor drei Jahren ums Leben kam - war es tatsächlich Mord und ist vielleicht sogar der Herzog selbst ihr Mörder? Barbara ist aus mehreren Gründen entschlossen, das Geheimnis aufzuklären. Zum einen berührt sie das Schicksal ihrer Vorgängerin, zum anderen will sie für sich selbst Klarheit, ob sie womöglich mit einem Mörder verheiratet ist. Der Roman hält auch für Kenner des historischen Hintergrundes durchaus einige überraschende Momente bereit - eine hundertprozentige Aufdeckung jener Ereignisse um Lukrezia de Medici darf der Leser freilich nicht von der Lektüre erwarten; Elizabeth Loupas hat ihre Phantasie spielen lassen und ein vorstellbares, aber nicht zwangsläufig wahrheitsgetreues Szenario geschaffen. Die Charaktere werden von ihr großzügig interpretiert, viele Szenen wird man nicht in Biographien wiederfinden und wer sich ein konkretes Bild über die Personen machen will, muss Sachbücher zu Rate ziehen.

Gelungen ist überdies die Darstellung des Herzogs von Ferrara. Alfonso begegnet seiner Frau zunächst mit einem gewissen Charme und weiht sie behutsam in die Freuden der Liebe ein. Allerdings zeigt sich schon bald, dass er unbedingten Gehorsam erwartet und in Rage äußerst brutal werden kann. Im späteren Verlauf differenziert sich sein Charakter erneut und präsentiert ein durchaus vielschichtiges Bild eines Mannes, bei dem sowohl dem Leser als auch seiner Ehefrau lange Zeit unklar ist, inwieweit man ihm trauen darf. Für schöne Momente sorgen Barbaras Damen aus Österreich, ihre Zofen Katharina, Christine und Sybille, "Wir drei", wie sie sich nennen. mit denen sie seit Kindertagen befreundet ist.

Originell, allerdings anfangs auch ein wenig gewöhnungsbedürftig ist die Einbindung des Geistes der verstorbenen Lukrezia de Medici, der sich immer wieder in kurzen Kapiteln zu Wort meldet. Lukrezia ist immobila, gefangen in einer Art Zwischenwelt zwischen Diesseits und Jenseits und nimmt als passive Beobachterin am Hofleben teil. Sie kommentiert mal zynisch und mal verzweifelt die Geschehnisse und vor allem ihre Nachfolgerin Barbara, die sie in Anlehnung an deren längliches Pferdegesicht spöttisch "La Cavalla" nennt. Dank dieses Kunstgriffs erscheint Lukrezia als interessanter Charakter, obwohl sie zum Zeitpunkt der Handlung bereits verstorben ist.

Etwas ärgerlich ist ein Fehler im Klappentext, der aus Lukrezia de Medici kurzerhand Lukrezia Borgia macht. Die bekannte und berüchtigte Lukrezia Borgia war allerdings mitnichten die Ehefrau des Herzogs, sondern seine Großmutter. Im Buch selbst taucht diese Verwechslung glücklicherweise nicht auf.

Fazit:


Gelungener Historienroman mit kriminalistischem Einschlag, souverän geschrieben und mit interessanten Charakteren aufwartend. Der Leser sollte sich allerdings bewusst sein, dass die Handlung nicht rein auf Fakten beruht, sondern spekulative Wege einschlägt.

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