11. Juli 2018

Kalt - Eric Berg

Produktinfos:

Ausgabe: 2016 bei ars edition
Seiten: 192
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Der Autor:

Eric Berg ist ein Pseudonym des Autors Eric Walz (Jahrgang 1966), der vor allem durch historische Romane wie "Die Herrin der Päpste". "Die Glasmalerin" und "Die Hure von Rom" bekannt wurde. Als Eric Berg verfasst er seit 2018 außerdem Kriminalromane wie "Das Nebelhaus" und "Das Küstengrab".

Inhalt:

Acht Oberstufenschüler eines Internats machen mit zwei Lehrern eine Expeditionsfahrt nach Finnland in den Patvinsuo-Nationalpark. Hier in der kalten, abgelegenen Gegend sollen sie unter Anleitung des jungen Betreuers Nooa die Moorlandschaft erforschen. Schon gleich zu Beginn klärt Nooa sie über die Gefahren des Moores auf und warnt sie inständig davor, die markierten Wege zu verlassen.

Von Anfang an herrschen Spannungen in der Gruppe, es gibt Zickereien zwischen den Mädchen und einige Jungs sorgen für Ärger. Dramatisch wird es aber erst, als ihr Biologielehrer Dr. Brecht nach einem Ausflug in die Wälder nicht zurückkehrt. Auch Suchaktionen bleiben erfolglos, zudem gibt es keinen Handyempfang.

Schließlich macht sich die Lehrerin Mrs. Greenwood mit dem Jeep auf den weiten Weg in den nächsten Ort, um Hilfe zu holen - und bleibt ebenfalls verschwunden. Langsam dämmert es der Gruppe, dass dies kein Zufall ist - und bald darauf gibt es einen Toten ...

Bewertung:

"Kalt" von Eric Berg hat eigentlich sehr gute Voraussetzungen für einen sehr spannenden Jugendthriller: Die finnische Einöde bietet ein reizvolles Setting, das fortlaufende spurlose Verschwinden von Personen ist ein altbewährter Grundplot, und als Täter kommen einige Figuren in Frage, die Identität bleibt bis kurz vor Schluss offen. Anfangs geht das Konzept auch noch auf, eine gewisse Spannung entsteht - wer wird alles verschwinden oder umgebracht werden, wie verhält sich die Gruppe, während die Lage sich immer bedrohlicher entwickelt, und was könnte das Motiv des Täters sein?

Diese vielversprechenden Ansätze verpuffen jedoch alsbald. Sämtliche Charaktere sind entweder unsympathisch oder maximal durchschnittlich interessant. Im Fokus steht die achtzehnjährige Franzi, die zu den Vernünftigsten der Gruppe gehört und nebenbei ein Auge auf den smarten Nooa geworfen hat. Man wünscht ihr zwar nichts Schlechtes, sie ist aber auch kein Protagonist, der zum Mitfiebern einlädt. Ihr Schicksal berührt nur wenig, das der anderen Figuren auch nicht. Zudem irritiert teilweise das Verhalten einiger Schüler. Sie reagieren viel zu unbedarft auf das Verschwinden ihres Lehrers; auch als er am nächsten Tag nicht von seinem Spaziergang zurückkehrt, ist das für manche kein Grund zur Besorgnis. Überhaupt dauert es lange, bis den meisten Jugendlichen der Ernst der Lage klar wird. Auch wenn man den Teenagern eine gewisse Unbedarftheit zugesteht, wird ihr Verhalten oft unpassend und nicht sehr realistisch.

Zu guter Letzt ist das Ende nicht sehr überzeugend. Zwar werden einige Fragen beantwortet, aber vor allem das Motiv bleibt sehr schwammig, daher ist auch der Abschluss nicht befriedigend.

Fazit:

"Kalt" von Eric Berg ist trotz des sehr reizvollen Sujets ein nur mäßig umgesetzter Jugendthriller ab etwa vierzehn Jahren. Er lässt sich zwar recht flott lesen und ist keine völlige Zeitverschwendung, bleibt aber doch deutlich hinter seinem Potenzial zurück; vom Autor kennt man deutlich bessere Werke.

27. Juni 2018

The Woman in the Window - A. J. Finn

Produktinfos:

Ausgabe: 2018 bei Blanvalet
Seiten: 544
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Der Autor:

A. J. Finn aus den USA hat bereits für zahlreiche amerikanische und britische Zeitungen und Zeitschriften geschrieben. Sein erster Roman "The Woman in the Window" wurde direkt ein Bestseller.

Inhalt:

Nach einem sehr traumatischen Erlebnis leidet die ehemalige Kinderpsychologin Dr. Anna Fox an Agoraphobie - sie hat panische Angst, ihr Haus zu verlassen. Ihre Kontakte beschränken sich hauptsächlich auf Telefonate mit ihrem Therapeuten, Besuche von ihrer Physiotherapeutin und kurze Gespräche mit ihrem jungen Mieter David.

Ihre Zeit verbringt Anna mit dem Schauen alter Filme, Chatten mit Gleichgesinnten, Online-Schachspielen, Alkoholkonsum - und mit dem Beobachten ihrer Nachbarn. Vor allem die frisch zugezogene Familie Russell - Vater, Mutter, fast erwachsener Sohn - interessiert sie. Kurz darauf bekommt sie sogar Besuch von Mutter und Sohn und freundet sich ein wenig mit der sehr sympathischen Jane Russell an.

Doch kurz darauf beobachtet Anna von ihrem Fenster aus, wie Jane in ihrem Haus von jemandem niedergestochen wird. Sie will ihr zu Hilfe eilen, verliert aber vor der Tür das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kommt, glaubt ihr die Polizei ihre Beobachtung nicht. Und schließlich präsentiert Mr. Russell zum Beweis seine lebendige Ehefrau - die allerdings völlig anders aussieht als die Jane Russell, die Anna kennengelernt hat ...

Bewertung:

Mit "The Woman in the Window" legt A. J. Finn ein gelungenes Thrillerdebüt hin.

Dabei ist es zugegeben grundlegend kein sehr origineller Plot; schließlich ist es ein gern gewähltes Genremotiv, dass der Protagonist scheinbar einen Mord beobachtet, es dafür jedoch keine Beweise gibt. Dieses Szenario wird spannend inszeniert, und man darf munter miträtseln, wie die Sache ausgeht.

Anna ist eine unzuverlässige Erzählerin, der Leser weiß nicht, wie sehr ihren Aussagen zu trauen ist. Sie leidet nicht nur unter ausgeprägten Agoraphobie, sondern nimmt auch ihre Medikamente sehr unregelmäßig und konsumiert fleißig Alkohol - möglich, dass sie tatsächlich einen Mord gesehen hat, aber auch Halluzinationen sind gut vorstellbar. Sollte Anna wirklich einen Mord beobachtet haben, stellen sich einige Fragen: Wer war das Opfer und Annas neue Freundin, wenn "Jane Russell" anscheinend quicklebendig ist? Was hat Familie Russell mit der Sache zu tun? Wie kann Anna ihre Sichtung beweisen - und was wird sich der Täter für sie einfallen lassen? Zudem ist Annas attraktiver, aber sehr schweigsamer Mieter David eine recht mysteriöse und schwer durchschaubare Gestalt.

Dr. Anna Fox ist natürlich die denkbar ungünstigste Zeugin, psychisch äußerst instabil und ein körperliches Wrack; dass die Polizei ihr nicht glaubt, kann man kaum verübeln. Etwa in der Mitte erfährt man nähere Details zu dem Trauma, das ihre Agoraphobie auslöste; routinierte Leser erahnen diesen Twist durchaus schon früher. Es ist nicht immer leicht, Annas Handlungen nachzuvollziehen. Vor allem ihr extrem laxer Umgang mit der Kombination Alkohol + Medikamente irritiert; manchmal ärgert man sich darüber, dass sie ihre ohnehin schon problematische Lage noch mutwillig verschlimmert. Sie ist keine Figur, mit der man sich sofort identifiziert; allerdings ist sie auf ihre eigenwillige Art durchaus interessant.

Die Handlung präsentiert zwei markante Wendungen, von denen eine allerdings recht früh erahnt werden kann - und auch ein bisschen übertrieben wirken mag. Die Auflösung wiederum ist überzeugender, der Abschluss ist insgesamt zufriedenstellend. Das Finale ist auch recht temporeich, wohingegen die Geschichte bis dahin oft in ruhigeren Bahnen verläuft; das ist allerdings auch notwendig, um sich in Annas Lage einzufühlen.

Fazit:

"The Woman in the Window" von A. J. Finn ist ein lesenswerter Thriller, der gute Unterhaltung bietet. Mit der unkonventionellen Protagonistin muss man erst einmal warm werden, und man muss sich auf ruhigere Passagen einlassen, in denen Annas Gedankenwelt im Vordergrund steht.

23. Mai 2018

Woman in Cabin 10 - Ruth Ware

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei dtv
Seiten: 384
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Die Autorin:

Ruth Ware aus Großbritannien in Manchester, lebte eine Weile in Paris und arbeitete bereits als Kellnerin, Buchhändlerin, Englischlehrerin und Pressereferentin für einen Verlag. Gleich ihr Romandebüt "Im dunklen, dunklen Wald" wurde ein großer Erfolg.

Inhalt:

Die Reisejournalistin Lo Blacklock darf für ihr Magazin an der Jungfernfahrt des kleinen, aber luxuriösen Kreuzfahrtschiffes "Aurora Borealis" teilnehmen. Nur rund ein Dutzend ausgewählter Passagiere dürfen an Bord, darunter andere Journalisten und einige betuchte Damen und Herren der höheren Gesellschaft.

Am ersten Abend kommt Lo kurz ins Gespräch mit ihrer Kabinennachbarin. Beim Dinner ist diese junge Frau nicht dabei, aber Lo denkt sich zunächst nicht viel dabei. In der Nacht wird Lo jedoch von einem lauten Geräusch geweckt - und sie beobachtet, wie von der Nachbarkabine augenscheinlich ein lebloser Körper über Bord geworfen wird.

Lo schlägt Alarm, doch zu ihrer grenzenlosen Überraschung scheint niemand außer ihr die Frau in der Nachbarkabine gesehen zu haben, niemand scheint zu wissen, wer sie ist. Mehr noch: Die Kabine scheint seit Langem unbewohnt zu sein, nirgendwo gibt es Hinweise auf die Passagierin. Abgeschnitten von der Außenwelt hat Lo keine Chance, jemanden zu Hilfe zu rufen - und sie ist überzeugt davon, dass mindestens einer an Bord ein Mörder ist ...

Bewertung:

Ruth Wares zweiter Thriller "Woman in Cabin 10" wartet mit einem äußerst reizvollen Grundszenario auf: ein Mord auf hoher See, eine Zeugin, der niemand glaubt, eine kleine Gesellschaft, abgeschnitten von der Außenwelt - ein bisschen Hitchcock und ein bisschen Agatha Christie stecken in der spannenden Handlung.

Protagonistin Lo macht gerade eine harte Zeit durch. Vor einer Weile erlebte sie hautnah einen Einbruch in ihrer Wohnung mit; sie ist psychisch labil und trinkt zu viel Alkohol. Dem Auftrag fühlt sie sich eigentlich gar nicht gewachsen, doch ihr bleibt keine andere Wahl, wenn sie ihren Job behalten will. Ihr Zustand bleibt auf Dauer auch ihren Mitreisenden noch verborgen - somit ist klar, dass Lo keine glaubwürdige Zeugin darstellt. Der Leser wird ebenso lange wie Lo darüber im Dunkeln gelassen, was sie wirklich beobachtet hat - gab es einen Mord, wer sind Opfer und Täter, was sind die Hintergründe, was geschieht mit Lo, das sind die Fragen, die sich stellen und die erst nach und nach beantwortet werden. Die unausweichliche Nähe zu einem oder gar mehreren Mördern sorgt für eine besonders prickelnde Atmosphäre wie in einem bedrohlichen Kammerspiel, und der Roman lädt dazu ein, förmlich in eine Rutsch verschlungen zu werden.

Gut gelungen sind auch die Nebenfiguren, Los Mitreisende, bei denen man nicht weiß, wem zu trauen ist und wer womöglich in einen Mordkomplott verwickelt ist. Schiffseigentümer ist der attraktive Selfmade-Millionär Lord Richard Bullmer, eine interessante und charismatische Gestalt mit beeindruckender Biografie, die auch Lo direkt für sich einzunehmen weiß. Durch Pressepartys kennt Lo bereits ein paar der Kollegen an Bord, etwa die aufgestylte und scharfzüngige Zeitschriftenherausgeberin Tina West, den aalglatten Reisejournalisten Alexander Belhomme und den abenteuerlustigen Extremreise-Spezialisten Archer Fenlan. Zu Los Unbehagen ist auch Ben Howard an Bord, mit dem sie einst eine Affäre hatte. Bezeichnenderweise ist der kumpelhafte Ben aber schon bald das, was einer Vertrauensperson am Nächsten kommt, schließlich ist er der Einzige an Bord, den Lo näher kennt. Aber ob er wirklich auf ihrer Seite steht, muss sich erst noch herausstellen.

Die zentralen Fragen werden am Ende aufgeklärt, die losen Fäden geschickt zusammengeführt. Zwischendrin gibt es immer mal wieder kleinere Wendungen sowie Verdachtsmomente gegen die eine oder andere Person, die zum Miträtseln einladen. Ein kleiner Schwachpunkt liegt ausgerechnet in der Hauptfigur: Lo ist vor allem in der ersten Hälfte ein bisschen zu überzeichnet. Ihre Handlungen sind nicht immer nachvollziehbar, sie trägt teilweise durch ihr Auftreten dazu bei, dass ihre Geschichte unglaubwürdig klingt. Das macht es vor allem anfangs nicht immer leicht, sich mit Lo zu identifizieren; eine Protagonistin mit weniger Macken/psychischen Problemen hätte dem Buch vielleicht gutgetan.

Fazit:

"Woman in Cabin 10" von Ruth Ware ist ein spannender Thriller mit sehr reizvollem Setting, der einige vergnügliche Lesestunden beschert.

18. April 2018

Die Tribute von Panem 2: Gefährliche Liebe - Suzanne Collins

Produktinfos:

Ausgabe: 2010 bei Oetinger
Seiten: 432
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Die Autorin:

Suzanne Collins aus den USA, Jahrgang 1962, veröffentlichte 2003 ihr erstes Kinderbuch "Gregor und die graue Prophezeiung". Insgesamt umfasst die Underland-Reihe fünf Bände und wurde zu internationalen Bestsellern. Ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" übertraf diesen Erfolg noch und bescherte ihr überdies zahlreiche Auszeichnungen.

Inhalt:

Nachdem Katniss und Peeta gemeinsam die Hungerspiele überlebt und gewonnen haben, beginnt für sie eine Tour durch die Distrikte, begleitet von den Medien. Die Zuschauer sind begeistert von den scheinbaren Liebespaar, das so knapp dem Tod entronnen ist. Allerdings spürt Katniss auch, dass ihr inszenierter Beinah-Suizid in der Arena, der zum vorzeitigen Abbruch der Spiele führte, noch mehr ausgelöst hat: Katniss wird als Rebellin bewundert, und zunehmend gibt es Anzeichen für Aufstände in einzelnen Distrikten.

Präsident Snow macht Katniss deutlich, dass ihre Angehörigen und Freunde sterben werden, wenn sie nicht ihn und alle Welt davon überzeugt, nur aus verwirrter Liebe zu Peeta so gehandelt zu haben. Die Aufstände sollen unbedingt verhindert werden. Katniss gibt sich Mühe, leidet aber darunter, dass sie sich auch zu ihrem besten Freund Gale hingezogen fühlt.

Doch es kommt noch schlimmer für sie: Die 75. Hungerspiele stehen an, und anlässlich des Jubiläums gibt es eine gravierende Änderung - die Teilnehmer bestehen diesmal aus ehemaligen Siegern der einzelnen Distrikte. Katniss und Peeta müssen somit zurück in die Arena und um ihr Leben kämpfen ...

Bewertung:

Nach dem furiosen ersten "Tribute von Panem"-Teil "Tödliche Spiele" ist es für den zweiten Band der Trilogie "Gefährliche Liebe" natürlich schwer, daran heranzureichen.

Tatsächlich zieht sich das erste Drittel zunächst ein wenig. Die Handlung verläuft ruhiger als im ersten Band, der schnell mit Dramatik aufwartete. Hier geht es zum großen Teil um Katniss' ungewisse Gefühle und ihren Zwiespalt, was ihr Verhältnis zu Peeta und Gale angeht. Um Präsident Snow zu besänftigen, muss Katniss öffentlich ihre Liebe zu Peeta demonstrieren, auch wenn sie sich ihrer eigentlichen Gefühle nicht sicher ist und sie Gale nicht verletzen möchte. Dieses Szenario rührt durchaus an, so richtig in Schwung kommt die Handlung aber erst durch die Andeutungen von Rebellionen und vor allem durch die 75. Spiele.

Bislang waren die ehemaligen Sieger außen vor, was zukünftige Spiele anging. Somit ist die Neuerung natürlich ein Paukenschlag. Sowohl für Katniss als auch für Peeta steht fest, dass sie alles dafür tun wollen, dass der jeweils andere überlebt. Zwar ist natürlich klar, dass Katniss als Ich-Erzählerin irgendwie erneut aus der Arena herauskommen wird, aber hochspannend und dramatisch wird es trotzdem: Wie wird es Peeta ergehen, den Katniss um jeden Preis schützen möchte, der aber selbst umgekehrt sein Leben für Katniss geben will? Wer von den anderen ehemaligen Siegern ist vertrauenswürdig für eine - zumindest vorübergehende - Allianz? Was für ein Setting mit was für Fallen wartet diesmal auf die Tribute? Zudem ist die Konkurrenzsituation noch bedrohlicher für Katniss und Peeta als zuvor; schließlich sind ihre Gegner diesmal nicht gleichaltrige oder jüngere Teenager, sondern teils erfahrene Kämpfer. Sie alle haben bereits ihren Überlebenswillen bewiesen, Töten ist ihnen nicht fremd, das sorgt für eine andere Atmosphäre als im ersten Teil.

Erneut gibt es gelungene Nebenfiguren, die sich dem Leser einprägen. Wieder fungiert Haymitch als Mentor für Katniss und Peeta, wie schon bei ihrer Vorbereitung auf ihre ersten Spiele. Haymitch war vor den beiden der bislang einzige Sieger aus Distrikt 12, was ihm zwar Reichtum einbrachte, den er aber seit Langem hauptsächlich in Alkohol investiert. Dessen ungeachtet ist Haymitch, wenn gerade mal bei klarem Verstand, ein cleverer und nicht zu unterschätzende Ratgeber, dessen trockene Bemerkungen immer wieder für Humor sorgen. Ein neuer Charakter ist der vierundzwanzigjährige Finnick Odair, einer der ehemaligen Sieger, der jetzt erneut in die Arena geht. Der attraktive, lässige Finnick ist ein Frauenschwarm und höchst populär, was die eher spröde Katniss ziemlich befremdet. Finnick wirkt auf den ersten Blick wie ein oberflächlicher Schönling, allerdings zeigt sich bald, dass sich hinter der glatten Fassade weitaus mehr verbirgt. Fest steht auf jeden Fall, dass der durchtrainierte Sportler einer der größten Konkurrenten in der Arena sein wird. Umso spannender ist die Frage, ob und inwieweit er als Verbündeter infrage kommt.

Katniss selbst hat nach wie ihre Ecken und Kanten. Sie ist im Gegensatz zum sanften und eloquenten Peeta kein großer Redner, erscheint oft unnahbar und abweisend und macht es selbst denen, die sie mögen, nicht gerade leicht. Das macht sie aber auch zu einer einprägsamen Figur, und sie ist sympathisch, ohne zugleich everybody's darling zu sein.

Die Zeit in der Arena nimmt diesmal nicht ganz so viel Raum ein wie im ersten Band, erreicht auch nicht völlig deren Intensität, was natürlich auch daran liegt, dass im ersten Band die Spiele noch ganz neu für den Leser waren. Aber auch mit geringerem Überraschungseffekt fesseln diese Spiele; man leidet erneut mit Katniss und erlebt viele dramatische und traurige Momente, aber auch zumindest kleine Augenblicke der Freude, der Freundschaft und des Humors. Trotz der hohen Messlatte ist Suzanne Collins ein sehr würdiger Nachfolgeband geglückt, dessen abruptes Ende sehr neugierig auf den finalen Teil macht.

Fazit:


"Gefährliche Liebe", der zweite Band der Tribute-von-Panem-Reihe, ist abermals ein sehr lesenswertes All-Age-Dystopie-Abenteuer mit einem Hauch Romantik - da ist es auch zu verschmerzen, dass der Anfang sich ein kleines bisschen zieht.

17. April 2018

Die Wahrheit eines Augenblicks - Liane Moriarty

Produktinfos:

Ausgabe: 2013 bei Lübbe
Seiten: 432
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Die Autorin:

Liane Moriarty, Jahrgang 1966, stammt aus Australien und schrieb schon als Kind gern Geschichten. Sie arbeitete zunächst u. a. im Marketingbereich, ehe sie 2004 ihren ersten Roman "Drei Wünsche frei" veröffentlichte. Weitere Werke sind "Tausend kleine Lügen", "Ein Geschenk des Himmels" und "Alles aus Liebe".

Inhalt:

Die Fitzpatricks Cecilia, John-Paul und ihre drei Töchter Isabelle, Esther und Polly sind eine glückliche Familie in Sydney. Als ihr Mann John-Paul gerade auf Geschäftsreise ist, findet Cecilia beim Aufräumen einen verschlossenen Brief von ihm mit der Aufschrift: "Nur im Fall meines Todes zu öffnen". Auf John-Pauls Bitte hin öffnet sie den Brief zunächst nicht, doch es lässt ihr keine Ruhe.

Zur gleichen Zeit erfährt in Melbourne die bis dahin glücklich verheiratete Tess O'Leary, dass ihr Ehemann Will und ihre Cousine und beste Freundin Felicity sich ineinander verliebt haben. Verstört zieht Tess bis auf Weiteres mit dem kleinen Sohn Liam zu ihrer Mutter nach Sydney.

Während Tess versucht, ihr Leben am Ort ihrer Kindheit und Jugend neu zu ordnen, öffnet Cecilia schließlich den Brief - und erfährt eine erschreckende Wahrheit, die ihr Leben auf den Kopf stellt ...

Bewertung:


Frauenroman, Krimi, Gesellschaftsdrama, von allem etwas vereint Liane Moriartys "Die Wahrheit eines Augenblicks" (das mittlerweile unter "Das Geheimnis meines Mannes" neu aufgelegt wurde). Der Roman ist zwar nicht ganz so großartig wie ihr wohl bekanntestes Werk "Tausend kleine Lügen", bietet aber dennoch sehr gute Unterhaltung - und regt auch ein wenig zum Nachdenken und Mitfühlen an.

Im Fokus stehen vor allem die Schicksale von Cecilia und Tess, und beide sind auf unterschiedliche Weise von Beginn an spannend. Bei Cecilia möchte man zunächst erfahren, was in dem ominösen Brief geschrieben steht, und gleich darauf, wie sie mit diesem Wissen umgeht. Ihr Zwiespalt ist gut nachvollziehbar: Auf der einen Seite fühlt sie sich moralisch zum Handeln verpflichtet, auf der anderen Seite würde sie damit nicht nur ihren Mann, sondern auch ihren Töchtern schaden. Somit steht Cecilia vor einer schweren Entscheidung, die ihr niemand abnehmen kann. Es ist sehr verständlich, dass sie ihre Familie schützen möchte, zugleich aber wünscht man sich auch, dass sie über ihren Schatten springt und sich anders entscheidet. Cecilias Situation verleitet dazu, sich in ihre Lage zu versetzen und sich zu fragen, inwieweit es bei bestimmten Handlungen überhaupt ein Richtig oder Falsch gibt - oder auch, ob es besser gewesen wäre, den Brief nie zu öffnen.

Tess hat ein ganz anderes Problem, das auf seine Weise aber auch den Leser berührt. Ihr Mann hat sich ausgerechnet in ihre Cousine verliebt, die für sie seit Kindertagen Schwester und beste Freundin zugleich war. Tess fühlt sich doppelt betrogen, ihre Welt bricht zusammen, und gleichzeitig versucht sie, ihren Schmerz vor ihrem Sohn zu verbergen. Die Rückkehr in ihre alte Heimat Sydney sorgt fürs Abwechslung, konfrontiert sie aber auch intensiver mit ihrer Jugendvergangenheit, als ihr lieb ist - etwa in Gestalt ihres Ex-Freundes. Tess' Geschichte ist zwar etwas weniger dramatisch als die von Cecilia, versteht aber ebenfalls zu fesseln. Zudem kommt es zu einer interessanten Verquickung beider Schicksale.

Obwohl der Roman einige melancholische Seiten hat und traurige Dinge passieren, ist er auch durchzogen mit humorvollen Szenen. Dafür sorgen oft die quirligen Töchter Isabelle, Esther und Polly, aber auch die ironisch-sarkastischen Gedanken der Protagonistinnen. Freude und Leid liegen für die Figuren häufig sehr nah beieinander; der Autorin gelingt das schwierige Kunststück, witzige, dramatische und tragische Momente nebeneinanderzustellen, ohne Brüche entstehen zu lassen. Die Schwächen fallen nur gering aus. Die ersten Seiten ziehen sich ein wenig, bis endlich der Briefinhalt bekannt ist und auch Tess' Schicksal thematisiert wird und für Spannung sorgt. Zudem wirkt das Ende, obgleich an sich passend, etwas dick aufgetragen.

Fazit:


"Die Wahrheit eines Augenblicks" von Liane Moriarty ist ein sentimentaler, nachdenklich stimmender und zugleich in weiten Teilen auch humorvoller Roman.

17. März 2018

Die Tribute von Panem 1: Tödliche Spiele - Suzanne Collins

Produktinfos:

Ausgabe: 2009 bei Oetinger
Seiten: 416
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Die Autorin:

Suzanne Collins aus den USA, Jahrgang 1962, veröffentlichte 2003 ihr erstes Kinderbuch "Gregor und die graue Prophezeiung". Insgesamt umfasst die Underland-Reihe fünf Bände und wurde zu internationalen Bestsellern. Ihre Trilogie "Die Tribute von Panem" übertraf diesen Erfolg noch und bescherte ihr überdies zahlreiche Auszeichnungen.

Inhalt:

Die ehemaligen USA in der Zukunft: Nach einigen Kriegen und Aufständen ist das restliche Nordamerika "Panem" in 12 Distrikte und das Kapitol unterteilt; es herrscht eine große Spanne zwischen Armut und Reichtum. Einmal im Jahr finden die Hungerspiele statt, in denen 24 "Tribute", zwölf Mädchen und zwölf Jungen - jeweils ein Mädchen und ein Junge aus einem Distrikt -, ähnlich Gladiatoren in einer Arena unter medialer Beobachtung gegeneinander kämpfen müssen - bis der Letzte von ihnen übrig ist.

In diesem Jahr ist die zwölfjährige Primrose aus dem 12. und ärmsten Distrikt unter den Ausgewählten - und ihre sechzehnjährige Schwester Katniss Everdeen erklärt sich sofort bereit, ihren Platz einzunehmen. Katniss ist eine äußerst begabte Bogenschützin, die zusammen mit ihrem besten Freund Gale täglich durch die Wälder streift und heimlich Wild schießt, um sich, Prim und ihre verwitwete Mutter zu ernähren. Katniss hat kaum Hoffnung, gegen die teils extra ausgebildeten Teilnehmer aus den reichen Distrikten bestehen zu können, auch wenn sie ihr Bestes geben will.

Nach Beginn der Spiele finden sich die 24 Tribute in einer Waldlandschaft wieder, und es beginnt ein Kampf auf Leben und Tod. Katniss sieht sich dabei auch Peeta gegenüber, dem anderen Teilnehmer aus ihrem Distrikt. Obwohl nur flüchtig miteinander bekannt, hat er ihr schon einmal aus einer Notlage geholfen. Katniss möchte ihm gerne trauen - aber gibt es überhaupt noch so etwas wie Freundschaft unter den Teilnehmern ...?

Bewertung:

Die "Tribute von Panem"-Trilogie von Suzanne Collins darf durchaus bereits als Jugendbuchklassiker des 21. Jahrhunderts gesehen werden. Die Reihe gehört zum SF-Genre Dystopie, wird durch ein paar Fantasyelemente ergänzt, enthält sozialkritische Bezüge, natürlich reichlich Spannung und Dramatik und nicht zuletzt eine Portion Romantik. Jennifer Lawrence erlangte mit der Hollywoodverfilmung ihren absoluten Durchbruch, und Katniss Everdeen wurde zum Idol Tausender Teenagermädchen.

Der Auftakt "Tödliche Spiele" reißt den Leser gleich von Beginn an hinein ins Geschehen. Es ist eine düstere Welt, in der Katniss lebt; für Menschen wie sie aus dem ärmsten Distrikt bedeutet jeder Tag einen Kampf um Nahrung und ums Überleben. Das Jagen in den Wäldern ist verboten, aber Katniss geht lieber das Risiko ein, als ihre Familie verhungern zu lassen. Die jährlichen Hungerspiele, in denen stets 23 der 24 zwölf- bis sechzehnjährigen Teilnehmer sterben, bilden den grausamen Höhepunkt. Das Szenario sorgt einerseits für Spannung und regt andererseits zum Nachdenken an: Wie und wann werden die Tribute sterben, wie wird es Katniss in der Arena egehen, wird sie jemanden töten müssen, gibt es möglicherweise doch Zusammenhalt zwischen manchen Teilnehmern - und was wird aus Peeta, gegenüber dem sich Katniss verpflichtet fühlt? Die Hauptgefahr geht natürlich für Katniss von ihren Konkurrenten aus, aber in der Wildnis werden auch Hunger, Durst, Verletzungen, Krankheiten und Kälte früher oder später zum Problem; ganz zu schweigen davon, dass die Organisatoren die Arena durch zusätzliche Gefahren wie etwa vergiftete Nahrungsmittel anreichern.

Automatisch fragt sich der Leser, wie er selbst in einer solchen Situation handeln würde, wie das jeweilige Verhalten überhaupt moralisch zu bewerten ist - schaut man nur auf das eigene Überleben, oder verschont man einen Gegner? Wie beständig und ehrlich können Allianzen in dieser Situation sein? Und was passiert, wenn man wirklich Sympathie für einen der Konkurrenten empfindet - oder vielleicht sogar mehr ...?

Katniss fungiert als Ich-Erzählerin und spricht in einem abgeklärten, prägnanten, direkten Tonfall und nicht selten mit trockenem Humor über die Ereignisse. Katniss ist ein burschikoses Mädchen, ein Tomboy, uneitel, sehr direkt, dickköpfig, clever und doch in extremen Momenten auch emotional und verletzlich. Es fällt nicht schwer, sich sofort mit ihr zu solidarisieren und mit ihr zu fiebern. Peeta kommt sensibler und sanfter daher, ist aber schwer zu durchschauen. Genau wie Katniss muss man abwarten, wie es wirklich um seinen Charakter bestellt ist, wenn es darauf ankommt.

Eine sehr gelungene Nebenfigur ist Katniss' Gegnerin Rue, die jüngste der Tribute: Sie ist erst zwölf Jahre alt, klein und schmal und erinnert Katniss unweigerlich an ihre gleichaltrige Schwester Prim. Für sie ist der Gedanke unfassbar, dass ein Kind in der Arena kämpfen muss, und die beiden verbünden sich miteinander. Die kleine, zarte und so junge, aber durchaus sehr fähige Rue ist eine liebenswerte Figur, die man sofort ins Herz schließt. Überhaupt gelingt es dem Roman ausgezeichnet, die rührenden Szenen ohne übertriebenen Kitsch zu präsentieren. Auch der Rest der Handlung ist sehr geschickt komponiert; kleine Details offenbare später ihre Bedeutung, das Geschehen ist genau dann aufregend, dramatisch, actionreich, bewegend und bisweilen sogar humorvoll, wenn es angebracht ist. Am Ende laufen alle Fäden zusammen, und zugleich wird man es kaum erwarten können, den zweiten Band aufzuschlagen. Freilich ist die Grundidee nicht neu; eine noch härtere Umsetzung mit ähnlichem Gedanken findet man in Koushun Takamis "Battle Ryoal", auch Stephen Kings "Menschenjagd" und "Todesmarsch" haben einige Parallelen - dennoch sind "Die Tribute von Panem" ein sehr reizvolles Werk, das Dystopiefans ans Herz zu legen ist.

Fazit:

Der erste Band der "Tribute von Panem"-Reihe "Tödliche Spiele" ist ein hervorragender All-Age-Roman ab etwa dreizehn, vierzehn Jahren für alle Leser, die sich für abenteuerliche Dystopien interessieren: fesselnd, atmosphärisch, bewegend und gewiss lange im Gedächtnis verweilend.

9. März 2018

Dann schlaf auch du - Leila Slimani

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Luchterhand
Seiten: 224
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Die Autorin:

Leila Slimani, Jahrgang 1981, geboren und aufgewachsen in Marokko, ist mittlerweile in Frankreich heimisch. Sie studierte Medien und Politik und arbeitete als Journalistin. 2014 erschien ihr erster Roman "Dans le jardin de l’ogre", 2016 folgte "Dann schlaf auch du".

Inhalt:

Myriam und Paul Massé, ein Pariser Ehepaar Mitte dreißig, suchen nach einer Betreuung für ihre beiden Kinder, das Baby Adam und Vorschulkind Mila. Myriam war lange Zeit Hausfrau, doch nun will sie unbedingt wieder in ihren Beruf als Anwältin zurückkehren.

Sie entscheiden sich schließlich für die zarte Louise, die beste Referenzen aufweist und die die Kinder sogleich ins Herz schließen. Louise ist Anfang vierzig, verwitwet, hat eine erwachsene Tochter. Sie versorgt nicht nur die Kinder der Massés, sondern macht auch die schöne Altbauwohnung behaglicher und kocht leckere Gerichte.

Schon nach kurzer Zeit ist Louise für Myriam und Paul unentbehrlich; sie werden von ihren Freunden um die wunderbare Nanny beneidet. Doch das Ehepaar ahnt nichts von der Einsamkeit und Verletzlichkeit des Kindermädchens. Und sie ahnen nicht, dass am Ende eine furchtbare Tragödie mit mehreren Toten stehen wird ...

Bewertung:

Der zweite Roman der französisch-marrokanischen Journalistin und Autorin Leila Slimani, inspiriert durch einen wahren Fall in New York im Jahr 2012, avancierte rasch nach Erscheinen zu einem Bestseller. "Dann schlaf auch du" ist ein sowohl untypischer als auch literarischer Krimi, der sich auch und vor allem an Leser wendet, die sonst diesem Genre nicht so viel abgewinnen können.

Tat, Opfer und Täter stehen schon zu Anfang fest: Die beiden Kinder sind tot, die Nanny hat sie getötet. Adam starb sofort, Mila erliegt im Krankenhaus ihren Verletzungen. Die Nanny überlebt einen Selbstmordversuch und liegt im Koma. In bester Why-dunnit-Manier begibt sich der Roman nun langsam auf Spurensuche: Wie konnte es zu dieser unglaublichen Tat kommen? Der Erzähler beleuchtet dazu verschiedene Perspektiven,konzentriert sich mal auf Louise, mal auf Myriam, bisweilen auch auf Paul oder Myriams Tochter Stéphanie. Die Fassade erscheint lange Zeit glücklich: Paul und Myriam kommen gut mit Louise aus; gerade Myriam bemüht sich öfter auch um kleine Geschenke und Gefälligkeiten für das Kindermädchen, sie nehmen Louise auch mit in den Urlaub.

Unter der glänzenden Fassade jedoch lauern Abgründe. Louise hat eine schmerzvolle Vergangenheit hinter sich; sie ist einsam, und so nah sie den Massés auch zu sein scheint, sie bleibt ihnen und ihrer Welt dennoch fern. Myriam und Paul ahnen nicht, wie erbärmlich und trostlos Louises kleine Wohnung ist, eher eine Absteige, in der sie nicht mehr Zeit als nötig verbringt. Sie wissen nichts von ihren Schulden, ihrer schwierigen Ehe und dem komplizierten Verhältnis zu ihrer Tochter. Die Beziehung zwischen dem Kindermädchen und seinen Arbeitgebern ist geprägt durch gegenseitiges Missverstehen: Myriam und Paul geben sich gern großzügig und laden Louise unwissentlich dazu ein, sich mehr und mehr in ihrem Leben einzunisten.

Bei aller scheinbaren Perfektion blitzen ab und zu Aggressionen und Abgründe auf bei Louise, deren Tragweite aber von allen Beteiligten unterschätzt wird. Der Roman spielt mit elterlichen Ängsten und Schuldgefühlen, beleuchtet die Problematik der Einsamkeit und demonstriert, wie wenig man mitunter über einen Menschen weiß, den man jeden Tag um sich hat. Melancholie, Verzweiflung und eine teils beinah klaustrophobische Spannung liegen über der Handlung. Es gibt keine großen Erklärungen, der Leser soll aus dem Dargestellten seine eigenen Schlüsse und Bewertungen ziehen.

Die klare, meist nüchterne Sprache mit knappen Sätzen und nur wenigen Dialogen harmoniert mit dieser Stimmung. Diese Reduziertheit und Kühle weckt nicht bei jedem Leser Begeisterung; auch hätte man die Charaktere von Myriam und Paul noch etwas plastischer herausarbeiten können, damit sie deutlicher vor Augen erscheinen, sich mehr einprägen.

Fazit:

"Dann schlaf auch du" von Leila Slimani ist ein beklemmender Why-dunnit-Krimi in knappem Stil; kein überragender, aber doch lesenswerter und durchaus berührender Roman.

8. März 2018

The Child - Fiona Barton

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Wunderlich (Rowohlt)
Seiten: 480
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Die Autorin:

Fiona Barton (Großbritannien) war lange Zeit als Reporterin bei der "Daily Mail", dem "Daily Telegraph" und der "Mail on Sunday" tätig und erhielt die Auszeichnung "Reporter of the Year". 2016 gelang ihr gleich mit ihrem ersten Roman "Die Witwe" ein internationaler Erfolg.

Inhalt:

Bei Bauarbeiten in London wird das Skelett eines Babys entdeckt, das offenbar schon seit Jahrzehnten dort vergraben war. Die Journalistin Kate stößt auf diese Nachricht und wittert eine interessante Geschichte dahinter. Sie beginnt nachzuforschen, in der Hoffnung, die Hintergründe zu enthüllen. Wer ist das Baby, und wer hat es dort vergraben?

Dabei trifft sie schon bald auf Angela Irving. Angelas Tochter wurde vor vierzig Jahren kurz nach ihrer Geburt aus dem Krankenhaus entführt, und bis heute gibt es keine Spur von ihr oder dem Täter. Angela ist überzeugt davon, dass es sich bei dem Baby um ihre Tochter handelt - und hofft auf baldige Gewissheit.

Und auch die labile zweiundvierzigjährige Emma liest über den Fall und reagiert mit großem Entsetzen. Sie fürchtet, dass im Zuge der Ermittlungen ein dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit ans Licht kommen wird ...

Bewertung:

Nach dem ihrem erfolgreichen Debütroman "Die Witwe" legt Fiona Barton mit "The Child" ihr nächstes Werk vor, das in nahezu allen Belangen überzeugt. Es gibt hier ein Wiedersehen mit Kate Waters, die auch im vorherigen Werk mit von der Partie war; man muss "Die Witwe" aber nicht kennen, und es wird auch nicht zu viel darüber verraten, falls man es im Anschluss noch lesen möchte.

Drei Frauen werden abwechselnd in den Handlungsfokus gerückt, jede von ihnen auf andere Weise mit dem Fall des vergrabenen Babys verbunden. Kate ist diejenige, die die Geschichte ins Rollen bringt. Sie entdeckt eine knappe Nachricht zu dem Fund und spürt instinktiv, dass dahinter eine große Story lauert - die sie braucht, um ihren wackligen Posten in der Redaktion wieder zu festigen. Schon bald aber ist sie nicht nur aus beruflichem Ehrgeiz, sondern auch aus emotionaler Verbundenheit davon besessen, den Fall zu klären. Die intelligente, hartnäckige Kate ist eine sympathische Figur, die man gern bei ihren Recherchen begleitet.

Angela wiederum weckt Mitgefühl. Auch wenn der Verlust ihrer Tochter Jahrzehnte zurückliegt, hat sie ihn nie verwunden. Immer noch macht sie sich Vorwürfe, damals zehn Minuten zum Duschen gegangen zu sein und ihr Baby alleingelassen zu haben; auch ihr Mann und ihre beiden verbliebenen Kinder können den fortwährenden Schmerz kaum lindern. Angela will endlich erfahren, was mit Alice geschehen ist - vor allem aber will sie sie bestatten können. Ihre Verzweiflung wird sehr gut nachvollziehbar und berührend geschildert - und man wünscht ihr inständig, dass sie Klarheit über Alice' Schicksal erhält.

Emmas genaue Rolle ist längere Zeit unklar. Sie ist depressiv und durch den Artikel über das tote Baby sehr beunruhigt. Sie hat furchtbare Angst, allerdings ist zunächst nicht klar, ob dies begründet ist oder auf ihrem labilen Zustand beruht. Auch das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter Jude scheint eine Rolle zu spielen, aber Genaueres kristallisiert sich erst ganz allmählich heraus. Man erahnt zwar zunehmend, was es mit Emmas Ängsten und ihrer Vergangenheit auf sich hat, das mindert aber nicht die Anteilnahme des Lesers.

Alle drei Handlungsstränge erzeugen Spannung, und man möchte von Beginn an erfahren, was es mit dem vergrabenen Baby auf sich hat. Es ist freilich kein actiongeladener Thriller, und es gibt keine Bedrohung durch einen Mörder. Dennoch fiebert man mit, weil einen das Schicksal des Babys berührt, weil man seine Geschichte kennenlernen will, weil man gebannt Kates Nachforschungen verfolgt, sich für Angela Klarheit erhofft und neugierig auf Emmas Geheimnis ist. Die Wendungen können durchaus vorausgeahnt werden, was aber nicht weiter ins Gewicht fällt, da es kein Werk ist, das hauptsächlich auf Überraschungen baut. Der Roman ist in erster Linie ein bewegendes Drama und ein feines psychologisches Porträt dreier Frauen. Die Atmosphäre ist oft melancholisch, erfährt jedoch auch zarte humorvolle Auflockerungen. Das Ende ist sehr überzeugend gewählt und lässt keine wichtigen Fragen offen.

Fazit:

Mit "The Child" ist Fiona Davis ein überzeugender, einfühlsamer Roman mit interessanten Charakteren gelungen. Ein Werk mit sehr leisen Thrilleranklängen, aber dadurch nicht weniger spannend.

2. März 2018

Was ich getan habe - Anna George

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei btb
Seiten: 320
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Die Autorin:

Anna George (Australien) arbeitet als Anwältin, und "Was ich getan habe" ist ihr erster Roman.

Inhalt:

Verzweifelt irrt der Anwalt David Forrester durch das nächtliche Melbourne - denn er hat gerade seine Frau umgebracht und spricht sein Geständnis in ein Diktiergerät.

Dabei hatte die Beziehung zwischen David und der aparten Filmemacherin Elle so verheißungsvoll begonnen. Sehr schnell war David ihr verfallen, leidenschaftlich, geradezu obsessiv vergötterte er seine Frau. Sie schienen trotz gewisser Gegensätze ein Traumpaar zu sein, der erfolgreiche und wohlhabende David und die idealistische und künstlerische Elle.

Doch hinter der Fassade lauern auch Abgründe. Was hat David schließlich dazu gebracht, Elle zu töten ...?

Bewertung:

"Wer Gone Girl mochte, wird das Buch lieben", verspricht "Who Weekly" auf der Rückseite von Anna Georges "Was ich getan habe". Der Weltbestseller von Gillian Flynn muss öfter als Werbung für andere Thriller herhalten, und in diesem Fall ist der Vergleich leider unpassend.

Der Anfang ist noch recht verheißungsvoll: Der Leser wird unmittelbar mit Davids Geständnis konfrontiert, und es entsteht eine gewisse Spannung durch die daraus resultierenden Fragen - wie konnte es zu dieser Tat kommen, wird sich David den Behörden stellen, wird er die Wahrheit sagen und welchen Verlauf wird sein Leben nehmen? Abwechselnd fokussiert sich die Handlung auf die Gegenwart und auf die Vergangenheit - einerseits der verzweifelte David, der konfus durch die Nacht fährt und sich Verteidigungsstrategien überlegt; andererseits in Rückblicken die aufkeimende Beziehung zwischen David und Elle, zunächst nur als One-Night-Stand geplant, um später in einer Ehe zu münden. Das Potenzial für eine mitreißende Geschichte ist da: Es geht um häusliche Gewalt, um Obsessionen, um Hass-Liebe und um die Gegensätze zwischen schönem Schein und düsterer Wahrheit.

Trotzdem ist das Ergebnis mäßig. David und Elle bleiben beide als Figuren blass, und man kann nie wirklich nachempfinden, was sie am jeweils anderen so fasziniert. Die Schilderung der Beziehung ist recht ermüdend. Es gibt so viele dynamischere und interessantere Paarbeziehungen in anderen Thrillern, während diese hier nie wirklich fesseln kann. Es gibt auch keine reizvollen Nebenfiguren; man hat ein bisschen Mitgefühl mit Elle, ansonsten aber geht einem das Schicksal der Charaktere kaum nah. Dazu kommt, dass Davids Verhalten in der Gegenwartshandlung anfangs noch überzeugt, später aber wird dieser Strang zunehmend wirr und übertrieben. Letztlich gibt es auch keine nennenswerte Überraschung am Ende; auch in dieser Hinsicht kommen Fans von "Gone Girl" also nicht auf ihre Kosten. Das Bemühen der Autorin, häusliche Gewalt zu thematisieren, ist ein gutes Anliegen, allerdings überzeugt der Roman nicht als Thriller.

Fazit:

"Was ich getan habe" von Anna George ist insgesamt ein mäßiger Thriller, den man getrost auslassen darf. Die Idee dahinter ist zwar ganz gut und der Anfang auch nicht schlecht, aber davon abgesehen reihen sich zu viele Schwächen aneinander.

15. Februar 2018

Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken - Deborah Ellis

Produktinfos:

Ausgabe: 2013 bei cbj
Seiten: 256
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Die Autorin:

Deborah Ellis aus Kanada, Jahrgang 1960, ist nicht nur Autorin, sondern auch Psychotherapeutin. Ihre Erfahrungen in einem afghanischen Flüchtlingslager verarbeitete sie in dem Roman "Die Sonne im Gesicht" und in der Fortsetzung "Im Herzen die Angst".

Inhalt:

Jessica und Casey sind seit Kindertagen beste Freundinnen und stehen kurz vor ihrem Highschool-Abschluss. Jess ist eine begabte Läuferin, die ein Sportstudium anstrebt. Casey hingegen hat ein enormes Wissen über Insekten, und ihr winkt eine große Zukunft als Forscherin.

In den Sommerferien übernehmen die beiden einen Job als Betreuerinnen eines Feriencamps. In ihrer Gruppe ist auch die achtjährige Stephanie, ein aufmüpfiges und freches Mädchen, das Jess und Casey immer wieder Ärger macht. Stephanie ignoriert die Anweisungen, läuft weg und versteckt sich und macht sogar Dinge kaputt. Jess und Casey geraten wiederholt an ihre Grenzen und sind extrem genervt von Stephanie.

Kurz vor Ende des Ferienlagers ist Stephanie plötzlich verschwunden. Zunächst denken alle, sie haben sich nur wieder versteckt. Doch dann wird ihre Leiche gefunden. Plötzlich ist Casey die Hauptverdächtige - und Jess' Loyalität wird auf eine harte Probe gestellt ...

Bewertung:

"Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken" ist zwar oberflächlich betrachtet als Jugendthriller einzuordnen, im Kern geht es aber weniger um die Tat und die Tätersuche als um den Wert von Freundschaft und die Frage, wie viel sie unter extremer Belastung aushält.

Kurz nachdem die kleine Stephanie ermordet aufgefunden wird, ist Casey des Mordes verdächtig. Es gibt reichlich Zeugen dafür, wie sehr sie von dem Mädchen genervt wurde, sie hat kein solides Alibi für die Zeit desVerschwindens. und sie hat kurz vor der Auffindung eine scheinbar schwarzhumorige Bemerkung gemacht, die im Nachhinein sehr verdächtig wirkt. Vor allem aber hat Stephanie Hautpartikel von Casey unter ihren Fingernägeln, und ihr T-Shirt wird in Caseys Tasche gefunden. Casey wird in Haft genommen, und die Mehrzahl der Medien und Einwohner hat bereits ihr Urteil gefällt.

Jess fungiert als Ich-Erzählerin, die dem Leser in leicht schnodderigem Tonfall mitteilt, wie sie diese Zeit erlebt hat. Sehr rasch merkt Jess, dass ihre Freundin unter den Mitschülern keine Unterstützer hat. Casey wird als Freak verhöhnt, ihre Insektenleidenschaft wird als Aufhänger für die Behauptung genutzt, dass sie immer schon seltsam und verrückt war. Und ausgerechnet jene coole Clique, die Jess bisher nicht beachtete, schenkt ihr jetzt Aufmerksamkeit. Jess hat immer weniger die Kraft, zu Casey zu stehen. Zwar verspürt sie immer noch tiefe Verbundenheit zu ihrer Freundin, erträgt aber auch die Zurückweisung der anderen nicht. Für den Leser ergibt sich daraus eine recht berührende Jugendgeschichte über Zivilcourage und Loyalität, die zum Nachdenken anregt und auch eine gewisse Spannung mitbringt: Schließlich möchte man erfahren, wie der Prozess für Casey endet, was hinter Stephanies Tod steckt und wie es zum Schluss um die Freundschaft der beiden bestellt ist.

Zudem ist Casey eine gelungene und originelle Figur. Ihre Begeisterung für alles, was krabbelt, ist herzerfrischend; sie erscheint liebenswert, geradeheraus und unbefangen. Ob sie tatsächlich etwas mit Stephanies Tod zu tun hat oder nicht, erfährt man erst ganz am Ende; man hofft unterdessen, dass es nicht der Fall ist, kann sich dessen aber nicht sicher sein.

Die Schwäche des Romans liegt hauptsächlich in Jess' Darstellung begründet. Obwohl man über sie mehr Details erfährt als über Casey, ist sie weniger facettenreich. Man kann ihr Verhalten nur sporadisch nachvollziehen; insgesamt verhält sie sich von Anfang sehr illoyal und wirkt einfach viel zu gleichgültig gegenüber ihrer Freundin. Besser wäre eine etwas stärker abgestufte Wandlung ihrer Haltung gewesen, auch um sich besser in Jess hineinzuversetzen. Grundsätzlich bietet ihre Situation viel Identifikationspotenzial, das aber nicht zur Geltung kommt, da Jess sich viel zu schnell von Casey distanziert. Zudem kommt die Auflösung etwas sehr plötzlich, wirkt überhastet und vor allem konstruiert, da sie scheinbar zufällig zu einem ganz bestimmten, entscheidenden Zeitpunkt eintrifft.

Fazit:

"Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken" von Deborah Ellis ist ein grundsätzlich empfehlenswerter Jugendroman mit Thrillerelementen, der Freundschaft und Mut zur Zivilcourage thematisiert. Er vermittelt gute Lehren, allerdings ist das Verhalten der Ich-Erzählerin zu eindimensional, damit sie als wirklich überzeugende Identifikationsfigur fungieren könnte.

12. Februar 2018

Sag, wer stirbt - Samantha King

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei HarperCollins Germany
Seiten: 400
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Die Autorin:

Samantha King aus Großbritannien hat bislang als Lektorin und Psychotherapeutin gearbeitete, ehe sie mit "Sag, wer stirbt" ihren ersten Roman vorlegte.

Inhalt:


Madeleine liebt ihre Zwillinge Aidan und Annabel über alles. Am zehnten Geburtstag der beiden bricht ihre Welt zusammen: Ein maskierter Mann steht vor ihrer Tür, bedroht sie und die Kinder mit einer Schusswaffe und verlangt von Madeleine, sich für das Leben eines der beiden zu entscheiden.

Einige Wochen später: Madeleine hat durch den Schock kaum noch eine Erinnerung an den Vorfall. Obwohl ihr Mann und ihr verbliebenes Kind ihr Halt haben, kommt sie mit den Selbstvorwürfen nicht zurecht. Verzweifelt versucht sie sich zu erinnern, was genau geschehen ist.

Nur allmählich blitzen bei Madeleine vereinzelte Erinnerungsfetzen an jenen verhängnisvollen Tag auf. Und sie fragt sich mehr und mehr, wem in ihrem Umfeld sie überhaupt noch vertrauen darf ...

Bewertung:

"Sag, wer stirbt" von Samantha King präsentiert eine reizvolle Grundidee, die Hoffnung auf einen fesselnden Thriller macht, setzt diese Grundlage aber nur sehr mäßig um. Gleich zu Beginn fällt auf, dass die zeitliche Struktur ungeschickt eingesetzt wird. Der Leser erlebt den dramatischen Moment - der maskierte Mann, der Madeleine vor die Entscheidung stellt - nicht mit, sondern die Handlung setzt einige Wochen später ein. Und da sich Madeleine zunächst nur ganz vage an jenen Moment erinnern kann, erfährt eben auch der Leser erst spät, was sich überhaupt abgespielt hat, und muss sich vorher mit Andeutungen zufriedengeben. Diese Struktur sorgt dafür, dass man sich nicht sofort in die Handlung hineinversetzt fühlt, sondern im Gegenteil nur sehr langsam hineinfindet.

Des Weiteren ist auch die Hauptfigur Madeleine keine sonderlich gelungene Figur. Ein bisschen Mitgefühl kommt zwar auf, aber man fühlt längst nicht so intensiv mit ihr, wie es möglich wäre. Sie reagiert oft sehr naiv und ist allgemein kein Charakter, dessen Handlungen man gut nachvollziehen kann. Passend dazu bleiben auch sämtliche weiteren Figuren blass. In der zweiten Hälfte offenbart das Buch eine recht drastische Wendung, gegen Ende noch eine weitere; da sie aber unglaubwürdig daherkommen, steigern auch sie nicht das Lesevergnügen. Aus der Grundidee hätte man zweifellos ein sehr gutes Werk stricken können, aber das Ergebnis wirkt unausgegoren. Ganz mies ist der Roman nicht, es gibt durchaus ein paar berührende Momente, und der Stil ist auch so weit flüssig. Es gibt jedoch unzählige bessere Thriller, darunter auch welche mit ähnlicher Thematik.

Fazit:


"Sag, wer stirbt" von Samantha King ist ein sehr mäßiger Thriller, der sein Potenzial absolut nicht wirkungsvoll einsetzt. Nette Grundidee, aber eine ungeschickte Erzählstruktur und blasse Figuren sorgen unterm Strich für einen unterdurchschnittlichen Spannungsroman, da können auch markante Wendungen in der Handlung nichts mehr retten.

7. Februar 2018

Kiste - Patrick Wirbeleit/Uwe Heidschötter

Produktinfos:

Ausgabe: 2013 bei Reprodukt
Seiten: 72
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Die Autoren:

Patrick Wirbeleit, Jahrgang 1971, ist Autor und Zeichner von Kinderbüchern und Comics. Weitere Werke sind "Störtebeker", "Kleiner Thor" und "Wandelmonster Waldemar".

Uwe Heidschötter, Jahrgang 1978, ist ausgebildeter Animationszeichner und Regisseur. Er illustrierte und drehte "Der Kleine und das Biest" und war für die Verfilmung von "Das Grüffelokind" zuständig.

Inhalt:

Der kleine Matthis ist ein begeisterter Bastler und Erfinder. Eines Tages entdeckt er im Garten einen großen Karton, der offenbar niemandem gehört - also beschließt er, ihn zu behalten und ihn für sein Raumstation-Projekt zu verwenden.

Er hat die Kiste kaum in sein Zimmer gebracht, als sie plötzlich Arme, Beine und ein Gesicht bekommt und zu sprechen beginnt. Matthis ist zunächst sehr erschrocken. Aber zum Glück ist "Kiste", wie sich die Kiste auch gleich vorstellt, ein sehr lieber Zeitgenosse. Und nützlich noch dazu - denn Matthis' neuer Freund war mal die Werkzeugkiste eines Zauberers und hat daher selbst einige Tricks auf Lager.

Als Matthis seinen Freund den Eltern präsentiert, fallen diese jedoch augenblicklich in einen Tiefschlaf. Da kann nur Kistes Zauberer helfen - also machen sich die beiden auf den abenteuerlichen Weg in den Wald ...

Bewertung:

Erstaunlich, wie niedlich eine einfache Kiste sein kann - Patrick Wirbeleit und Uwe Heidschötter erwecken in diesem ersten Comicband den goldigen "Kiste" zu Leben. Autor Wirbeleit ist dabei für die lustige und kurzweilige Geschichte zuständig, während Heidschötter dem drolligen "Kiste" dessen liebenswerte Züge verleiht.

Das Prinzip erinnert entfernt an die Comicstrips um "Calvin & Hobbes", die die Freundschaft zwischen einem Jungen und seinem (Stoff-)tiger illustrieren. Kistes Fall liegt dabei noch ein wenig anders gelagert, denn alle Erwachsenen fallen in eine Starre, sobald sie ihn sehen - und diese Starre kann niemand anders beenden als der Zauberer, der Kiste geschaffen hat. Für die Kleinen ist die Handlung durchaus ein bisschen aufregend, vor allem ist sie aber witzig und rührend. Trotz seines lockeren, eher sparsamen Zeichenstils gelingt es Uwe Heidschötter, Kiste eine unverwechselbare Mimik zu schenken. Kiste ist sehr liebenswert, tritt allerdings des Öfteren ins Fettnäpfchen. Matthis schätzt seinen originellen neuen Freund, muss sich jedoch erst an ihn gewöhnen. Beispielsweise zaubert Kiste zwar alle möglichen Werkzeuge aus seinem Inneren hervor, kann aber nicht so geschickt mit ihnen umgehen, wie er sich das wünscht. Auch dass Erwachsene generell bei seinem Anblick in diese Starre verfallen, hätte Matthis gerne etwas eher erfahren - und nicht erst, als es seine Eltern schon erwischt hat.

Rasch steht aber fest, dass Matthis und Kiste schon bald enge Freunde sein werden und sich gar nicht mehr vorstellen können, wie es mal ohne den anderen war. Die Geschichte ist leider sehr kurz, die knapp achtzig Comicseiten lesen sich schnell, auch wenn man sich Zeit für die Zeichnungen nimmt. Das ist aber auch der einzige "Minuspunkt", denn ansonsten ist das erste Abenteuer um Kiste und Matthis einfach rundum gelungen. Grundschulkinder werden hier genauso ihre Freude haben wie Erwachsene, die sich für süße Geschichten begeistern können. Nach der Lektüre möchte man direkt mit dem nächsten Band durchstarten - auf dass auf Kiste und Matthis noch viele weitere Abenteuer warten mögen.

Fazit:


Der erste Kiste-Band von Patrick Wirbeleit und Uwe Heidschötter ist ein sehr gelungenes Comic-Abenteuer mit Witz und Herz, gleichermaßen geeignet für Kinder und humorvolle, comicliebende Erwachsene.

4. Februar 2018

Waidmannstod - Maxim Leo

Produktinfos:

Ausgabe: 2015 bei KiWi
Seiten: 288
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Der Autor:

Maxim Leo, Jahrgang 1970, absolvierte zunächst eine Ausbildung als Chemielaborant, studierte später Politikwissenschaften und arbeitete als Redakteur bei RTL und der Berliner Zeitung. Er verfasste mehrere Tatort-Drehbücher, 2009 erschien sein autobiografisches Buch "Haltet euer Herz bereit: eine ostdeutsche Familiengeschichte".

Inhalt:


Kommissar Daniel Voss kehrt mit 43 Jahren in seine brandenburgische Heimat Sternekorp zurück, um sich um seine pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Kurz nach seiner Ankunft geschieht während einer Jagd ein Mord. Der Tote ist einer der Jäger; er wurde erschossen und waidgerecht aufgebahrt.

Schnell stellt sich heraus, dass viele Einwohner ein Motiv hatten. Verdächtig sind natürlich alle Teilnehmer der Jagd, auch wenn sie sich gegenseitig Alibis geben. Dem Toten gehörten aber auch Teile des Waldes, die er an eine Windkraftfirma verpachten wollte. Das sorgte bei Naturschützern für Wut und Hass, aber auch im Geschäftsumfeld und in seinem Privatleben gibt es Menschen mit Motiv.

Wenig später geschieht ein weiterer Mord nach dem gleichen Muster. Jetzt sucht Voss einen Serientäter, der womöglich noch weitere Taten plant. Die Zusammenhänge sind verzwickt, der Druck wächst. Wird es noch weitere Morde geben ...?

Bewertung:

Mit "Waidmannstod" schenkt Maxim Leo dem Ermittler Daniel Voss den ersten Auftritt, der neugierig auf weitere Fälle des Kommissars im ländlichen Brandenburg macht.

So stimmungsvoll wie das Cover mit Nebelwald sind viele Passagen des Krimis, denen man anmerkt, dass hier jemand die Gegend gut kennt, über die er schreibt. Gemeinsam mit Daniel Voss durchstreift der Leser den Wald und erfährt viele reizvolle Details zu Flora und Fauna der Region - angenehm dezent eingeflochten und nicht aufdringlich. Die idyllische Schönheit der Natur wird sehr anschaulich beschrieben; man sieht die Gegend durch die Augen von Voss, der hier als Junge häufig durch den Wald streifte und sich damals wie heute für Ornithologie interessierte.

Voss ist ein durchaus ungewöhnlicher Kommissar. Statt sich eine Wohnung zu nehmen, zieht er lieber ins heimische Kinderzimmer ein; er wirkt bisweilen unbeholfen, vor allem in Gegenwart der umso herzlicheren und offenen polnischen Pflegekraft Maja, die sich um seine Mutter kümmert. Daniel Voss ist kein besonders entscheidungsfreudiger Mensch, er ist introvertiert und für seine Kollegen in seiner ganzen zurückhaltenden Art erst einmal gewöhnungsbedürftig. Für den Leser ist er eine angenehme Figur; zwar mit gewissen Ecken und Kanten versehen, aber keiner jener extremen Antitypen, die bisweilen zu sehr im Mittelpunkt eines Kriminalromans stehen. Seine ruhige, etwas linkische Ausstrahlung macht ihn sympathisch; und die Dialoge mit der forschen Maja sorgen für ein paar amüsante Momente.

Die Krimihandlung ist solide, wenngleich keine Höchstspannung aufkommen will. Dank der Fülle an Motiven und Verdächtigen ist die Auflösung nicht vorhersehbar - allerdings sind die Mordopfer auch nicht so interessant, dass man an ihrem Schicksal besonders Anteil nähme. Die Auflösung am Schluss liefert zudem zwar ein passendes Motiv, es gibt auch zuvor eine sehr dezente Andeutung darauf, doch insgesamt wird diese Wendung zu wenig vorbereitet. Der Leser wird hier ein bisschen zu sehr vor vollendete Tatsachen gestellt. Des Weiteren ist Maja zwar ein origineller, aber nicht immer glaubwürdiger Charakter, was ihr Verhalten angeht.

Fazit:


"Waidmannstod" von Maxim Leo bildet den soliden Start einer Krimireihe um den ruhigen Kommissar Daniel Voss. man bekommt durchaus Lust auf die weiteren Bände, was vor allem an der Hauptfigur liegt; Suchtfaktor ist hier allerdings nicht gegeben.

1. Februar 2018

Das Flüstern der Schuld - Sam Hepburn

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Goldmann
Seiten: 528
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Die Autorin:

Sam Hepburn aus Großbritannien arbeitete für die BBC als Produzentin und Regisseurin von Dokumentarfilmen und hat bereits mehrere Jugendbücher veröffentlicht. "Das Flüstern der Schuld" ist ihr erster Spannungsroman für Erwachsene.

Inhalt:

Gracie Dwyer scheint das Glück für sich gepachtet zu haben: Sie feiert große Erfolge als TV-Köchin, ist hübsch und adrett, ist mit dem attraktiven Witwer Tom verheiratet und hat eine süße Stieftochter. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich steckt ihre Ehe in einer Krise, ein Stalker schickt ihr seit Monaten bedrohliche Briefe, und Gracie fühlt sich immer wieder im Schatten von Toms verstorbener erster Frau.

In dieser schwierigen Phase lernt sie die alleinerziehende Mutter Juliet kennen. Gracie zeigt anfangs kein besonderes Interesse an Juliet. Doch die wiederum setzt alles daran, um sich mit Gracie anzufreunden. Juliet hat ein Alkoholproblem, liegt ständig im Streit mit ihrem Ex-Mann, vernachlässigt ihre Tochter Freya und steckt ständig in Geldnöten. Dennoch kreuzen sich die Wege der beiden Frauen immer wieder, zumal sich deren Töchter anfreunden. Gracie hilft Juliet ab und zu dabei, ihren Alltag etwas besser zu strukturieren.

Dabei ist das Zusammentreffen der beiden Frauen alles andere als ein Zufall. Juliet ist überzeugt davon, dass Gracie ihr vor vielen Jahren die Chance auf eine große Karriere zerstört hat. Und so nimmt die Bekanntschaft der beiden Frauen ihren verhängnisvollen Lauf ...

Bewertung:

Der Schein trügt in Sam Hepburns "Das Flüstern der Schuld", und das auf mehreren Ebenen. Zunächst aber gönnt sich der Roman eine gemächliches Handlungstempo, in dem sich die Bekanntschaft der beiden Frauen ganz langsam entwickelt.

Abwechselnd konzentriert sich der Erzähler auf Gracies und Juliets Leben, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Schon früh ist dem Leser klar, dass Juliet alles daransetzt, um sich in Gracies Leben zu drängen, und man verfolgt gespannt die immer häufigeren Zusammentreffen der beiden. Unklar ist dabei lange Zeit, wie weit Juliet es treiben wird, was ihre genauen Motive sind, wie Gracie langfristig auf Juliet reagiert - und nicht zu vergessen, was es mit Gracies anonymen Stalker auf sich hat.

Die Handung ist recht vielschichtig, zumal auch die Lebenssituationen der beiden unabhängig voneinander interessant sind - die strahlende Gracie, hinter deren Fassade sich doch einige Abgründe verbergen, und die gefallene Juliet, die mit Mühe und Not sich und ihr Kind gerade so über Wasser hält. Allmählich erfährt man, wie es bei Juliet so weit kommen konnte. Anfangs kommt Juliet in erster Linie die Rolle der Antagonistin zu, später wird ihr Bild etwas differenzierter; bisweilen kommt Mitleid mit ihr auf. Das Label "Thriller" suggeriert womöglich einen dynamischeren Plot, passender ist eher die Bezeichnung "psychologischer Spannungsroman".

Temporeich wird das Werk erst sehr spät, dann allerdings gibt es umso heftigere Wendungen. Davon ist zumindest eine etwas verfrüht zu erahnen dank einer zu offensichtlichen Andeutung. Die andere markante Wendung wird nicht jedermann überzeugen. Sie ist zwar überraschend, aber auch etwas weit hergeholt. So bleibt nach der Lektüre auch ein leicht fader Beigeschmack zurück; bis dahin allerdings schenkt der Roman durchaus sehr solide Unterhaltung.

Fazit:

"Das Flüstern der Schuld" von Sam Hepburn ist ein leicht überdurchschnittlicher Spannungsroman über zwei unterschiedliche Frauen, ihre jeweiligen Geheimnisse und einen fatalen Verlauf ihrer Bekanntschaft; kein Highlight des Genres zwar, aber doch kurzweilig und lesenswert.

27. Januar 2018

Flugangst 7a - Sebastian Fitzek

Produktinfos:

Ausgabe: 2017 bei Dromener/Knaur
Seiten: 400
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Der Autor:

Sebastian Fitzek, Jahrgang 1971, zählt zu Deutschlands erfolgreichsten Thrillerautoren. Gleich mit seinem Erstling "Die Therapie" gelang ihm 2006 der Durchbruch. Weitere Werke sind u.a. "Der Seelenbrecher", "Der Augensammler", "Splitter", "Noah", "Passagier 23", "Das Paket" und "AchtNacht".

Inhalt:

Nach dem Tod seiner Frau vor vier Jahren ist der Psychiater Mats Krüger nach Argentinien ausgewandert und hat Deutschland den Rücken gekehrt. Jetzt aber ist seine Tochter Nele hochschwanger und bittet ihn, ihr nach der Geburt ihres Babys beizustehen. Trotz seiner ausgeprägten Flugangst geht Mats an Bord des Langstreckenfluges Bueno Aires - Berlin.

Kurz nach Betreten des Flugzeugs erhält Mats jedoch einen schockierenden Anruf. Ein Unbekannter behauptet, dass er die hochschwangere Nele entführt hat. Um Neles Leben zu retten, soll Mats dafür sorgen, dass das Flugzeug abstürzt - samt den mehr als 600 Passagieren inklusive ihm selbst.

Der Unbekannte eröffnet Mats, dass sich an Bord eine seiner ehemaligen Patientinnen befindet. Vor zehn Jahren konnte Mats sie vor einem Amoklauf abhalten und erfolgreich therapieren. Jetzt soll er genau jene Gewaltphantasien wieder bei ihr hervorrufen, damit sie das Flugzeug zum Abstürzen bringt. Für den verzweifelten Mats Krüger beginnt die Uhr zu ticken ...

Bewertung:


In "Passagier 23" entführte Sebastian Fitzek seine Leser auf ein Kreuzfahrtschiff, diesmal wird ein Flugzeug Schauplatz seines neuesten Psychothrillers.

Für Spannung wird hier an allen Ecken und Enden gesorgt: Natürlich fragt man sich, ob Mats das Flugzeug tatsächlich zum Absturz bringen wird, wie er das überhaupt bewerkstelligen will. Ebenso bangt man mit Nele, zu deren Schicksal immer wieder geschaltet wird. Zudem darf man rätseln, welches Motiv der Täter überhaupt hat. Die Handlung spielt sich beinahe in Echtzeit ab, was zusätzlich dazu einlädt, den Roman in einem Rutsch zu verschlingen. Das brisante und dramatische Szenario mag reichlich überzogen wirken, ist aber absolut fesselnd inszeniert. Das Geschehen ist so zwar schwer vorstellbar, aber nicht so hanebüchen wie etwa in "Das Paket". Nebenbei lädt die Ausgangssituation auch dazu ein, sich grundsätzlich über solche moralischen Dilemmata Gedanken zu machen.

Trotz der unterschiedlichen Handlungsfäden behält man gut den Überblick: Im Fokus steht natürlich Mats an Bord des Flugzeuges, der sich entscheiden muss, ob er die Maschine mit sich und über sechshundert weiteren Passagieren ins Verderben stürzen lassen will - und wenn ja, wie genau er das innerhalb weniger Stunden anstellen soll. Mats verfügt zwar über Handy- und Internetempfang, kann dies aber nur begrenzt zu Neles Rettung einsetzen: Der anonyme Täter warnt ihn - sollte er mitbekommen, dass die Polizei nach Nele sucht, wird sie sterben. Stattdessen kontaktiert Mats jedoch heimlich seine frühere Kollegin Feli und hofft, dass sie irgendwie eine Spur Nele und ihrem Entführer findet. Felis Suche nach Nele bildet den zweiten großen Handlungsstrang. Brisanterweise haben sich Feli und Mats vor vier Jahren nach einer gemeinsamen Nacht alles andere als im Guten getrennt - und obendrein steht in ein paar Stunden Felis Hochzeit an. Der dritte Strang dreht sich um die entführte Nele, die um ihr Überleben kämpft - und um das ihres ungeborenen Kindes.

Die Hauptfiguren sind im Großen und Ganzen solide ausgearbeitet. Mats Krüger ist zwar nicht unbedingt ein Antiheld, hat aber zumindest deutliche Ecken und Kanten. Er ist einerseits ein sehr erfolgreicher Psychiater, leidet andererseits selbst unter Flugphobie, wogegen auch ein spezielles Seminar kaum geholfen hat. Vor allem aber ist er gezeichnet vom Tod seiner Ehefrau vor vier Jahren; ein einschneidendes Erlebnis, das zunächst nur angedeutet und später näher beleuchtet wird. Seine Tochter hat sich zeitweilig ganz von ihm zurückgezogen, Feli fühlt sich von ihm benutzt - Mats Krüger hat trotz seiner Profession durchaus selbst einige Defizite im emotionalen und sozialen Bereich. Der erfolgreiche Therapeut, der gleichzeitig Probleme mit der eigenen Psyche hat, ist zwar an sich eine recht klischeebehaftete Figur; in diesem Kontext passt es aber gut.

Neles Charakter wird nicht sehr intensiv beleuchtet, aber ihre Situation wird schmerzlich detailliert vor Augen geführt. Sie liegt im Clinch mit dem Vater ihres ungeborenen Kindes und ist HIV-positiv. Selbst wenn beide also die Geburt in den Fängen des Entführers überleben, besteht ein erhöhtes Risiko der Ansteckung des Babys. Neles Angst, ihre Schmerzen und ihre verzweifelten Versuche, sich irgendwie aus der Situation zu retten, werden packend geschildert.

Ein bisschen übertrieben wird mit den allzu penetrant eingesetzten Cliffhangern. Das gilt vor allem für die Stellen, an denen ein Kapitel mit einer dramatischen Entwicklung endet, die sich dann später harmloser darstellt als gedacht. Bisweilen fällt auch das etwas zu konstruierte perfekte Timing mancher Situationen auf; zudem reagieren Mats, Feli und Nele ein bisschen zu clever angesichts ihrer Notlagen, die klares Denken sehr schwermachen.

Fazit:


Alles in allem ist "Flugangst 7a" von Sebastian Fitzek ein rasanter, spannender Thriller, der Spaß macht. Von ein paar Kleinigkeiten abgesehen also ein sehr empfehlenswerter Roman für alle Freunde des Genres.