23. Mai 2018

Woman in Cabin 10 - Ruth Ware

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei dtv
Seiten: 384
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Die Autorin:

Ruth Ware aus Großbritannien in Manchester, lebte eine Weile in Paris und arbeitete bereits als Kellnerin, Buchhändlerin, Englischlehrerin und Pressereferentin für einen Verlag. Gleich ihr Romandebüt "Im dunklen, dunklen Wald" wurde ein großer Erfolg.

Inhalt:

Die Reisejournalistin Lo Blacklock darf für ihr Magazin an der Jungfernfahrt des kleinen, aber luxuriösen Kreuzfahrtschiffes "Aurora Borealis" teilnehmen. Nur rund ein Dutzend ausgewählter Passagiere dürfen an Bord, darunter andere Journalisten und einige betuchte Damen und Herren der höheren Gesellschaft.

Am ersten Abend kommt Lo kurz ins Gespräch mit ihrer Kabinennachbarin. Beim Dinner ist diese junge Frau nicht dabei, aber Lo denkt sich zunächst nicht viel dabei. In der Nacht wird Lo jedoch von einem lauten Geräusch geweckt - und sie beobachtet, wie von der Nachbarkabine augenscheinlich ein lebloser Körper über Bord geworfen wird.

Lo schlägt Alarm, doch zu ihrer grenzenlosen Überraschung scheint niemand außer ihr die Frau in der Nachbarkabine gesehen zu haben, niemand scheint zu wissen, wer sie ist. Mehr noch: Die Kabine scheint seit Langem unbewohnt zu sein, nirgendwo gibt es Hinweise auf die Passagierin. Abgeschnitten von der Außenwelt hat Lo keine Chance, jemanden zu Hilfe zu rufen - und sie ist überzeugt davon, dass mindestens einer an Bord ein Mörder ist ...

Bewertung:

Ruth Wares zweiter Thriller "Woman in Cabin 10" wartet mit einem äußerst reizvollen Grundszenario auf: ein Mord auf hoher See, eine Zeugin, der niemand glaubt, eine kleine Gesellschaft, abgeschnitten von der Außenwelt - ein bisschen Hitchcock und ein bisschen Agatha Christie stecken in der spannenden Handlung.

Protagonistin Lo macht gerade eine harte Zeit durch. Vor einer Weile erlebte sie hautnah einen Einbruch in ihrer Wohnung mit; sie ist psychisch labil und trinkt zu viel Alkohol. Dem Auftrag fühlt sie sich eigentlich gar nicht gewachsen, doch ihr bleibt keine andere Wahl, wenn sie ihren Job behalten will. Ihr Zustand bleibt auf Dauer auch ihren Mitreisenden noch verborgen - somit ist klar, dass Lo keine glaubwürdige Zeugin darstellt. Der Leser wird ebenso lange wie Lo darüber im Dunkeln gelassen, was sie wirklich beobachtet hat - gab es einen Mord, wer sind Opfer und Täter, was sind die Hintergründe, was geschieht mit Lo, das sind die Fragen, die sich stellen und die erst nach und nach beantwortet werden. Die unausweichliche Nähe zu einem oder gar mehreren Mördern sorgt für eine besonders prickelnde Atmosphäre wie in einem bedrohlichen Kammerspiel, und der Roman lädt dazu ein, förmlich in eine Rutsch verschlungen zu werden.

Gut gelungen sind auch die Nebenfiguren, Los Mitreisende, bei denen man nicht weiß, wem zu trauen ist und wer womöglich in einen Mordkomplott verwickelt ist. Schiffseigentümer ist der attraktive Selfmade-Millionär Lord Richard Bullmer, eine interessante und charismatische Gestalt mit beeindruckender Biografie, die auch Lo direkt für sich einzunehmen weiß. Durch Pressepartys kennt Lo bereits ein paar der Kollegen an Bord, etwa die aufgestylte und scharfzüngige Zeitschriftenherausgeberin Tina West, den aalglatten Reisejournalisten Alexander Belhomme und den abenteuerlustigen Extremreise-Spezialisten Archer Fenlan. Zu Los Unbehagen ist auch Ben Howard an Bord, mit dem sie einst eine Affäre hatte. Bezeichnenderweise ist der kumpelhafte Ben aber schon bald das, was einer Vertrauensperson am Nächsten kommt, schließlich ist er der Einzige an Bord, den Lo näher kennt. Aber ob er wirklich auf ihrer Seite steht, muss sich erst noch herausstellen.

Die zentralen Fragen werden am Ende aufgeklärt, die losen Fäden geschickt zusammengeführt. Zwischendrin gibt es immer mal wieder kleinere Wendungen sowie Verdachtsmomente gegen die eine oder andere Person, die zum Miträtseln einladen. Ein kleiner Schwachpunkt liegt ausgerechnet in der Hauptfigur: Lo ist vor allem in der ersten Hälfte ein bisschen zu überzeichnet. Ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, sie trägt teilweise durch ihr Auftreten dazu bei, dass ihre Geschichte unglaubwürdig klingt. Das macht es vor allem anfangs nicht immer leicht, sich mit Lo zu identifizieren; eine Protagonistin mit weniger Macken/psychischen Problemen hätte dem Buch vielleicht gutgetan.

Fazit:

"Woman in Cabin 10" von Ruth Ware ist ein spannender Thriller mit sehr reizvollem Setting, der einige vergnügliche Lesestunden beschert.

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